Transkript
FORTBILDUNG
Hormontherapie in der Postmenopause
Reflexion über die Anwendung und Alternativen
Charakteristische Erscheinungen der Menopause sowie die eigentlichen menopausalen Symptome und die Möglichkeit ihrer Behandlung stehen im Fokus heutiger Diskussionen zur Anwendung.
zielle (CS-EPT) und kontinuierlich-kombinierte ÖstrogenGestagen-Therapie (CC-EPT) unterschieden. Bei der CS-EPT erfolgt die Östrogenapplikation kontinuierlich; über 10 bis 14 Tage pro Zyklus wird sie von einer zusätzlichen Gestagengabe überlagert. Es wird ein regelmässiger Zyklus simuliert. Bei der CCEPT antagonisiert das Gestagen den proliferativen Effekt des Östrogens auf das Endometrium. Es resultiert eine Amenorrhö.
PETRA STUTE UND MICHAEL VON WOLFF
Die Menopause ist definiert als das permanente Ausbleiben der Menstruation als Folge eines Verlustes der Hormonbildung durch die Eierstöcke. Sie tritt spontan als natürliche Menopause oder iatrogen als induzierte Menopause ein. In den westlichen Ländern liegt das mittlere natürliche Menopausenalter bei 51 Jahren. Im Folgenden werden die Folgen der Menopause, die Therapiemöglichkeiten und deren Risiken diskutiert.
Begleiterscheinungen der Menopause Die erloschene Ovarialfunktion mit konsekutivem Hormonmangel kann unbehandelt langfristige Konsequenzen mit Krankheitswert nach sich ziehen. Zu den wichtigsten akuten und chronischen Begleiterscheinungen der Peri- und Postmenopause zählen vasomotorische Symptome (VMS) (v.a. Wallungen, Schweissausbrüche), Blutungsstörungen, Schlafstörungen, reduzierte Fertilität, urogenitale Beschwerden (v.a. Scheidentrockenheit, Inkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte), zentralnervöse Symptome (v.a. depressive Verstimmung und Gedächtnisstörungen), sexuelle Funktionsstörungen, Beeinträchtigung des Knochen- und Gelenkapparates (Osteoporose und Gelenkschmerzen), kardiovaskuläre Erkrankungen, Gewichtszunahme sowie Haut- und Haarveränderungen.
Grundlagen der Hormontherapie (HT) Für die peri- und postmenopausale HT stehen Östrogene und Gestagene in verschiedenen Dosen, Kombinationsschemata und Applikationsmodi zur Verfügung (Tabelle 1).
Anwendungsmodus Bei hysterektomierten Frauen ist die alleinige Östrogentherapie (ET) ausreichend. Frauen mit intaktem Uterus benötigen zusätzlich ein Gestagen. Es werden die kontinuierlich-sequen-
Kontraindikationen Absolute Kontraindikationen für die HT sind ungeklärte vaginale Blutungen, Mammakarzinom, Endometriumkarzinom,
Merksätze
■ Bei hysterektomierten Frauen ist die alleinige Östrogentherapie (ET) ausreichend. Absolute Kontraindikationen für die Hormontherapie (HT) sind ungeklärte vaginale Blutungen, Mammakarzinom, Endometriumkarzinom und thromboembolische Erkrankungen.
■ Zu den Indikationen einer HT zählen vasomotorische Störungen (VMS) sowie Symptome der urogenitalen Atrophie.
■ Bei Frauen mit hohem Frakturrisiko kann eine HT zur Prävention einer Fraktur eingesetzt werden, sofern eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber vorrangig empfohlenen Osteoporosemedikamenten besteht.
■ Östrogene wirken antidepressiv, sollten aber nicht primär zur Behandlung einer klinisch relevanten Depression eingesetzt werden.
■ Wenn atrophische vulvovaginale Beschwerden das dominierende klimakterische Symptom darstellen, dann sollte der lokalen Hormonbehandlung der Vorzug gegeben werden.
■ Der Einfluss der Hormontherapie auf die Libido ist umstritten.
■ Das Risiko einer Brustkrebsdiagnose nimmt mit einer länger als drei bis fünf Jahre dauernden Östrogen-Progesteron-Therapie zu. Im Gegensatz dazu reduziert eine orale Östrogentherapie die Diagnosewahrscheinlichkeit im gleichen Behandlungszeitraum.
■ Die Initiierung einer HT nach dem 65. Lebensjahr ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.
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FORTBILDUNG
Tabelle 1: Für die HT empfohlene Dosierungen der Östrogene Tabelle 1: und Gestagene (1)
A Östrogene
Applikation/Östrogentyp
Oral Mikronisiertes Östradiol Östradiolvalerat Konjugierte Östrogene Östriol
Niedrige Dosis
0,5—1 mg 0,5—1 mg 0,3—0,45 1—2 mg
Standarddosis
1—2 mg 1—2 mg 0,625 mg 2—4 mg
Hohe Dosis
4 mg 4 mg 1,25 mg 4—8 mg
Transdermal Pflaster Gel
25 µg 0,5 mg
50 µg 1—1,5 mg
100 µg 2—3 mg
Intranasal
150 µg
300 µg
Vaginal Östradiol Östriol
25 µg 30 µg 0,5 mg (2×/Woche) 0,5 mg (täglich)
Intramuskulär
4 mg
B Gestagene Applikation Oral
Dosis/Gestagentyp
100—300 mg Progesteron 2 mg Chlormadinonacetat 1 mg Cyproteronacetat 2,5—10 mg Medroxyprogesteronacetat 2—5 mg Medrogeston 5—20 mg Dydrogesteron
Alternative Therapieansätze Zu den medikamentösen Alternativen einer HT zählen Phytotherapeutika, Antidepressiva, Antikonvulsiva und Antihypertensiva. Aufgrund mangelnder Studien respektive nicht nachgewiesenen Effekts wird an dieser Stelle nicht auf den Einsatz von beispielsweise traditioneller chinesischer Medizin, Homöopathie und speziellen Naturheilverfahren eingegangen, auch wenn diese im Einzelfall erfolgreich sein mögen. Unter den zahlreichen pflanzlichen Wirkstoffen mit östrogener oder östrogenähnlicher Wirkung sind Isoflavone aus der Sojabohne und dem Rotklee sowie die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) am besten untersucht. Die tägliche Supplementation von 50 bis 150 mg Isoflavonen oder 40 bis 140 mg Traubensilberkerze erzielt bei einem Teil der Betroffenen eine Reduktion von VMS. Aus der Gruppe der Antidepressiva erzielen Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI) (z.B. Paroxetin und Fluoxetin 20 mg/Tag) und S-Noradrenalin(N)-RI (z.B. Venlafaxin 75–150 mg/ Tag) eine bis zu 70-prozentige Reduktion von VMS. Wichtig ist, dass jeweils ein- und ausschleichend dosiert wird. Aus der Gruppe der Antikonvulsiva ermöglicht Gabapentin (einschleichend bis 900 mg/ Tag dosieren) und aus der Gruppe der Antihypertensiva Clonidin (2 × 0,5 Tbl./Tag) eine 35- bis 60-prozentige Reduktion von VMS (2). Auf andere Östrogenmangelsymptome als VMS haben die alternativen Präparate wenig oder keinen Einfluss.
Transdermal Intrauterin (IUP)
2 mg Dienogest 0,5—1 mg Norethisteronacetat 0,04—0,15 Levonorgestrel 2 mg Drospirenon
0,25 mg Norethisteronacetat 0,01 mg Levonorgestrel
0,02 mg Levonorgestrel
bestehende thromboembolische Erkrankungen und Schwangerschaft. Relative Kontraindikationen stellen eine akute Lebererkrankung, chronische schwere Leberdysfunktion, Cholestase, Gallensteine, Pankreatitis, Hyperlipoproteinämie Typ 4 und 5, gastrointestinale Störungen, Hypertonie und Thromboembolien unter Östrogenen, Thrombophilie, Uterus myomatosus, Endometriose, Migräne und Epilepsie dar.
Management menopausaler Symptome Zu den Indikationen einer HT zählen vasomotorische Störungen (VMS) sowie Symptome der urogenitalen Atrophie. Bei Frauen mit hohem Frakturrisiko kann eine HT zur Prävention einer Fraktur eingesetzt werden, sofern eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber anderen zur Osteoporosetherapie vorrangig empfohlenen Arzneimitteln besteht. Die alleinige Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion altersbedingter Hautveränderungen (Falten, Androgenisierung) sind keine Indikation für eine HT. Im Folgenden wird auf die Behandlungsmöglichkeiten einzelner Symptomkomplexe eingegangen.
Vasomotorische Symptome (VMS) Ein Drittel der Frauen klagt über stärkere Beschwerden mit echtem Krankheitswert, jeweils ein weiteres Drittel gibt
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HORMONTHERAPIE IN DER POSTMENOPAUSE
Tabelle 2: Lokale Östrogentherapien bei urogenitaler Tabelle 2 Atrophie
ren, dann kann eine HT zum Einsatz kommen. Ob die Frauen bei zentralnervösen Symptomen ohne gleichzeitig auftretende VMS von einer HT profitieren, wird
Applikation/Östrogentyp Dosierung
kontrovers diskutiert. Trotz der antidepressiven Wirkung von Östrogenen sollten diese jedoch nicht primär
Vaginalcreme
0,5–1,0 mg/g Creme
zur Behandlung einer klinisch relevanten Depression
■ Konjugierte equine
Dosis variiert in Abhängigkeit von Anwen-
eingesetzt werden (3).
■ Östrogene (CEE)
■ Östradiol ■ Östriol
dungsort (Vulva, Vagina) und Indikation (Atrophie, perioperativ)
Urogenitale Atrophie Scheidentrockenheit, Dyspareunie und atrophische Kolpitiden gehören zu den häufigsten vulvovaginalen Veränderungen in der Postmenopause. Neben weniger
Vaginalsuppositorium ■ Östriol ■ Vaginalring
0,03/0,5 mg
effektiven frei verkäuflichen Präparaten (Gleitgel, Feuchtigkeitscremes etc.) stehen hormonelle Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Wenn atrophische vulvovaginale Beschwerden das do-
■ Östradiol
2 mg/Ring; Abgabe 7,5 µg/Tag für 90 Tage
minierende klimakterische Symptom darstellen, dann
Vaginaltablette ■ Östradiolhemihydrat
25 µg Östradiol/Tbl. Initial 1 Tbl./Tag für 2 Wochen, dann 2×1 Tbl./Woche
sollte der lokalen Behandlung gegenüber der systemischen HT der Vorzug gegeben werden (Tabelle 2). Die Inzidenz von Harnwegsinfekten sinkt signifikant mit der lokalen vaginalen Östrogenapplikation. Demgegenüber weisen bisherige randomisiert-kontrollierte Stu-
dien (RCT) auf einen ineffektiven oder negativen Ein-
fluss einer lokalen oder systemischen HT auf die Harn-
inkontinenz hin (4).
geringe respektive keine Beschwerden an. Nikotinabusus, Während für die systemische Östrogentherapie die zusätzliche
Übergewicht, geringe körperliche Aktivität und niedriger so- zyklische Gestagengabe bei nichthysterektomierten Frauen all-
zioökonomischer Status begünstigen das Auftreten vasomoto- gemein akzeptiert ist, wird die Frage nach der Notwendigkeit
rischer Störungen.
der Endometriumprotektion bei der vaginalen Östrogenappli-
Das klinische Management umfasst Modifikationen des Lebens- kation kontrovers diskutiert. Ein eindeutiger Östrogendosis-
stils, frei verkäufliche und verschreibungspflichtige Prä- grenzwert, unter dem definitiv keine Endometriumprolifera-
parate. Zu Ersteren zählen regelmässige körperliche Aktivität, tion zu befürchten ist, existiert (bis heute) nicht. Gemäss der
Schlafhygiene (z.B. Raumtemperatur bei etwa 18 °C), Entspan- Nordamerikanischen Menopause-Gesellschaft (NAMS) ist eine
nungstechniken (z.B. Yoga, Meditation) und die Vermeidung Gestagengabe bei niedrig dosierter lokaler Östrogengabe nicht
von Triggersubstanzen (z.B. heisse Getränke, Kaffee, Alkohol). generell indiziert. Falls das individuelle Risiko für ein Endo-
Trotz kontroverser Studienergebnisse sind aufgrund der gerin- metriumkarzinom erhöht, die gewählte Östrogendosis höher
gen Nebenwirkungen bei leichten VMS Substanzen wie Trau- als allgemein empfohlen ist oder Zwischenblutungen auftre-
bensilberkerze und Isoflavone empfehlenswert. Bei mässigen ten, so sollte das Monitoring intensiviert werden. Die NAMS
bis schweren VMS ist eine in Dosierung, Applikationsdauer empfiehlt bei der Indikation eines intensivierten Monitorings
und -modus individuell angepasste Östrogen- respektive Ös- den jährlichen Gestagentest oder vaginalen Ultraschall (4).
trogen-Progesteron-Therapie nach wie vor Therapie der Wahl.
Wenn eine HT kontraindiziert oder unerwünscht ist, besteht Sexualität
die Möglichkeit der Off-label-Gabe von Antidepressiva, Anti- Der Benefit einer HT hinsichtlich Libido ist umstritten; beson-
konvulsiva oder auch Antihypertensiva.
ders die orale Gabe kann diese – aufgrund einer Induktion der
hepatischen SHBG-Produktion mit konsekutiver Reduktion
Depressionen
des frei verfügbaren Testosterons – reduzieren. Eine Ein-
Viele perimenopausale Frauen klagen über depressive Ver- schränkung der sexuellen Funktion kann auf einen Testosteron-
stimmung. Die Ätiologie ist nicht abschliessend geklärt. Traten mangel zurückzuführen sein. Ursachen hierfür sind (u.a.)
schon in der Vergangenheit (z.B. prämenstruell, postpartal Alter und bilaterale Ovarektomie. Letztere bewirkt einen Abfall
oder/und unter oraler Kontrazeption) hormonell bedingte der Testosteronserumkonzentration um 40 bis 50 Prozent.
Stimmungsschwankungen auf, ist das Risiko des Wiederauf- Etwa 30 bis 50 Prozent der davon betroffenen Frauen klagen
tretens beziehungsweise einer Zunahme der Beschwerden in über eine Libidoreduktion (HSDD = hypoactive sexual desire
der Perimenopause erhöht. Sind Stimmungsschwankungen, disorder).
mangelnde Konzentration, Reizbarkeit und Müdigkeit auf Testosteron bewirkt eine Steigerung der Libido, Fantasien und
Schlafstörungen aufgrund von nächtlichen VMS zurückzufüh- sexuellen Erregung. Für adnexektomierte Frauen mit HSDD
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steht ein Testosteronpflaster (300 µg/Tag) zur Verfügung. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Hautreaktion durch den Pflasterkontakt, Infektion der oberen Atemwege und unerwünschter Haarwuchs. Es wurde kein negativer Einfluss auf Laborparameter und den arteriellen Blutdruck beobachtet. Korrespondierende Studien an Frauen mit natürlicher Menopause zeigen in Bezug auf die Sexualität ähnlich gute Ergebnisse. Die Langzeitrisiken einer Testosteronbehandlung, vor allem im Hinblick auf die Brust, sind jedoch nicht geklärt (5).
Osteoporose Durch den menopausebedingten, physiologischen Abfall des Östradiolspiegels sinkt die Knochenmasse. 40 Prozent aller Frauen erleiden eine Fraktur zu Lebzeiten. In Abhängigkeit vom Zehn-Jahres-Risiko-Äquivalent für Schenkelhalsfraktur, welches sich aus Lebensalter, T-Wert der Knochendichtemessung mittels DXA und klinischen Zusatzkriterien errechnet, wird eine medikamentöse Therapie empfohlen (6). Folgende Substanzklassen stehen bei einem mehr als 20-prozentigen Zehn-Jahres-Schenkelhalsfraktur-Risiko zur Verfügung: ■ Bisphosphonate ■ selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM) ■ Strontiumralenat ■ Teriparatid.
Trotz der fraktursenkenden Wirkung einer Östrogen-Progesteron-Therapie (EPT) respektive Östrogentherapie (ET) wird aufgrund des individuell unterschiedlichen, gesamt gesehen jedoch ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses eine EPT bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko nur ausnahmsweise zur Frakturprävention empfohlen. Im Gegensatz hierzu ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer ET ausgeglichen. Neben einer medikamentösen Therapie ist auf eine ausreichende Zufuhr von Kalzium, Vitamin D und Proteinen (7) sowie körperliche Aktivität zu achten.
Risiken der HT Das Kosten-Nutzen-Profil einer HT unterscheidet sich in Abhängigkeit von den Vorerkrankungen, vom chronologischen und Menopausenalter und von der Intensität menopausaler Beschwerden. Daher ist die Indikation einer HT immer individuell zu stellen. Zu den häufigsten Todesursachen der Frau zählen die Folgen kardiovaskulärer Erkrankungen und das Mammakarzinom. Aufgrund der sozioökonomischen Belastung und der Präferenz des weiblichen Geschlechts stellen demenzielle Erkrankungen ein weiteres wichtiges Thema dar, welches im Zusammenhang mit einer HT diskutiert werden muss. Im Folgenden soll daher auf die wesentlichen Risiken einer HT in Bezug auf die genannten Erkrankungen eingegangen werden. Für die Beschreibung von Risiken gilt folgende Nomenklatur (8): ■ ≤ 10 Ereignisse pro 10 000 Personen pro Jahr = «Kategorie
selten» ■ ≤ 1 Ereignis pro 10 000 Personen pro Jahr = «Kategorie
sehr selten».
Kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) Bei der Diskussion um den Einfluss einer HT auf das Herz-Gefäss-System stehen die koronare Herzerkrankung (KHK), der Apoplex und venöse Thromboembolien (vTE) im Vordergrund. Die Wahrscheinlichkeit für eine KHK, einen Apoplex respektive vTE steigt unabhängig von einer HT mit zunehmendem Alter an. Im Gegensatz zu randomisierten klinischen Studien zeigen die meisten Beobachtungs- und präklinischen Studien einen positiven Einfluss einer HT auf das KHK-Risiko. Die differierenden Ergebnisse werden auf die Unterschiede der untersuchten Patientinnenkollektive zurückgeführt. Wenn bei der Auswertung von randomisierten klinischen Studien chronologisches und Menopausenalter bei Beginn einer HT berücksichtigt werden, so zeigt sich in Übereinstimmung mit Beobachtungsstudien eine Risikoreduktion für die KHK, wenn die HT in jüngerem Alter, also kurz nach der Menopause, begonnen wird (8). Das Herzinfarktrisiko für derzeitige und frühere HT-Anwenderinnen scheint nicht erhöht (9). Das Risiko für einen ischämischen, aber nicht hämorrhagischen Apoplex dagegen steigt unter einer HT an. Eine postmenopausale HT ist nicht in der Lage, das Risiko eines Re-Apoplexes bei kardiovaskulär vorerkrankten Frauen zu reduzieren. Der Zeitpunkt der HT-Gabe ist entscheidend: Eine HT ist in den verschiedenen Alterskollektiven (50–59 Jahre, 60–69 Jahre und 70–79 Jahre) nicht mit demselben additiven Risiko behaftet. Das Apoplexrisiko unter einer innerhalb von fünf Jahren nach der Menopause initiierten EPT fällt beispielsweise mit 3 zusätzlichen Ereignissen pro 10 000 Frauen pro Jahr in die «Kategorie selten» (8). Das vTE-Risiko steigt durch eine orale HT an. Das Risiko ist vor allem in den ersten beiden Anwendungsjahren erhöht. Der thrombogene Effekt unter einer transdermalen Östrogengabe ist vermutlich geringer (10). Auch hier gilt der altersabhängige Einfluss einer HT: Unter einer EPT traten 11 und unter ET 2 zusätzliche Fälle pro 10 000 Frauen in der Alterskategorie 50. bis 59. Lebensjahr pro Jahr auf («Kategorie selten»). Neben der Einflussgrösse «Alter» ist das Körpergewicht beziehungsweise der Body-Mass-Index (BMI) relevant. Je höher der BMI, desto stärker der Negativeffekt einer HT. Eine HT ist derzeit nicht zur Primär- oder Sekundärprävention von CVD indiziert (zusammengefasst in [8]).
Mammakarzinom (MaCa) Das Risiko der Diagnose von Brustkrebs nimmt mit einer länger als drei bis fünf Jahre dauernden Östrogen-ProgesteronTherapie (EPT) zu. In der WHI wurden jährlich 4 bis 6 zusätzliche MaCa pro 10 000 Frauen, die eine EPT über mehr als fünf Jahre anwendeten, diagnostiziert («Kategorie selten»). Der Risikoanstieg für Brustkrebs korrelierte signifikant mit einer früheren EPT-Anwendung (8). Das erhöhte Risiko einer MaCa-Diagnose unter einer EPT scheint (u.a.) vom Gestagentyp abzuhängen, da eine Kombination mit synthetischen Gestagenen, nicht aber mit mikronisiertem Progesteron, mit einem erhöhten Risiko assoziiert ist
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HORMONTHERAPIE IN DER POSTMENOPAUSE
(11). Darüber hinaus scheint das EPT-Schema ebenfalls von Bedeutung zu sein; eine CC-EPT erwies sich in einer Studie risikobehafteter als eine CS-EPT. Im Gegensatz hierzu reduziert eine orale ET die Wahrscheinlichkeit der Diagnose eines MaCa: Über einen Zeitraum von etwa sieben Jahren wurden in der WHI jährlich pro 10 000 ETAnwenderinnen 6 Brustkrebserkrankungen weniger als in der Kontrollgruppe diagnostiziert (zusammengefasst in [8]). Ebenso scheint die vaginale und transdermale Östrogenmonotherapie nicht mit einem erhöhten Risiko für die Diagnose eines MaCa assoziiert (11). Der Rückgang der HT-Verschreibungen in den Post-WHI-Jahren wird mit einer Reduktion des MaCa-Risikos in Zusammenhang gebracht (13). Für die Progression einer Tumorzelle bis zum nachweisbaren Malignom werden aber bis zu zehn Jahre postuliert. Somit bleibt nach wie vor die Frage offen, ob eine HT tatsächlich die Inzidenz des MaCa oder vielmehr die Prävalenz der MaCa-Diagnose erhöht. Unter der Hypothese, dass eine HT das Wachstum vorhandener Tumorzellen fördert, bleibt zu zeigen, ob kleine, nicht diagnostizierte Tumoren nach einem HT-Stopp nicht mehr weiterwachsen oder gar durch die körpereigene Immunabwehr beseitigt werden oder ob die Diagnose nur zeitlich verschoben wird. Entscheidend ist auch der BMI der HT-Anwenderin. So besitzen adipöse Frauen (BMI > 30) unter einer HT ein signifikant niedrigeres MaCa-Risiko als normalgewichtige oder schlanke Patientinnen. Die Datenlage zur konventionellen HT nach MaCa ist unzureichend, sie kann daher nicht empfohlen werden. Die Gabe von Tibolon in dieser Situation erhöht das Rezidivrisisko, wie kürzlich nachgewiesen wurde (14).
Kognition und Demenz
Unter Demenz versteht man einen krankheitsbedingten pro-
gressiven Verlust der kognitiven Funktion (u.a. Konzentration,
Lernen, Gedächtnis), der über das normale Mass des Alte-
rungsprozesses hinausgeht. Die häufigste Ursache der Demenz
ist der M. Alzheimer. Die physiologische Menopause hat wenig
Einfluss auf die kognitive Funktion. Die bilaterale Adnexekto-
mie prämenopausaler Frauen ist jedoch mit einem erhöhten
Risiko für kognitive Funktionseinbussen und Demenz asso-
ziiert (15).
Eine HT hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Kognition
junger, physiologisch postmenopausaler Frauen. Die Initiie-
rung einer HT nach dem 65. Lebensjahr ist dagegen mit einem
erhöhten Demenzrisiko verbunden. Für Frauen, die bereits an
einer Demenz erkrankt sind, bewirkt eine HT keine Verbesse-
rung der Kognition (8). Als Ursache des negativen Einflusses
einer HT auf die Kognition wird eine Abnahme des Volumens
(u.a.) des Frontalkortex diskutiert (16).
■
PD Dr. med. Petra Stute (Korrespondenzadresse) Stv. Leiterin der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Inselspital Effingerstrasse 102, 3010 Bern
E-Mail: petra.stute@insel.ch
und
Prof. Dr. med. Michael von Wolff Leiter Gynäkologische Endokrinologie
und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Inselspital
Interessenkonflikte: keine deklariert
Quellen: 1. Kuhl H: Klimakterium, Postmenopause und Hormonsubstitution. Uni-Med Verlag. 3. Auflage 2006. 2. Nelson HD, et al.: Nonhormonal therapies for menopausal hot flashes: systematic review and
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