Transkript
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Rosenbergstrasse 115
Interessant, was man auch in den Ferien unfreiwillig an medizinischer Fortbildung leistet, und das ohne Credits. Sei es der Hund, der zunächst mit Foetor ex ore, später mit einer Kiefersperre und Nahrungsverweigerung auf sich aufmerksam macht. So etwas lässt sich auch ohne Röntgen diagnostizieren und mit dem Ärzteausweis gibt’s in der kroatischen Apotheke auf dem Land sogar Clindamycin – zu einem Viertel des Schweizer Preises. Und dem Hund geht’s nach 36 Stunden deutlich besser; er reagiert wieder wie gewohnt auf die fressalienverheissenden Schneidegeräusche auf dem Tisch. Etwas dramatischer ist der nächste Tag mit nächtlichem Pruritus und Diarrhö bei einem Familienmitglied. Die detektivische Spurensuche endet bei einem Fertiggericht (ja, ja, selber schuld, wer so etwas frisst), das den von den meisten Fachleuten als gesundheitsbedenklich (oder sogar «unbedingt zu meiden») eingestuften Konservierungsstoff E 223 enthält. Der ist zwar auch in der Schweiz zugelassen, obwohl er zu denjenigen gehört, von denen sogenannte pseudoallergische Reaktionen bekannt sind. Zum Glück sind die E-Stoffe europäisch einheitlich deklariert, die übrigen Angaben zum Inhalt sind ansonsten nur in Kroatisch, Slowenisch, Ungarisch, Slowakisch, Rumänisch und Albanisch aufgeführt.
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Das klingt nicht gut für den Euro, gar nicht gut. Ein Bekannter, Deutscher, seit Jahren im kroatischen Hinterland wohnend, will den Handwerker im 500-Seelen-Dorf für seine Arbeit am Rasenmäher bezahlen und zückt wie gewohnt ein paar Euroscheine. «Nein, kein Euro, ich nicht mehr nehme Euro.» Erstaunen beim Bekannten. Das war bis vor Kurzem anders;
keiner, der nicht den deutschen Euro der kroatischen Währung Kuna vorgezogen hätte. Da hat sich offenbar etwas radikal verändert. «Nur Kuna», bleibt der Handwerker fest, «wer weiss, was Euro morgen wert.» Wenn das Misstrauen schon in der tiefsten kroatischen Provinz so gross ist, dass man die einheimischen «Marder» (Kuna heisst auf Deutsch Marder; der Begriff stammt aus dem Mittelalter, als Marderfelle als Zahlungsmittel dienten) dem Euro vorzieht, wie stark wird dann wohl das Misstrauen der Investoren an den Börsen sein?
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Preisverleihung des Rostigen Paragrafen (Sie erinnern sich: der Preis für das unsinnigste Gesetz oder die unsinnigste Verordnung im vergangenen Jahr): Eine Tankstellenshop-Betreiberin schilderte sehr anschaulich, was passiert, wenn Amtsschimmel wiehern. Sie darf ihren hungrigen Kunden nämlich in der Nacht keine Tiefkühlpizza verkaufen. Das heisst doch, sie darf, aber nur, wenn sie die Pizza vorher heiss macht, damit der Kunde sie vor Ort essen kann. Aber was heisst da «kann», Gesetze sind zum Müssen da. Mitnehmen und zu Hause essen, geht nicht. Es sei denn, die schlaue Shopverkäuferin erwärmt die Pizza samt Verpackung von -8 auf -7º C und lasse den Kunden den ersten Biss in die Verpackung vor Ort machen. Der Rest geht sie dann nichts mehr an.
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Was für Tricks sich die Wirte – schon wieder sie, die schon unter einem Rauchverbot in ihrem Wohn- und Arbeitseigentum leiden – ausdenken müssen, um die jüngste rostige Verordnung – das Tonver-
bot beim Fernsehen in Gartenwirtschaften während der Fussball-WM – umgehen zu können, ist erst ansatzweise abzuschätzen. Diskutiert wird der Einsatz von Alibigästen, die den Original-Fernsehton über ein privat mitgeführtes Radio für alle hörbar übertragen. Oder die Abgabe von Radios an jedem Tisch. Zum Glück bemühen sich nicht alle Stadtregierungen gleichermassen intensiv wie jene Zürichs um gute Chancen für den Rostigen Paragrafen 2010.
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Von Air Berlin gibt’s weitere Anekdoten. Flug Berlin – London Stansted, England, das Wetter wie gewohnt. Nach der Landung folgende Ansage von der Stewardess: «Sehr geehrte Fluggäste, ich begrüsse Sie hier in London Stansted, wo das Wetter kalt, scheusslich und ungemütlich ist, genauso wie mein Ex-Mann.»
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Der wahre Grund dafür, dass Konflikte zwischen Mann und Frau nicht lösbar sind: der Zielkonflikt. Die Ziele sind eben unterschiedlich: Mann will Frau, Frau will Kind, Kind will Hamster. (Man könnte das noch weiter treiben: Hamster[mann] will rammeln. Hamsterfrau will Hämsterchen. Na gut, ab da wird’s schwieriger.)
Richard Altorfer
ARS MEDICI 12 ■ 2010 469