Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
INTERPELLATION
Neues Präventionsgesetz — Übungsabbruch
Edi Engelberger Nationalrat FDP Kanton Nidwalden
Interpellation vom 8.12.2009
Über die Interpellation berichtete ARS MECIDI in Ausgabe 2/2010
Die Antwort des Bundesrates vom 24.2.2010
1. Die demografische Alterung und die Zunahme chronischer Krankheiten wird die Nachfrage nach medizinischen Leistungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stark erhöhen. Gleichzeitig werden sich die Ressourcen in der kurativen Medizin verknappen. Deshalb sind verstärkte Anstrengungen zur Gesunderhaltung der Bevölkerung durch Prävention und Gesundheitsförderung notwendig. Der am 30. September 2009 vom Bundesrat an das Parlament überwiesene Entwurf für ein Bundesgesetz über Prävention und Gesundheitsförderung (Präventionsgesetz; BBl 2009 7071 und 7189) legt die für eine Stärkung von Prävention, Gesundheitsförderung und Früherkennung notwendigen Rahmenbedingungen fest. Damit leistet die Vorlage einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Erhaltung des Gesundheitszustands der Schweizer Bevölkerung. Zugleich trägt sie zur Dämpfung der Kostenentwicklung im Gesundheitssystem bei und stärkt den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Aufgrund der gesundheitspolitischen Bedeutung des Gesetzesentwurfs und angesichts der Tatsache, dass die Umsetzung des Gesetzes — wie in der Botschaft des Bundesrats vom 30. September 2009 ausgeführt — haushaltsneutral erfolgen soll, ist der Bundesrat nicht bereit, auf das Präventionsgesetz zu verzichten. Zudem untersagt Artikel 73 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) dem Bundesrat, Beratungsgegenstände zurückzuziehen, die er im Parlament eingebracht hat. 2. Die Präventionsausgaben des Bundesamtes für Gesundheit sind seit Jahren rückläufig: 2003 wurden gemäss Angaben aus der Staatsrechnung 39,918 Millionen Franken für Präventionsmassnahmen (Kreditrubrik 3180.100) ausgegeben. Nach mehreren Entlastungsprogrammen belaufen sich die für Präventionsmassnahmen eingestellten Mittel im Voranschlag für das Jahr 2010 auf 23,198 Millionen Franken (Kredit A2111.0101). Die von der Interpellation geforderte
Halbierung der Präventionsausgaben würde eine sinnvolle Weiterführung der laufenden Präventionsprogramme verunmöglichen. Sie steht im Widerspruch zur im Entwurf zum Präventionsgesetz angestrebten Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung und auch zur Früherkennung als «vierte Säule» des Gesundheitssystems (neben Therapie, Rehabilitation und Pflege). 3. Mit dem Konsolidierungsprogramm für die Jahre 2011 bis 2013 will der Bundesrat den Bundeshaushalt ab 2011 um rund 1,5 Milliarden Franken pro Jahr entlasten. Aufgrund der nach wie vor hohen Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung wird der Bundesrat die konkreten Sparmassnahmen erst im Rahmen der Bereinigung des Voranschlags 2011, gestützt auf die dann vorliegenden Konjunkturdaten und die Ergebnisse der Vernehmlassung, verabschieden. Somit muss die Frage zum aktuellen Zeitpunkt offenbleiben.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
MOTION
Eigenverantwortung durch flexiblere Wahlfranchisen stärken
Felix Gutzwiller Ständerat FDP Kanton Zürich
Motion vom 10.12.2009
Der Bundesrat wird beauftragt, die Artikel 93 bis 95 der teilrevidierten und per 1. Januar 2010 in Kraft tretenden Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV) wie folgt anzupassen:
Es sollen Versicherungsformen zugelassen werden, bei denen die Versicherten sich in stärkerem Ausmass an den Kosten beteiligen können als bis anhin. Die Versicherer sollen Wahlfranchisen in verschiedenen Abstufungen
mit einer Obergrenze von 3000 Franken (bisher: maximal 2500 Franken) anbieten. Der Rabatt für die Versicherten soll durch das zusätzlich übernommene Risiko erhöht werden.
432 ARS MEDICI 11 ■ 2010
Über die Interpellation berichtete ARS MECIDI in Ausgabe 2/2010
Die Antwort des Bundesrates vom 24.2.2010
Gemäss Artikel 93 Absatz 1 der Verordnung über die Krankenversicherung können erwachsene Versicherte ihre Franchise auf 500, 1000, 1500, 2000 oder 2500 Franken pro Jahr erhöhen (Wahlfranchisen). Der Bundesrat hat den Prämienrabatt, den die Versicherer der versicherten Person im Gegenzug gewähren dürfen, mit der Teilrevision der KVV per 1. Januar 2010 für alle Wahlfranchisen von 80 auf 70 Prozent des von den Versicherten mit der Wahl der höheren Franchise zusätzlich übernommenen Risikos gesenkt. Mit dieser Massnahme wird die Solidarität zwischen gesunden und kranken Versicherten gestärkt.
Personen, die eine hohe Wahlfranchise wählen, sind vergleichsweise jung und bei guter Gesundheit. Da die Einführung einer zusätzlichen Wahlfranchise von 3000 Franken nur für diejenigen Versicherten von Bedeutung sein dürfte, die bereits heute durch die Wahl einer hohen Franchise Eigenverantwortung wahrnehmen, trägt die Massnahme nicht wesentlich zu deren Stärkung bei. Hingegen würde dadurch die Solidarität zwischen jüngeren und älteren sowie zwischen gesunden und kranken Versicherten geschwächt. Jeder Versicherte, der anstelle einer Franchise von 2500 Franken eine solche von 3000 Franken wählte, entzöge dem Krankenversicherungssys-
tem beim geltenden maximalen Prämienrabatt von 70 Prozent jährlich 350 Franken. Jedoch stünde den Einnahmenausfällen keine wesentliche Entlastung der Krankenversicherung gegenüber, da die Wahrscheinlichkeit hoher Krankheitskosten bei diesen Versicherten gering ist. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit den bestehenden Wahlfranchisen den Versicherten eine genügend breite Auswahl an Modellen offensteht, um ihre Versicherung an ihre persönliche Bereitschaft zur Übernahme des Krankheitsrisikos anzupassen. Die Einführung einer höheren Wahlfranchise würde die Finanzierung der sozialen Krankenversicherung weiter erschweren und die Solidarität zwischen den Versicherten schwächen. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
POSTULAT
Was hat der Wettbewerb unter den Krankenkassen gebracht?
Jacqueline Fehr Nationalrätin SP Kanton Zürich
Postulat vom 10.12.2009
Über die Interpellation berichtete ARS MECIDI in Ausgabe 2/2010
Die Antwort des Bundesrates vom 24.2.2010
(…) Der Bundesrat hat sich in seiner Botschaft vom 9. Dezember 2005 zur Volksinitiative «für eine soziale Einheitskasse» über die Vorzüge eines wettbewerbsorientierten Systems mit einer Vielzahl von Versicherern geäussert und seine Absicht bekräftigt, am jetzigen Kurs festzuhalten. Das Schweizer Stimmvolk ist am 11. März 2007 mit der Ablehnung dieser Initiative mit 71,2 Prozent Stimmen dem Bundesrat gefolgt. Das heutige System, das auf einem regulierten Wettbewerb beruht, schafft für die Versicherer Anreize, kostendämpfende Massnahmen zu treffen, um ihre Prämien auf einem vernünftigen Niveau stabilisieren und ihren Versichertenbestand halten oder allenfalls gar erhöhen zu können. Es veranlasst die Versicherer zudem dazu, innovativ zu sein und ihre Qualitätsanfor-
derungen zu steigern. So sind viele Versicherungsmodelle entstanden, und die Versicherten können das Versicherungsmodell und die Versicherungspraxis wählen, die ihren Bedürfnissen am besten entsprechen. Um der Risikoselektion, die eine mögliche Folge des Wettbewerbs ist und dem Grundsatz der Solidarität schaden könnte, entgegenzuwirken, wurde das System des Risikoausgleichs geschaffen. Dieses System wird weiterentwickelt, und zu den bereits vorhandenen Kriterien von Alter und Geschlecht wird demnächst das Kriterium des Spitalaufenthalts dazukommen. Weitere Verbesserungen dieses Systems sind möglich und werden in der Verwaltung zurzeit geprüft. Der Bundesrat ist von der Effizienz und den Vorzügen des heutigen Systems überzeugt und will es nicht grundlegend ändern. Verantwortlich für
die fehlende Kosteneindämmung sind weder die Struktur der Versicherer noch der Wettbewerb. Aus diesem Grund unterbreitete der Bundesrat mehrere Entwürfe für eine Revision des KVG, die noch diskutiert werden müssen und insbesondere darauf abzielen, den Kostenanstieg zu senken. Der Bundesrat will seine Bestrebungen in diese Richtung weiterführen. Er erachtet es daher nicht als notwendig, einen Bericht über die Auswirkungen des Wettbewerbs im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung zu erstellen. Ein solcher Bericht würde keine neuen Erkenntnisse liefern. Ausserdem würde dies den Einsatz von Ressourcen erfordern, die zurzeit nicht vorhanden sind. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulats.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
ARS MEDICI 11 ■ 2010 433