Transkript
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Rosenbergstrasse 115
Der auf dem Bildschirm leicht verkniffen wirkende Dr.Zeltner aus dem BAG hat ein neues Betätigungsfeld entdeckt. Er ortet Handlungsbedarf in Sachen Qualität bei der medizinischen Behandlung. Zum Glück für uns diesmal nicht bei den Praktikern – die Atempause tut gut –, sondern in den Spitälern. Es muss schlimm sein! Das BAG will in Zukunft die Arbeit der Ärzte strikte kontrollieren. Zeltner warnt im «10vor10», vor 20 Jahren sei die Schweiz noch ein Pionierland gewesen in Sachen Qualität. Aber eben, so hat er erkannt: «Unterdessen haben uns viele Länder weit überholt.» Interessantes Statement. Und ein mutiges dazu, denn: Welche Länder das sind, wann das passiert ist, wie er das erkannt hat (es gibt sicher jede Menge Studien, die die vielen unvergleichbaren Gesundheitssysteme nach klar definierten Kriterien miteinander verglichen haben, oder etwa nicht?) und wie weit «weit überholt» ist, all das hat Herr Zeltner leider nicht erwähnt. Ist ja auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass man sich wichtig macht.
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Das BAG will Fehlerquoten erheben, vergleichen und – veröffentlichen, ja sogar Leistungsaufträge entziehen. Mit andern Worten: Der Bund will die Führung übernehmen bei der Qualitätskontrolle. Ja, ja, sie habens gut, die Kollegen in ihren geschützten Bundeswerkstätten. Arbeit gibt’s immer, und wenn nicht, dann schaffen sie einfach welche. Es findet sich immer irgend etwas zu evaluieren oder noch lieber zu kontrollieren – am besten die oder bei den Kollegen.
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Ebenfalls als Angestelltenparadies gilt der Kulturkanal Radio DRS 2, Zitat «das letzte Angestelltenparadies, wo man ohne Herzinfarkt, Leberzirrhose, Mobbing und Leistungsnachweis das Pensionsalter abwar-
ten kann, um sich anschliessend ganz seinem künstlerischen Hobby zu widmen». In den Ressortsitzungen werde, so wird kolportiert, öfter länger um Lohnprozente als ums Programm geredet, und die Überstunden (in andern Medien kein Thema!) würden auf die Viertelstunde genau in Franken oder Ferientage umgerechnet. Wen wunderts? So ist es doch fast überall, wo das Geld, das man verdient, von andern – uns Gebührenzahlern nämlich – mehr oder weniger freiwillig zur Verfügung gestellt wird und jenes, das man ausgibt, nicht erst selber verdient werden muss.
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Genau deshalb ist die Forderung nach vermehrtem Einfluss der Politiker auf die Banken keine wirklich gute Idee. Wer mit fremdem Geld «arbeitet», den stören Verluste noch weniger als die Banker. Mit Verlusten lässt sich nämlich ausgesprochen bequem wirtschaften. Und da der Staat grundsätzlich keine Verluste kreiert (sondern höchstens Bedarf nach Steuer- oder Gebührenerhöhungen), würden PolitikerBanker garantiert keine besseren Leistungen erbringen als die Banker selber.
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Ein erstaunliches Statement von einem alten Linken. Helmut Hubacher in der rechtsbürgerlichen Weltwoche: «Nur das zu lesen, womit man einverstanden ist, wäre langweilig.»
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4,72 Mrd. Franken wurden letztes Jahr auf dem Schweizer Markt mit Medikamenten umgesetzt, rund gut fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor, das seinerseits gegenüber dem Vorvorjahr um gute sechs Prozent zugelegt hatte. Die Preissenkungsrunde vom 1. März 08 allein hat Einsparungen von rund 93 Mio. Franken gebracht.
Am stärksten legten dafür Impfstoffe, AntiRheuma-Medikamente und Lipidregulatoren zu. Überdurchschnittlich wuchsen auch Generika, von denen 10,1 Prozent (im Vorjahr: 6,8 Prozent) mehr umgesetzt wurden.
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Wenn die Pharmaindustrie weniger Profit macht, wem fehlt eigentlich Ende Jahr all das nicht verdiente Geld? Einzig den Managern? Leider nein. So ist das halt mit dem Schräubeln an Schrauben. Das Geld fehlt auch bei den Angestellten der grossen und kleinen Pharma-Buden und – den Medizinischen Fachzeitschriften. Die leiden vor allem, weil Werbung sich von heute auf morgen stoppen lässt, ohne dass sich die Folgen sofort zeigen – die trägt dann erst der Nachfolge-CEO oder -Marketing-Chef. Die Sofort-Folgen bei den Fachpublikationen tragen wir Zeitschriftenmacher, alle, von der Verlagssekretärin bis zum Free-lance-Journalisten, vom Layouter bis zum Chefredaktor. Wenn das kein Grund zum Klagen ist! Dumm nur (für uns): Es interessiert kein Schwein.
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Gelesen: Herr, gib mir Geduld – aber sofort!
Richard Altorfer
ARS MEDICI 3 ■ 2009 93