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Rosenbergstrasse 115
Sport soll ja gesund sein. Wenns nach Bernhard Russi ginge, sollte an den Schulen dreimal mehr Zeit für Sport reserviert werden als heute. Warum nicht? Schliesslich kann man mit Volleyball, Tennis und Mountainbike, ja sogar mit BMX und Softball, mehr verdienen als mit gewöhnlichem Arbeiten. Und so könnten unsere Kinder, dumm zwar, aber dafür schneller als andere nach PISA rennen.
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Werner Kieser, der Guru der Fitnessstudios, meint: «Jogging ist eine Zumutung für Kreuz, Knie und Füsse. Wir sind keine Lauftiere, sonst hätten wir Hufe. Wir sind eine Affenart. Da liegen höchstens kurze Sprints drin, wenn der Säbelzahntiger hinter uns her ist.»
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Die Olympischen Spiele sind vorbei. Kaum Demonstrationen, perfekte Organisation, freundliche Menschen, erstaunlich saubere Luft, und die Erkenntnis, dass es in der Karibik eine Insel gibt – Jamaika –, auf der die Buben und Mädchen offenbar natürlicherweise mit schnelleren Beinen auf die Welt kommen. Vielleicht liegts aber ja auch nicht an den karibischen Genen, sondern am jamaikanischen Nationalgericht «Ackee (eine Baumfrucht) and Saltfish» oder am dort beliebten Beerpunch (Mix aus Guinness-Bier und süsser Milch), dass die Einheimischen so schnell laufen. Könnte ja sein, dass der Jamaika-Food natürlicherweise Anabolika oder ein Biowachstumshormon enthält.
Betreuer der jamaikanischen Sprinter zufällig der gleiche Herr ist, der die Dopinganalysen durchführt, muss nichts zu bedeuten haben. Muss nicht. Und dass Herr Conte, der Guru der amerikanischen Doper, der für zahlreiche Olympiasiege und Weltrekorde der letzten rund zehn Jahre verantwortlich ist, behauptet, der Export von Anabolika und Wachstumshormonen in die Karibik sei vergangenes Jahr sprunghaft gestiegen, ebenfalls nicht.
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Andererseits: Seit 1960 im Zürcher Letzigrund Armin Hary die 100 Meter als erster Mensch in 10,0 Sekunden (handgestoppt damals) absprintete, sind fast 50 Jahre vergangen. Und ein halbes Jahrhundert und zwei Generationen später sprechen wir von Fabelweltrekorden, nur weil einer ein bisschen schneller rennt? Lächerliche 31 Hundertstelsekunden weniger als Armin Hary benötigte Usain Bolt in Beijing. Und für einen Fortschritt von weniger als einer Hundertstelsekunde pro Jahr soll Doping nötig sein? Wo doch angeblich der sündhaft teure Belag der Bahnen und die immer raffinierter ausgestatteten Schuhe allein bereits zehntelweise Verbesserung bringen sollen.
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Der Sportmediziner Richard Rost, bekannt geworden mit der Erkenntnis «Sportler leben nicht länger, sie sterben aber gesünder», wurde gerade mal 54 Jahre alt.
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des Joggens, nur 52 Jahre alt wurde und – kein Witz – beim Joggen starb?
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Dass Doping auch beim Pferdesport nicht haltmacht – wen wunderts? Die OlympiaPferde einiger Spitzenreiter wurden mit Capsaicin behandelt, extern angeblich, wegen Ischias. Gut, kann ja sein, dass die vier ertappten Reiter die capsaicinhaltige Salbe bloss aus medizinischer Indikation gepaart mit Dummheit anwendeten und nicht, um die Beine der Tiere überempfindlich aufs Berühren der obersten Stangen zu machen. Hat man die Pferde im Sinne eines Informed Consent gefragt, ob sie damit einverstanden sind? Kaum. (Oder vielleicht doch, und keines hat «Nein» gesagt?) Fazit: Schluss mit Sport, an dem Tiere unfreiwillig beteiligt sind.
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Am Ende aber noch eine Erkenntnis, die mit Sport wenig zu tun hat: Längst haben wir den Punkt überschritten, da neue Regelungen mehr Gerechtigkeit bringen. Und so wünschte man sich, die Politiker erinnerten sich an den Rat von (CharlesLouis de Secondat, Baron de La Brède et de) Montesquieu: «Wenn es nicht unbedingt nötig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es nötig, kein Gesetz zu erlassen.»
Richard Altorfer
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Dass Jamaika keine unabhängige Dopingkontrollstelle besitzt und der sportärztliche
Noch mehr Wissen gefällig? Bitte. Wussten Sie etwa, dass der schnellste über Hundertjährige die 100 m in 30,86 Sekunden gelaufen ist? James Fixx, der Erfinder
ARS MEDICI 17 ■ 2008 733