Transkript
Editorial
Willkommen im Neuen Jahr, willkommen im neuen Jahrzehnt. Ein solcher Wechsel signalisiert so etwas wie einen Neubeginn – warum eigentlich? Wohl eher aus Konvention denn wegen einer neuen, guten Wirklichkeit, die mit der alten, schlechten nichts mehr gemein hat. Hundeliebhaber wissen es besonders gut: bei jeder – fast jeder – Veränderung wedelt das Tier mit dem Schwanz, es scheint sich zu freuen. Ähnliches war festzustellen beim Wechsel vom alten Gesundheitsminister zum neuen – warum eigentlich? Auch da schien im Kreise der Ärzteschaft und auch bei anderen Kreisen, die im Gesundheitswesen ein Auskommen finden, beinahe reflexhaft der Schwanz mit dem Hund zu wedeln.
Vertretern der Gesundheitsbehörden derjenigen Länder, die sich das leisten können, ganz ungeniert Richtung und Marschtakt vorgaben. Sicher war ARS MEDICI gut beraten, mit dem Thema der «neuen Grippe» eher zurückhaltend umzugehen. Diese Haltung ist nicht ganz einfach
Willkommen bei den Möglichkeiten
Aber wird die Hausarztmedizin unter ihm besser gedeihen oder wenigstens besser überleben? Werden dumme, rasch dahin entschiedene Beschlüsse der letzten Dekade rückgängig gemacht werden? Werden eben solche neue Ideen, etwa ein durch den Entschädigungstarif aufgezwungener Verzicht auf Hausbesuche oder ein Bestrafungsbeitrag fürs Übergewicht ausbleiben? Die Zeit des Wechsels ist nicht nur ein Sprungbrett für mehr oder weniger gelungene gute Vorsätze, sondern ebenso eine gute Gelegenheit für zweifelnde Fragen. Beidem ist die Eigenschaft gemein, dem Möglichen Raum zu geben. Rückblickend wäre sicher ein anderer Umgang mit der Schweinegrippe möglich gewesen. Nicht nur Transparency International hat wohl den Eindruck gehabt, dass da vieles entsetzlich aufgebauscht wurde, dass nicht wissenschaftliche Erkenntnisse den Weg wiesen, sondern dass wirtschaftliche Interessen den Medien und den
durchzuziehen, da sich in Zeiten grosser Unsicherheit und Aufregung niemand gern vorwerfen lassen will, das Problem nicht erkannt zu haben. Die Wahrnehmung verpasster Gelegenheiten und akuter Bedrohungen schafft grosse Unzufriedenheit und diese sucht sich, offenbar ebenfalls reflexhaft, einen Sündenbock. In der Regel ist das eine einzelne Person. Ist das sinnvoll, produktiv, zukunftsweisend? Nein, es ist naiv, vereinfachend und verwedelt den Blick auf den Kern der Probleme und verhindert, Wünsche für die Zukunft an die richtige Adresse zu richten. Wäre es nicht ein guter Vorsatz, eine gute Möglichkeit, in nächster Zeit auf Personalisierungen zu verzichten, nicht nur in der Geschichtsschreibung oder der weltweiten Klimapolitik, sondern auch in unserer kleinen nationalen Gesundheitspolitik?
Halid Bas
ARS MEDICI 1 ■ 2010 1