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Rosenbergstrasse 115
Unsere Managed-Care-Modelle kranken daran, dass in den sogenannten Hausarztmodellen Krethi und Plethi mitmacht und sich so nichts ändert. Deshalb die Forderung der Krankenkassen: Die Ärzte sollen sich zusammentun, ihre Marktmacht nutzen und dann Leistungen bei denen einkaufen – konkret: die Patienten in jene Kliniken überweisen –, die die günstigsten Konditionen bieten. Gesagt getan, dachten sich einige deutsche Kollegen. Die Folge: Die so unter Druck gesetzten Kliniken reagierten nicht mit günstigen Konditionen für die Patienten, sondern für die Zuweiser. Schickst du mir Patienten, bezahl ich dir einen Aufpreis auf deine Vorabklärungen. Zum Beispiel. Eine vertrackte Sache. Ist es für das Einzelunternehmen Arztpraxis tatsächlich zumutbar, unter erheblichem Aufwand und mit viel Kreativität ausgehandelte Vergünstigungen irgendwelcher Art stante pede den Krankenkassen abzugeben? Funktioniert so Markt? Natürlich nicht. Aber leider heisst «Markt» im Gesundheitswesen: Der Arzt erbringt Leistungen, für die er auf Basis administrierter Preise immer schlechter bezahlt wird (ca. 30% weniger Entschädigung als noch vor 10, 15 Jahren). Der Arzt kauft aber auch Leistungen ein – günstiger als vor zehn Jahren – und macht sich strafbar, wenn er auch nur zu einem geringen Teil davon profitiert. Ein absurdes Theater, das wir uns da gefallen lassen.
getestet wurde – würden Sie vielleicht anderen den Vortritt lassen. Man weiss schliesslich nie. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Impfstoff Nebenwirkungen zur Folge hat, die den Schäden durch die Krankheit sogar statistisch nicht nachstehen. Impfkritiker sprechen von einem Grossversuch an der Bevölkerung. Das muss man nicht grad so dramatisch sehen, aber ein gewisses Unbehagen über die Diskrepanz zwischen den öffentlich diskutierten Risiken der Schweinegrippe und jenen (nicht diskutierten) der Impfung bleibt schon.
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Reisende aus den Niederlanden und aus Dänemark berichten, dass die Leute auf die Frage, was sie von der Schweinegrippe halten, zurückfragen, ob es sich dabei um eine neue Tierseuche handle. Offenbar ist das Angstpotenzial nicht in allen Ländern Europas gleich hoch. Oder aber dort ist eine andere Gattung Leute für die praktische Gesundheitspolitik des Staates verantwortlich. Wir haben das von Kollege Zeltner geführte Bundsamt für Aktivismus, das keinen Aufwand scheut, und sei er auch noch so sinnlos.
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hungen den Schnauf nehmen. Und dass die Gesellschaft selber es ist, die den Weg zum Totalpräventionsstaat à la 1984 Minischrittchen für Minischrittchen mitgeht, möglicherweise bis es zu spät ist umzukehren. Die reiner Willkür verpflichteten und vorsätzlicher Ignoranz entspringenden Hunderassenverbots- und -bewilligungsgesetze sind bloss die auffälligsten Auswüchse. Letztes Wochenende erschreckte ein rasender Biker (die sind nicht viel weniger schlimm als die Raser mit Golf GTs) mit seinen quietschenden Bremsen zwei Pferde. Die scheuenden Tiere warfen ihre Reiterinnen ab. Eine der beiden blieb tot liegen. Müssen Biker in Zukunft – analog den Hundehaltern – mit neuen Vorschriften rechnen? Konsequent wärs ja. Tempolimit, Fahrkundenachweis, Leumundszeugnis, Fahrtenschreiber mit eingebautem Navi. Der Biker war zweifellos ein halbkrimineller Idiot. Aber deswegen gleich ein neues Gesetz? Der nächste Skiunfall, bei dem ein Pistenraser ein Kind über den Haufen und spitalreif fährt, ist so sicher wie der morgige Sonnenaufgang. Und was unternimmt der Präventionsstaat? Noch nichts, denn Skifahren ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Aber konsequent wären auch hier umfassende Vorschriften: zumindest ein Testatheft, das jährlich 40 Stunden (wie bei den Hundehaltern) Ausbildung in Unfallprävention vorsieht. 1984 plus 30 etwa dürfte es so weit sein.
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Würden Sie sich als erster gegen die Schweinegrippe impfen lassen, wenn man Ihnen die Möglichkeit böte? Vermutlich ja, wenn die Schweinegrippe eine tödliche Viruserkrankung wäre. Aber da sie – bisher jedenfalls – lediglich eine gewöhnliche Grippe ist, der Impfstoff hingegen in aller Eile entwickelt und kaum ausreichend
Wie nannte es ein für seine derben Spässe bekannter Kollege? Zeltners GAGA = GesundheitsAmt für Groben Aktivismus.
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Zugute halten muss man den Verantwortlichen des BAG, dass sie nicht die einzigen sind, die uns mit ihren Präventionsbemü-
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Die perfide Frage am Ende: Warum werden in den USA für tödliche Injektionen eigentlich sterile Nadeln benutzt?
Richard Altorfer
ARS MEDICI 18 ■ 2009 725