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ISAAC-Studie
Erhöht Paracetamol das Asthmarisiko bei Kindern?
Begünstigt Paracetamol die Entstehung von Asthma und anderen atopischen Erkrankungen? Diesen Verdacht nähren Ergebnisse der International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC), die kürzlich im «American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine» (2010; doi:10.1164/rccm.201005-0757OC) publiziert wurden. ISAAC ist eine 1991 begonnene epidemiologische Megastudie, in der weltweit nach den Ursachen für den Anstieg allergischer und asthmatischer Erkrankungen geforscht wird. Inzwischen ist die abschliessende Phase 3 von ISAAC erreicht. Grundlage der aktuellen Studie sind die Angaben von 300 000 Jungen und Mädchen aus 50 Ländern im Alter zwischen 13 und 14 Jahren. Sie hatten Fragebögen ausgefüllt, in denen sie unter anderem über
die Einnahme von Paracetamol Auskunft gaben. Die Auswertung von Richard Beasley vom Medical Research Institute of New Zealand in Wellington zeigt eine signifikante Assoziation zwischen der Einnahme von Paracetamol und den Symptomen atopischer Erkrankungen. Selbst ein moderater Einsatz (medium users) des Wirkstoffs (eine Einnahme pro Jahr) war mit einem um 43 Prozent erhöhten Asthmarisiko assoziiert. Bei häufigem Einsatz (high users) von Paracetamol (mindestens einmal monatlich) erhöhte sich das Risiko um den Faktor 2,51. Auch Symptome von Rhinokonjunktivitis und allergischen Ekzemerkrankungen traten deutlich häufiger auf. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich mit einer Querschnittstudie nicht belegen. Gleichwohl, heisst es in einer Pressemit-
teilung der American Thoracic Society,
gebe es biologisch plausible Erklärungen.
So könnte Paracetamol den oxidativen
Stress erhöhen, weil das zelluläre Anti-
oxidans Gluthation beim Abbau von
Paracetamol verbraucht werde. Die Folge
könnte eine erhöhte Entzündungsanfällig-
keit sein. Zudem sei bekannt, dass Parace-
tamol die Immunantwort auf Infektionen
mit Rhinoviren beeinträchtigen könne.
Rhinoviren sind ein häufiger Auslöser von
schweren Asthmaausbrüchen in der Kind-
heit. Ob Kinder, die Paracetamol einneh-
men, tatsächlich häufiger asthmatische
Symptome entwickeln, werden letztlich
erst randomisierte klinische Studien zeigen
können. Die fordern Beasley und seine
Kollegen nun mit Nachdruck.
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U.B.
Bestätigung in grosser Kohortenstudie
Bauchumfang ist ein BMI-unabhängiger Risikofaktor
Ein vergrössterter Bauchumfang ist bisher schon – unabhängig vom Body-Mass-Index (BMI) – mit höheren Spiegeln zirkulierender Entzündungsparameter, Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes, Dyslipidämie und koronarer Herzkrankheit assoziiert worden. Ein grösserer Bauchumfang korreliert offenbar gut mit dem viszeralen Fett, das wesentlich pathogener sein soll als das subkutane. Zudem haben etliche frühere Studien (mit Ausnahme von 2 Studien) gezeigt, dass ein zu grosser Bauchumfang (≥ 102 cm f. Männer, ≥ 88 cm f. Frauen) auch mit einer erhöhten Mortalität einhergeht, und 6 Studien fanden, dass dies auch unabhängig von einem gleichzeitig erhöhten BMI zutrifft. Eine prospektive Beobachtungsstudie an den grossen Zahlen der Cancer Prevention Study II Nutrition Cohort (48 500 Männer, 56 343 Frauen) bestätigt nun, dass ein sehr grosser Bauchumfang (≥ 120 cm f. Männer,
≥ 110 cm f. Frauen) unabhängig vom BMI bei beiden Geschlechtern mit einem doppelt so hohen Mortalitätsrisiko assoziiert ist. Für Männer und Frauen ergab sich auch pro 10 cm mehr Bauchumfang eine konsistente, statistisch signifikante Risikoerhöhung. Diese soeben in den «Archives of Internal Medicine» (Vol. 170, No.15, Aug 9/23, 2010) publizierte Studie, die an USamerikanischen Erwachsenen ab 50 Jahre durchgeführt wurde, stimmt gut mit den bisherigen Untersuchungen überein. Einerseits zeigte sich, dass die gerade in den USA verbreitete krankhafte Adipositas mit massivem Bauchumfang ein besonders hohes Risiko bedeutet, andererseits ergab sich, dass ein zunehmender Bauchumfang auch bei normalem und hohem BMI ein
höheres Mortalitätsrisiko anzeigt. Die Au-
toren glauben, dass der Bauchumfang
daher in zukünftigen Guidelines anders ge-
wichtet werden muss, da die Vermeidung
einer Umfangzunahme unabhängig vom
Körpergewicht die vorzeitige Sterblichkeit
reduziert.
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H.B.
660 ARS MEDICI 17 ■ 2010