Transkript
Editorial
In die Ökologiedebatte kommt immer mehr Schwung, steigenden Erdölpreisen, neu erwachten Kernenergiegelüsten und zunehmenden Klimaerwärmungsängsten sei Dank. Dies war vorherzusehen und auch wieder nicht. Immerhin waren ökologische Postulate und daraus abgeleitete praktische Forderungen lange Zeit nur als wirtschaftsschädigende Glaubensverwirrungen verschrieen. Nun ist das ganze politische Spektrum (einmal abgesehen vom immer Nein sagenden Flügel ganz, ganz rechts) in recht kurzer Zeit «grün» geworden. Offensichtlich nicht wegen der Ideologie, sondern weil sich immer besser zeigt, dass mit der Ökologie in ihren vielfältigen Gestal-
Shoppingcenter-Verhinderer oder «Gesundheitstaliban» für verbotsfreudige eidgenössische Präventionsspezialisten). Später greift eine nüchternere Betrachtung, und die erkennt die Chancen. Sollte die Präventionsdebatte nach einem ähnlichen Muster verlaufen wie die Ökologieauseinan-
Gut fürs Geschäft – gut für die Zukunft
ten ganz gute Geschäfte zu machen sind, von der Häuserisolation bis hin zum neuen Automodell. Parallelen zum Geschehen im Gesundheitswesen drängen sich geradezu auf: Ohne grosse Übertreibung ist festzustellen, dass sich das schweizerische Gesundheitswesen gegenüber dem Präventionsgedanken seit Menschengedenken trotz allerhand Lippenbekenntnissen sehr zögerlich bis ablehnend verhalten hat – aber jetzt scheint Bewegung ins eingefahrene Geschehen zu kommen. Und ähnlich wie in der mittlerweile langfristigen Ökologiedebatte sprudeln zuerst die Ideen und erst später die Geschäfte. Die Ideen – sie kreisen in beiden Feldern zunächst fast zwanghaft um Verbote – rufen lebhafte Proteste hervor (inklusive Schimpfwörter wie «Ökoterroristen» für verbandsbeschwerdefreudige Fussballstadion-mit-
dersetzungen, dürfen wir uns auf spannende Jahre freuen. Ob wir dereinst fast alle vorzeitig am metabolischen Syndrom und seinen Folgen zugrunde gehen werden (zurzeit das ebenfalls auf Prognosemodelle abgestützte Spiegelbild der Klimaerwärmung), steht dahin. Gute Geschäfte lassen sich damit, ebenso wie mit der wiedererweckten Lust an der Entwicklung neuer Impfstoffe, jetzt schon machen. Leider ist die Vision der Energieversorgung durch Kernfusion bisher ebenso wenig Realität geworden wie die endgültige Erlösung der Menschheit von bösartigen Geschwülsten durch «die Krebsimpfung». Hoffen wird man weiter dürfen.
Halid Bas
ARS MEDICI 15 ■ 2008 641