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Rosenbergstrasse 115
Wer hätte das gedacht? George W. Bush sorgt für Arbeitsplätze in der Türkei. Nachdem die Marke der Schuhe bekannt wurde, mit denen Bush in Bagdad vor laufender Kamera beworfen worden war, kann sich der Istanbuler Schuh-Hersteller vor Bestellungen nicht retten. Statt der üblichen Jahresproduktion von 15 000 Paaren sollte er jetzt innert kürzester Zeit 350 000 Paar ausliefern. Schwierig, schwierig. Aber türkische Schuhproduzenten sind flexibel: Über hundert Arbeiter wurden neu eingestellt, um die grosse Nachfrage zu befriedigen. Wer kann schon von sich behaupten, auf so originelle Weise in so kurzer Zeit 100 neue Arbeitsplätze in der Privatindustrie geschaffen zu haben?
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Er ist Pfarrer und spricht Wahres ebenso wie Heikles. Zum Beispiel: «Das freiheitliche System befindet sich in einer Metamorphose Richtung Despotie. Das ist nicht ohne Weiteres erkennbar. Despoten treten nie mit offenem Herrschaftsanspruch auf, sondern locken mit Bewahrung, Umverteilung und Sicherheit.» Peter Ruch ist reformierter Pfarrer in Küssnacht (SZ). Er muss es wissen: Zu Zeiten Zwinglis hatte Zürich 5000 Einwohner und 214 Geistliche. Auf dem Land gabs 1400 Kirchen, 54 Kapellen, dazu Brüder- und Schwesterhäuser sowie 12 Klöster. Doch diese ungeheure Betreuungsdichte hatte keine paradiesischen Folgen, sondern nützte vornehmlich den Betreuern, die sich Pfründen schufen auf Kosten der arbeitenden Menschen. An die Stelle der Gottesmänner sind heute die Staatsbetreuer getreten. Ruch: «Das irrationale Phänomen der wuchernden Staatsquote hat eine rationale Triebfeder: Es geht um Mandate, Pfründen und
Jobs.» Was auch immer dramatisiert wird (und dramatisiert wird eigentlich alles), es läuft auf mehr Pulte, Sitzungen und Bürokratie hinaus. Ruch: «Nicht mehr das Gottesgnadentum, dafür angeblicher Rettungsbedarf legitimiert die Aushebelung von Individual- und Freiheitsrechten. Die Trümpfe heissen sozial, ökologisch, gerecht, tier- und naturschützend.»
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Übrigens: In Basel-Stadt leben 185 000 Einwohner. Der Kanton allein bietet 20 000 Arbeitsplätze. Die Hälfte der Stimmbürger lebt von der öffentlichen Hand. Die andere Hälfte bezahlts. Bei solchen Relationen dürfte der point of no return längst überschritten sein.
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Eine Studie hat bestätigt, was wir alle ahnten: Nicht nur wir, sondern alle fühlen sich heute jünger, als sie sind. Menschen über 70 fühlen sich im Durchschnitt 13 Jahre jünger, als sie effektiv sind (also etwa 57). Selbst wenn es darum ging, das eigene Erscheinungsbild im Spiegel einem Alter zuzuordnen, sahen sich alte Menschen im Schnitt um sieben bis zehn Jahre jünger. Wobei Frauen durchaus realistischer waren.
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Ein Wettbewerb sollte die besten faulen Ausreden erküren, um sich vor klimapolitisch korrektem Verhalten zu drücken. Es gewann der Spruch «Ich würde sofort
weniger Wasser verbrauchen. Aber dann steigt der Meeresspiegel ja noch schneller an». Eine spezielle Kategorie bildeten Kinder und Jugendliche. Bei ihnen gewann der Spruch «Ich würde ja sofort den Bus benutzen. Aber meine Mutter sagt, ich dürfe nicht in fremde Autos einsteigen».
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Bundesrat Leuenbergers UVEK lässt den Toleranzwert bei Radargeräten von 5 km/h auf 3 km/h senken. Werden Sie nächstes Mal innerorts mit 60 km/h geblitzt, werden Ihnen künftig statt bisher 5 nur noch 3 km/h gutgerechnet. Statt für 55 km/h zahlen Sie eine Busse für 57 km/h. Natürlich trifft diese Massnahme nicht diejenigen, deretwegen man sie eingeführt hat: die Raser. Aber Kollektivstrafen schenken eben mehr ein – und sie sind populär. Es soll den Autofahrern auch nicht anders gehen als den Hundebesitzern. Man erlässt Gesetze gegen 99,95 Prozent der Bevölkerung wegen 0,05 Prozent Idioten.
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Und dies zum Schluss: Es kann passieren, was will: Es gibt immer einen, der es kommen sah.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 1 ■ 2009 7