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P R A X I S O R G A N I S AT I O N
Die Vorteile einer Arztpraxis als juristische Person
unter Berücksichtigung der Änderung des GmbH-, Aktien- und Revisionsrechts
Die Umwandlung einer Einzelpraxis in eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH bringt vor allem steuerliche Vorteile, die sich speziell beim Verkauf der Praxis zeigen. Was grundsätzlich für die Umwandlung in eine juristische Person spricht, was beachtet werden muss und wie vorzugehen ist, das erfahren Sie in diesem Beitrag.
Marc Häusler
Seit mehreren Jahren besteht für Ärzte* die Möglichkeit, ihre Praxis in der Form einer juristischen Person zu führen; davon wird indessen wenig Gebrauch gemacht. Mit Blick auf die zum Teil massiven Steuereinsparungen, welche durch die Überführung in eine juristische Person erzielt werden können, erstaunt dies. Insbesondere seit der Änderung des GmbH-, Aktien- und Revisionsrechts vom 1. Januar 2008 sollten die Berührungsängste gegenüber der Umwandlung in eine juristische Person abgelegt werden können. Der nachfolgende Beitrag soll die Vorteile einer Arztpraxis in der Form einer AG oder GmbH aufzeigen, über die Änderungen der obgenannten Gesetzesrevision informieren und den Vorgang der Umwandlung in eine juristische Person erläutern.
* In diesem Artikel wird zur Verbesserung der Lesbarkeit die männliche Form verwendet.
Vorteile einer Arztpraxis als AG oder GmbH
Steuerliche Aspekte Der Arzt versteuert als Privatperson grundsätzlich den gesamten Reingewinn des Geschäftsjahres als Einkommen und das Eigenkapital der Praxis als Vermögen, was aufgrund der Steuerprogression eine immense Steuerlast zur Folge haben kann. Diese Steuerprogression kann durch die Gründung einer Gesellschaft teilweise gebrochen werden. Der Arzt hat als Eigentümer der Gesellschaft wesentlich mehr Einfluss auf die Höhe seiner Steuerlast und sein Einkommen denn als Einzelunternehmer. So kann er sich als Angestellter seiner Gesellschaft einen (bescheidenen) Lohn auszahlen und bestimmt selber, wie hoch am Ende des Jahres seine Dividende ausfallen soll. In den meisten Fällen wird es sinnvoll sein, mit dem Mindestkapital zu gründen und die Differenz zwischen Eigenkapital und Stamm- oder Aktienkapital als Darlehen des Sacheinlegers gegenüber der Gesellschaft zu verbuchen; der Arzt kann sich dieses Darlehen verzinsen lassen, ohne dass dieses Einkommen der AHV unterliegt. Dasselbe gilt für die Entrichtung einer marktüblichen Miete für allfällige Praxisräume und Parkplätze, welche
in seinem Privateigentum stehen. Mit Blick auf einen Verkauf der Gesellschaft lohnt es sich zudem, einen gewissen Teil des Gewinns in der Gesellschaft zu belassen. Trotz der steuerlichen Doppelbelastung (AHV, Gewinn- und Kapitalsteuer auf Stufe Gesellschaft und Einkommensund Vermögenssteuer auf Stufe Privatperson) wird in den meisten Fällen die Umwandlung in eine juristische Person zu erheblichen Steuereinsparungen führen. Durch die Umsetzung der Unternehmenssteuerreform II im Bundessteuerrecht, welche in Bezug auf vorgenannte Doppelbelastung seit dem 1. Januar 2009 gilt, wird die steuerliche Belastung zusätzlich gesenkt. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Möglichkeit, als Angestellter einfacher ein Guthaben in der zweiten Säule aufzubauen. Diese Einlagen sind zudem vollständig vom Einkommen abziehbar. Der grösste steuerliche Vorteil ist beim Verkauf der Arztpraxis oder bei der Beteiligung von neuen Gesellschaftern im Rahmen einer Praxiserweiterung zu erzielen. Dabei wird einem Nachfolger oder neu eintretenden Arzt nicht die Praxis als solches, sondern es werden ihm (die) Anteile der Gesellschaft verkauft. Der damit erzielte Gewinn wird als steuerfreier Kapitalgewinn behandelt und nicht wie beim Verkauf der Praxis als Liquidationsgewinn bei der Einkommenssteuer erfasst; dies ist insbesondere bei hohen stillen Reserven und einem grossen Goodwill attraktiv. Zu beachten ist, dass die Anteile an der Gesellschaft vor dem Ver-
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tung mit dem privaten Vermögen des Arztes entfällt. Es ist aber anzunehmen, dass insbesondere die Banken, deren Hypotheken oder Betriebskredite auf die Gesellschaft übergehen, vom Arzt eine Solidarbürgschaft verlangen werden.
len im Jahresdurchschnitt hat und nicht ordentlich revidiert werden muss. Für die Mehrheit der Praxen wird die Umwandlung in eine juristische Person aus diesem Grund keine Revisionspflicht zur Folge haben.
kauf mindestens fünf Jahre im privaten Eigentum des Arztes gehalten werden müssen und der Kaufpreis nicht aus der Substanz der Gesellschaft bezahlt wird (indirekte Teilliquidation). Vor Abschluss des Kaufvertrags empfiehlt es sich, mit der kantonalen Steuerverwaltung die steuerfreie Abwicklung der Übertragung der Gesellschaftsanteile verbindlich feststellen zu lassen.
Nachfolgeplanung Insbesondere mit Blick auf die Übergabe einer Arztpraxis — sei es innerhalb der Familie oder an Dritte — ist es in der Regel sinnvoll, eine gewisse Zeit mit dem Nachfolger zusammenzuarbeiten. Bereits in dieser Zeit kann der Nachfolger durch Erwerb von Gesellschaftsanteilen am Gewinn der Gesellschaft partizipieren; zudem können die Parteien vereinbaren, dass der übertragende Arzt nicht ganz aus der Gesellschaft ausscheiden muss, indem er gewisse Gesellschaftsanteile nach seiner Berufsaufgabe behält. Die Nachfolgeregelung kann durch die Umwandlung in eine Gesellschaft sehr flexibel geregelt und auf die konkreten Wünsche und finanziellen Möglichkeiten der Parteien optimal abgestimmt werden.
Haftungsbeschränkung Sämtliche privatrechtlichen Verträge, welche der Arzt vor der Umwandlung als Privatperson für die Praxis abgeschlossen hat, werden auf die Gesellschaft übertragen. Diese haftet danach einzig mit dem Geschäftsvermögen; eine Haf-
Änderung des GmbH-, Aktien- und Revisionsrechts
GmbH- und Aktienrecht Das Stammkapital der GmbH beträgt mindestens 20 000 Franken und kann neu in mehrere Stammanteile mit einem Nennwert von mindestens 100 Franken (früher 1000 Franken) aufgeteilt werden, was vor der Revision nicht möglich war. Die Stammanteile sind heute einfach durch schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien übertragbar (früher musste eine Übertragung zwingend öffentlich beurkundet werden). Eine GmbH kann heute durch eine einzige Person gegründet werden, was eine erhebliche Erleichterung mit sich bringt; dies gilt auch für die Aktiengesellschaft. Die GmbH bringt indessen gegenüber der AG den Vorteil, dass sie besser auf die Person des Arztes ausgerichtet werden kann, indem Konkurrenzverbote, Übertragungsbeschränkungen oder Nebenleistungspflichten in den Statuten festgesetzt werden können. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der neu gegründeten Gesellschaften in der Form der GmbH gegenüber der Aktiengesellschaft allgemein zunehmen und die gesellschaftliche Akzeptanz der GmbH steigen wird.
Revisionsrecht Die neuen Revisionsvorschriften von Art. 727 ff. OR knüpfen bezüglich der Prüfungspflicht nicht wie bis anhin an die Rechtsform an, sondern an die Grösse der Gesellschaft. Neu müssen sowohl AG wie auch GmbH grundsätzlich durch eine Revisionsstelle revidiert werden (ordentlich oder eingeschränkt). Zentral ist, dass eine Gesellschaft mit der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter auf die (eingeschränkte) Revision verzichten kann, wenn sie nicht mehr als zehn Vollzeitstel-
Umwandlungsvorgang
Die Umwandlung einer Arztpraxis in eine juristische Person wird in der Regel durch eine Sacheinlage und Sachübernahme, das heisst durch Einbringung sämtlicher Aktiven und Passiven der Arztpraxis aufgrund eines Jahres- oder Zwischenabschlusses vollzogen. Die Gründung der Gesellschaft bedarf der öffentlichen Beurkundung durch einen Notar. Die Stammanteile oder Aktien werden dabei mit dem Aktivenüberschuss (Eigenkapital) der Praxis liberiert; eine Einlage von Geldmitteln wird damit unnötig. Die Praxis muss für die Umwandlung in eine GmbH über ein Eigenkapital von mindestens 20 000 Franken, für eine AG von mindestens 50 000 Franken verfügen. Es empfiehlt sich, frühzeitig mit einem Spezialisten über die geplante Gründung zu sprechen, damit die Arztpraxis mit der notwendigen Eigenkapitalbasis ausgestattet werden kann.
Fazit
Insbesondere seit der Änderung des GmbH-, Aktien- und Revisionsrechts lohnt sich eine Umwandlung der Praxis in eine GmbH oder AG. Es empfiehlt sich in jedem Fall, die konkreten Einsparungsmöglichkeiten einer Umwandlung durch einen Spezialisten abklären zu lassen. ■
Korrespondenz: lic. iur. Marc Häusler Rechtsanwalt und Notar Häusermann + Partner Schwanengasse 5/7 Postfach 6519 3001 Bern
Lesen Sie dazu auch das Interview auf der nächsten Seite.
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INTERVIEW
«In fünf Jahren werde ich sehen, ob ich klug gehandelt habe»
Interview mit einem Kollegen, der seine Praxis in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hat
Herr Kollege A.G., Sie haben Ihre seit 25 Jahren bestehende Praxis für Allgemeinmedizin in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Können Sie uns erklären, warum? Sicher haben steuerliche Überlegungen eines neuen Treuhänders dazu geführt.
Spielten Überlegungen im Hinblick auf eine allfällige Übergabe Ihrer Praxis an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin eine Rolle? Die AG ist sicher vor allem für die Schlussphase einer Praxis, also die letzten fünf Jahre — so lange muss die AG mindestens bestehen — interessant. Übrigens wäre auch eine GmbH eine Option gewesen. Ob die Aktien später an einen Nachfolger übergehen oder die AG eventuell wieder aufgelöst wird, ist im Moment offen.
Für wann haben Sie Ihre «Pensionierung» geplant? (Da ja bei einem Verkauf mit steuerfreiem Kapitalgewinn die AG mindestens fünf Jahre in Ihrem Besitz gewesen sein muss.) Ich plane, sofern ich gesund bleibe, bis zum 64. oder auch zum 65. Altersjahr, also noch mindestens fünf Jahre, aktiv zu bleiben. In welchem Ausmass, das hängt von heute noch unbekannten Gegebenheiten ab. Vor allem die erfolgreiche Suche nach einem Praxispartner oder einem Nachfolger beziehungsweise einer Nachfolgerin ist da entscheidend.
Warum musste es eine AG sein und nicht eine GmbH? Wie gesagt, eine GmbH wäre ebenso möglich gewesen und hätte wohl den gleichen Effekt gehabt.
Ist eine solche Gründung nicht mit viel Aufwand und Kosten verbunden? Und kostet die AG nicht allein für die Buchführung und Revision mehr als Ihre Einzelpraxis? Der Aufwand für die Gründung hält sich in Grenzen, einiges hat mein Treuhänder — auf einen solchen ist man unbedingt angewiesen — übernommen. Die Kosten hängen stark vom Treuhänder ab. Er hat alles mit den lokalen Steuerbehörden abgeklärt.
Wie geht das mit der Krankenkasse? Ändert sich da irgendetwas? Mussten Sie irgendwelche Vorkehrungen treffen? Bezüglich Abrechnung mit den Krankenkassen gibt es keine Probleme, die ZSRNummer geht an die AG über. Ich bin jetzt Angestellter und Lohnempfänger bei meiner AG.
Eintragung im Amtsblatt
Arzthaus zur Morgensonne, Aktiengesellschaft (Neueintragung). Statutendatum: TT.MM.JJJJ. Zweck: Betrieb eines medizinischen Dienstleistungszentrums. Sie stellt zwecks Optimierung der Qualität und der Kosten der medizinischen Versorgung der Bevölkerung die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung und erbringt Dienstleistungen hinsichtlich Diagnostik unter Einsatz der zweckdienlichen technischen Mittel und Therapien inklusive Medikamentenabgabe und Verwendung angezeigter Behandlungsmethoden sowie Beratung in medizinischen und verwandten Bereichen. Aktienkapital: Fr. 100 000.00. Liberierung Aktienkapital: Fr. 100 000.00. Aktien: 100 Namenaktien zu Fr. 1000.00. Die Mitteilungen an die Aktionäre erfolgen durch Brief oder Mail an die im Aktienbuch verzeichneten Adressen. Vinkulierung: Die Übertragbarkeit der Aktien ist nach Massgabe der Statuten beschränkt. Laut Erklärung des Verwaltungsrates vom TT.MM.JJJJ untersteht die Gesellschaft keiner ordentlichen Revision und verzichtet auf eine eingeschränkte Revision. Eingetragene Personen: Hauser, Dr. Hausi, von Hausen, einziges Mitglied des Verwaltungsrates, mit Einzelunterschrift.
Hat die Umwandlung der Einzelpraxis in eine
AG Auswirkungen auf den Versicherungs-
status (z.B. Haftpflicht)?
Die Berufshaftpflicht bleibt auf meine
Person fixiert. Punkto Altersvorsorge/ BVG
bieten sich keine wesentliche Vorteile —
das hätte man früher regeln müssen.
Grundsätzlich: Erst allmählich beginnt
die Idee der Arztpraxis-AG sich auszu-
breiten – bisher wurde dies von vielen Be-
hörden als nicht möglich eingestuft. Of-
fensichtlich gibt es aber keine wirklich
rechtskräftigen Argumente dagegen, es
war eher ein Gewohnheitsrecht. Nun, in
fünf Jahren werde ich sehen, ob ich klug
gehandelt habe.
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Interview: ARS MEDICI
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