Transkript
FORTBILDUNG
Peptisches Ulkus, Helicobacter, PPI und nichtsteroidale Entzündungshemmer
Ein klinisches Problem übersteht den Wandel der Zeiten
Aus heutiger Sicht kann man sich das Ausmass der Morbidität und Mortalität der peptischen Ulzera, die bis ins letzte Viertel des letzten Jahrhunderts Gastroenterologen und Chrirugen beschäftigten, nicht mehr vorstellen. Für den damals einsetzenden eindrücklichen Trend zur Abnahme der Häufigkeit waren zwei Entwicklungen gleichermassen massgeblich: die Entdeckung der ätiologischen Rolle von Helicobacter pylori und die Entwicklung der Protonenpumpenhemmer (PPI) mit ihrer potenten Säurehemmung. Beseitigt ist das Problem damit jedoch nicht, denn der verbreitete Einsatz nichtsteroidaler Entzündungshemmer (NSAID) sowie die Aspirinprävention bei älteren Menschen sorgen für Ulzera und Erosionen mit gefährlichen Blutungs- und Perforationskomplikationen.
THE LANCET
Klinik und Diagnose Leitsymptom des unkomplizierten peptischen Ulkus ist der epigastrische Schmerz, allenfalls begleitet von dyspeptischen Symptomen wie Völlegefühl, Blähbauch, raschem Sättigungsgefühl und Übelkeit, so resümieren Peter Malfertheiner, Magdeburg, und Koautoren in ihrer aktuellen Übersicht in «The Lancet». Patienten mit Duodenalulkus verspüren epigastrische Schmerzen typischerweise nüchtern oder auch nachts und stellen eine Besserung durch Nahrungsaufnahme oder Antazida fest. Etwa ein Drittel dieser Patienten hat auch Sodbrennen, ohne dass eine erosive Ösophagitis vorliegt. Chronische Ulzera können asymptomatisch sein. Dies trifft besonders auf NSAID-induzierte Läsionen zu, bei denen eine obere gastro-
intestinale Blutung oder Perforation die erste Manifestation der Erkrankung sein kann. Als häufigste Komplikation ist die Blutung (50–170/100 000) gefürchtet. Besonders betroffen sind Menschen über 60 Jahre. Perforationen sind demgegenüber seltener (7–10/100 000). Ein peptisches Ulkus wird endoskopisch diagnostiziert, wenn sich eine mit Fibrin bedeckte Schleimhautläsion im Durchmesser von 5 Millimetern oder mehr nachweisen lässt. Bei geringem Durchmesser spricht man von Erosionen – dies jedoch eher willkürlich und vor allem im Rahmen klinischer Studien. Duodenalulzera sind typischerweise im Bulbus lokalisiert, wo der saure Mageninhalt erstmals mit Darmschleimhaut in Kontakt kommt. Weiter distale duodenale Ulzerationen müssen an andere Ursachen (M. Crohn, Ischämie, Zollinger-Ellison-Syndrom) denken lassen.
Merksätze
■ Ein peptisches Ulkus wird endoskopisch diagnostiziert, wenn sich eine mit Fibrin bedeckte Schleimhautläsion im Durchmesser von 5 Millimetern oder mehr nachweisen lässt.
■ Die komplexe und multifaktorielle Pathogenese peptischer Erkrankungen gilt als Resultat eines Ungleichgewichts zwischen den aggressiven Faktoren Säure und Pepsin des Magenlumens sowie der schützenden Barrierefunktion der Schleimhaut.
■ Das Management peptischer Ulzera richtet sich nach dem Vorliegen der beiden wichtigsten Ursachen, Helicobacter-pylori-Infektion und NSAID-Einnahme.
■ Für den Säureschutz stehen heute die PPI an erster Stelle.
■ Die Helicobacter-Eradikation mittels Kombinationstherapie aus Antibiotika plus PPI ist bei positivem Nachweis immer indiziert.
■ Bei gleichzeitig erhöhtem gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiko muss die Indikation zum Einsatz von NSAID (und niedrig dosiertem Aspirin) individuell genau geprüft werden.
■ Eine Risikoabwägung muss dann über die Verschreibung von PPI (allenfalls Misoprostol), niedrig dosiertem Aspirin und des Entzündungshemmers (COX-2-spezifisch, Naproxen oder andere nichtselektive NSAID) entscheiden.
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FORTBILDUNG
In vielen industrialisierten Ländern hat sich die Strategie durchgesetzt, bis zum Alter von 55 Jahren bei Ulkussymptomatik im Allgemeinen auf eine Endoskopie zu verzichten und nicht invasiv mittels Atem- oder Stuhlantigentests auf Helicobacter pylori zu testen. Fällt diese Suche positiv aus, wird eine Eradikationstherapie durchgeführt. Diese «Test and Treat»Strategie ist bei jüngeren Patienten und in Abwesenheit von Alarmzeichen wie Appetit- und Gewichtsverlust, Anämie oder Erbrechen vertretbar.
Pathogenese Der Kasten zeigt eine ätiologische Klassifikation peptischer Ulzera. Die komplexe und multifaktorielle Pathogenese peptischer Erkrankungen ist während Jahrzehnten erforscht worden und gilt als Resultat eines Ungleichgewichts zwischen den aggressiven Faktoren Säure und Pepsin des Magenlumens sowie der schützenden Barrierefunktion der Schleimhaut. Zwar werden immer wieder Umweltfaktoren wie Rauchen oder exzessiver Alkoholkonsum sowie Medikamente angeführt, mit Ausnahme der NSAID sind sie als individuelle Ulkusauslöser aber nicht dokumentiert. Emotionaler Stress und psychosoziale Faktoren tragen hingegen zur Pathogenese bei. Hier ist die Datenlage aber spärlich, Evidenz dafür gibt es am ehesten beim Duodenalulkus. Echte Stressulzera treten im Zusammenhang mit schweren körperlichen Erkrankungen (Hirntrauma, Verbrennung, Sepsis) auf.
Kasten: Ätiologische Klassifikation peptischer Kasten: Ulzera
■ positiv für Helicobacter-pylori-Infektion
■ medikamentös bedingt (z.B. nichtsteroidale Entzündungshemmer [NSAID])
■ H.-pylori- und NSAID-positiv
■ H.-pylori- und NSAID-negativ
■ Säurehypersekretion (z.B. Zollinger-Ellison-Syndrom)
■ Anastomosenulkus nach subtotaler Magenresektion
■ Tumoren (z.B. Karzinom, Lymphom)
■ seltene spezifische Ursachen — M. Crohn von Magen oder Duodenum — eosinophile Gastroduodenitis — systemische Mastozytose — Strahlenschaden — virale Infektionen (z.B. Zytomegalie oder Herpes simplex, — v.a. bei immunkompromittierten Patienten) — Kolonisation des Magens mit Helicobacter heilmanii — schwere systemische Erkrankung
■ Cameron-Ulkus (Magenulkus bei Hiatushernie)
■ echtes idiopathisches Ulkus
Helicobacter-pylori-positives Ulkus Über die Hälfte der Weltbevölkerung hat eine chronische Helicobacter-pylori-Infektion, aber bloss 5 bis 10 Prozent der Infizierten entwickeln Ulzera. Die Induktion eines Ulkus ist vom histologischen Muster der Gastritis, konsekutiven Veränderungen in der Säuresekretion, immunologischen und genetischen Faktoren sowie vom Vorliegen besonders ulzerogener H.-pylori-Stämme abhängig. Nach Eradikation sind die durch das Bakterium bewirkten Veränderungen der Magenschleimhaut in der Regel voll reversibel. Bei H.-pylori-induzierten Magenulzera kann die Säureproduktion durchaus reduziert sein, bei vorwiegend das Magenantrum betreffender, nicht atrophischer Gastritis können hingegen sowohl die basale wie die stimulierte Magensäureproduktion erhöht sein. Dies ist besonders bei Duodenalulzera sehr häufig zu beobachten. Die komplexe Interaktion zwischen Bakterium, Magenschleimhaut und neurohumoraler Steuerung hat zum Konzept der kombinierten Eradikationstherapie beim H.-pylori-positiven Ulkus mit gleichzeitiger Antibiotikabehandlung und Säureunterdrückung durch einen PPI geführt, worin sich alle heutigen klinischen Leitlinien einig sind.
NSAID-induziertes Ulkus Hauptsächlicher Schädigungsmechanismus der NSAID ist die Unterdrückung der gastrischen Prostaglandinsynthese. Mit der Entwicklung selektiver Cyclooxygenase-(COX-)2-Hemmer ist hier ein guter Schritt gelungen, der das Risiko gastroduodenaler Ulzera und ihre Komplikationen reduziert, aber nicht eliminiert. Im Gegensatz zu gewissen Tiermodellen fehlen bei der NSAID-Gastropathie beim Menschen Entzündungszeichen, ausser wenn gleichzeitig eine H.-pylori-Infektion vorliegt. Magensäure verstärkt wahrscheinlich die initiale oberflächliche Schleimhautläsion und führt zu tieferen Ulzera und einer Beeinträchtigung der Abheilung, weshalb sich das Management der NSAID-induzierten Ulzera auf die Säurehemmung stützt. Patienten, die NSAID einnehmen, haben etwa ein vierfach höheres Komplikationsrisiko als Ulkuspatienten ohne NSAIDBehandlung. Zu den Risikofaktoren gehören eine anamnestische Belastung mit Ulzera oder Ulkuskomplikationen, ein fortgeschrittenes Alter, Komorbiditäten, der Einsatz von NSAID in hoher Dosierung, eine gleichzeitige Behandlung mit Kortikosteroiden, Aspirin, Antikoagulanzien sowie eine H.-pyloriInfektion. Wichtigster Risikoindikator sind vorangegangene Ulkuskomplikationen, und eine indirekte Evidenz deutet darauf hin, dass die Ulzera gern wieder an derselben Stelle auftreten. Im Gegensatz zu verbreiteten Überzeugungen sind Kortikosteroide an sich nicht ulzerogen, wie die «Lancet»Autoren schreiben. Eine hohe Komplikationsgefahr entsteht aber, wenn sie gleichzeitig mit NSAID verabreicht werden. Dies gilt auch für Antikoagulanzien. Die Datenlage zur Interaktion zwischen Helicobacter pylori und NSAID ist verwirrend. Zwei systematische Übersichten haben jedoch gezeigt, dass eine H.-pylori-Infektion das Risiko für peptische Ulzera und für Ulkusblutungen bei chronischen NSAID-
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Benützern substanziell erhöht. Auch scheint eine H.-pyloriEradikation vor Beginn einer NSAID-Therapie das Risiko für spätere endoskopisch dokumentierte und komplizierte Ulzera zu vermindern. Die Eradikation ist jedoch nicht ausreichend, um bei hohem gastrointestinalen Risiko (wie frühere Ulkusblutung in der Anamnese) NSAID-induzierte Blutungen gänzlich zu verhindern. Auf die Klinik ist nur wenig Verlass. Immerhin hatten Patienten mit Ulkusblutung in der Anamnese, die unter NSAID-Therapie eine Dyspepsie entwickelten, eine signfikant höhere Wahrscheinlichkeit für ein Rezidivulkus als solche, die asymptomatisch blieben. Offenbar besteht hinsichtlich Aspirin in niedriger Dosierung, wie es zur kardiovaskulären Prävention eingesetzt wird, und anderen nichtsteroidalen Entzündungshemmern ein Unterschied. «Nach unserer Meinung kann niedrig dosiertes Aspirin eine Blutung aus einem bestehenden H.-pylori-Ulkus provozieren. Die H.-pylori-Eradikation führt zur Ulkusheilung und reduziert daher das Risiko einer rezidivierenden Ulkusblutung unter niedrig dosiertem Aspirin», halten Malfertheiner und Koautoren fest.
Management Seit dem Diktum «ohne Säure kein Geschwür» von Karl Schwarz (Kasten «Vor 100 Jahren») haben sich die Bemühungen der pharmakolgischen Behandlung zur Hemmung der Magensäureproduktion und zur Unterstützung von Schleimhautabwehrmechanismen gedreht. Dennoch ist die Anzahl der Wirkstoffklassen, die zur Ulkusheilung mit gut dokumentiertem Erfolg eingesetzt werden, durchaus überschaubar geblie-
ben, wie die Tabelle zeigt. H2-Antagonisten revolutionierten zunächst die Ulkusbehandlung, wurden dann aber schrittweise durch die potenteren Protonenpumpeninhibitoren (PPI) verdrängt. Demgegenüber trachten andere Wirkstoffe, die Barrierefunktion der gastroduodenalen Schleimhaut zu verbessern, dies vor allem zum vorbeugenden Schutz bei Verabreichung ulzerogener NSAID und von Aspirin. Typischer Vertreter ist Misoprostol, dessen klinischer Nutzen aber durch abdominelle Nebenwirkungen, vor allem in höherer Dosierung, eingeschränkt wird. Auch Sucralfat und Wismutsalze können die Ulkusabheilung durch die Unterstützung der Schleimhautreparaturmechanismen fördern.
Behandlung des H.-pylori-positiven Ulkus Hier steht die Eradikation im Zentrum. Anibiotika allein können dies erreichen, die Kombination mit der Säurehemmung durch PPI beschleunigt jedoch die Heilung. Beim Duodenalulkus ist das Resultat der nicht invasiven Testung (durch 13CAtemtest oder Stuhlantigentest) ein validierter Surrogatmarker für die erfolgreiche Eradikation. Beim Magenulkus sollte die Ulkusheilung hingegen endoskopisch bestätigt werden, und Biopsien sind zum Ausschluss einer malignen Erkrankung zwingend. Beim unkomplizierten Duodenalulkus ist eine 7- bis 14-tägige Eradikationsbehandlung ausreichend, beim Magenulkus sollte die PPI-Gabe aber noch während 4 bis 8 Wochen weitergeführt werden. Die PPI-Therapie kann falschpositive Urease-Test-Resultate bewirken. Die Dauer der Eradikationstherapie bleibt kontrovers. In Europa kommen einwöchige Tripeltherapien zum Einsatz, in den USA werden 10 bis 14 Tage empfohlen. In Regionen mit hoher
Tabelle: Medikamentenklassen mit bewiesener Wirkung auf die Heilung von peptischen Ulzera
Klasse
Mechanismen
Verwendung
H2-Rezeptor-Antagonisten (Cimetidin,
Säurehemmung
Ranitidin, Famotidin, Nizatidin, Roxatidin)
H.-pylori-negatives peptisches Ulkus; wegen unterlegener Säurehemmung heute durch PPI ersetzt
PPI (Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, potenteste Säurehemmung Rabeprazol, Esomeprazol)
Standardtherapie für alle H.-pylori-negativen peptischen Ulzera; Prävention von NSAID- oder Aspirin-induzierten Ulzera; essenzielle Komponente bei Eradikationstherapien; i.v. bei blutenden Ulzera
Prostaglandinanaloga (Misoprostol)
Schleimhautwiderstandsfähigkeit↑ H.-pylori-negative Ulzera; Prävention von NSAID- induzierten
schwache Säurehemmung
Ulzera
H.-pylori-Eradikations-Schemata (PPI plus zwei Antibiotika)
Heilung der H.-pylori-Infektion
Standardtherapie für alle H.-pylori-positiven Ulzera
Wismutsalze (Subcitrat, Subsalicylat)
schwache antibakterielle Wirkung; in Vierertherapien zur H.-pylori-Eradikation Erhöhung der Prostaglandinsynthese in der Schleimhaut
Einige weitere Schleimhautprotektiva (u.a. Sucralfat, Rebamipid) sind wegen nicht ausreichender Evidenz durch Studien in diesem Wirksamkeitsvergleich nicht berücksichtigt. PPI = Protonenpumpeninhibitoren, NSAID = nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente. Prostaglandinanaloga sind in der Schwangerschaft kontrainidiziert.
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Vor 100 Jahren
«Ohne sauren Magensaft kein peptisches Geschwür. Das Magengeschwür ist nach dieser Auffassung nur ein Folgezustand des Missverhältnisses zwischen der selbstverdauenden Kraft des Magensaftes und den dagegen wirksamen Schutzkräften der Magenschleimhaut, das Magengeschwür ist nur ein Symptom der Magengeschwürskrankheit, daher seine Hartnäckigkeit, daher seine Neigung zum multiplen Auftreten …
Die Excision des Magengeschwürs beseitigt nur das Symptom, die Magengeschwürskrankheit wird dadurch nicht berührt («den Bösen sind wir los, die Bösen sind geblieben»). Es ist deshalb nur natürlich, dass die Excision so häufig von Recidiven, neuerlichen Blutungen, Erbrechen, Perforation usw. gefolgt wird. Die Excision des Geschwürs allein trägt eben der ätiologischen Indikation keine Rechnung. Abgesehen davon, dass nur das eben sichtbare Geschwür entfernt wird, andere aber der Beobachtung entgehen können und dann nach der schweren Operation ihre Wühlarbeit fortsetzen und den gehofften Erfolg vereiteln, ist die Excision des penetrierenden Magengeschwürs, insbesondere des Magenleber- und Magenpankreasgeschwürs, durchaus keine einfache Sache.»
Dr. Karl Schwarz, Primararzt am Spital der barmherzigen Brüder in Agram: Über penetrierende Magen- und Jejunalgeschwüre, in: «Beiträge zur Klinischen Chirurgie», Band 67: 96—128 (1910).
Antibiotikaresistenz sind Quadrupeltherapien (PPI, Tetracyclin, Metronidazol, Wismut) sehr effektiv. Wismutbasierte Viererkombinationen kommen auch zur Anwendung bei den 10 bis 20 Prozent Eradikationsversagern nach Tripeltherapie. Bei Patienten mit zwei konsekutiven gescheiterten Eradikationsversuchen sind eingehende mikrobiologische Untersuchungen inklusive Sensitivitätstest fällig. Auch wird die weitere antibiotische Behandlung schwierig.
Behandlung des NSAID-induzierten Ulkus Heute sind NSAID und niedrig dosiertes Aspirin die wichtigsten Ursachen für Ulkuskomplikationen in entwickelten Ländern, in denen die Helicobacter-Durchseuchung laufend abnimmt. Unkomplizierte NSAID-induzierte Ulzera heilen nach Absetzen des Medikaments in aller Regel innert 8 Wochen ab. Die Heilungsaussichten von Magenulzera sind jedoch stark beeinträchtigt, wenn der auslösende nichtsteroidale Entzündungshemmer weiter eingenommen wird. In dieser Situation kommen häufig PPI zum Einsatz, die die Heilung fördern sollen. Offenbar bietet dabei eine Verdoppelung der Dosis keine eindeutige Verbesserung. Da H.-pylori-Ulzera nicht von NSAID-induzierten Ulzera unterschieden werden können, ist die H.-pylori-Testung und -Eradikation ausschlaggebend. Letztere beeinträchtigt die Ulkusabheilung auch unter fortgesetzter NSAID-Therapie nicht. In einer systematischen Übersicht klinischer Studien induzierten COX-2-Hemmer signifikant weniger gastroduodenale Ulzera
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und Therapieabbrüche wegen Magen-Darm-Nebenwirkungen als nichtselektve NSAID. Gleichzeitige Aspirineinnahme macht diese Magenschutzwirkung jedoch wieder zunichte. Bei der Diskussion der gastrointestinalen Vorteile der COX-2Hemmer sind auch immer die kardiovaskulären Risiken dieser Wirkstoffgruppe im Auge zu behalten, mahnen die Autoren. Patienten mit hohem gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiko sollten NSAID oder COX-2-Hemmer gänzlich vermeiden. Steht in der individuellen Abwägung das kardiovaskuläre gegenüber dem gastrointestinalen Risiko im Vordergrund (z.B. nach durchgemachtem Infarkt), kommt die Kombination von PPI (oder Misoprostol), niedrig dosiertem Aspirin und Naproxen am ehesten infrage. Steht das gastrointestinale Risiko im Vordergrund (Ulkusblutung neueren Datums, gut kontrollierte kardiale Risiken), wird man eher die Kombination PPI, niedrig dosiertes Aspirin und COX-2-Hemmer einsetzen.
prüfen. Dabei gilt, dass die Sensitivität aller H.-pylori-Tests keineswegs 100 Prozent ausmacht. Bevor ein negatives Resultat endgültig akzeptiert wird, hat eine endoskopische Untersuchung mit Antrum- und Korpusbiopsien zu erfolgen, da keinem Patienten die Chance auf eine Heilung des peptischen Leidens durch Eradikation vorenthalten werden darf. Im Übrigen ist an diverse seltene Ulkusursachen zu denken. Echte idiopathische Ulzera sind sehr selten. Hat man einen solchen Fall vor sich, soll die PPI-Behandlung langfristig fortgesetzt werden, notfalls auch unter höherer Dosierung. ■
Halid Bas
Peter Malfertheiner et al.: Peptic ulcer disease. Lancet 2009; 374: 1449–1461. DOI: 10.1016/S01406736(09)60938-7.
H.-pylori-negatives, NSAID-negatives Ulkus Beim Management dieser Konstellation gilt es als Erstes die Anamnese und die Testresultate infrage zu stellen und zu über-
Interessenkonflikte: Die Autoren deklarieren Vortrags- beziehungsweise Beratungshonorare oder Forschungsgelder von einer Vielzahl von Pharmafirmen mit Interessen auf dem Gebiet der Ulkusbehandlung (einsehbar in der Originalpublikation).
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