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Titel
Atopisches Ekzem in der Schwangerschaft
Untertitel
Welche Therapien sind möglich?
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Das atopische Ekzem ist die häufigste Dermatose in der Schwangerschaft. Nur 20 bis 40 Prozent der Frauen haben bereits eine entsprechende Vor- geschichte. Mit anderen Worten: Die Schwangerschaft kann die Erkrankung offenbar auslösen. Zumeist geschieht das in den ersten beiden Trimestern. Eine Autorengruppe hat im «British Medical Journal» erläutert, wie man schwangere Frauen beraten und behandeln sollte.
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MEDIZIN — Fortbildung
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13659
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FORTBILDUNG
Atopisches Ekzem in der Schwangerschaft
Welche Therapien sind möglich?

Das atopische Ekzem ist die häufigste Dermatose in
der Schwangerschaft. Nur 20 bis 40 Prozent der
Frauen haben bereits eine entsprechende Vor-
geschichte. Mit anderen Worten: Die Schwangerschaft
kann die Erkrankung offenbar auslösen. Zumeist
geschieht das in den ersten beiden Trimestern. Eine
Autorengruppe hat im «British Medical Journal»
erläutert, wie man schwangere Frauen beraten
und behandeln sollte.
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Beeinflusst die Schwangerschaft das Ekzem? Das atopische Ekzem hat bekanntlich einen fluktuierenden Verlauf, es reagiert auf Umweltreize und wird durch körperliche und seelische Belastungen getriggert. Die Schwangerschaft selbst hat auf die Hautkrankheit keinen eindeutigen Einfluss: Bei jeder fünften Schwangeren mit bestehender atopischer Dermatitis verbessert sich die Haut, allerdings muss jede zweite Frau mit einer Verschlechterung des Hautbildes in der Schwangerschaft rechnen. Das kann übrigens prinzipiell zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Schwangerschaft geschehen. Bei jeder zehnten Frau blüht das Ekzem erst post partum auf.
Beeinflusst das Ekzem die Schwangerschaft? Es gibt kaum Anhaltspunkte dafür, dass ein Ekzem die Fertilität und die Schwangerschaft beeinträchtigt. Auch Frühgeburten scheinen nicht häufiger vorzukommen. Allerdings besteht grundsätzlich die Gefahr, dass das Ekzem sekundär mit Herpes-simplex-Viren infiziert wird, sich also ein Eczema herpeticatum ausbildet. Dass hierüber die Frucht im Mutterleib direkt infiziert werden könnte, davon ist nicht auszugehen; aber bei Herpes-simplex-Infektionen kommt es öfter zu Frühgeburten

und intrauterinen Wachstumsverzögerungen. Aciclovir als antivirales Medikament ist übrigens auch in der Schwangerschaft sicher. Deshalb raten die Autoren, es bei Bedarf rasch einzusetzen.
Wie behandelt man ein Ekzem in der Schwangerschaft? Wenn immer möglich, sollten Frauen vor einer geplanten Schwangerschaft beraten und es sollte versucht werden, die Hauterkrankung in den Griff zu bekommen. Das heisst also: irritierende Substanzen und Allergene wenn möglich meiden, konsequent die Haut pflegen und die atopische Therapie einsetzen. Frauen, die gerade eine systemische Therapie erhalten, sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Behandlung bei Kinderwunsch unterbrochen werden sollte und erst nach einer gewissen Zeit eine sichere Konzeption möglich ist. Methotrexat beispielsweise sollte mindestens drei Monate vor Eintritt der Schwangerschaft abgesetzt werden – beim Mann und bei der Frau. Auch in der Schwangerschaft kommt der Hautpflege mit Emollienzien eine zentrale Bedeutung zu. Die wirkstofffreien Basistherapeutika unterstützen die Barrierefunktion der Haut, die bei Patienten mit atopischem Ekzem in Mitleidenschaft gezogen ist, und verhindern einen transepidermalen Feuchtigkeitsverlust und das Aufflammen der Erkrankung. Mittelstarke und potente topische Steroide gehören auch in der Schwangerschaft zu den Hauptsäulen der spezifischen Ekzemtherapie.
Merksätze
■ Ein atopisches Ekzem kann durch Schwangerschaft ausgelöst werden.
■ Frauen mit atopischem Ekzem müssen eine systemische Therapie bei Kinderwunsch rechtzeitig absetzen.
■ Auch in der Schwangerschaft kommt der Basistherapie mit Emollienzien eine grosse Bedeutung zu.
■ Steroide können (mit Ausnahme hochpotenter Steroide) gefahrlos während der Schwangerschaft verabreicht werden.

578 ARS MEDICI 13 ■ 2008

ATOPISCHES EKZEM IN DER SCHWANGERSCHAFT

Tabelle: Ekzembehandlung in der Schwangerschaft
■ Sicher — Emollienzien — topische Steroide (mild bis potent) — UV-B-Licht
■ Relativ sicher (Vorsicht geboten) — hochpotente Steroide (geringe Mengen) — orale Steroide im 3. Trimester — Ciclosporin* — Azathioprin — topische Calcineurininhibitoren (geringe Mengen)
■ Nicht anwendbar — Methotrexat* — Psoralen plus UV-A-Licht (PUVA)
* nicht während des Stillens!
Lediglich bei hochpotenten Steroiden ist die Sicherheit unter Umständen nicht gewährleiset. Unbedingt sofort behandelt werden sollten akute bakterielle dermale Infektionen, da sich das Hautbild sonst rasch zu verschlechtern droht. Staphylococcus aureus kolonisiert die Hautläsionen in 90 Prozent der Fälle – eine aktive Entzündung ist anzunehmen bei sich verstärkendem Schmerz, bei Schwellung und Bildung von impetigoartigen Krusten und entzündlichen Papeln. Ein mittelgradiges bis schweres Ekzem kann unter Umständen eine Behandlung mit Zweitlinienmedikamenten notwendig machen, wenn es durch die beschriebenen Massnahmen nicht eingedämmt werden kann. Systemische Steroide kommen dabei nur selten zum Zug, zumal sie nach Absetzen zu einem Reboundeffekt führen. Ob sie die Frucht schädigen, ist nicht ganz sicher. Offenbar kann sich das Wachstum des Fetus verlangsamen, die entsprechenden Erkenntnisse stammen aber von asthmakranken Frauen. Bei ihnen liess sich in den einschlägigen Studien aber schwer identifizieren, ob die Wachstumsverzögerung Folge der mütterlichen Lungenkrankheit oder aber Nebeneffekt der Steroidtherapie war.

Wenn das Ekzem trotz optimierter topischer Therapie weiter bestehen bleibt, bietet sich die Therapie mit UV-B-Licht (narrow band) an. Durch die Fototherapie lässt sich die Krankheitsaktivität um etwa 30 Prozent abmildern. Die topischen Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus werden in der Schwangerschaft von den Herstellern nicht empfohlen. Obwohl sytemisches Tacrolimus teratogen ist, beträgt seine Bioverfügbarkeit in der topischen Form weniger als 5 Prozent. Fötusschädigungen sind bisher nicht bekannt geworden, obwohl eine Wachstumsverzögerung nicht ausgeschlossen scheint, wie die Autoren schreiben. Dennoch könne Tacrolimus unter Abwägung von Nutzen und Risiken im Einzelfall in Betracht kommen, wenn andere Massnahmen gescheitert seien.

Wie weiter nach der Geburt des Kindes?

Ein leichtes bis mittelschweres Ekzem kann mit Emollienzien,

topischen Steroiden und topischen Calcineurininhibitoren be-

handelt werden. Bei stillenden Müttern werden Tacrolimus

und Pimecrolimus indes von den Herstellern nicht empfohlen.

Allerdings gelangen wahrscheinlich nur sehr geringe Wirk-

stoffmengen in die Muttermilch (ca. 0,1%). Hier seien ent-

sprechende Studien zur Medikamentensicherheit angezeigt,

schreiben die Autoren.

Ungefähr 2 Prozent der Frauen entwickeln ein Ekzem an den

Brustwarzen. Mehr als jede Zweite von ihnen hat eine atopi-

sche Dermatitis. Mittel- bis niedrigpotente Steroide können auf

diesem Hautareal eingesetzt werden (neben den obligatori-

schen Emollienzien), am besten werden sie nach dem Stillen

aufgetragen.

UV-B-Bestrahlung ist ein sicheres Verfahren bei stillenden Müt-

tern, während für viele Zweitlinienmedikamente keine ver-

lässlichen Daten vorliegen. In einer kürzlich erschienenen

Kohortenstudie hatten 10 Frauen Azathioprin während des

Stillens erhalten, die Babys hatten keine Anzeichen einer

Störung, obwohl die Substanz in der Muttermilch bestimmt

werden konnte. Ciclosporin und Methotrexat sollten aber in

jedem Fall vermieden werden, schreiben die Autoren.

Sophie Weatherhead et al.: Ekzema in pregnancy. BMJ 2007; 335: 152–154.
Interessenlage: Die Universität von Newcastle, der die Autoren angehören, hat Zuwendungen für Forschungen über das atopische Ekzem von den Firmen SR Pharma und Fujisawa erhalten.
Uwe Beise

ARS MEDICI 13 ■ 2008 579