Transkript
FORTBILDUNG
Wenn Sport die Haut malträtiert
Traumen, UV-Schäden, Allergien, Infektionen ...
Beim Sport wird die Haut oft in Mitleidenschaft gezo-
gen. Am häufigsten beobachtet man mechanische
Schädigungen, aber auch allergische und infektiöse
Dermatosen. Im Freien drohen dem Sportler Schäden
durch physikalische Noxen wie Hitze, Kälte und ins-
besondere UV-Strahlung. Dieser Beitrag soll mit den
klinischen Erscheinungsbildern häufiger sportbeding-
ter Dermatosen vertraut machen und Hinweise zur
adäquaten Versorgung geben.
KLAUS DEGITZ
Traumatisch bedingte Sportdermatosen Blasen und Schwielen Bis zu 25 Prozent aller Teilnehmer an Langstreckenläufen entwickeln Blasen an den Füssen (7). Blasen entstehen aber auch bei vielen anderen Sportarten wie Tennis oder diversen Mannschaftssportarten. Reibungsbedingte Scherkräfte erzeugen Spalten an der dermo-epidermalen Junktionszone, die sich mit Gewebeflüssigkeit füllen. Schlecht sitzende Schuhe, in Falten gelegte Socken und das feuchtwarme Milieu im Sportschuh fördern die Entstehung. Therapeutisch sollte man die im Allgemeinen gute Heilungstendenz unterstützen, und zwar mit antimikrobiellen Externa und Polsterverbänden. Pralle Blasen (Abbildung 1) werden mit einer sterilen Kanüle angestochen und drainiert. Das verbleibende Blasendach dient als natürlicher Verband. Zur Vorbeugung eignen sich Schuhe, die ausreichend gross und gut gepolstert sind, spezielle Sportsocken, die keine auftragenden Nähte aufweisen, oder das Tragen von zwei Socken übereinander. Während kurzfristige mechanische Überbelastung zu nekrotischen Schäden (Blasen) führt, erlauben weniger intensive und regelmässig einwirkende Stressoren, dass die Haut sich anpasst: Durch reaktive Keratinozytenproliferationen entstehen Hyperkeratosen (Schwielen) (Abbildung 2). Dabei handelt es
sich um einen natürlichen Schutzvorgang, der keiner Behandlung bedarf, es sei denn, es besteht Druckschmerz. Häufig wird jedoch aus ästhetischen Gründen eine Beseitigung gewünscht, was durch Abtragung mit einem Bimsstein oder durch einen Hornhauthobel geschehen kann. Eine Sonderform der Schwiele sind die schmerzhaften Klavi: Hyperkeratosen, die sich punktuell in die Tiefe ausdehnen («Hühnerauge») und die durch Druck und Gegendruck vorzugsweise an Knochenvorsprüngen entstehen. Fussfehlstellungen und enges Schuhwerk begünstigen die Entstehung. Die Behandlung erfolgt durch kontrolliertes Abtragen. Fussfehlstellungen sollten einer orthopädischen Behandlung zugeführt werden.
Der traumatisierte Zehennagel Das Nagelorgan wird bei vielen Sportarten durch mechanische Belastungen in Mitleidenschaft gezogen (Jogging, Wandern, Klettern, Skifahren, Tennis, Basketball oder Fussball). Iterative Traumen führen an den Zehennägeln zu charakteristischen klinischen Symptomen (4): Onychodystrophie, subunguale Hyperkeratosen und subunguale Hämatome (Abbildung 3). Prädisponierend sind zu kleine, aber vor allem zu kurze Schuhe, in denen die Zehen ständig vorne anstossen. Zu lange Zehennägel erhöhen noch die mechanische Vulnerabilität. Die so belasteten Nägel sind überdies anfällig für Onychomykosen, die die Zerstörung des Nagels weiter vorantreiben. Beim Laufsport sind häufig die äusseren III. bis V. Zehen betroffen, bei Fussball- und Tennisspielern oder Skifahrern eher die Gross-
Merksätze
■ Mechanische Belastung kann an den Zehennägeln zu Onychodystrophie sowie zu subungualen Hyperkeratosen und Hämatomen führen.
■ Von der Acne mechanica, die durch Reibung und Schwitzen entsteht, müssen Follikulitiden durch pyogene Keime sowie Akne durch Anabolika abgegrenzt werden.
■ Sonnencremes sollten 30 Minuten vor dem Sport und bei starkem Schwitzen 2 Stunden nach Beginn der Sportaktivität erneut aufgetragen werden.
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Abbildung 1: Traumatische Blase
Abbildung 4: Wanderzehen: traumatische Onycholysen und subunguale Hämorrhagien mit partiellem Wiederwachstum fünf Monate nach langem Abwärtswandern in zu kleinen Schuhen
Abbildung 2: Physiologische Schwiele
Abbildung 5: «Black heel» an beiden Fersen
kauft werden. Die Zehennägel sind möglichst kurz zu halten. Das am wenigsten traumatisierende Handwerkszeug dafür ist ein Nagelknipser. Onychomykosen sollten im Nativpräparat und kulturell diagnostisch abgeklärt werden und gegebenenfalls einer kombiniert systemischen und topischen Therapie zugeführt werden. Eine Besserung kann nur langsam eintreten, da die Regenerationszeit des Zehennagels 12 bis 18 Monate beträgt.
Abbildung 3: Syndrom des traumatisierten Zehennagels: subunguale Hämorrhagien, Onychodystrophie
zehen und II. Zehen. Subunguale Hämatome treten als schwärzlich-rötliche Längsstreifen in Erscheinung, können aber auch ausgedehnt fleckförmig imponieren, zum Beispiel entstanden nach langen Abwärtswanderungen (Abbildung 4). Wichtig ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung vom subungualen Melanom. Zur Prophylaxe eignet sich das Tragen von für die jeweilige Sportart optimierten Schuhen, deren Vorderkammer nicht zu eng sein darf. Die Schuhe sollten nachmittags oder abends ge-
Einblutungen Viele Sportarten bringen es mit sich, dass die Fusshaut beim Beschleunigen und Abbremsen erheblichen Zug- und Scherkräften ausgesetzt ist, zum Beispiel beim Fussball, Basketball oder Tennis. Durch die Scherbelastungen kommt es zur Ruptur dermaler Blutgefässe und zu Einblutungen in die Hornschicht, die als schwärzliche Flecke auffallen. Typische Lokalisationen sind Ferse (Black heel, Talon noir) (Abbildung 5) und Zehenspitzen. Das klinische Bild beunruhigt Betroffene nicht selten sehr und kann an ein Melanom denken lassen, wenn anamnestisch keine Verbindung zum Sport hergestellt wird. Ein Melanom muss auflichtmikroskopisch ausgeschlossen werden. Der Patient muss über die Harmlosigkeit der Veränderung aufgeklärt werden und erhält die Empfehlung, gepolsterte Sportschuhe und nahtfreie Socken zu tragen.
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FORTBILDUNG
Tabelle 1: Umweltbedingte Dermatosen
Akuter UV-Schaden
Sonnenbrand
Chronische UV-Schäden
Fotokarzinogenese, UV-bedingte Hautalterung
Allergische Kontaktdermatitis
Inhaltsstoffe von Sportgeräten (insbesondere Gummichemikalien und Formalin), Dermatika zur Behandlung von Sportblessuren
Kälteschäden
Frostbeulen, Erfrierungen, Kälteurtikaria
Hitze Cholinerge Urtikaria, Miliaria (Entzündungen der Ausführungsgänge ekkriner Schweissdrüsen), Exercise-induced vasculitis
Austrocknung
Xerose, Exsikkationsekzematid
Von der Acne mechanica abzugrenzen sind durch pyogene Keime erzeugte Follikulitiden, die ebenfalls oft beim Sport auftreten, gefördert durch Sommerhitze und durch Kleidung, die das Abdunsten des Schweisses behindert. Hier empfehlen sich topische antiseptische Massnahmen und der Hinweis auf Mikrofaser-Sportbekleidung, die eine gute Durchlüftung gewährleistet. Eine weitere sportassoziierte Form der Akne entsteht unter der Einnahme von Anabolika zum Muskelaufbau (Bodybuilding, Gewichtheben, Kugelstossen). Durch ihre androgene Wirkkomponente verursachen Anabolika nicht selten heftige und schwer therapierbare generalisierte Akneerkrankungen (Acne conglobata).
Analoge Einblutungen an den Handflächen entstehen bei Ruderern und bei Skifahrern, hier durch das Anschlagen und Reissen der Skistöcke, insbesondere auf buckeligen Pisten, daher auch die englische Bezeichnung Mogul skier’s palm (mogul = englisch f. Pistenbuckel). Bei Läufern bilden sich durch Reibung der Gesässhälften aneinander Einblutungen im kranialen Bereich der Rima ani (Runner’s rump). Alle erwähnten sportbedingten Hämorrhagien brauchen nicht behandelt zu werden und heilen von selbst ab. Der Arzt sollte aber darauf hinweisen, dass Rückfälle immer wieder auftreten können, solange die ursächliche Sportaktivität ausgeübt wird.
Jogger’s nipples Bei Joggern und Langstreckenläufern entwickelt sich gelegentlich an den Brustwarzen durch repetitive Reibung eine schmerzhafte Irritation mit Rötungen, Fissuren oder Erosionen unmittelbar nach dem Laufen. Dieses Phänomen wird durch rau strukturierte T-Shirts und bei Frauen zusätzlich durch Laufen ohne BH begünstigt. Die Behandlung besteht aus der zweimal täglichen Applikation einer glukokortikoidhaltigen Creme für einige Tage. Zur Prävention empfiehlt man das Tragen von T-Shirts mit weichen Stoffen und bei Frauen das Tragen eines BHs. Eine zusätzliche Massnahme ist das Auftragen einer schützenden fettreichen Grundlage, zum Beispiel Vaseline, vor dem Lauf.
Akne Bei Sportlern entwickelt sich Akne bisweilen durch chronische Reibung (Acne mechanica), oft in Kombination mit Wärme und Schwitzen. Sportarttypische Lokalisationen sind das Kinn durch Helmriemen (Reiter, Radfahrer, Eishockeyspieler) oder die Schulter (Riemen von Golftaschen oder Rucksäcken). Klinisch imponieren Komedonen, Papeln und Papulopusteln, jedoch oft mit für Akne ungewöhnlichem Verteilungsmuster und auch bei Patienten jenseits des aknetypischen Teenageralters. Die Behandlung besteht aus der Meidung der mechanischen Noxe und der Anwendung topischer Aknetherapeutika.
Umweltbedingte Dermatosen Im Freien sind Sportler Sonne, Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, bissigen Hunden oder allergenen Substanzen ausgesetzt (Tabelle 1). Von beträchtlicher gesundheitspolitischer Bedeutung ist die bereits im Jugendalter einsetzende UV-Exposition.
UV-bedingte Hautschädigungen Sportarten mit der Gefahr regelmässiger überhöhter UV-Exposition sind unter anderem Joggen und Langstreckenlauf, Radfahren, Segeln, Rudern, Tennis, aber auch Mannschaftssportarten wie Fussball oder Beach-Volleyball. Beim Skifahren, Bergwandern und alpinen Klettern macht sich belastend bemerkbar, dass in grösseren Höhen die dünnere Atmosphäre UV-Strahlung weniger reduziert. Allgemein trendverstärkend wirkt auch das Streben nach der als attraktiv empfundenen Bräune. Der Sonnenbrand zeigt sich unmittelbar nach UV-Überdosierung als juckendes Erythem und hat nach 24 Stunden seinen Intensitätsgipfel. Die Behandlung besteht in kalten Umschlägen, Quarkauflagen und systemischen nichtsteroidalen Antiphlogistika. Tetrazykline (Tetracyclin, Doxycyclin) erzeugen schon nach geringer Sonnenexposition sonnenbrandähnliche fototoxische Reaktionen. Weitere fototoxische Substanzen sind Amiodaron, Chinolone und Hydrochlorothiazid. Outdoor-Sportlern sollte die regelmässige Anwendung von Sonnenschutzmitteln auf unbekleideten Körperstellen empfohlen werden. Die heute erhältlichen Sonnenschutzprodukte verfügen fast alle über Schutzwirkung sowohl im UV-B- als auch UV-A-Bereich. Für einen optimalen Schutz sollten sie 30 Minuten vor dem Sport aufgetragen werden. Ein wiederholtes Auftragen empfiehlt sich auch nach starkem Schwitzen, zum Beispiel zwei Stunden nach Beginn der Sportaktivität. Die UV-reichen Mittagsstunden (11 bis 15 Uhr) sollten gemieden werden. Kinder und Jugendliche profitieren am meisten vom UV-Schutz, weil üblicherweise etwa 80 Prozent der Lebenszeit-UV-Dosis schon bis zum 21. Lebensjahr erfolgt ist und weil Sonnenbrände besonders in jungen Jahren das Melanomrisiko erhöhen (1, 6).
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Allergien und Sport Saisonaler Pollenflug (Bäume, Gräser, Kräuter) kann bei Sportlern mit Typ-l-Sensibilisierungen zu einer verstärkten Exposition gegenüber Allergenen und zur Provokation oder Verschlechterung von Rhinoconjunctivitis allergica oder Asthma bronchiale allergicum führen. Als weitere allergische Erkrankung spielen Kontaktallergien (Typ-IV-Sensibilisierungen) eine Rolle (5): Bei Wassersportlern finden sich Sensibilisierungen auf Gummichemikalien in Taucher- oder Schwimmbrillen sowie Taucheranzügen, ausserdem Kontaktallergien auf Gerätedesinfektionsmittel (2). Formaldehydharze in Kniestützen beim Basketball oder in Schienbeinschonern beim Fussball können an der Kontaktstelle zu einer allergischen Dermatitis führen. Am Schienbein der Fussballer ist allerdings eine durch Schweiss und Reibung ausgelöste irritative Dermatitis wesentlich häufiger als eine allergische Kontaktdermatitis (9). Gummibestandteile an Griffen von Sportgeräten (Golf, Hanteln etc.) können ebenfalls für eine allergische Kontaktdermatitis verantwortlich sein (1). Schliesslich beobachtet man Kontaktallergien auf Bestandteile externer Therapeutika, die bei Verletzungen eingesetzt werden, wie zum Beispiel Lanolin oder Arnika (3). Kontaktekzeme behandelt man mit externen Glukokortikoiden, wichtig ist die vorbeugende Meidung der Allergene nach entsprechender allergologischer Diagnostik (Epikutantest).
Infektiöse Sportdermatosen Zahlreiche mykotische, virale oder bakterielle Hautinfektionen sind mit Sport assoziiert (Tabelle 2). Tinea pedum ist vermutlich die häufigste Sportlerinfektion. Fördernde Faktoren sind das schlecht durchlüftete feuchtwarme Milieu im Sportschuh und der Fusskontakt mit Pilzelementen am Boden von öffentlichen Badeanstalten oder in den Umkleidekabinen und Duschanlagen der Sporthallen. Neben den weithin bekannten interdigitalen Manifestationen der Tinea pedum darf die dyshidrosiforme plantare und die oftmals sehr diskrete, von feiner Schuppung an den Fusssohlen und Fussrändern geprägte Mokassin-Variante nicht übersehen werden. Die Behandlung besteht im Regelfall aus antimykotischen Cremes, für die Zehenzwischenräume auch aus antimykotischem Puder zur besseren Austrocknung. Die Behandlung sollte auch benachbarte Hautpartien einschliessen und noch einige Tage über die Symptomfreiheit hinaus durchgeführt werden. Das Keratoma sulcatum ist eine schmerzhafte Erkrankung der Fusssohle. Es entsteht typischerweise nach längeren Wanderungen. Schwitzen und das warme Milieu in Sport- oder Wanderschuhen führen zur Aufweichung der Hornschicht und zu charakteristischen Mazerationen der Fusssohlenhaut mit grübchenförmigen Einsenkungen der Hornschicht. Die Degradation des Hornmaterials durch bakterielle Enzyme (Korynebakterien) trägt wohl massgeblich zur Symptomatik bei (8). Bei Sportarten mit intensivem Körperkontakt (Ringen, Judo, Rugby) erleichtern kleine Hautverletzungen die direkte Übertragung von Erregern von einem Sportler zum anderen. So
Tabelle 2: Sportbedingte Infektionserkrankungen
■ Pityriasis versicolor ■ Tinea pedum ■ Verruca vulgaris ■ Molluscum contagiosum ■ Herpes gladiatorum ■ Keratoma sulcatum ■ Pyodermien (Impetigo, Follikulitis, Erysipel) ■ Otitis ■ Schwimmbadgranulom (Mycobacterium marinum)
kommt es bisweilen bei Turnieren zu massenhaftem Auftreten
von Tinea gladiatorum, Impetigo gladiatorum und sogar Her-
pes simplex gladiatorum. Schwimmer sind durch Infektionen
mit Pseudomonas spp. gefährdet, zum Beispiel Otitiden oder
Follikulitiden unter eng anliegender Schwimmkleidung (Bikini
bottom) (21).
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Literatur über www.allgemeinarzt-online.de/downloads/literaturliste.html
Prof. Dr. med. Klaus Degitz Hautarzt und Allergologe D-81241 München
Internet: www.hautpraxis.de
Interessenkonflikte: keine
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 19/2008. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.
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