Transkript
Hefepilzinfektion während der Schwangerschaft
Topische Azolantimykotika und Kortikosteroide sind sicher
FORTBILDUNG
Vulvovaginale Candidainfektionen sind während der
Schwangerschaft ein häufiger Befund. Mit welchen
Medikamenten darf behandelt werden?
C A N A D I A N FA M I LY P H YS I C I A N
Vulvovaginale Infektionen mit Candidaspezies sind ein häufiger gynäkologischer Befund, der über die ganze Lebenszeit gesehen 3 von 4 Frauen, oft mehrfach, betrifft. Die vulvovaginale Candidiasis tritt während der Schwangerschaft häufiger auf, was mit den dann höheren Östrogen- und Glykogenkonzentrationen im Vaginalsekret in Verbindung gebracht wird. Häufigster Erreger ist Candida albicans (in 80–90%), C. glabrata oder C. tropicalis sind seltenere Ursachen. Bei adäquater Pharmakotherapie und unter Vermeidung von Faktoren, die eine Hefepilzinfektion fördern wie Vaginalduschen oder Tragen enger Hosen, heilt eine Candidaepisode rasch ab. Wie die Autoren dieser kurzen Übrsicht im «Canadian Family Physician» schreiben, bestehen verschiedene Behandlungsoptionen wie Antimykotika und Antiseptika sowie Kortikosteroide als nützliches Adjuvans gegen starken Juckreiz und Rötung, die auch während einer Schwangerschaft angewendet werden können.
Antimykotika Zur Behandlung vulvovaginaler Candidainfektionen sind mehrere topische Azole verfügbar: ■ Clotrimazol (Gyno Canesten® oder Generika) ■ Econazol (Gyno-Pevaryl®) ■ Isoconazol (Gyno-Travogen®) ■ Miconazol (Monistat®).
Schwangeschaft exponiert waren, und sie sind generell als sicher anzusehen.» (Die Angaben im «Arzneimittel-Kompendium der Schweiz» sind demgegenüber etwas zurückhaltender. Dort ist bei Azolen teilweise von tierexperimentell dokumentierten embryotoxischen Effekten die Rede, und unter dem Hinweis auf fehlende kontrollierte Studien beim Menschen wird die Anwendung während der Schwangerschaft nur als zulässig erachtet, wenn sie «eindeutig notwendig» oder «klar notwendig» ist; Ref.). Die systemische Absorption dieser Topika ist minimal, womit nur eine kleine Übertragungsgefahr auf den Fetus besteht. Die Autoren empfehlen eine siebentägige Behandlungsdauer, da damit im Vergleich zu kürzeren Therapien ein besserer Behandlungserfolg zu erzielen sei. Orales Fluconazol (Diflucan® oder Generika) sollte hingegen bei vulvovaginaler Candidiasis nur als Zweitlinientherapie in Betracht kommen. Es gibt Fallberichte, die Fluconazol mit schweren kindlichen Missbildungen in Verbindung bringen, allerdings nur bei höheren Dosierungen (≥ 400 mg/Tag). Eine dänische Kohortenstudie fand kein erhöhtes Missbildungsrisiko im Zusammenhang mit einer kurzfristigen Therapie mit 150 mg Fluconazol. Topisches Nystatin ist eine sichere Alternative zur Behandlung mit Azolen und wurde während des ersten Schwangerschaftsdrittels eingehend untersucht. Die systemische Absorption von Nystatin ist vernachlässigbar gering, in zahlreichen Untersuchungen konnte kein erhöhtes Missbildungsrisiko dokumentiert werden. Das einzige in der Schweiz zugelassene topische Nystatinpräparat ist ein Gel zur externen Anwendung (Nystatin Plan «200 000» Gel, «Arzneimittel-Kompendium»Indikation: bei Vulvitis).
Merksätze
Während der Gravidität ist topischen Applikationsformen eindeutig der Vorzug zu geben, da hierzu am ehesten Daten zur Sicherheit aus Tierversuchen und Beobachtungen beim Menschen vorliegen. Unter Berufung auf eine grössere Übersichtsarbeit von C.T. King et al. aus dem Jahr 1998 schreiben die Autoren: «Prospektive und Beobachtungsstudien mit topischen Antimykotika ergaben kein erhöhtes Risiko für schwere Missbildungen, wenn Mütter während irgendeines Zeitpunkts der
■ Bei vulvovaginalen Candidainfekten während der Schwangerschaft sind topische Azolantimykotika eine sichere Therapiemöglichkeit.
■ Alternativen dazu sind topisches Nystatin oder orales Fluconazol.
■ Gegen Juckreiz und Rötung gelten topische Kortikoide auch während der Schwangerschaft als sicher.
ARS MEDICI 13 ■ 2009 547
FORTBILDUNG
So mach ich das …
Dr. med. Hansjörg Lang FMH Allg. Medizin 8264 Eschenz E-Mail: h.lang@bluewin.ch
Beim Soor in der Schwangerschaft bin ich sehr einverstanden mit der topischen Behandlung. Ich gebe auch nicht schwangeren Frauen nie Antimykotika per os ab, da die Kosten für die Präparate und die potenziellen Nebenwirkungen hoch sind für die Behandlung einer zwar lästigen, aber ungefährlichen Krankheit. Zudem wollen Frauen, die auf Soor anfällig sind, dann immer wieder die Kapseln schlucken, was auf längere Sicht sicher nachteilig ist. Die Kombination von Monistat® abends vaginal und Mycolog® N, morgens und abends auf die juckenden Schleimhäute aufgetragen, hat sich in meiner Praxis sehr bewährt.
Die Vertreter der Hausarztmedizin in unserem Beirat erzählen bei passender Gelegenheit kurz, wie sie ein Problem in der Praxis angehen. Solche praxisbezogenen Reaktionen sind auch aus der Leserschaft jederzeit willkommen: info@rosenfluh.ch ■
Antiseptika Eine weitere, kommerziell nicht erhältliche Alternative zu den Antimykotika wäre Borsäure. Allerdings liegen hierzu nur wenige Sicherheitsdaten beim Menschen vor. Eine retrospektive Fallkontrollstudie aus Ungarn fand eine schwache Assoziation zwischen Borsäureexposition und schweren Missbildungen, die aber keine statistische Signifikanz erlangte. Ohne ausgedehnte Schädigung des Vaginalepithels ist nur mit einer
geringen Absorption zu rechnen. Als typische Dosierung gelten 600 mg intravaginal pro Nacht während 14 Tagen.
Kortikosteroide Zu den häufigen Symptomen einer vulvovaginalen Hefepilzinfektion gehören Juckreiz und Rötung. Diese Beschwerden sprechen gut auf topische Kortikosteroide an. Zur Sicherheit während der Schwangerschaft gibt es eine Metaanalyse von fünf prospektiven Studien. Darin war eine orale Steroidbehandlung mit einem geringen, aber signifikanten Risiko für Gaumenspalten assoziiert (Odds Ratio 3,35, 95%-Konfidenzintervall 1,97–5,69). Bei topischer Applikation von Kortikoiden werden ungefähr 3 Prozent der Dosis durch die Haut systemisch aufgenommen. Zwei bevölkerungsbasierte Beobachtungsstudien fanden jedoch kein erhöhtes Risiko schwerer Missbildungen bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft topische Kortikosteroide angewendet hatten.
Schlussfolgerungen
Die Autoren fassen ihren Standpunkt wie folgt zusammen: «Es
ist wichtig, vulvovaginale Infektionen bei schwangeren Frauen
zu behandeln. Topische Antimykotika sind gut untersucht.»
Als Behandlungsdauer empfehlen sie wegen der höheren Ver-
sagerquote unbedingt sieben Tage. Topisches Nystatin oder
orales Fluconazol kommen als Alternativen in Betracht, wenn
topische Azolpräparate nicht angewendet werden können.
Niedrig potente, lokal applizierte Kortikosteroide gelten auch
während der Schwangerschaft als sicher.
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Derrick Soong, Adrienne Einarson: Vaginal yeast infections during pregnancy. Canadian Family Physician 2009; 55: 255—256.
Interessenkonflikte: keine deklariert.
Halid Bas
548 ARS MEDICI 13 ■ 2009