Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Senkung der Medikamentenpreise
Motion, am 10.6.2009 eingereicht von der Sozialdemokratischen Fraktion (Sprecher Jacqueline Fehr)
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament im Dringlichkeitsverfahren eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten respektive Verordnungsanpassungen vorzunehmen, die folgende Ziele verfolgen:
• Der Länderkorb für den Preisvergleich bei der Festsetzung der Medikamentenpreise ist so zu ändern, dass neben Deutschland auch Frankreich, Italien und Österreich aufgenommen werden.
• Die Überprüfung der Preise jener Medikamente, die auf der Spezialitätenliste stehen, findet alle drei Jahre statt.
• Der Arzneimittelindustrie werden Vorgaben bezüglich Packungsgrössen gemacht.
• Die Rekursmöglichkeiten der Arzneimittelindustrie gegen Preisfestsetzungen werden eingeschränkt. Als minimale Massnahme wird die aufschiebende Wirkung entzogen.
Begründung: Nach intensivem Lobbying hat der Nationalrat am 1. Oktober 2008 mit 97 zu 83 Stimmen jene Vorlage abgelehnt, welche einen Beitrag zu tieferen Arzneimittelpreisen geleistet hätte. Nebent einer häufigeren Preisanpassung und einem erweiterten Länderkorb hätten auch die Bestimmungen zu Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit verschärft werden sollen.
Mit Blick auf die drohende Prämienerhöhung und den unverhohlenen Drohungen der Pharmaindustrie, Preissenkungsverfügungen durch langjährige Gesetzesverfahren zu verzögern, müssen die nötigen Gesetzesanpassungen wieder aufgenommen, rasch beraten und umgesetzt werden.
Aus der Antwort des Bundesrates vom 2.9.2009
Nachdem der Nationalrat am 1. Oktober 2008 eine Gesetzesvorlage zur Medikamentenpreisbildung abgelehnt hat, hat sich der Bundesrat mehrfach bereit erklärt, den bestehenden Spielraum auf Verordnungsstufe auszuschöpfen und geeignete Massnahmen zur Senkung der Medikamentenpreise auf Verordnungsebene zu realisieren. Dementsprechend haben mit Beschluss vom 1. Juli 2009 der Bundesrat und das Eidg. Departement des Innern folgende Massnahmen verabschiedet: Änderungen im Bereich der Generikapreisfestsetzung, eine dreijährliche periodische Überprüfung der Aufnahmebedingungen, eine erneute ausserordentliche Preisüberprüfung, die Senkung des preisbezogenen Zuschlags des Vertriebsanteils, eine regelmässige Überprüfung der Aufnahmebedingungen bei jeder Indikationserweiterung sowie die Erweiterung des Länderkorbs beim Auslandpreisvergleich. Neu werden neben Deutschland, Dänemark, Grossbritannien und der Niederlande auch Frankreich und Österreich einbezogen. Italien wird nicht miteinbezogen, da es nicht über ein einheitliches nationales Arzneimittelvergütungssystem verfügt. In Kraft gesetzt werden diese Massnahmen per 1. Oktober 2009; die Umsetzung erfolgt gestaffelt. Ziel ist es, Kostenwirksamkeit im Jahr 2010 zu erreichen. Ein weitergehender Handlungsbedarf besteht aus heutiger Sicht nicht.
Bezüglich Packungsgrössen äusserte sich der Bundesrat ausführlich in seiner Stellungnahme zur Motion Humbel Näf (09.3255). Bereits heute werden bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste (SL) geeignete Packungsgrössen von den Herstellern gefordert, um das Kriterium der Zweckmässigkeit zu erfüllen. Zweckmässige Packungsgrössen sind auf die Indikationen des Arzneimittels abzustimmen. Es müssen neben den Grosspackungen auch kleine Packungen zur Aufnahme in die SL angemeldet werden, damit zur Einleitung einer allfälligen Langzeittherapie mit Kleinpackungen der Therapieerfolg geprüft werden kann. Dem Anliegen der Motion wird damit also bereits Rechnung getragen.
Eine Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten wäre zwar denkbar, indem die Spezialitätenliste als Verordnung ausgestaltet würde. Da aber mit dem heutigen Preisbildungssystem in der SL mit einem solchen Entscheid Rechte und Pflichten der Firma, welche ein namentlich genanntes Arzneimittel vertreibt, begründet werden, dürfte in jedem Fall ein Rechtsmittelverfahren notwendig sein. Diese Anforderung ist mit dem heutigen Verfahren erfüllt. Artikel 55 Absatz 2 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren sieht zudem bereits heute vor, dass die aufschiebende Wirkung entzogen werden kann, wenn die angefochtene Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand hat. Bei der Genehmigung von Medikamentenpreisen für die Aufnahme in die SL handelt es sich gerade nicht um eine Entscheidung über eine Geldleistung, sodass einer entsprechenden Beschwerde bereits heute die aufschiebende Wirkung entzogen werden kann.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Im Plenum noch nicht behandelt.
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Die Krise gefährdet die Gesundheit und verschlechtert die Arbeitsbedingungen
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament bis zur Wintersession 2009 einen Bericht über die Auswirkungen der Krise auf die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit vorzulegen und Massnahmen vorzuschlagen, um eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Gesundheit in Krisenzeiten zu verhindern oder zumindest in Grenzen zu halten.
Begründung: In Krisenzeiten bekommen praktisch alle Unternehmen, wenn auch unterschiedlich stark, die Folgen der allgemeinen Unsicherheit zu spü-
ren. Dies wirkt sich negativ auf die Arbeitsbedingungen aus. Im Rahmen des europäischen Projekts «Health in Restructuring» (HIRES) wurde Ende April 2009 ein Bericht veröffentlicht, der zeigt, dass Umstrukturierungen der Gesundheit schaden, und zwar nicht nur bei jenen, die dadurch ihre Arbeit verlieren. Diejenigen Unternehmen, die hinsichtlich der Beschäftigung von der Krise besonders stark betroffen sind (Abschaffung der Zeitarbeit und der befristeten Arbeitsverträge, Entlassungen usw.), sehen sich mit verschiedenen Problemen konfrontiert. Dazu gehören eine höhere Arbeitsbelastung für die verbleibenden Arbeits-
Jean-Claude Rennwald, Nationalrat SP, Kanton Jura, hatte am 5.6.2009 ein Postulat eingereicht
kräfte oder die Umgestaltung von Tätigkeitsfeldern (infolge der Schliessung eines Betriebsteils oder einer Abteilung). All diese Umstände gefährden die Gesundheit der Arbeitskräfte. Auch die Schweiz bleibt ganz sicher nicht von solchen Problemen verschont. Aus diesem Grund scheint es uns notwendig, die Lage so genau wie möglich zu beurteilen und vor allem Massnahmen zu ergreifen, mit denen eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Gesundheit verhindert werden kann.
Aus der Antwort des Bundesrates vom 19.8.2009
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verunsichert. Dieses Klima der Unsicherheit und die Angst vor Entlassungen kann zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und damit verbunden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen.
Das SECO verfolgt ganz allgemein die Entwicklung der Arbeitsbedingungen und der neu auftretenden Gesundheitsgefährdungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zu diesem Zweck werden die notwendigen Informationen vom SECO gesammelt und wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Zudem beteiligt sich das SECO an nationalen und internationalen Studien.
Leider existieren keine repräsentativen Daten zur aktuellen Krise. Um der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sowohl bei guter als auch bei schlechter Wirtschaftslage vorzubeugen, sind die im geltenden Recht vorgesehenen Präventionsmassnahmen massgebend (Arbeitsgesetz und seine Verordnungen, insbesondere die Verordnung 3).
Dem Arbeitgeber kommt eine ausserordentlich wichtige Rolle zu: Er ist dafür verantwortlich, dass alle notwendigen Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ergriffen werden. In jedem Kanton ist eine Vollzugsbehörde damit betraut, die Einhaltung der geltenden Bestimmungen zu überwachen, währenddem das SECO die Oberaufsicht ausübt, nötigenfalls seine Unterstützung einbringt, sowie die notwendigen Arbeitshilfen und Informationen zu Verfügung stellt.
Aufgrund obiger Ausführungen ist der Bundesrat der Auffassung, dass ein Bericht über die Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftslage auf die Arbeitsund Gesundheitsbedingungen innert der verlangten Frist kein effizientes Arbeitsinstrument darstellt, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Einerseits existieren die Massnahmen zur Begrenzung der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bereits heute, andererseits könnten die möglichen negativen Folgen im vorgeschlagenen Zeitraum weder ermittelt, noch in einem solchen Bericht aufgezeigt werden.
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