Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Vertriebsanteil bei Medikamentenkosten
Der Bundesrat wird beauftragt, für den Vertrieb von Arzneimitteln eine preisunabhängige Marge, differenziert nach Vertriebskanal, festzulegen. Diese soll auf der Basis einer effizienten und preisgünstig durchgeführten Vertriebsleistung festgelegt werden.
Begründung Heute gilt unabhängig vom Vertriebskanal ein Höchstpreis pro Produkt (Fabrikabgabepreis zuzüglich Vertriebsanteil). Der Vertriebsanteil soll dabei die logistischen Leistungen des Vertriebs abdecken. Die einzelnen Vertriebskanäle unterscheiden sich aber massgeblich in ihren effektiven logistischen Betriebskosten. Dieser Aspekt wird jedoch bisher nicht berücksichtigt,
Motion,
eingereicht von
Verena Diener,
Ständerätin Grünliberale, ZH, am 11.3.2009.
denn das heutige System der Medikamentenpreisbildung basiert auf den Eigenheiten des Handels im Apothekenkanal.
Aus der Antwort des Bundesrates vom 29.5.2009
Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegebene Spezialitätenliste (SL) enthält die bei Abgabe durch Apotheker, Ärzte sowie Spitäler und Pflegeheime massgebenden Höchstpreise (Publikumspreise). Der Höchstpreis besteht dabei aus dem Fabrikabgabepreis und dem Vertriebsanteil. Der Fabrikabgabepreis gilt die Leistungen (inkl. Abgaben) der Herstellungs- und der Vertriebsfirma bis zur Ausgabe ab Lager in der Schweiz ab. Der Vertriebsanteil gilt die logistischen Leistungen ab, insbesondere die mit dem Transport, der Lagerhaltung der Abgabe und dem Inkasso verbundenen Betriebs- und Investitionskosten.
Das BAG kann aufgrund des geltenden Rechts den Vertriebsanteil je nach Leistungserbringer und Abgabekategorie unterschiedlich bemessen. Es hat diese Kompetenz bis anhin aber nicht genutzt, um bezüglich der offiziellen Publikumspreise der SL keine Unsicherheit zu schaffen. Mit dem heutigen Höchstpreissystem ist es den Leistungserbringern möglich, tiefere Preise anzubieten und somit den Wettbewerb spielen zu lassen. Würde der Bund selbst differenzierte Höchstpreise festsetzen, würde er eine Gewichtung der Vertriebskanäle vornehmen und dabei massgeblichen Einfluss auf die Wettbewerbsgestaltung ausüben.
Der Bundesrat anerkennt einen gewissen Handlungsbedarf im Bereich des Vertriebsanteils und kann sich der Stossrichtung der Motion grundsätzlich anschliessen. Während er einer generellen Senkung des Vertriebsanteils eher positiv gegenübersteht, möchte er die mit der Motion verlangte Differenzierung des Vertriebsanteils nach Vertriebskanälen nicht losgelöst von den Fragen der Abgabekompetenz und der Selbstdispensation beurteilen. Da diese Fragen Gegenstand der 2. Etappe der Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) bilden, welche noch vor der Sommerpause 2009 in die Vernehmlassung geschickt werden soll, möchte der Bundesrat die allfällige Differenzierung des Vertriebsanteils und deren Modalitäten erst in diesem Rahmen klären und regeln. Er lehnt die Motion deshalb ab. Sollte die Motion vom Erstrat angenommen werden, würde der Bundesrat im Zweitrat die Abänderung in einen Prüfungsauftrag beantragen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
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528 ARS MEDICI 13 ■ 2009
Sicherung des Präsenzlabors in der ärztlichen Praxis
Der Bundesrat wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachorganisationen und Expertengremien, die Grundlagen zu schaffen, die den Erhalt des Präsenzlabors als diagnostisches Instrument in der ärztlichen Praxis auch in Zukunft gewährleistet. Insbesondere sollen die politischen Rahmenbedingungen zum Erhalt des Präsenzlabors Teil der strategischen Massnahmen gegen einen zukünftigen Mangel an Hausärztinnen und Hausärzte sowie zur Förderung der Hausarztmedizin bilden. Die Tarife für diejenigen Positionen der Analysenliste, die Bestandteil des Präsenzlabors sind, haben die Struktur des Praxislabors angemessen zu berücksichtigen unter Einbezug betriebswirtschaftlicher und qualitativer Faktoren.
Begründung Ab 1. Juli 2009 treten die revidierten Labortarife für ambulante Analysen in Kraft. Es besteht
der dringende Verdacht, dass die neuen Tarife für das Präsenzlabor in der Arztpraxis für eine Mehrzahl der Praxen nicht mehr kostendeckend sind und die neu eingeführte Präsenztaxe zu neuen Fehlanreizen führt. Weder Fehlanreize noch ein Verschwinden des Praxislabors aus betriebswirtschaftlichen Gründen sind wünschenswerte Effekte politischer Massnahmen. Das ärztliche Präsenzlabor trägt nur marginal zu den Gesamtkosten im Gesundheitssektor bei und zeigte keine unkontrollierte Kostensteigerung. Es stellt aber ein vielseitig geschätztes Charakteristikum der hausärztlichen Versorgung in der Schweiz dar. Vom Verschwinden des Praxislabors wären in erster Linie die Patientinnen und Patienten betroffen. Daneben führte diese Entwicklung zu einem Qualitätsabbau des Berufs der Praxisassistentin, verbunden mit einem beträchtlichen Stellenabbau. Es
Die Motion, von Yvonne Gilli,
Nationalrätin Grüne, SG, wurde am 9.3.2009 eingereicht.
erscheint offensichtlich, dass eine solche Entwicklung im Widerspruch zur politisch gewünschten Förderung der Hausarztmedizin steht. Zudem besteht die Gefahr von Kostenverschiebungen und Strukturveränderungen grösseren Ausmasses, die zu einer negativen Bilanzierung aus volkswirtschaftlicher, gesundheits- und bildungspolitischer Sicht führen könnte. Mit dieser Motion wird gewährleistet, dass das Praxislabor in Zukunft kostendeckend betrieben werden kann. Sinnvolle Strukturänderungen wie die Förderung von Gruppenpraxen, gemeinsamen Einkäufen oder Managed-CareNetzwerken können weiterhin vorangetrieben werden. Unbedachte Folgen der neuen Tarifstrukturen können rechtzeitig überdacht und notwendige Korrekturen eingeleitet werden.
Aus der Antwort des Bundesrates vom 29.5.2009
Gestützt auf Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am 28. Januar 2009 eine neue Liste der Analysen mit Tarif erlassen. Die revidierte Analysenliste ist am 5. Mai 2009 publiziert worden und tritt auf den 1. Juli 2009 in Kraft. Mit der neuen Analysenliste wird die gesetzliche Vorgabe, wonach die Erfüllung der Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit regelmässig zu überprüfen ist, ausgewogen und transparent umgesetzt und die betriebswirtschaftliche Bemessung des Tarifs wird sichergestellt.
Die neue Analysenliste ist bezüglich der Durchführung von Laboranalysen im Praxislabor so ausgestaltet, dass eine medizinisch sinnvolle und gleichzeitig effiziente, qualitativ hochstehende Versorgung weiterhin gewährleistet und finanzierbar ist. Für Analysen, die im Praxislabor durchgeführt werden, sieht die neue Analysenliste neben dem Tarif für die einzelnen Analysen eine zusätzliche Präsenztaxe samt Zuschlägen vor. Dies kompensiert die höheren Kosten der Durchführung der Analysen im Praxislabor, welches verglichen mit einem Auftragslabor andere Produktionsbedingungen aufweist. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Durchführung etlicher Analysen in der Grundversorgerpraxis mit sofortiger Verfügbarkeit des Resultats für die Behandlung des Patienten aus medizinischer Sicht sinnvoll sein kann.
Damit alle beteiligten Kreise genügend Zeit haben, sich an die neue Analysenliste anzupassen, erfolgt die Einführung der neuen Liste in zwei Schritten per 1. Juli 2009 und 1. Januar 2012. Bis zum 31. Dezember 2011 gilt eine Übergangsregelung, wonach pro Analyse ein zusätzlicher Taxpunkt verrechnet werden kann. So kann die neue Abrechnungsmethode für alle Seiten wirtschaftlich sinnvoll eingeführt werden. Während dieser Zeit führt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zudem zusammen mit einer Begleitgruppe aus den beteiligten und betroffenen Organisationen ein Monitoring über die Auswirkungen der Revision durch. Sollten sich aufgrund des Monitorings grundlegende Korrekturen als nötig erweisen, würden diese selbstverständlich in die Wege geleitet werden.
Es ist unbestritten, dass die Hausarztmedizin einen wesentlichen Beitrag zu einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung in der Schweiz leistet. Die Rolle der Grundversorger im Gesundheitssystem wird durch die neue Tarifierung der Analysen weder geschwächt noch spezifisch gestärkt. Die Stärkung der Grundversorgung muss, wenn schon, mit anderen Mitteln als mit der Tarifpolitik erfolgen. Hierzu sind die entsprechenden Arbeiten im Gang. Angesichts der erkennbaren Herausforderungen muss sich aber der Berufsstand der Grundversorger so oder so weiterentwickeln und den neuen Gegebenheiten anpassen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
ARS MEDICI 13 ■ 2009 529