Transkript
INTERVIEW
Forschungspreis Hausarztmedizin — ein Beitrag zum Erhalt des Hausarztes
Interview mit Andreas Bosshard, CEO der Mepha Pharma AG, anlässlich der Verleihung des Mepha-Preises für Hausarztmedizin am KHM-Kongress in Luzern
Preise gibt es zuhauf, jedoch werden nicht viele für Forschungsarbeiten im Bereich Hausarztmedizin vergeben. ARS MEDICI sprach mit Andreas Bosshard über das Engagement von Mepha Pharma für die Hausärzte, den Stellenwert der Selbstdispensation und die Zukunft von Mepha generell.
ARS MEDICI: Welche Rolle spielen die Hausärzte heute für Mepha? Andreas Bosshard: Die Hausärzte bilden unser wichtigstes Kundensegment. Das liegt wohl daran, dass das Sortiment von Mepha auf die Bedürfnisse der Hausärzte ausgerichtet ist und deren Bedarf in der Praxis zu einem grossen Teil abdeckt. Ausserdem haben Hausärzte die Vorteile von Generika schon früh erkannt. Seit vielen Jahren tragen Hausärzte dazu bei, dass die Gesundheitskosten durch Generika verringert werden. MephaGenerika werden am häufigsten von Hausärzten verschrieben.
ARS MEDICI: Die Forschung in der Hausarztmedizin fristete lange Jahre ein eher kümmerliches Dasein, was vor allem an den fehlenden Finanzen lag, was wiederum vor allem mit der mangelnden universitären Anbindung zu tun hatte. Forschende Pharmaunternehmen sponsern ja nicht selten universitäre Forschungsprojekte, zum Beispiel über die Finanzierung von Assistenzarztstellen. Hat Mepha die Absicht, ihr Engagement bei der Finanzierung von hausärztlicher Forschung auszuweiten? Bosshard: Die Stiftung des Forschungspreises Hausarztmedizin ist für uns ein grosses Engagement, das wir fortführen möchten. Gleichzeitig verfolgen wir aber auch andere Projekte zugunsten der Hausarztmedizin. Anlässlich des von Mepha organisierten Bielersee-Symposiums bieten wir jungen Ärzten die Möglichkeit, sich auf die Eröffnung ihrer Hausarztpraxis vorzubereiten. Zudem haben wir eine Praxisbörse ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, Ärzte, die ihre Praxis verkaufen möchten, mit potenziellen Nachfolgern zusammenzubringen. Damit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die
Andreas Bosshard, CEO der Mepha Pharma AG
Versorgung der Schweizer Bevölkerung durch Hausärzte auch in Zukunft gewährleistet ist.
ARS MEDICI: Engagiert sich Mepha in anderer Weise für die Hausarztmedizin? Bosshard: Mepha organisiert auf regelmässiger Basis mehrere grosse praxisorientierte Fortbildungsveranstaltungen. Beispiele sind das RheumaTop-Sympoisum, wo sich jedes Jahr etwa 30 Rheumatologen mit etwa 300 Praktikern zu praxisrelevanten Fragen austauschen. Weitere Beispiele sind das Symposium «Medizin up to date» mit Prof. Ettlin oder «Medizin in der Manege» mit Dr. Spring, eine Fortbildungsveranstaltung im Zelt des Zirkus Knie. Neben diesen grossen Anlässen organisieren oder unterstützen wir jedes Jahr um die 300 regionale Fortbildungsanlässe. Die grosse Mehrheit dieser Anlässe ist stark auf die Bedürfnisse der Hausärzte ausgerichtet.
ARS MEDICI: Welchen Stellenwert hat für Mepha die Selbstdispensation? Bosshard: Selbstdispensierende Ärzte sind ein wichtiger Vertriebskanal für Mepha. Sie sind früh auf Generika umgestiegen und haben Mepha immer wieder Impulse für die Weiter-
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entwicklung gegeben. Der Umsatzanteil, den wir mit selbstdispensierenden Ärzten machen, ist leicht überproportional.
ARS MEDICI: Setzt sich Mepha in irgendeiner Form für den Erhalt oder die Ausweitung der Selbstdispensation ein oder verhält man sich angesichts der entgegengesetzten Interessen der Apothekerschaft – die zweifellos ebenfalls zu den wichtigen Kunden von Mepha gehört – politisch eher neutral? Bosshard: Als Marktführerin im Generikamarkt arbeiten wir mit den selbstdispensierenden und verschreibenden Ärzten sowie mit den Apothekern zusammen. Deshalb verhalten wir uns in Bezug auf diese Frage neutral. In politische Diskussionen zwischen Ärzten und Apothekern wollen und können wir uns nicht einmischen.
ARS MEDICI: Es gibt schon so viele Preise. Weshalb sponsert Mepha einen Forschungspreis für Hausarztmedizin? Bosshard: Der Hausarzt ist die Anlaufstelle für alle gesundheitlichen Fragen im Leben eines Menschen. Nicht zuletzt tragen Hausärzte auch dazu bei, Kosten zu sparen. Mit der Stiftung des Forschungspreises Hausarztmedizin wollen wir einen kleinen Beitrag leisten, damit der Beruf des Hausarztes attraktiv bleibt.
ARS MEDICI: Sponsert Mepha weitere Preise für bestimmte Fachgruppen? Wenn ja, nach welchen Kriterien werden Preise für bestimmte Gruppen ausgeschrieben? Bosshard: Nein.
ARS MEDICI: Nach welchen Kriterien wurden die eingereichten Arbeiten beurteilt? Bosshard: Die Beurteilung der eingereichten Arbeiten wird durch eine unabhängige Jury vorgenommen. Wir haben keinerlei Einfluss auf die Beurteilungskriterien.
ARS MEDICI: Was für Arbeiten standen sonst noch zur Diskussion? Bosshard: Dieses Jahr war es nicht einfach, die besten Arbeiten auszuwählen. Insgesamt wurden zehn sehr interessante Untersuchungen eingereicht, die alle zur Diskussion standen.
ARS MEDICI: Hat Mepha irgendeine Beziehung zum Thema der prämierten Arbeit über das Arztgeheimnis? Bosshard: Nein, Mepha hat keine spezielle Beziehung zu diesem Thema. Mepha stiftet den Preis, ist aber nicht in der Jury vertreten und hat deshalb keinen Einfluss auf die Prämierungen.
Wir wollen unsere Kunden weiterhin mit innovativen Produkten und Serviceleistungen überzeugen. Mepha wird dank Cephalon Zugang zu neuen Originalpräparaten des Spezialitätensegments, zu neuen Therapiebereichen, zu neuen Medikamentenformen und zu neuen Märkten erlangen. Dadurch wird Mepha ihre Leaderposition auf dem Schweizer Markt verstärken und Aktivitäten auf internationalen Märkten ausbauen können. Mepha wird in der Schweiz schon vorhandene und zukünftige innovative Therapien von Cephalon vermarkten.
ARS MEDICI: Was hat sich mit dem Wechsel zu Cephalon für Mepha und für die Kunden von Mepha geändert? Was wird sich allenfalls noch ändern? Bosshard: Für unsere Kunden ändert sich nichts. Mepha bleibt Mepha, das gleiche Unternehmen, zuverlässig und innovativ, auch nach dem Besitzerwechsel. Der Produktionsund Logistikstandort in Aesch/BL bleibt erhalten und soll in Zukunft sogar ausgebaut werden. Die Ansprechpartner bleiben die gleichen, ebenso die Teams für den Aussendienst und den Kundenservice. Auch die Packungen und Namen unserer Generika bleiben gleich. Unsere grosse Lieferbereitschaft von über 99 Prozent, worauf Mepha besonders stolz ist, bleibt die gleiche: Heute bestellen und morgen die Ware erhalten – dies werden wir unseren Kunden auch weiterhin garantieren. Unsere Kunden, sowohl medizinisches Fachpersonal wie Patienten, können Mepha, ihren Produkten und Dienstleistungen von hoher Qualität auch in Zukunft vertrauen.
ARS MEDICI: Welches sind die grössten Schwierigkeiten, die
auf Mepha (und andere Generikafirmen) zukommen werden,
und wie gedenkt man, ihnen zu begegnen?
Bosshard: Wir stellen heute in verschiedenen Ländern einen
Trend zur Billigstmedizin fest. Systeme, bei denen nur noch
der Preis zählt, bergen aber gewisse Risiken in sich. So wird in
den Billigstsystemen die Freiheit der Medikamentenwahl ein-
geschränkt, was zu einer Einbusse der Behandlungsqualität
führt. In Zukunft liegt unsere grösste Herausforderung darin,
den hohen Ansprüchen von Patienten und Fachpersonen mit
qualitativ hochwertigen Generika und nützlichen Dienstleis-
tungen zu günstigen Preisen gerecht zu werden. Wir setzen
uns dafür ein, dass trotz intensivem Preiswettbewerb die hohe
Qualität der schweizerischen Generikaversorgung zum Nut-
zen der Patienten erhalten werden kann.
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Das Interview führte Richard Altorfer.
ARS MEDICI: Allgemein: Wie sieht die Zukunft von Mepha aus, global und in der Schweiz? Bosshard: Wir sind der festen Überzeugung, dass sich Mepha in Zukunft dank Cephalon, ihrer neuen Gesellschafterin, die sich strategisch aktiv an der zukünftigen Entwicklung von Mepha beteiligen wird und zusammen mit Mepha ehrgeizige Wachstumsziele verfolgt, noch besser entwickeln wird als in den letzten Jahren.
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