Transkript
FORTBILDUNG
Montezuma rächt sich weiter
Strategien gegen die Reisediarrhö
Bei der Versorgung von Patienten nach Auslands-
aufenthalt ist akute Diarrhö das häufigste Symptom.
Weltweit stehen bakterielle Infektionen als Ursache
akuter Durchfälle an erster Stelle, weit überwiegend
durch enterotoxigene Escherichia coli (ETEC). Da
die akute Reisediarrhö im Verlauf häufig selbstlimi-
tierend ist, können diagnostische und therapeutische
Massnahmen in der Mehrzahl der Fälle auf ein ver-
nünftiges Mindestmass beschränkt werden.
TOMAS JELINEK
Diarrhö ist auch das häufigste Leitsymptom importierter Infektionskrankheiten bei Tropenrückkehrern. Hierbei handelt es sich meist um sogenannte Reisediarrhöen mit unkompliziertem und selbstlimitierendem Verlauf. Meist beginnt die Symptomatik wenige Tage nach der Einreise in das Zielgebiet und wird durch das unterschiedliche gastrointestinale Keimspektrum verursacht. Die überwiegende Mehrzahl der Episoden ist selbstlimitierend und heilt im Mittel nach drei bis vier Tagen ohne Komplikationen wieder ab.
Harmlos, aber lästig Während der akuten Krankheitsphase kommt es jedoch bei 40 Prozent der Reisenden zu teilweise erheblichen Beeinträchtigungen der geplanten und häufig genug teuer bezahlten Aktivitäten. So müssen Studienreisen unterbrochen, Tauchgänge abgesagt oder Safaris verlegt werden. Dies kann bei dem sehr knappen Zeitkonto der meisten Reisenden zu erheblichen Beeinträchtigungen im Urlaubserleben führen. Insofern ist der beratende Arzt gefordert, dem Reisenden Konzepte zum Akutmanagement und zur Vermeidung der Reisediarrhö mitzugeben.
Hygienestandard entscheidend Fasst man die Daten aus den publizierten Studien zusammen, kann die Welt grob in drei Risikozonen eingeteilt werden (Abbildung) (1). Wesentlich sind die hygienischen Standards des Ziellandes bei der Nahrungsmittelzubereitung. Diese können erheblichen Veränderungen unterworfen sein. So hat zum Beispiel die Inzidenz der Reisediarrhö bei Brasilientouristen in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich abgenommen, was am ehesten auf verbesserte Hygienestandards in der Tourismusindustrie zurückzuführen ist. Reisende aus Industrienationen weisen eine weit höhere Rate von Durchfallepisoden auf als solche aus Entwicklungsländern (21).
Briten trifft es härter Ein interessantes Detail bleibt die Beobachtung, dass Reisende aus Grossbritannien weltweit signifikant mehr Durchfallepisoden entwickeln als andere Europäer oder als Nordamerikaner (3). Die Gründe hierfür sind unklar. Der Verdacht, dass Abenteuer- und Rucksackreisende einem höheren Durchfallrisiko ausgesetzt sind, drängt sich intuitiv auf. Allein die ständig wechselnden, oft hygienisch nicht einwandfreien Nahrungsmittelquellen scheinen einen weit höheren Erregerkontakt zu
Merksätze
■ Die Mehrzahl der Reisediarrhö-Episoden ist selbstlimitierend und heilt im Mittel nach drei bis vier Tagen komplikationslos wieder ab.
■ In vielen Ländern treten während der Monsunzeit zusätzliche Hygieneprobleme durch überlastete Abwassersysteme auf.
■ Das Erzwingen einer ätiologischen Abklärung ist bei der unkomplizierten Reisediarrhö des Erwachsenen ohne Grunderkrankungen weder nutzen- noch kosteneffektiv.
■ Milchprodukte sollten während der akuten Diarrhö weitgehend vermieden werden, da vor allem virale und bakterielle Infektionen einen passageren Laktasemangel hervorrufen.
■ Wird die regelmässige prophylaktische Einnahme vom Reisenden akzeptiert, kann mit Probiotika ein messbarer Schutz erreicht werden.
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verschiedenen Studien in 3 bis 15 Prozent be-
obachtet (4). Bei Erkrankungsbeginn bereits
während des Auslandsaufenthalts oder inner-
halb weniger Tage nach Rückkehr liegt in der
Mehrzahl der Fälle eine bakterielle Infektion
vor. Viral bedingte Enteritiden haben ebenfalls
eine kurze Inkubationszeit. Bei Erkrankungen,
die sich später als acht bis zehn Tage nach Rück-
kehr manifestieren, sowie bei anhaltenden oder
rezidivierenden Durchfällen ist vor allem an pa-
rasitäre Infektionen (Giardia lamblia, En-
tamoeba histolytica, seltener Cyclospora caye-
tanensis oder Kryptosporidien) zu denken, die
sich auch erst nach längerem Intervall klinisch
bemerkbar machen können (6).
Durchfallfrequenz, Stuhlbeschaffenheit sowie
zusätzliche Symptome und Befunde geben
wichtige Hinweise auf die Ätiologie, erlauben
Abbildung: Häufigkeit der Diarrhö bei Reisenden aus Industrienationen – Inzidenzraten bei zweiwöchigem Aufenthalt (modifiziert nach Steffen 2005)
jedoch keine spezifische Diagnose (Tabelle 2). Stets muss daran gedacht werden, dass Durch-
fälle und andere gastrointestinale Beschwerden
garantieren. Pauschaltouristen haben an denselben Standorten auch im Rahmen systemischer Infektionen auftreten können.
eine sehr hohe Variabilität der Durchfallinzidenz demonstriert, So berichten bis zu 20 Prozent der Patienten mit Malaria tropica
die durch die erheblichen Unterschiede in den Hygiene- über Durchfälle und andere gastrointestinale Symptome (5).
standards einzelner Hotels bedingt war (3). Das Essen ausser-
halb des Hotels scheint bei Pauschalurlaubern keinen wesent- Keine spezifische Diagnostik bei unkomplizierter
lichen Einfluss auf die Durchfallhäufigkeit zu haben (3). Eine Diarrhö
besondere Rolle spielen Ausbrüche von Durchfallerkrankun- Bei der unkomplizierten Reisediarrhö des Erwachsenen ohne
gen auf Kreuzfahrtschiffen, die erheblichen Umfang anneh- Grunderkrankungen ist eine unspezifische symptomatische
men können. Vor allem bei Beteiligung von Noro- oder Rota- Therapie ohne gezielte Diagnostik ausreichend. Das Erzwin-
viren als verursachende Pathogene kann es hier aufgrund der gen einer ätiologischen Abklärung ist hier weder nutzen- noch
besonderen Platzverhältnisse auch zur aerogenen Übertragung kosteneffektiv. Untersuchungen sollten nur angefordert wer-
kommen.
den, wenn ihr Ergebnis wesentlich die Therapie beeinflussen
kann, wie zum Beispiel bei immunsupprimierten Patienten.
Monsun lockt Infektionen
Warnhinweise, die auf einen komplizierten Verlauf hinweisen,
Neben Reiseart und -ziel spielt auch die Reisesaison bei tro- sind profuse Diarrhö und/oder massives Erbrechen, Blutbei-
pischen Destinationen eine erhebliche Rolle. In vielen Ländern mengungen im Stuhl oder blutig-schleimige Durchfälle (Ruhr),
treten während der Monsunzeit zusätzliche Hygieneprobleme hohes und/oder anhaltendes Fieber oder ausgeprägte Allge-
durch überlastete Abwassersysteme auf.
meinsymptome. Hier ist eine gründliche mikrobiologische Auf-
In Bezug auf Wirtsfaktoren wurde wiederholt demonstriert, arbeitung des Stuhles inklusive Parasitensuche und gegebe-
dass alle Faktoren, die zur Erniedrigung des Magen-pH führen, nenfalls auch eine initiale Chemotherapie erforderlich. Das gilt
wie zum Beispiel Gastrektomie, lang dauernde Säureblockade auch für chronische beziehungsweise chronisch rezidivie-
mit Protonenpumpenhemmern (PPI) oder Störungen der gast- rende Durchfälle und Durchfälle bei Immunsupprimierten.
rointestinalen Motilität, eine Erhöhung der Durchfallinzidenz
zur Folge haben. Die Inzidenz der Reisediarrhö nimmt mit hö- Symptomatische Massnahmen
herem Lebensalter ab (1, 3). Dies mag mit einer erworbenen Die wichtigsten therapeutischen Massnahmen beim unkom-
Immunität oder mit risikobehafteteren Essgewohnheiten bei plizierten Reisedurchfall sind symptomatisch. Hier stehen vor
jungen Reisenden zusammenhängen.
allem Symptomlinderung sowie Flüssigkeits- und Elektrolyter-
satz im Vordergrund. Oft erfolgt dies durch orale Rehydrata-
Erreger der Reisediarrhö
tionslösungen, die Glukose und Elektrolyten enthalten. Bei
Ursächlich liegt der Reisediarrhö am häufigsten eine Infektion sonst gesunden Patienten ohne wesentliche Zeichen einer De-
mit enterotoxinbildenden Escherichia coli (ETEC) zugrunde. hydratation kann eine adäquate Flüssigkeits- und Elektrolyt-
Daneben kommt jedoch eine Vielzahl anderer Erreger infrage balance ohne Weiteres mit Limonaden, Suppe und Salzstangen
(Tabelle 1). Schwerere Verläufe mit behandlungsbedürftigen erreicht werden. Bei Patienten mit drohender Dehydrierung be-
Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten und/oder Ruhr wurden in ziehungsweise zugrunde liegenden Begleiterkrankungen ist
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Tabelle 1: Häufigkeit von Enteropathogenen bei
eine gezielte intravenöse oder orale Rehydrierung indiziert. Hierbei ist die orale Therapie mit Rehydratationslösungen
Reisedurchfall in verschiedenen Destinationen
(ORS) bei wesentlich geringerem Aufwand und Preis häufig
(3). Beachtenswert ist der hohe Anteil an Proben mit fehlendem Erregernachweis
ebenso effektiv, wie es intravenöse Massnahmen sind. Diätetische Massnahmen sind ein weiterer Aspekt beim Management der akuten Diarrhö. Milchprodukte sollten weit-
Pathogen
ETEC Shigella
Goa (n = 293)
24,3 9,6
Kenya (n = 379)
33,3 9,2
Jamaica (n = 322)
11,9 0,3
gehend vermieden werden, da vor allem virale und bakterielle Infektionen einen passageren Laktasemangel hervorrufen, der über die unverdaute Laktose zu weiteren Durchfällen, Blähungen und voluminösen, schaumigen Stühlen führen kann. Ebenso sollten Koffein und Alkohol vermieden werden, die
Salmonella
10,2 2,6 7,8 beide Frequenz und Volumen des Stuhlganges erhöhen. Null-
Campylobacter jejuni 2,7 4,5 5,0 diät ist unnötig und sollte vermieden werden. Stattdessen sind
Aeromonas sp. Plesiomonas sp.
3,4 2,4 6,8 1,8
– kurzkettige Kohlenhydrate, zum Beispiel enthalten in Kartoffeln, Nudeln, Reis, Bananen oder Suppen, zu empfehlen.
Vibrio sp. Giardia lamblia Entamoeba histolytica Cryptosporidia Cyclospora cayetanensis Rotavirus
5,5 4,4 2,0 1,7 0,7 5,1
4,0 – Medikamentöse Therapieoptionen
– 0,6 Sehr schnell symptomatisch wirksam sind Peristaltikhemmer.
– 0,6 Hier ist Loperamid der bekannteste Wirkstoff. Dieses Medika– 0,3 ment sollte jedoch von Laien nicht kritiklos und vor allem nicht – – zu lange eingesetzt werden, da es sonst zu Komplikationen bis
5,6 9,2 hin zum toxischen Megakolon kommen kann. Bei Infektionen
Enteric Adenovirus
1,7 3,4 3,5 durch invasive Erreger mit Blutabgang oder Fieber ist die Sub-
Norwalkvirus Andere Kein Erregernachweis
1,7 1,7 44,2
– 1,3 stanz kontraindiziert, da die Lähmung der Darmmotilität zu
0,3 – einer längeren Verweildauer der Erreger im Intestinaltrakt führt. 49,7 68,13 In der Gruppe der Adsorbenzien liegen für Wismut-Subsalicy-
lat die meisten Daten vor. In vielen Studien konnte eine relativ
rasche Reduktion der Diarrhöfrequenz gezeigt werden. Die
Substanz ist jedoch in den
meisten europäischen Ländern
Tabelle 2: Klinische Symptomatik und spezifische enteropathogene Keime
nicht zugelassen. Für andere Adsorbenzien wie Kaolin, Pek-
Symptomatik
Fieber
Inkubationszeit
Pathogene
tin oder medizinische Kohle liegen keine überzeugenden klinischen Studien vor. Eine in-
Nausea, Erbrechen
–
5–15 min.
Schwermetalle
teressante Alternative bei der
Nausea, Erbrechen, wässrige Diarrhö
wässrige Diarrhö, atonisches Erbrechen
–
1–18 h 5 h–3 Tage
ETEC, Staph. aureus, Bacillus cereus Vibrio cholerae, ETEC
symptomatischen Therapie der Reisediarrhö bietet die Kombination Tanninalbuminat und Ethacridinlactat (Tannacomp®, in der Schweiz nicht zuge-
Nausea, Erbrechen, Diarrhö, Myalgien, Zephalgien
Diarrhö (z.T. blutig) und abdominelle Krämpfe
+
12 h– 3Tage 1–3 Tage
Rotavirus, Adenovirus, Norwalkvirus
Campylobacter jejuni, Shigella Spp., Entamoeba histolytica, Salmonella Spp., Yersinia Spp., Clostridium difficile
lassen). Hierbei weist Tanninalbuminat adstringierende, schleimhautschützende und sekretionshemmende Eigenschaften auf, während Ethacridinlactat durch anticholinerge und spasmolytische Eigen-
Gastrointestinale Blutung
Malabsorptive Diarrhö, Meteorismus, Völlegefühl
–/+ –
1–3 Tage 1–2 Wochen
EHEC, CMV
Giardia lamblia, Cryptosporidium parvum, Mikrosporidien, Cyclospora cayetanensis
schaften die Darmpassage verlangsamt und die Rückresorption von Wasser fördert. Neben dem gewünschten Effekt der deutlichen Reduktion der Stuhlfrequenz wird die
Darmschleimhaut geschützt
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und gleichzeitig die Vermehrung von potenziell pathogenen Keimen verhindert.
Vorsicht mit Antibiotika Eine antibiotische Therapie zeigt bei der akuten, unkomplizierten Diarrhö nur bei weniger als 10 Prozent der Patienten einen nachweisbaren Vorteil (7). Insbesondere bei einer Infektion mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) sollte von einer Antibiose abgesehen werden. Studien bei Patienten mit einer Infektion durch E. coli O157:H7 haben gezeigt, dass Antibiotika zu einer erhöhten Toxinfreisetzung durch geschädigte Bakterien führen, was das Risiko eines hämolytisch-urämischen Syndroms oder einer thrombozytopernischen Purpura deutlich erhöht. Es gibt aber Indikationen für eine Antibiotikatherapie (Tabelle 3).
Prophylaxe: Cook it, peel it or forget it «Koche es, schäle es oder vergiss es.» Dies ist das Mantra jeder reisemedizinischen Beratung zur Prophylaxe der Reisediarrhö. Auch wenn der prinzipielle Sinn dieser Massnahme unbestritten ist, zeigen sich in der Praxis sehr schnell erhebliche Einschränkungen in ihrer effektiven Umsetzung. Zum einen gehört das Erleben der lokalen Küche für viele Reisende zum kulturellen Genuss einer Reise dazu. Zum anderen sind strikte Diätmassnahmen oft nicht durchzuhalten. Dies führt zu er-
heblichen Complianceproblemen bei dieser Empfehlung. Weiterhin ist in mehreren Studien gezeigt worden, dass zumindest bei Pauschaltouristen das Essverhalten keinen wesentlichen Einfluss auf die Inzidenz der Diarrhö hat (1, 3, 8, 9).
Medikamentöse Prophylaxe Aktuelle Studien zeigen eine hohe Effektivität von Rifaximin, einem nichtresorbierbaren Antibiotikum, in der Prophylaxe der Reisediarrhö (10). Im Vergleich zu dem bisher zur Chemoprophylaxe empfohlenen Ciprofloxacin scheint eine etwas geringere Effektivität gegen invasive Enterobakterien zu bestehen, jedoch ist bedingt durch die fehlende Resorption auch das Nebenwirkungsspektrum deutlich geringer. Insbesondere fallen hier die potenziellen zentralnervösen Nebenwirkungen von Ciprofloxacin weg. Derzeit sind die Empfehlungen zur antibiotischen Prophylaxe der Reisediarrhö im Fluss, zumal Rifaximin bereits in der EU zugelassen ist, aber bis jetzt nur in wenigen Ländern vertrieben wird. Neue Studien kündigen effektive, nichtresorbierbare, selektiv wirksame Antibiotika an. Jedoch sollte diese Strategie nur im Ausnahmefall angewendet werden. Probiotika werden seit Langem in der Prophylaxe der Reisediarrhö diskutiert. Sie sollen das Darmmilieu im Sinne eines Infektionsschutzes verändern und die Ansiedlung pathogener Keime erschweren. Studien mit Saccharomyces (z.B. Perente-
Tabelle 3: Antibiotische Therapie bei Reisedurchfall
Erreger Campylobacter
Clostridium difficile Entamoeba histolytica
EnteritisSalmonellen
Antibiotikum Azithromycin 1 x 500 mg für 3 Tage
Metronidazol 4 x 250–500 mg für 7–14 Tage
Tinidazol 2 x 1 g für 7 Tage Anschliessend: Paromycin 3 x 500 mg für 7 Tage
Ciprofloxacin 2 x 500 mg für 7 Tage
Alternative Doxycyclin 1 x 200 mg für 7 Tage
Vancomycin 4 x 250 mg oral für 7–14 Tage
bei symptomatischer Infektion 500–750 mg für 10 Tage Anschliessend: Paromycin 3 x 500 mg für 7 Tage
Azithromycin 1 x 500 mg für 3 Tage
Giardia lamblia
Shigellen Vibrio cholerae Yersinien
Tinidazol 2 x 1 g für 7 Tage
Ciprofloxacin 2 x 500 mg für 7 Tage Doxycyclin 1 x 200 mg für 4–5 Tage Ciprofloxacin 2 x 500 mg für 7 Tage
Metronidazol 2 g/Tag für 3 Tage oder 3 x 250 mg für 10 Tage
Azithromycin 1 x 500 mg für 3 Tage
Cotrimoxazol 2 x 960 mg für 4 Tage
Doxycyclin 1 x 200 mg für 7 Tage
Kommentar möglichst frühzeitig
bei Toxinnachweis und v.a. pseudomembranöser Kolitis bei symptomatischer Infektion
bei Immunsuppression (Malignome, Aids, Leberzirrhose etc.) und im Alter > 65 Jahre und < 1 Jahr bei symptomatischer Infektion
möglichst frühzeitig
möglichst frühzeitig
möglichst frühzeitig
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rol®) zeigen eine Effektivität von 11 Prozent bei der Reduktion der Reisediarrhö (10). Wird die regelmässige Einnahme vom Reisenden akzeptiert, kann hier immerhin ein messbarer Schutz erreicht werden.
Impfung gegen Reisediarrhö
Einen besonderen Stellenwert hat der in Deutschland und in
der Schweiz zugelassene, aktive Totimpfstoff gegen Cholera
(Dukoral®), da hiermit gleichzeitig ein Schutz gegen das hitze-
labile Toxin von ETEC erreicht werden kann. Bei weitestge-
hendem Fehlen von Nebenwirkungen liegt der Schutz gegen
Cholera bei 85 Prozent, der gegen ETEC-Diarrhö bei etwa 70
Prozent (12). Da der Impfstoff schon seit 1992 in Skandinavien
zugelassen ist, liegen ausreichende Erfahrungen zur Reaktoge-
nität und protektiven Effektivität vor. Aufgrund der hohen Er-
regervariabilität beim Syndrom Reisedurchfall waren die Er-
wartungshaltungen zur Effektivität der Impfung einge-
schränkt, sie wurden initial auf zirka 20 Prozent geschätzt.
Dies hat sich in der Praxis jedoch nicht bestätigt. Neuere Daten
weisen auf eine weit höhere protektive Effektivität der Impfung
gegen Reisedurchfall hin, in einzelnen Studien erreicht diese
bis 50 Prozent (13, 14).
Die regelmässige Einnahme der Kombination Tanninalbuminat
und Ethacridinlactat scheint einen vergleichsweise hohen
Schutz gegen Reisediarrhö zu bieten, der in vergleichenden
Untersuchungen bis 38 Prozent betrug. Wesentliche Neben-
wirkungen sind nicht beschrieben. Somit ist die prophylakti-
sche Einnahme von Tanninalbuminat und Ethacridinlactat der-
zeit die Massnahme mit dem grössten messbaren Effekt gegen
Reisediarrhö. Sie kann ohne wesentliche Einschränkungen
empfohlen werden.
Prophylaktische Massnahmen gegen Reisedurchfall sind vor
allem notwendig bei besonders Exponierten (Beschäftigte im
Gesundheitswesen, in der Katastrophenhilfe, in Flüchtlings-
camps, bei Projekten von Hilfsorganisationen), bei Reisenden,
für deren Tätigkeit Diarrhö inakzeptabel ist (Geschäftsleute,
Militär, Politiker etc.), und bei Personen, die durch Diarrhö be-
sonders gefährdet sind (chronisch Kranke, kleine Kinder, ältere
Reisende etc.). Für jede dieser Gruppen stehen Prophylaxe-
massnahmen zur Verfügung, die eine messbare Effektivität
aufweisen. Diese können bei entsprechendem Bedarf auch
kombiniert angewendet werden (z.B. Impfung gegen Cholera
und Einnahme von Tanninalbuminat/Ethacridinlactat). Ein
allgemeingültiges Patentrezept zur Prophylaxe der Reisediar-
rhö existiert jedoch nicht.
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Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de
Interessenkonflikte: ????
PD Dr. med. Tomas Jelinek Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin
D-10117 Berlin
Dies ist eine Übernahme aus «Der Allgemeinarzt» 10/2008. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.