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FORTBILDUNG
Vitamin D und Osteoporose
Welchen Stellenwert hat die Vitamin-D-Supplementation in der Prävention?
Vitamin D stärkt nicht nur die Knochen, sondern kräftigt die Muskulatur und reduziert das Sturzrisiko und damit das Frakturriskio älterer Personen. Da ein Grossteil der älteren Bevölkerung suboptimale Vitamin-D-Spiegel aufweist, ist eine generelle Supplementation sinnvoll. Die Dosierung sollte mindestens 800 IE Vitamin D pro Tag betragen. Personen mit einer kalziumreichen Ernährung (700—800 mg/Tag) können möglicherweise auf eine zusätzliche Kalziumsupplementation verzichten, sofern der 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel optimiert wird. Aufgrund von Frakturstudien und epidemiologischen Daten zur Beinfunktion bei älteren Personen sollte ein Serumwert von mindestens 75 nmol/l für 25-Hydroxyvitamin D angestrebt werden.
Epidemiologie: Stürze und Knochenbrüche Insgesamt stürzen 30 Prozent aller ambulanten und 50 Prozent aller in einem Heim wohnenden 65-jährigen Personen einmal pro Jahr (5). Die Konsequenzen sind schwerwiegend: 40 Prozent aller Altersheimeintritte sind auf einen Sturz zurückzuführen, und 5 bis 6 Prozent aller Stürze führen zu einer Fraktur (5). Eine effektive Frakturprävention bei älteren Personen muss daher auch eine Sturzprävention beinhalten.
Frakturprävention durch Vitamin D Eine 2005 publizierte Metaanalyse für hochqualitative Primärpräventionsstudien (n = 9829) zeigte, dass 700 bis 800 IE Vitamin D pro Tag das relative Risiko für eine Hüftfraktur um 26 Prozent (gepoolte OR = 0,74; 95%-KI: 0,61–0,88) und jegliche nicht vertebrale Fraktur um 23 Prozent (gepoolte OR = 0,77; 95%-KI: 0,68–0,87) reduziert, verglichen zu Kalzium oder Plazebo (6). Hingegen war eine Dosis von nur 400 IE oder ein damit verbundener Anstieg des 25-Hydroxyvitamin D auf nur etwa 60 nmol/l nicht ausreichend für einen Antifraktureffekt durch Vitamin D (6). Der Antifraktureffekt trat in der Metaregression abhängig vom erreichten 25-HydroxyvitaminD-Spiegel bei mindestens 74 nmol/l auf, und dieser Wert wurde nur in Behandlungsstudien mit 700 bis 800 IE Vitamin D erreicht (6). Unter Berücksichtigung dieser Daten wurde daher in einem Konsenus von Vitamin-D-Experten ein zu erreichender Mindestwert von 75 nmol/l für 25-Hydroxyvitamin D zur Frakturprävention bei Männern und Frauen empfohlen (7).
HEIKE A. BISCHOFF-FERRARI
Merksätze
Vitamin D wurde bisher vorwiegend als «Knochenvitamin» gesehen. In dieser klassischen Rolle fördert Vitamin D die Knochengesundheit bei jüngeren und älteren Erwachsenen (1, 2) und verhindert Frakturen bei älteren Personen (2–4). In neueren Studien wird die Rolle von Vitamin D in der Muskelkrafterhaltung und Sturzverminderung betont. Ein solcher Effekt ist von grossem klinischem Interesse, weil Vitamin D dadurch ein einmaliges Wirkungsprinzip vorgibt, nämlich die kombinierte Verminderung von Stürzen und Frakturen (Abbildung). Zudem ist Vitamin D (Cholecalciferol) kostengünstig und sehr gut verträglich, sodass eine generelle Empfehlung sinnvoll erscheint und möglich wird.
■ Für die tägliche Praxis sind reine Vitamin-D-Supplemente interessant, die mit einer kalzium- und proteinreichen Ernährung kombiniert werden können.
■ Die Sonne ist keine verlässliche Vitamin-D-Quelle.
■ Eine generelle Vitamin-D-Supplementierung bei älteren Personen ab 60 Jahren von mindestens 800 IE Vitamin D pro Tag ganzjährig ist sinnvoll, im Winter sind 1000 bis 1500 IE pro Tag empfehlenswert.
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FORTBILDUNG
Vitamin D
↑ Muskelkraft ↑ Gleichgewicht ↑ Beinfunktion
↓ Sturzrisiko mehr als -20% number needed to treat: 15
↑ Knochendichte
↓ Frakturrisiko -25% number needed to treat: nicht vertebrale Frakturen: 27 Hüftfrakturen: 45
Abbildung: Primärprävention von nicht vertebralen Frakturen mit Vitamin D: zweifache Effektivität bezüglich Sturz- und Frakturrisiko (6, 29)
Epidemiologische Daten zeigen, dass die Knochendichte an der Hüfte bei jüngeren und älteren Personen (1) mit höheren 25-Hydroxyvitamin-D-Serumspiegeln steigt und eine optimale Knochendichte zwischen 75 und 100 nmol/l erreicht wird.
Zusammenhang zwischen Vitamin D und Muskelkraft Verschiedene Querschnittsstudien weisen auf einen positiven Zusammenhang zwischen Vitamin D und der Muskelkraft (8) sowie der Beinfunktion (9, 10) hin. In 2 Studien in der Allgemeinbevölkerung in den USA (10, 11) und den Niederlanden (12) zeigte sich eine kontinuierliche Verbesserung der Beinfunktion bei älteren Personen mit höheren 25-HydroxyvitaminD-Serumspiegeln: Eine deutlich bessere Funktion wurde ab 50 nmol/l erreicht, wobei optimale Werte mit 75 bis 100 nmol/l erreicht wurden. In der niederländischen Studie (LASA) zeigte sich zudem in der sechsjährigen Follow-up-Phase, dass ältere Personen mit adäquaten 25-Hydroxyvitamin-D-Ausgangswerten (75 nmol/l +) ein 3,5-fach vermindertes Risiko hatten, ins Pflegeheim einzutreten zu müssen (p = 0,002) (13). Zwei randomisierte Doppelblindstudien bestätigen die beschriebenen Querschnittsresultate und weisen auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Muskelkraft beziehungsweise der Gleichgewichtsfähigkeit hin. Bei ambulanten älteren Frauen in Deutschland führte eine zweimonatige Therapie mit Vitamin D (800 IE) plus Kalzium (1200 mg/ Tag) zu einer signifikanten, 9-prozentigen Verbesserung des Gleichgewichts im Stehen (14). In einer randomisierten Doppelblindstudie bei älteren Frauen in der Langzeitpflege in Basel zeigte die gleiche Intervention über drei Monate eine um 4 bis 11 Prozent verbesserte Funktion (Griffkraft, Knieextensionskraft, Knieflexionskraft und Timed-Up&Go-Test; p = 0,009) (15). Zudem zeigte sich eine 49-prozentige Reduktion des Sturzrisikos (95%-KI: 14–71%; p < 0,01), wobei das 25-Hydroxyvitamin D in der Vitamin-D-Gruppe von 41 nmol/l auf 65 nmol/l anstieg.
Wie beeinflusst Vitamin D die Muskelkraft? In einer Studie aus Basel wurde die In-situ-Expression des Vitamin-D-Rezeptors (VDR) im humanen Skelettmuskel nicht nur nachgewiesen (16), sondern auch gezeigt, dass die Anzahl der VDR-positiven Zellkerne mit zunehmendem Altern abnimmt (17). Letztere Beobachtung könnte einen Teil der altersassoziierten Sarkopenie erklären. Hinsichtlich des zugrunde liegenden Wirkungsmechanismus wird angenommen, dass Vitamin D neben einer rezeptorunabhängigen Begünstigung des Kalziumeinstroms in die Muskelfaser eine Förderung der Proteinsynthese durch eine direkte Bindung an den spezifischen intrazellulären Rezeptor bewirkt (18). Letzteres wird durch eine Studie von Sørensen bekräftigt, welche unter einer Therapie mit 1-α-Hydroxyvitamin D über drei Monate eine relative Zunahme der Anzahl und des Durchmessers der schnellen Muskelfasern vom Typ II bei älteren Frauen mit einer diagnostizierten Osteoporose feststellte (19). Eine grundsätzlich wichtige Rolle des VDR in der Muskelentwicklung lässt sich zudem aus Erkenntnissen von Mäusen mit fehlendem VDR schliessen (20). Dort zeigt sich, dass Mäuse ohne VDR kleinere und in ihrer Grösse variable Muskelfasern haben.
Antisturzeffekt von Vitamin D Der oben beschriebene Antifraktureffekt von Vitamin D wurde primär der unter Vitamin D massiv erhöhten Knochendichte zugeschrieben (2, 21–24). Eine alternative oder zusätzliche Erklärung könnte sein, dass Vitamin D die Muskelkraft stärkt und Frakturen durch eine Reduktion der Sturzrate vermindert (15, 18, 19, 25–27). Diese Hypothese ist einleuchtend, da eine proximale Muskelschwäche ein klassisches klinisches Zeichen des Vitamin-D-Mangels und unter Vitamin-D-Therapie reversibel ist (18, 28). In einer Metaanalyse (29) auf der Basis von 5 randomisierten Doppelblindstudien (n = 1237) reduzierte Vitamin D das Sturzrisiko einer älteren Person um 22 Prozent (gepoolte und korrigierte OR = 0,78; 95%-KI: 0,64–0,92) im Vergleich zu Plazebo oder Kalzium (14, 15, 30–32). Die «number needed to treat» (NNT) betrug 15 (95%-KI: 8–53), was bedeutet, dass 15 Personen therapiert werden müssten, um eine Person vor einem Sturz zu bewahren. Die Subgruppenanalyse ergab, dass die Dosierung von Vitamin D (Cholecalciferol) wichtig ist. In einer Studie mit nur 400 IE Vitamin D kam es zu keiner Sturzreduktion (32), während in 2 Studien, die 800 IE Vitamin D plus Kalzium (1200 mg/Tag) testeten, eine Verminderung des Sturzrisikos um 35 Prozent auftrat (14, 15) (OR = 0,65; 95%KI: 0,40–1,00). Seither wurde in einer neuen Studie auch längerfristig über drei Jahre eine 46-prozentige Reduktion des Sturzrisikos dokumentiert (OR = 0,54; 95%-KI: 0,30–0,97), mit bis zu 65-prozentiger Reduktion bei den weniger aktiven älteren Frauen (OR = 0,35; 95%-KI: 0,15– 0,81) (33). Die mittleren Serumspiegel für 25-Hydroxyvitamin D stiegen von 67 nmol/l auf 107 nmol/l an. Die Wichtigkeit der hohen Dosierung des Vitamin D hinsichtlich Sturzrisikoreduktion wurde in einer verblindeten und randomisierten Studie bei Pflegeheimbewohnern über fünf
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Monate untersucht (34). Eine signifikante Sturzreduktion um 72 Prozent (RR = 0,28; 95%-KI: 0,11–0,75) zeigte sich im Vergleich zu Plazebo nur in der Gruppe mit täglich 800 IE Vitamin D, während 200 IE, 400 IE und 600 IE zu keiner Sturzreduktion beitrugen (34).
Wie wichtig ist die Kombination mit Kalzium? Eine 2007 publizierte Metaanalyse von Boonen et al., die auch die neuesten Vitamin-D-Studien aus England und den USA berücksichtigt (WHI [35], Record [36], Porthouse [37, 38]), zeigte eine signifikante Reduktion von Hüftfrakturen für die Kombination Vitamin D plus Kalzium (n = 45 509; RR = 0,82; 95%-KI: 0,71–0,94). In den verschiedenen eingeschlossenen Studien wurden 500 bis 1200 mg Kalzium gegeben. Die neueste, in der Zeitschrift «The Lancet» publizierte Metaanalyse von Tang et al. kommt zu dem Schluss, dass Kalzium alleine oder mit Vitamin D das Risiko für jegliche Fraktur um 12 Prozent senkt (n = 52 625; RR = 0,88; 95%-KI: 0,83–0,95) (39). Beide Metaanalysen haben keinen Schwerpunkt auf hochqualitative Studien gelegt, das heisst, nicht verblindete Studien wurden mit eingeschlossen. Dies ist möglicherweise der Grund für den fehlenden Kontrast hinsichtlich der VitaminD-Dosierung, wie er in der Metaanalyse im Jahr 2005 gefunden wurde (6). Zudem zeigt eine weitere Metaanalyse, die sich zurzeit im Druck befindet, dass Kalzium alleine einen neutralen Effekt auf nicht vertebrale Frakturen hat (40), ein Resultat, welches mit der in «The Lancet» publizierten Metaanalyse nicht vereinbar ist (39).
Vitamin D ist der wichtigere Faktor bei der Kombination mit Kalzium Es gibt nur wenige Daten über die optimale Kombination von Vitamin D und Kalzium. Allerdings weisen neuere Daten auf Vitamin D als den wichtigeren Partner hin. Die relative Wichtigkeit von Vitamin D und Kalzium wurde in einer Studie von Steingrimsdottir hinsichtlich der Parathormonsuppression gezeigt: Bei älteren Personen mit 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegeln über 25 nmol/l spielte die Höhe der Kalziumzufuhr über 800 mg am Tag keine Rolle mehr. Nur bei Personen mit einem schweren Vitamin-D-Mangel unter 25 nmol/l erbrachte eine höhere Kalziumzufuhr eine weitere Parathormonabnahme (41). Tatsächlich kann Vitamin D die Kalziumabsorption bis zu 65 Prozent steigern (42), was möglicherweise den kalziumsparenden Effekt von Vitamin D erklärt. Basierend auf einer grossen britischen Frakturstudie mit umgerechnet 820 IE Vitamin D pro Tag (100 000 IE 4-monatlich) könnte die Kalziumgrundversorgung in Kombination mit Vitamin D mit etwa 740 mg pro Tag erreicht sein. Die Studie zeigte eine signifkante 33-prozentige Frakturreduktion bei ambulanten älteren Personen ohne zusätzliches Kalziumsupplement (4). Die 25-Hydroxyvitamin-D-Serumspiegel stiegen in dieser Studie auf 74 nmol/l an. Kalzium aus natürlichen Nahrungsmittelquellen wie Milch oder Käse wird nicht nur besser absorbiert als Supplemente, die Milchprodukte bieten zusätzlich noch Protein. Letzteres ist
Tabelle 1: Risikofaktoren für den weitverbreiteten Vitamin-D-Mangel
Vitamin-D-Produktion in der Haut
■ Alter: Ältere Personen produzieren 4-mal weniger hauteigenes Vitamin D.
■ Hautpigmentierung: Höherer Melaningehalt in der Haut schützt vor der Sonne und führt zu einer verminderten hauteigenen Vitamin-DProduktion.
■ Sonnenschutzcreme ist wichtig, aber ab Faktor 8 produziert die Haut praktisch kein Vitamin D mehr.
■ Keine Sonne: Winter in Europa, stationärer oder Heimaufenthalt, Kleidung.
Vitamin D über Ernährung
■ Vitamin-D-Quellen in der Ernährung sind rar: fetter Fisch ist einzige signifikante Quelle (Wildlachs pro Portion = 400 IE; Zuchtlachs pro Portion = 240 IE).
■ Malabsorption: z.B. Morbus Crohn.
■ Adipositas: Übergewichtige Menschen haben ein grösseres Verteilungsvolumen und daher weniger verfügbares 25-Hydroxyvitamin D.
■ Kein Nahrungsmittelzusatz mit Vitamin D in Zentral -und Südeuropa.
Tabelle 2: Vitamin-D-Dosierung und Effekt auf den 25-Hydroxyvitamin-D-Serumspiegel
Dosierung Vitamin D Anstieg 25-Hydroxy- mittlerer Zielwert
(Cholecalciferol)
vitamin D im Serum 25-Hydroxyvitamin D
400 IE/Tag 800 IE/Tag
10—40 nmol/l 20—60 nmol/l
60 nmol/l 65—100 nmol/l
Der Zielwert hängt grundsätzlich vom Ausgangswert ab (56). Bei sehr niedrigen Ausgangswerten müssen höhere Dosierungen gegeben werden, um adäquate Spiegel zu erreichen. Welche Dosierung nicht nur den Mittelwert, sondern alle älteren Personen auf 75 nmol/l bringt, ist bisher nicht untersucht.
wichtig, da ältere Personen oft an einer verminderten Proteinzufuhr leiden. Das vom Protein stammende Phosphat ist essenziell für die Knochengesundheit, da in den Knochen ein Kalzium-Phosphat-Produkt eingebaut wird (43–45). Für die tägliche Praxis sind daher reine Vitamin-D-Supplemente interessant, die dann mit einer kalzium- und proteinreichen Ernährung kombiniert werden können.
Standortbestimmung Vitamin-D-Status Adäquate Vitamin-D-Spiegel von mindestens 75 nmol/l werden nur von etwa 30 Prozent der gesunden älteren Bevölkerung in den USA (1) und von weniger als 20 Prozent der älteren Personen
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in Europa erreicht. In einer neuen Untersuchung bei 222 Hüftfrakturpatienten in Zürich zeigte sich bei 60 Prozent ein schwerster Vitamin-D-Mangel (25-Hydroxyvitamin D < 30 nmol/l), und weniger als 5 Prozent erreichten 75 nmol/l (46). Bei Eintritt in das Akutspital waren nur 6 Prozent mit 800 IE Vitamin D supplementiert (46), was eine unzureichende Praxis der Osteoporosepräventionsrichtlinien widerspiegelt (47). Konsistent zeigte sich in einer weltweiten Untersuchung, dass selbst bei postmenopausalen Frauen mit einer Osteoporose nur 36 Prozent adäquate 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel erreichen. Für die tägliche Praxis ist wichtig, dass die Einnahme konsequent erfolgen muss (48). Neuere Studien zeigen, dass eine 50-prozentige Therapietreue mit täglich 800 IE Vitamin D nicht ausreichend für eine Frakturreduktion ist (36, 37).
Risikofaktoren für Vitamin-D-Mangel Personen, die sich viel in der Sonne aufhalten (z.B. Bademeister oder Landwirte), erreichen natürlicherseits bis 200 nmol/l. Ein Sonnenbad an einem südlichen Strand ergibt 10 000 bis 14 000 Einheiten hauteigen produziertes Vitamin D (49, 50). Eine Hyperkalzämie wird erst ab 25-Hydroxyvitamin-D-Serumspiegeln von über 220 nmol/l erwartet (50). Mit dem Alter nimmt die Kapazität zur Vitamin-D-Synthese etwa um das Vierfache ab (51, 52) (Tabelle 1). Ausserdem trägt eine vermehrte Hautpigmentierung zu einer verminderten hauteigenen Vitamin-D-Produktion bei (51). In Zentral- und Südeuropa wird zudem bei jüngeren und älteren Personen in
den Wintermonaten praktisch kein hauteigenes Vitamin D produziert (51). Tatsächlich ist daher die Sonne keine verlässliche Vitamin-D-Quelle und nicht ohne Risiko (Hautalterung und Melanomrisiko). Daher ist eine generelle Vitamin-D-Supplementierung bei älteren Personen ab 60 Jahren von mindestens 800 IE Vitamin D pro Tag ganzjährig sinnvoll, im Winter sind 1000 bis 1500 IE pro Tag empfehlenswert. Ideal ist eine Messung des 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegels im Serum sechs bis acht Wochen nach Therapiebeginn, um den Zielwert von 75 nmol/l sicher zu erreichen. In Tabelle 2 sind die Vitamin-DDosierung und der zu erwartende 25-Hydroxyvitamin-D-SpiegelAnstieg auf der Datenbasis verschiedener Studien aufgelistet. Personen mit einem schweren Vitamin-D-Mangel brauchen mehr Vitamin D (53). Personen mit einem Ausgangswert zwischen 20 und 40 nmol/l benötigten in einer Studie 2200 IE, um 80 nmol/l zu erreichen und beizubehalten (54, 55). ■
Prof. Dr. Heike A. Bischoff-Ferrari, MPH Abteilung Rheumatologie und Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Universitätsspital Zürich Gloriastrasse 25, 8091 Zürich E-Mail: Heike.Bischoff@usz.ch
Interessenkonflikte: keine
Literatur auf Anfrage beim Verlag.
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