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FORTBILDUNG
Osteoporose bei Frauen in der Postmenopause
Die North American Menopause Society nimmt Stellung zu Fragen der Prävention, Diagnostik und Therapie
Anfang des Jahres hat die North American Menopause Society (NAMS) ein umfassendes Positionspapier zu Prävention, Diagnose und Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen publiziert. Sehen wir im Folgenden, welche Antworten die NAMS auf einige Fragen rund um die Osteoporose gibt.
Eine densitometrisch festgestellte Osteoporose muss übrigens nicht zwingend auf einen übermässigen Knochenverlust zurückzuführen sein. Es ist ebenso möglich, dass in jungen Jahren schlicht zu wenig Knochenmasse aufgebaut wurde. Die Diagnose Osteoporose kann laut NAMS bei Vorliegen einer pathologischen (Fragilitäts-)Fraktur auch rein klinisch gestellt werden. Anders als Hüftfrakturen müssen Wirbelfrakturen nicht mit einem Sturz einhergehen, oft sind die Wirbelbrüche (zunächst) nicht einmal schmerzhaft. Allein eine auffällige Abnahme der Körpergrösse kann Zeichen von vertebralen Kompressionsfrakturen sein.
MENOPAUSE
Was ist eine Osteoporose, und wie wird sie diagnostiziert? Die Osteoporose ist die häufigste Knochenkrankheit. Sie ist charakterisiert durch eine verringerte Knochenfestigkeit, die zu einem erhöhten Frakturrisiko prädisponiert. Die Knochenfestigkeit hängt ab von der Knochen(mineral)dichte und der Knochenqualität. In der Praxis sind qualitative Parameter wie Mineralisationsgrad, Grösse der Hydroxyapatitkristalle, Kollagenstruktur, ossäre Mikrostruktur und mikroskopische Schäden derzeit nur schwer oder überhaupt nicht routinemässig messbar. Deshalb stützt sich die technische Diagnose im Grund auf lediglich einen Parameter: die Knochendichtemessung mithilfe der Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DXA). Die NAMS schliesst sich ausdrücklich der WHO-Definiton an. Demnach wird die gemessene Knochendichte mit der eines jungen gesunden Erwachsenen gleichen Geschlechts verglichen und als Standardabweichung durch den T-Score ausgedrückt: ■ Normalwert: T-Score: 0 bis -1 ■ Verringerte Knochenmasse (Osteopenie): T-Score: -1,0 bis -2,5 ■ Osteoporose: T-Score: <-2,5.
Der T-Score ist nicht völlig unumstritten. Manche Experten bevorzugen den Z-Score. Bei dieser Methode wird die Knochendichte verglichen mit der von Personen aus der gleichen Altersgruppe, derselben Rasse und demselben Geschlecht. Der Z-Score wird von WHO und NAMS nur bei Frauen in der Prämenopause favorisiert.
Wie hoch ist das Osteoporoserisiko für Frauen in der Postmenopause? Die Prävalenz der Osteoporose steigt von 4 Prozent im Alter von 50 bis 59 Jahren auf über 50 Prozent bei Frauen über 80 Jahre. Für eine (weisse) nordamerikanische Frau im Alter von 50 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit 40 Prozent, im Laufe ihres weiteren Lebens eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, zwei Drittel der Frakturen werden sich jenseits des 75. Lebensjahrs ereignen. Oberschenkelhalsfrakturen treten mehrheitlich bei Frauen über 80 Jahre auf. Etwa 25 Prozent der Frauen benötigen nach einer Oberschenkelhalsfraktur eine medizinische Langzeitversorgung, jede zweite Frau bleibt nach dem Ereignis dauerhaft in ihrer Mobilität eingeschränkt. Ein wichtiger Risikofaktor für osteoporotische Frakturen ist die osteoporotische Fraktur. Mit anderen Worten: Wer eine Fraktur erleidet, ist gefährdet, dass weitere Knochenbrüche folgen werden.
Welche Risikofaktoren gibt es für Osteoporose und osteoporotische Fraktur? Die NAMS legt Wert auf die Unterscheidung zwischen Risikofaktoren für eine densitometrisch ermittelte Osteoporose und Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen. Für die Osteoporose gelten als Hauptrisikofaktoren fortgeschrittenes Alter, Veranlagung, Lifestylefaktoren (mangelnde Kalzium- und Vitamin-DEinnahme, Rauchen etc.), Untergewicht und Menopausestatus. Die entscheidenden Risikofaktoren für eine osteoporotische Fraktur sind im FRAX®-Modell der WHO aufgeführt: ■ Alter ■ Geschlecht ■ Körpergewicht
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■ Körpergrösse ■ Geringe Knochendichte (gemessen am Oberschenkelhals) ■ Anamnestisch pathologische Fraktur ■ Hüftfraktur in der Familie ■ (Aktueller) Tabakkonsum ■ Langzeiteinnahme von Glukokortikoiden ■ Rheumatoide Arthritis ■ Andere Ursachen für sekundäre Osteoporose ■ Übermässiger Alkoholkonsum.
Ist die Knochendichte wirklich der Hauptrisikofaktor für Frakturen? Jenseits des 50. Lebensjahres verdoppelt sich das Risiko einer osteoporotischen Fraktur alle 7 bis 8 Jahre. Ginge man allein nach der Knochendichte, würde sich rechnerisch das Risiko zwischen dem 55. und 85. Lebensjahr vervierfachen. Der Einfluss des Alters ist aber mindestens zehnmal grösser als der Verlust der Knochenmasse.
Knochenmasse: Ergebnis von Lebensstil oder genetisch determiniert? Unsere Gene bestimmen laut NAMS grösstenteils darüber, wie viel Knochenmasse ein Mensch in jungen Jahren aufbaut. Der Lebensstil trägt das Übrige bei: Schlechte Ernährung, wenig körperliche Bewegung, Zigarettenkonsum, übermässiger Alkoholgenuss sind der Knochengesundheit abträglich. Schon lange weiss man, dass untergewichtige Menschen ein erhöhtes Osteoporoserisiko haben. Das betrifft in erster Linie Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 22. Im FRAX®Modell wird der BMI benutzt, wenn die Knochendichte nicht gemessen werden kann.
Welchen Einfluss hat die Menopause auf das Osteoporoserisiko? Frauen, bei denen die Menopause vor dem 40. Lebensjahr spontan eintritt, haben ein erhöhtes Osteoporoserisiko. Das gilt auch, wenn das Östrogendefizit durch Chemotherapie oder operativ durch Entfernung der Eierstöcke induziert wird. Allerdings: Im Alter von 70 Jahren, wenn also Frakturen in nennenswerter Zahl auftreten, haben Frauen mit früher Menopause ein altersübliches Osteoporoserisiko.
Welche Frauen sollten auf Osteoporose untersucht werden? Alle Frauen in der Postmenopause sollten auf ihr Osteoporoseund Frakturrisiko untersucht werden, fordert die NAMS. Dazu gehören Anamnese, körperliche Untersuchung und die individuell erforderliche Diagnostik. Ziel ist es, das Frakturrisiko zu bestimmen, mögliche sekundäre Osteoporoseursachen abzuklären und modifizierbare Risikofaktoren zu identifizieren. Nach der Menopause sollte auch das Sturzrisiko bewertet werden. Klinische Faktoren, die ein erhöhtes Risiko markieren, sind: ■ Anamnestisch Stürze oder Bewusstlosigkeit ■ Muskelschwäche
■ Schwindel, Koordinationsprobleme ■ Arthritis der unteren Extremität ■ Neuropathie der unteren Extremität ■ Eingeschränkte Sehfähigkeit ■ Medikamente (Sedativa, Anticholinergika, Blutdrucksenker).
Grundsätzlich gilt: Je mehr Risikofaktoren vorliegen, desto wahrscheinlicher sind Stürze. Übungen und Balancetraining können das Sturzrisiko deutlich senken. Sinnvoll sind auch sturzpräventive Massnahmen in der häuslichen Umgebung (Beseitigung von Hindernissen, für gute Beleuchtung sorgen etc.).
Wann wird eine Knochendensitometrie empfohlen? Die Entscheidung zur Osteodensitometrie (mittels DXA) richtet sich nach dem Risikoprofil der Frau. Die Untersuchung ist überflüssig, wenn davon keine therapeutische Entscheidung abhängt. Die NAMS empfiehlt eine Osteodensitometrie für: ■ alle Frauen ab dem 65. Lebensjahr, unabhängig von klini-
schen Risikofaktoren ■ Frauen in der Postmenopause, unabhängig vom Alter, wenn
Osteoporose fördernde Begleiterkrankungen vorliegen (z.B. Hyperparathyroidismus) ■ alle Frauen ab 50 Jahren mit zusätzlichen Risikofaktoren, wie: – Pathologische Fraktur – Untergewicht – Hüftfraktur bei den Eltern – Raucherinnen – Rheumatoide Arthritis – Chronischer Alkoholkonsum.
In welchem Abstand ist eine Kontroll-Densitometrie angeraten? Eine Kontroll-Densitometrie ist bei unbehandelten Frauen erst nach 2 bis 5 Jahren sinnvoll, da nur etwa 1 Prozent des Knochens pro Jahr verloren geht. Frauen, die schon in der Prämenopause deutlich an Knochenmasse eingebüsst haben, verlieren erfahrungsgemäss durchschnittlich alle 5 Jahre 0,5 T-ScoreEinheiten. Bei Frauen, die eine Osteoporosetherapie erhalten, sollte frühestens nach 1 bis 2 Jahren die Knochendichte kontrolliert werden. Stabile Knochendichte zeigt den Therapieerfolg an. Fällt die Knochendichte trotz Behandlung weiter ab, sollten als Grund neben Therapieversagen auch mangelnde Therapietreue oder sekundäre Ursachen (erneut) ins Auge gefasst werden.
Ist die Bestimmung von Knochenmarkern hilfreich? Biochemische Knochenmarker können Veränderungen des Knochens mitunter deutlich früher signalisieren, als dies die Knochendichtemessung vermag. Allerdings ist ihre Anwendung derzeit laut NAMS nicht als Standarddiagnostik anzuse-
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Tabelle: Labordaten und ihre Bedeutung
Test Blutbild Serumkalzium
Ergebnis
Anämie
↑ ↓
Serumphosphat
25-(OH)-Vitamin D im Serum Serumalbumin
Serum-AP
↑ ↓
niedrig
zur Interpretation von Serumkalzium, Ernährungsmangelzustände
↑
24 h-Urin-Kalziumausscheidung
↑ ↓
TSH
Serumprotein-Elektrophorese Kreatinin
niedrig hoch
monoklonales Band
↑
Mögliche Diagnose multiples Myelom Hyperparathyroidismus Vitamin-D-Mangel gastrointestinale Malabsorption Niereninsuffizienz Hyperparathyroidismus Malabsorption, Zöliakie, zu geringe Supplementierung
Vitamin-D-Mangel, multiples Myelom, Knochenmetastasen, M. Paget, Leber-/Gallenblasenkrankheiten renale Kalziumverluste, multiples Myelom, Hyperparathyroidismus, Hyperthyroidismus, Malabsorption, unzureichende Einnahme von Kalzium und Vitamin D Hyperthyreose (verursacht hohen Knochenumbau) Hypothyreose multiples Myelom renale Osteodystrophie, mögliche Kontraindikation für Bisphosphonate
hen. Viele Marker unterliegen Schwankungen von Tag zu Tag, oder sie sind abhängig von der Ernährung, zuweilen fehlt eine Standardisierung der Assays. Die Hoffnung, die regelmässige Messung könne womöglich die Therapietreue erhöhen, hat sich nicht erfüllt.
Welche Labordaten sollten bestimmt werden? Bei Frauen mit geringer Knochendichte wird die Bestimmung folgender Laborparameter empfohlen: Blutbild, Kalzium, Phosphat, Kreatinin, TSH, AP und Albumin. Nur unter bestimmten Umständen sind 24-h-Kalziumausscheidung, freies Kortisol, Serum-Elektrophorese, Parathormon zu bestimmen (Tabelle).
Wie wichtig sind Kalzium und Vitamin D? Zwei Faktoren sind für die Knochengesundheit von besonderer Bedeutung: reichlich körperliche Bewegung und ausreichende Aufnahme von Kalzium und Vitamin D. Kalzium wird benötigt, um die Spitzenknochenmasse aufzubauen und den Knochenabbau im Alter zu begrenzen. Mit steigendem Alter nehmen Frauen erfahrungsgemäss weniger Kalzium zu sich, erschwerend hinzu kommt, dass die intestinale Resorption im Alter nachlässt, und dies auch infolge defizitärer Vitamin-DZufuhr. Bei Niereninsuffizienz kann ein 1,25 Dihydroxy-Vitamin-D-Defizit auch unabhängig von mangelnder UV-Expo-
sition und Vitamin-D-Aufnahme auftreten. Östrogenmangel scheint die Kalziumausscheidung über die Niere zu erhöhen. Unter diesen Bedingungen ist folglich der Kalziumbedarf bei Frauen in der Postmenopause erhöht (1200–1500 mg/Tag). Um diesen Bedarf zu decken, benötigen viele Frauen 600 bis 900 mg/Kalzium pro Tag zusätzlich zur üblichen Tagesaufnahme mit der Nahrung. Der Kalziumbedarf kann grundsätzlich allein über Milchprodukte als Hauptnahrungsquelle abgedeckt werden. Allerdings ist dies leichter gesagt als gegessen, weshalb viele Frauen laut NAMS einer Supplementierung bedürfen. Auf dem Markt sind diverse Kalziumsalze. Zu beachten ist, dass Calciumcitrat auf leeren und vollen Magen eingenommen werden kann, Calciumcarbonat dagegen am besten mit dem Essen. In jedem Fall ist es vorteilhaft, die Tagesdosis (bis maximal 1500 mg) über den Tag zu verteilen. Ein Vitamin-D-Mangel ist insbesondere häufig bei alten, gebrechlichen, chronisch kranken Frauen, die an die Wohnung gefesselt sind oder im Heim leben. Daneben besteht allgemein eine hohe Prävalenz für Vitamin-D-Mangel in nördlichen Breitengraden. Die NAMS empfiehlt eine Vitamin-D-Supplementierung von mindestens 800 bis 1000 IU pro Tag, als Höchstgrenze werden 2000 IU/Tag angegeben. Kohortenstudien haben gezeigt, dass eine Tagesdosis von 400 IU Vitamin D für
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eine Frakturprävention wahrscheinlich nicht reicht. In einer Dosis von 800 IU kann das Frakturrisiko aber anscheinend verringert werden. In den betreffenden Studien wurde stets auch Kalzium (in einer Tagesdosis von 1000 mg) eingenommen.
Welche Bedeutung haben Isoflavone? Isoflavone gehören zu den Phytoöstrogenen, die vor allem in Sojaprodukten enthalten sind. Als wichtige Vertreter gelten Genistein, Daidzein und Glycitein. Die Wirksamkeit von Isoflavonen ist nach derzeitiger Datenlage eher als gering zu veranschlagen. Für Iprilavon, ein synthetisches Isoflavon, das in den USA und Kanada frei verkäuflich ist, konnte weder ein Einfluss auf die Knochendichte noch auf Knochenmarker oder Frakturrisiko gezeigt werden. Kürzlich ergab eine 2-jährige plazebokontrollierte Studie, dass gereinigtes Genistein in einer Dosis von 54 mg/Tag zu einem geringen, statistisch signifikanten Anstieg der Knochendichte führte. Eine Metaanalyse von mehreren randomisierten und kontrollierten Studien kam zu dem Schluss, dass Soja-Isoflavone wahrscheinlich keinen nennenswerten Einfluss auf die Knochendichte haben.
Lässt sich mit Krafttraining der Knochenabbau aufhalten? Krafttraining regt zur Bildung von Knochenmasse an und ist ein geeignetes Mittel zum Aufbau und Erhalt des Knochens. Die Effekte lassen sich gut bei Tennisspielern demonstrieren: Im Spielarm ist die Knochendichte deutlich höher als im unbeanspruchten Arm. Eine positive Nachricht für ältere Menschen ist, dass selbst die vergleichsweise geringe Ertüchtigung einen günstigen Einfluss auf das Skelett ausübt. Sogar «passiver Stress», ausgelöst etwa durch Systeme, die mit hochfrequenten Vibrationen arbeiten, hat günstige Effekte. Laut NAMS sollten besonders die langen Extensormuskeln des Rückens, die Hüftbeuger und -strecker sowie die Oberarm- und Unterarmmuskeln trainiert werden. Untersuchungen bei über 75-jährigen Frauen haben ergeben, dass Kraftübungen und Balancetraining das Sturz- und Verletzungsrisiko um 75 Prozent zu senken vermögen. Auch Frauen in schlechterem körperlichen Zustand können, etwa durch Wasseraerobic, ihre Knochen stärken.
Wann wird eine Pharmakotherapie empfohlen? Eine Pharmakotherapie wird allen postmenopausalen Frauen empfohlen: ■ bei Auftreten einer pathologischen Fraktur ■ bei densitometrisch diagnostizierter Osteoporose ■ bei Osteopenie, wenn im Risikokalkulator FRAX ein 10-Jah-
res-Frakturrisiko von mindestens 20 Prozent besteht oder ein Hüftfrakturrisiko von mindestens 3 Prozent.
Für die Behandlung stehen verschiedene Medikamente bereit. Sie wurden (mit Ausnahme von Östrogen) nur bei Patientinnen mit klinischer oder densitometrischer Osteoporose gestestet. ■ Medikamente der ersten Wahl sind Bisphosphonate. Sie
hemmen die Osteoklasten und verringern daher die Kno-
chenresorption und erhöhen die Knochendichte, wenn auch zumeist nur geringfügig. Die Studien zeigen für die verschiedenen Bisphosphonate, dass sich mit diesen Medikamenten das Risiko vertebraler und nichtvertebraler Frakturen um 40 bis 70 Prozent reduzieren lässt. Die NAMS gibt keine bevorzugte Empfehlung für einen der Vertreter. Die meisten Bisphosphonate (Alendronat, Fosamax® und Generika; Etidronat*, Risedronat, Actonel®) sind als Tabletten zur täglichen oder intermittierenden Therapie erhältlich, Zoledronat (Aclasta®, Zometa®) wird intravenös als Kurzinfusion appliziert, die nur einmal jährlich erfolgt. Die NAMS gibt keine bevorzugte Empfehlung für einen der Vertreter. Bisphosphonate werden schlecht im Magen-Darm-Trakt aufgenommen und sollten deshalb vor dem Frühstück auf nüchternen Magen eingenommen werden. In den USA ist Zoledronat auch zur Prävention der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zugelassen. Dabei wird eine Kurzinfusion alle 2 Jahre durchgeführt. Häufige Nebenwirkungen von Bisphosphonaten sind Ösophagitis, Dysphagie, Ösophagus- und Magenulkus. Patienten, die nach der Medikamenteneinnahme nicht in der Lage sind, 30 bis 60 Minuten aufrecht zu sitzen, sollen keine Bisphosphonate erhalten. Vor Aufnahme der Therapie muss das Serumkalzium bestimmt werden, während der Behandlung soll die Kalzium- und Vitamin-D-Behandlung fortgesetzt werden. Vor jeder Infusion von Zoledronat oder Ibandronat (Bonviva®) muss das Serumkreatinin bestimmt werden. Kontrollierte Langzeitstudien über mehr als 5 Jahre mit Alendronat und Risedronat haben eine persistierende (aber nicht progressive) Reduktion des Knochenumsatzes gezeigt, ohne dass unerwartete Nebenwirkungen auftraten oder eine abnorme Histomorphometrie sichtbar wurde. Für Ibandronat und Zoledronat liegen noch keine Langzeitdaten über mehr als 3 Jahre vor. Bis heute ist unklar, wie lang die Bisphosphonattherapie dauern sollte. Wird die Behandlung mit Alendronat nach 5 Jahren abgebrochen, bleibt die Knochendichte in den nächsten 5 Jahren stabil oder sinkt leicht ab. Ob und wie lange die Frakturprävention nach Therapieabbruch fortbesteht, ist bis anhin nicht eindeutig geklärt. Der Therapieabbruch von Risedronat nach 2-jähriger Therapie (bei jungen postmenopausalen Frauen) hat laut einer Studie recht rasche Auswirkungen. Schon im ersten Jahr ohne Behandlung kam es zu einem signifikanten Knochenverlust (gemessen an Hüfte und Wirbelkörper). Bei älteren Frauen konnte gezeigt werden, dass das vertebrale Frakturrisiko 12 Monate nach Absetzen von Risedronat noch verringert war. Für andere Bisphosphonate liegen keine Erkenntnisse zum Therapieabbruch vor. ■ Auch der selektive Östrogenrezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen (Evista®) erhöht die Knochendichte beziehungsweise verhindert Knochenverlust. Raloxifen ist zugelassen
* in der Schweiz nicht erhältlich
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zur Prävention und Therapie der Osteoporose. Eindeutig sinkt unter der Therapie das Risiko für Vertebralfrakturen. Ob auch andere Frakturen verhindert werden, ist bis jetzt nicht eindeutig geklärt. Unter der Therapie mit Raloxifen sinkt nach den Ergebnissen der MORE- und der CORE-Studie das Brustkrebsrisiko deutlich. Die Studie war allerdings nicht vorgängig zur Prüfung eines solchen präventiven Effekts angelegt. In den USA, nicht aber in Kanada, ist Raloxifen zur Brustkrebsprävention bei Frauen mit hohem Krebsrisiko zugelassen. ■ Parathormon (PTH) und Analoga (Teriparatid, Forsteo®), täglich subkutan injiziert, kann indiziert sein bei Frauen mit hohem Frakturrisiko. Es ist auch bei Glukokortikoid-induzierter Osteoporose und bei Männern mit Osteoporose einsetzbar. Im Gegensatz etwa zu Bisphosphonaten handelt es sich um eine anabole Substanz, die direkt die Osteoblasten stimuliert. PTH steigert die Knochendichte und stimuliert die Knochenformation. Das Hormon darf in den USA nicht länger als 24 Monate, in Kanada nicht länger als 18 Monate verabreicht werden. Kontraindiziert ist es bei Patienten mit Hyperkalzämie, Knochenmetastasen oder M. Paget. Im Tierversuch induzierten hohe Dosen die Entstehung eines Osteosarkoms. Ob beim Menschen ein solches Risiko besteht, ist ungewiss. Ungeklärt ist die Möglichkeit einer intermittierenden Therapie. ■ Östrogen(-Gestagen-)Substitution ist eine Therapieoption für wenige Jahre in der frühen Postmenopause. Die Wirkung auf die Knochendichte und Frakturprävention ist unbestritten, dagegen abzuwägen sind die Risiken der Hormontherapie, insbesondere das Brustkrebsrisiko. Werden andere Therapien nicht vertragen, kann die Hormonsubstitution laut NAMS auch unabhängig von Menopausebeschwerden erwogen werden.
■ Calcitonin (Miacalcic®) ist kein Erstlinienmedikament. Seine Wirkung auf die Knochendichte ist vergleichsweise gering und die Frakturprävention nicht sonderlich ausgeprägt. Das Medikament kann bei Schmerzen nach akuter vertebraler Kompressionsfrakturen verabreicht werden, sonst ist es zur Behandlung von Knochenschmerzen nicht geeignet.
Immer noch können laut NAMS keine verlässlichen Empfeh-
lungen für mögliche Kombinationstherapien abgegeben wer-
den. Klarer kristallisiert sich dagegen heraus, dass für viele
Frauen die Behandlung der Osteoporose auf lange Zeit erfolgen
muss. Insgesamt ist nicht ausreichend untersucht, wie das
Frakturrisiko sich nach Abbruch einer Osteoporosetherapie
verändert.
Die NAMS betont zudem, dass die Langzeitsicherheit vieler
Substanzen noch nicht sicher beurteilt werden kann, weshalb
ein sorgfältiges Monitoring essenzieller Bestandteil jeder
Osteoporosebehandlung ist.
■
Uwe Beise
North American Menopause Society: Management of osteoporosis in postmenopausal women: 2010 position statement of the north american menopause society. Menopause 2010: 17(1): 25—54.
Interessenkonflikte: In der Originalpublikation werden keine Interessenkonflikte deklariert.
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