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BERICHT
Verleihung des Prix Galien an das Antirheumatikum Abatacept
Anerkennung einer Innovation
Innovation hat nicht nur ihren Preis, sie erhält auch Preise. Zum Beispiel den Prix Galien Suisse, der dieses Jahr in Bern an die Firma BristolMyers Squibb (BMS) für einen Hemmstoff der bei diversen entzündlichen rheumatologischen Erkrankungen bedeutsamen T-Zell-Aktivierung ging.
HALID BAS
Professor Michael Seitz von der Universitätsklinik für Rheumatologie, Klinische Immunologie und Allergologie (RIA) in Bern, skizzierte an der Preisverleihung Wirkungsmechanismus und Bedeutung von Abatacept (Orencia®). Dabei handelt es sich um ein Fusionsprotein (CTLA4Ig) aus dem humanen Transmembranprotein CTLA4 und dem nicht variablen Teil der langen Ketten von humanen Antikörpern (IgG1). Dieses Fusionsprotein bindet sich an das Oberflächenprotein von B7 antigenpräsentierenden Zellen (APZ). Da das gleichzeitige Signal der Anlagerung von T-Zellen an den MHC-Komplex der antigenpräsentierenden Zellen und an B7 für die Aktivierung der T-Zellen unerlässlich ist, entsteht so eine Hemmung der T-Zell-Aktivierung. Abatacept ist bis heute der einzige biologische T-ZellHemmer mit einem nachgewiesenen klinischen Effekt bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder Psoriasis. Bisher sind nur geringe Infektkomplikationen dokumentiert. Zurzeit ist Abatacept in der Schweiz zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mässiger bis schwerer rheumatoider Arthritis, die auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARD) wie Methotrexat oder Tumor-Nekrose-
Faktor-(TNF-)blockierende Substanzen nicht ausreichend ansprechen. Professor Seitz äusserte die Erwartung, dass für Abatacept weitere Indikationsgebiete bei Erkrankungen mit T-Zell-vermittelter Pathogenese hinzukommen werden. Dazu gehören Psoriasisarthritis, Spondylarthropathien, systemischer Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom und andere Konnektivitiden. Professor Cem Gabay, Rheumatologe an den Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG), fasste die derzeitigen Prinzipien der Behandlung der rheumatoiden Arthritis zusammen: ■ früher Beginn der Behandlung ■ Methotrexat ist DMARD der 1. Wahl ■ Alternativen sind Sulphasalazin
(Salazopyrin®), Hydroxychloroquin (Plaquenil®), Leflunomid (Arava®) ■ Behandlungsziel ist die klinische Remission ■ Krankheitsaktivität soll routinemässig gemessen werden ■ regelmässige Evaluation von strukturellen Schäden der Gelenke. Neben Methotrexat, das weitaus am besten dokumentiert und kostengünstig ist, haben die TNF-alpha-Antagonisten (Infliximab [Remicade®], Etanercept [Enbrel®]) bei therapierefraktärer rheumatoider Arthritis eine bedeutsame Verbesserung gebracht. Sie wirken sowohl in frühen wie in späten Stadien, können
das Fortschreiten der Gelenkzerstörung
begrenzen, verbessern die Lebensquali-
tät der Betroffenen und vermindern die
mit der rheumatoiden Arthritis assozi-
ierte kardiovaskuläre Mortalität. Aber
auch ihr Einsatz wird durch die Toxizität
einerseits und die fehlende Wirkung
andererseits eingeschränkt, weshalb
zusätzliche Behandlungsmöglichkeiten
notwendig und willkommen sind. Bei-
spiele solcher neuartigen Biologika sind
Rituximab (MabThera®), das zu einer
B-Zell-Dezimierung führt, Tocilizumab
(Actemra®), ein gegen den Interleukin-
6-Rezeptor gerichteter rekombinanter,
humanisierter, monoklonaler IgG1-Anti-
körper sowie eben das jetzt mit dem Prix
Galien ausgezeichnete Abatacept mit
seiner Anti-T-Zell-Wirkung.
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Halid Bas
Mitglieder der unabhängigen Jury für den Prix Galien
Prof. Dr. Richard Herrmann, Basel, Präsident Prof. Dr. Jean-Michel Dayer, Genf Prof. Dr. Reto W. Kressig, Basel Prof. Dr. Giorgio Noseda, Mendrisio Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen, St. Gallen Prof. Dr. Marie-Denise Schaller, Lausanne Prof. Dr. Thomas Szucs, Zürich Prof. Dr. Pietro Vernazza, St. Gallen
820 ARS MEDICI 20 ■ 2009