Transkript
MEDIEN ■ MODEN ■ MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Sie ist, zugegeben, ein schon viele Jahre altes Feindbild. Da sich aber auch Feinde wandeln können, sollte man sein Bild von ihnen von Zeit zu Zeit überdenken und kontrollieren. Auch wenn’s schwer fällt. Und es fällt sehr schwer. Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz (mit der wir verlagsseits eigene Erfahrungen haben) mag zwar in guter Absicht gegründet worden sein und nicht, um ein paar verdienten Persönlichkeiten aus Politik und Gesundheitsszene einen wohlangesehenen Posten im Stiftungsrat zu verschaffen. Aber: Das Geld, das die operativ (will heissen am Schreibtisch) tätigen Mitarbeiter ausgeben, müssen sie nicht selber verdienen, nein, es wird uns zwangsweise und weitgehend ungefragt abgenommen. Wie gesagt, da fällt es schwer, nicht misstrauisch zu sein und zu bleiben. Nicht anders als beim Staat halt.
■■■
Prävention ist eine heilige Kuh. Wer wagte schon, sich gegen Vorsorge auszusprechen – koste sie, was sie wolle? Deshalb wird ein eidgenössisches Präventionsgesetz auch keine Schwierigkeiten haben, weder bei mangelhaft informierten Parlamentariern noch beim gutgläubigen Volk. Dass die FMH nicht gegen ein Präventionsgesetz sein kann, versteht sich. Man stelle sich die Schlagzeile vor: «Ärzte wollen keine Krankheitsvorsorge!» Der nachfolgende plumpe Vorwurf wäre unvermeidlich: weil sie nur an Kranken etwas verdienen. Dabei gibt es gute Gründe – nicht dem etatistischen, persönliche Freiheit nur mehr als subsidiäres Prinzip verstehenden Zeitgeist entsprechende, natürlich – gegen ein Präventionsgesetz. Einer davon, wenn auch nicht der wichtigste: Im Rahmen dieses Präventionsgesetzes soll die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz in ein nationales Präventionsinstitut umgewandelt werden. Ein von der Bundesverwaltung
unabhängiges. Im Stiftungsrat mit dem einen oder anderen Krankenkassenvertreter bestücktes. Von politischer Kontrolle befreites. Keiner wirtschaftlichen Effizienz verpflichtetes. Weitgehend den eigenen Ideen, und seien es auch Furzideen, überlassenes. Schöne Aussichten. Übrigens ein mit unserem Geld finanziertes.
■■■
Zitate aus früheren Jahresberichten der Stiftung Gesundheitsförderung (in rein demagogischer Absicht ausgewählt und kommentiert): A. «Um festzustellen, wo sie steht, hat Ge-
sundheitsförderung Schweiz eine Evaluation durchführen lassen.» (Man kann also mit Gesundheitsförderung doch Geld verdienen – indem man sie evaluiert.) B. «Handlungsfelder der Gesundheitsförderung: 1. Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz, 2. Förderung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen, 3. Neuorientierung der Gesundheitsdienste, (…) 5. Umsetzung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik.» (Wer nichts zu sagen hat, rede möglichst viel und unangreifbar nichtssagend.) C. «… wurden viele Grundlagenarbeiten für die Gesundheitsförderung erstellt.» (siehe A) D. «Für die Ausarbeitung des Tätigkeitsprogramms setzte die Stiftung eine Arbeitsgruppe ein.» (siehe A) E. «Mit der fehlenden Orientierung war es schwierig, die bewilligten Gelder in praxisrelevante Projekte umzusetzen.» (Übrigens wurde in dieser Zeit – wir schreiben das Jahr 2002 – die Zahl der Mitarbeitenden verdoppelt. Nun denn, die Schaffung von Arbeitsplätzen kann auch Gesundheit fördern.) F. «In dieser schwierigen Lage entschied sich der Stiftungsrat für eine Lageanalyse.» (siehe A)
G. «Als erste Massnahme wurde das Generalsekretariat verstärkt.» (Kein Witz, es geht immer noch um Gesundheitsförderung.)
H. «Alle strategischen Grundlagendokumente und Reglemente wurden entweder überarbeitet oder neu erstellt.» (siehe A)
■■■
Inzwischen ist die Stiftung moderner geworden, zweifellos, hat so wichtige Kampagnen wie «Gesundes Körpergewicht» lanciert, mit dem Schweizer Fernsehen Doku-Soaps produziert («SF bi de Lüt – ein Dorf nimmt ab») und sich überhaupt mit allen und jedem vernetzt. Und so erzielte die Stiftung einen ihrer grössten Erfolge (Zitat aus dem Editorial des Präsidenten des Stiftungsrats, Jahresbericht 2007): «Nur dank guter Vernetzung ist es der Stiftung gelungen, die Weltkonferenz 2010 der International Union for Health Promotion and Education (IUHPE) in die Schweiz zu holen.» Sapperlot!
■■■
Werner de Schepper, ausgebildeter Theologe, war von 2003 bis 2007 Chefredaktor des «BLICK» und verantwortlich für mehrere üble Kampagnen, unter anderem jene für das Verbot von Kampfhunden (die politischen Folgen tragen wir noch heute). Der unzimperliche Ex-Boulevard-Chef wird neu Kommunikator für die katholische Kirche, geholt von der Bischofskonferenz. Das Engagement läuft unter dem Titel «Professionalisierung der Medienarbeit». Irgendwie logisch: «BLICK war dabei» und «Gott sieht alles» – zwei Konzepte, die sich wunderbar ergänzen.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 6 ■ 2009 221