Transkript
FORTBILDUNG
Infektion mit Helicobacter pylori: Wie behandeln?
Dreifach- und Vierfachkombinationen sind Standard
Helicobacter pylori ist einer der häufigsten Ver-
ursacher menschlicher Infektionen; etwa die Hälfte
der Weltbevölkerung trägt diesen Keim in sich.
Wie andere chronische Infektionen muss auch eine
H.-pylori-Infektion mit einer antibiotischen Kombina-
tionstherapie behandelt werden. Die Eradikation
von H. pylori ist immer noch eine Herausforderung,
weil die Zahl multiresistenter Keime weltweit rasch
zunimmt.
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Die chronische Infektion mit H. pylori begünstigt verschiedene gastrointestinale Erkrankungen wie peptische Ulzera, MALTLymphome, Dyspepsie und Magenkrebs, und zahlreiche Studien belegen, dass sich eine Eradikation des Keims bei diesen Erkrankungen günstig auswirkt: Peptische Ulzera heilen ab, und Rezidive und rezidivierende Blutungen werden verhindert. Die Eradikation kann bei MALT-Lymphomen zu einer dauerhaften Remission führen und die Symptome einer Dyspepsie kontrollieren. Darüber hinaus sollte nach den Europäischen Leitlinien eine Eradikation nicht nur bei Patienten mit Magenkarzinom, sondern auch bei Patienten mit erhöhtem Magenkrebsrisiko erwogen werden (z.B. bei Verwandten ersten Grades eines Magenkarzinom-Patienten), schreiben L. Fuccio und Koautoren im «British Medical Journal» (BMJ).
Tripeltherapie Monotherapien und Zweifachkombinationen zur Eradikation von H. pylori führten zu enttäuschenden Ergebnissen. Deswegen wird zur Eradikation am häufigsten eine Tripeltherapie, bestehend aus einem Protonenpumpeninhibitor (PPI), Clarithromycin (z.B. Klacid® oder Generika) und Amoxicillin (Clamoxyl® oder Generika) oder Metronidazol (Flagyl® oder Generika) empfohlen. Über die optimale Therapiedauer – 7, 10
oder 14 Tage – wurde und wird ausführlich diskutiert. Die aktuellen Europäischen und Amerikanischen Leitlinien empfehlen heute zur H.-pylori-Eradikation eine Therapie über 14 Tage als die optimale Behandlungsdauer. Die BMJ-Autoren sind hingegen der Ansicht, dass eine einwöchige Therapie meist ausreicht, dass diese jedoch auf 10 bis 14 Tage ausgedehnt werden kann, je nach regionaler Therapieerfolgsrate.
Therapieversager Zwei Faktoren beeinflussen das Behandlungsergebnis gleich stark, nämlich die Infektion mit antibiotikaresistenten H.-pylori-Stämmen und die Patientencompliance. Eine Metaanalyse von Vergleichsstudien und eine Übersichtsarbeit kamen zu dem Ergebnis, dass eine Medikamentenresistenz der wichtigste Prädiktor für das Versagen einer Tripeltherapie ist (PPI, Clarithromycin und Amoxicillin oder Metronidazol). Die Clarithromycin-Resistenz ist der stärkste Prädiktor für ein Therapieversagen. Erreicht die Prävalenz einer Clarithromycin-Resistenz in der Bevölkerung 15 bis 20 Prozent, sinkt die Eradikationsrate einer Clarithromycin-basierten Tripeltherapie unter die empfohlene Schwelle von 80 Prozent. Deswegen sollte in Gebieten, in denen eine erhöhte Prävalenz einer Clarithromycin-Resistenz vorliegt (>15 bis 20%), und bei Patienten, die früher ein Makrolid erhalten haben, keine Clarithromycinbasierte Tripeltherapie zur Behandlung einer H.-pylori-Infektion eingesetzt werden. Eine entscheidende Rolle bei der Eradikation von H. pylori spielt auch die Therapietreue der Patienten. Das sollte bedacht
Merksätze
■ Die Standardbehandlung bei Helicobacter-pylori-Infektion besteht aus einer Tripel- beziehungsweise Quadrupeltherapie.
■ Resistenzen gegen Clarithromycin und Metronidazol sowie mangelnde Therapietreue sind häufige Ursachen eines Therapieversagens.
■ Bei der Wahl der effektivsten Behandlungsstrategie muss die Prävalenz von Antibiotikaresistenzen beachtet werden.
ARS MEDICI 10 ■ 2009 425
FORTBILDUNG
Wissenswertes für den Hausarzt
■ Eine einwöchige Tripeltherapie kann zur Heilung der H.-pyloriInfektion ausreichen.
■ Ein Therapieschema mit Clarithromycin sollte vermieden werden, wenn der Patient zu einem früheren Zeitpunkt mit einem Makrolidantibiotikum behandelt wurde.
■ Die genaue Einhaltung aktueller Leitlinien reduziert Therapieversager signifikant.
■ Betonen Sie dem Patienten gegenüber, dass der Behandlungserfolg von seiner Mitarbeit abhängt.
■ In der derzeitigen klinischen Praxis ist die Resistenztestung von limitierter Bedeutung.
■ Die H.-pylori-Eradikation sollte durch einen Harnstoff-Atemtest frühestens vier Wochen nach Ende der Behandlung bestätigt werden.
■ Da die jährliche Reinfektionsrate zumindest in den Industrieländern gering ist, muss nicht systematisch nach Rezidiven gesucht werden.
mycin-basierte Tripeltherapie (≥ 80%). Auch wurde gezeigt, dass – obwohl die Eradikationsrate bei Tripeltherapien sinkt, wenn die Clarithromycin-Resistenz zunimmt (>15 bis 20%) – die Wirksamkeit von Vierfachkombinationen ohne Clarithromycin unter diesen Bedingungen über 80 Prozent bleibt. Aus diesem Grund könnte die Quadrupeltherapie in Gebieten mit hoher Prävalenz (>15 bis 20%) einer Clarithromycin-Resistenz sowie bei Patienten, die zuvor ein Makrolid erhalten haben, als Erstlinientherapie erwogen werden.
Resistenztestung Drei grosse klinische randomisierte Vergleichsstudien untersuchten, ob Erstlinientherapien, die auf einer prätherapeutischen Resistenztestung beruhen, effektiver sind als empirische Tripeltherapien. Die Ergebnisse waren widersprüchlich: Eine Studie mit über 240 Patienten fand, dass die Behandlung mit vorheriger Resistenzprüfung nicht zu einer besseren Eradikationsrate führte, zwei Studien mit 259 Patienten berichteten über eine statistisch signifikant höhere Eradikationsrate bei den Patienten, die nach einer Resistenzprüfung eine gezielte Behandlung erhalten hatten. In der derzeitigen klinischen Praxis dürfte die Resistenztestung keine grosse Rolle spielen.
Standard- und Drittlinientherapie zur H.-pylori-Eradikation
Standardtherapien ■ Tripeltherapie: Protonenpumpeninhibitor (Standarddosis)
zweimal täglich + Clarithromycin 500 mg zweimal täglich + Metronidazol 500 mg zweimal täglich oder Amoxicillin 1000 mg zweimal täglich über 7, 10 oder 14 Tage ■ Quadrupeltherapie: Protonenpumpenhinhibitor (Standarddosis) zweimal täglich + Metronidazol 500 mg dreimal täglich + Tetrazyklin 500 mg viermal täglich + Wismutsubcitrat 120 mg viermal täglich über 7, 10 oder 14 Tage
Drittlinientherapie ■ Protonenpumpeninhibitor (Standarddosis) zweimal täglich
+ Amoxicillin 1000 mg zweimal täglich + Levofloxacin 500 mg zweimal täglich über 10 Tage
werden, wenn eine Mehrfachkombination vorgeschlagen wird. Die Patienten müssen ausführlich darüber informiert werden, dass der Behandlungserfolg von ihrer Mitarbeit abhängt.
Quadrupeltherapie Eine Metaanalyse von randomisierten kontrollierten Vergleichsstudien ergab, dass eine Vierfachkombination, bestehend aus einem PPI, Wismut, Metronidazol und Tetrazyklin, zu einer ähnlichen Eradikationsrate führt wie eine Clarithro-
Überprüfung des Behandlungserfolgs Nach der Behandlung sollte der Therapieerfolg mithilfe nichtinvasiver Tests mit hoher Sensitivität und Spezifität überprüft werden. Übersichtsarbeiten kamen zu dem Ergebnis, dass der Harnstoff-Atemtest die am besten geeignete Methode ist. Alternativ kann ein Stuhl-Antigen-Test durchgeführt werden, doch dieses Verfahren ist nicht so genau wie der HarnstoffAtemtest. Invasive Methoden sollten auf Fälle beschränkt werden, bei denen eine wiederholte Endoskopie indiziert ist (Beispiel: Magengeschwür). Techniken mit geringer Sensitivität wie der Urease-Schnelltest sollten vermieden werden. Die Therapiekontrolle sollte frühestens vier Wochen nach dem Ende der Behandlung durchgeführt werden.
Reinfektionen mit H. pylori Rezidive einer H.-pylori-Infektion treten selten auf. Die wenigen Rezidive, die beobachtet werden, können durch Rekrudeszenz oder Reinfektion bedingt sein. Rekrudeszenz bedeutet, dass der ursprüngliche H.-pylori-Stamm rekolonisiert und zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt wird. Eine Reinfektion liegt vor, wenn der Patient durch einen neuen H.-pylori-Stamm infiziert wird. Da die jährliche Reinfektionsrate zumindest in den Industriestaaten gering ist, muss nach einer Eradikation von H. pylori nicht systematisch nach Rezidiven gesucht werden.
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L. Fuccio (Department of Internal Medicine and Gastroenterology, University of Bologna, Bologna, Italy) et al.: Treatment of helicobacter pylori infection. BMJ 2008; 337:a1454. DOI: 10.1136/bmj.a1454.
Interessenkonflikte: keine deklariert
Andrea Wülker
426 ARS MEDICI 10 ■ 2009