Transkript
Editorial
Muss das Rad in der Gesundheitspolitik immer wieder von Neuem erfunden werden? Müssen die einen den anderen nachplappern, ohne Kenntnis der Sache? Müssen offene Türen immer wieder eingerannt werden, wie wenn heute der erste Tag wäre? Bloss um von jenen Türen abzulenken, die man sorgsam geschlossen halten möchte, weil dahinter der Profit der eigenen Klientel ruht? Oder steckt in jeder Idee, sei sie noch so abgedroschen, auch immer ein Körnchen Wahrheit? Von allem ein wenig, möchte man meinen, nachdem die
so doch Ärzten – ebenso klar. Auch «Palliative CH», die Schweizerische Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung, hat sich rasch an die Medien gewandt: «Die Frage nach der Angemessenheit einer – unter Umständen sehr teuren –
Vom Lebensende als Kostenfaktor
erste Verwunderung über den Vorstoss von CVPPräsident Christophe Darbellay zur Kosteneindämmung am Lebensende unheilbar Kranker etwas verflogen ist. Zu Recht weist der St. Galler Onkologe Thomas Cerny darauf hin, dass für Ärztinnen und Ärzte, die sich mit diesen Frage- (und Indikations-)stellungen befassen, in der Schweiz «Themen wie die Palliativmedizin oder die richtige Zuteilung der Mittel schon lange tagesaktuell» sind (1). Und er spricht nicht nur von einer Minderheit von Patienten mit denen er und viele andere Ärzte die Entscheidung zu teuren Medikamenten im Endstadium besprechen, wenn er feststellt: «Diese Beratungen sind keine Verkaufsgespräche. Wir sind schon lange an dem Punkt, an dem wir nicht mehr alles machen, was man noch machen könnte.» Es gibt ja schon standardisierte Entscheidungspfade fur Therapieentscheide in der Sterbephase. Dass aber nicht schon vorher Hoffnung und mögliche Therapiechancen im Einzelfall im Zuge von Kostendämmungskampagnen geopfert werden dürfen, ist – wenn nicht Politikern,
medizinischen Intervention am Lebensende bedarf einer Präzisierung: Woran wird sie gemessen?» Palliative CH stellt klar, dass als Entscheidungskriterium nicht die gewonnene Lebenszeit, sondern das Erreichen der persönlichen Ziele des Patienten, die gewonnene Lebensqualität, zu gelten hat: «Hoffnung erhalten ist eine wichtige, vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe in dieser Lebensphase. Es ist aber die Frage, worauf man hofft: ob auf die winzige Chance einer ‹Verbesserung› durch die nächste Chemotherapie, oder auf möglichst viel Leben bis zuletzt, zusammen mit den Angehörigen.» Und zusammen mit einer ausgebauten Palliativpflege – sofern sie überall erhältlich ist. So hat eine Forderung zu einer weiteren geführt, wie wir es im Gesundheitswesen gewohnt sind. Die Diskussion freilich lohnt sich doch.
Halid Bas
1. http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Wo-der-Krebs-Arzt-sparen-wuerdeund-wo-nicht/story/21832812/print.html
ARS MEDICI 11 ■ 2009 433