Transkript
STUDIE REFERIERT
Rauchstopp: Medikamente leisten einen (kleinen) Beitrag
Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien
wöhnung waren selten. Neueren Datums sind vor allem Vergleiche zwischen Bupropion und Vareniclin, die konsistent Vareniclin favorisierten. Nachdem sie diese Daten gepoolt hatten, fanden die Autoren, dass Vareniclin etwa doppelt so hohe Abstinenzraten bringt wie Bupropion. Die Autoren erwähnen auch eine FDAWarnung, die eine Zunahme schwerer neuropsychiatrischer Symptome bei mit
Diese Metaanalyse hat die Wirk-
samkeit von fünf Nikotinersatz-
präparaten sowie zwei zentralner-
vös wirksamen Substanzen bei der
Raucherentwöhnung mit Plazebo
studiert.
CMAJ
Viele plazebokontrollierte Studien haben die Wirksamkeit individueller Pharmakotherapien zur Raucherentwöhnung dokumentiert, direkte Vergleiche fehlen aber weitgehend. Die kanadischen Autoren versuchten mit den Mitteln der Metaanalyse die Behandlungseffekte von 7 zugelassenen pharmakologischen Interventionen zu vergleichen.
Methodik Berücksichtigt wurden bis Januar 2008 publizierte plazebokontrollierte, doppelblinde randomisierte Studien mit folgenden 7 Pharmakotherapien: Vareniclin (Champix®), Bupropion (Zyban®) sowie 5 Darreichungsformen für die Nikotinersatztherapie (Kaugummi, Inhalator, Nasenspray, Tabletten und transdermales System). Für den Studieneinschluss spielte es keine Rolle, ob jeweils daneben weitere Interventionen wie Beratung oder Gruppentherapie erfolgt waren. Wichtiges Einschlusskriterium war hingegen eine biochemisch validierte Verlaufskontrolle.
Resultate Die Autoren fanden 70 Berichte über 69 den Einschlusskriterien entsprechende Studien mit knapp 33 000 Patienten. 16 Studien befassten sich mit Bupropion (6653 Pat.), 22 mit Nikotin-Kaugummi (5200 Pat.), 4 mit Nikotin-Inhalator (976 Pat.), 4 mit Nikotin-Nasenspray (887 Pat.), 30 mit Nikotin-Pflastern (14 459 Pat.), 6 mit Nikotin-Tabletten (2306 Pat.) sowie 13 mit Vareniclin (3395 Pat.). 6 der 7 Pharmakotherapien zur Raucherentwöhnung waren in der Analyse wirksamer als Plazebo (Tabelle). Diese Befunde waren unabhängig von der angewandten Methode zur Abstinenzbestimmung jeweils ähnlich. Einzig für die therapeutische Wirksamkeit des Nikotin-Inhalators ergab sich beim Vergleich mit Plazebo kein schlüssiges Resultat. Zusätzlich wurden noch die Daten von Vareniclin-Studien, die einen Vergleichsarm mit dem älteren Bupropion umfassten, ausgewertet. Hier erwies sich Vareniclin gegenüber Bupropion mit einer Odds Ratio von 2,18 (95%-Konfidenzintervall 1,09–4,08) als überlegen.
Diskussion Schon früher hatten drei Metaanalysen sich mit derselben Frage befasst und hatten jeweils für die verfügbaren Pharmakotherapien eine Überlegenheit gegenüber Plazebo dokumentiert. Eine Metaanalyse hatte auch für Nortriptylin (Nortrilen®) und Bupropion häufigere längerfristige (> 6 Monate) Abstinenzen gefunden. Direkte Vergleiche in randomisierten kontrollierten Studien zur Raucherent-
Merksätze
■ Vareniclin, Bupropion sowie fünf verschiedene Nikotinersatzpräparate (Kaugummi, Tabletten, Nasenspray, Pflaster, Inhalator) waren hinsichtlich der Förderung der Rauchabstinenz nach 6 und 12 Monaten alle wirksamer als Plazebo.
■ Trotz der dokumentierten Wirksamkeit blieben die Abstinenzraten nach 12 Monaten enttäuschend tief, nämlich deutlich unter 30 Prozent.
Vareniclin behandelten Patienten betrifft. Die von ihnen berücksichtigten Studien mit dieser Substanz beinhalten jedoch nur minimale Informationen zur Verträglichkeit und Sicherheit. Ernsthafte neuropsychiatrische Nebenwirkungen (emotionale Labilität/akute Psychose) waren mit zwei Ereignissen sehr selten, was mit den Einschlusskriterien dieser Studien zu tun haben dürfte. Auch
Tabelle: Statistisch signifikante bessere Wirksamkeit als Plazebo
Therapie
Vareniclin Nikotin-Nasenspray Bupropion Nikotin-Pflaster Nikotin-Tabletten Nikotin-Kaugummi
Odds Ratio (95%-Konfidenzintervall)
2,41 (1,91—3,12) 2,37 (1,12—5,13) 2,07 (1,73—2,55) 2,07 (1,69—2,62) 2,06 (1,12—5,13) 1,71 (1,35—2,21)
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STUDIE REFERIERT
für die anderen Pharmakotherapien sind die Daten zur Verträglichkeit alles andere als üppig und konsistent. Dies wird noch kompliziert durch die Interferenz mit Nikotinentzugssymptomen. «Trotz der Wirksamkeit dieser Pharmakotherapien war die Zahl der Patienten, die während des Follow-ups abstinent blieben, tief», klagen die Autoren. Die
meisten der von ihnen gefundenen randomisierten kontrollierten Studien berichteten von einer Punktprävalenz der Abstinenz nach 12 Monaten von deutlich unter 30 Prozent in den Behandlungsgruppen. Noch tiefer lagen die Erfolgsraten, wenn die kontinuierliche Abstinenz gemessen wurde. Dies dokumentiert die Notwendigkeit weiterer For-
schung und neuer Wege zur Förderung
der Raucherabstinenz.
■
Mark J. Eisenberg et al.: Pharmacotherapies for smoking cessation: a meta-analysis of randomized controlled trials. CMAJ 2008; 179(2): 135—144.
Interessenkonflikte: Zwei der Autoren deklarieren Beratertätigkeit und Vortrags- sowie Reisespesen von der Firma Pfizer Canada Inc.
Halid Bas
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