Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Urs Schwaller, Ständerat CVP, Kanton FR, reichte am 20.3.2008 eine Interpellation ein.
Medikamentenpreisvergleich mit den Nachbarländern
Die Medikamente der Grundversicherung müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirtschaftlichkeit wird aufgrund des Vergleichs der Medikamentenpreise mit anderen verwendungsfertigen Arzneimitteln und der Preisgestaltung im Ausland beurteilt. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Originalpräparats sind die Kosten für Forschung und Entwicklung angemessen zu berücksichtigen. Dies ist nicht bestritten.
Auch wenn die umliegenden Länder der Schweiz nicht mit dem Länderkorb übereinstimmen, welche für die Preisvergleiche herangezogen werden, ersuche ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Welches sind die 25 in der Schweiz am meis-
ten verkauften Medikamente (Angabe der Menge)? 2. Welches sind die Fabrikabgabepreise, beziehungsweise die Konsumentenpreise dieser
Medikamente in der Schweiz und in den Nachbarländern (D, I, A, F)? 3. Welche der oben erwähnten 25 Medikamente werden in der Schweiz hergestellt? 4. Welche durchschnittliche Mehrbelastung in Franken ergibt sich pro Jahr für die Grundversicherung aus den Preisdifferenzen Schweiz/Nachbarländer?
Und so antwortete der Bundesrat am 21.5.2008
Frage 1: Der folgenden Tabelle lassen sich die 25 in der Schweiz meistverkauften Arzneimittel, welche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung vergütet werden, entnehmen. Die Reihenfolge der Präparate resultiert aus der Überprüfung der in der Schweiz im Jahr 2007 meistverkauften Packung des jeweiligen Arzneimittels auf Basis Fabrikabgabepreis. Der Gesamtumsatz der 25 meistverkauften Arzneimittel in der Schweiz belief sich im Jahr 2007 auf 730 Millionen Franken. Gesamthaft belaufen sich die Ausgaben der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für Arzneimittel auf rund 4,3 Milliarden Franken.
Rang: Arzneimittel; Hersteller 1. Sortis; Pfizer 2. Nexium Mups; AstraZeneca 3. Pantozol; ALTANA Pharma AG 4. Seretide; GSK Pharma 5. Plavix; Sanofi-Aventis 6. Efexor; Wyeth 7. Symbicort; AstraZeneca 8. Zyprexa; Eli Lilly 9. CoAprovel; Sanofi-Aventis 10. Humira; Abbott 11. Seroquel; AstraZeneca 12. Cipralex; Lundbeck 13. CoDiovan; Novartis Pharma
14. Remeron; Organon 15. Atacand Plus; AstraZeneca 16. Enbrel; Wyeth 17. Glivec; Novartis Pharma 18. Zurcal; Nycomed 19. Aprovel; Sanofi-Aventis 20. Atacand; AstraZeneca 21. Cosaar Plus; MSD-Chibret 22. Rebif; Serono 23. Herceptin; Roche Pharma Schweiz 24. Cosaar; MSD-Chibret 25. Avonex; iogen Dompé
Frage 2: Die Preisbildung für die durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung zu vergütenden Arzneimittel der Spezialitätenliste (SL) erfolgt anhand des Vergleichs mit anderen auf der SL aufgeführten Arzneimittel und der Preisgestaltung im Ausland. In erster Linie werden dabei Deutschland (D), Dänemark (DK), Niederlande (NL) und Grossbritannien (GB) als Referenzländer
herangezogen (Hauptländerkorb); erst subsidiär kommt ein Vergleich mit Österreich, Frankreich und Italien in Betracht. Der nachfolgenden Tabelle sind die Fabrikabgabepreise (FAP) und die Publikumspreise (PP) der meistverkauften Arzneimittel in der Schweiz (Stand April 2008) sowie die FAP in D, DK, NL und GB zu entnehmen, soweit diese dem BAG anlässlich der letztjährigen ausserordentlichen Preisüberprüfung von den Herstellerfirmen bekannt gegeben wurden. Verglichen wurde auf Basis des FAP der jeweils meistverkauften Packung respektive Dosierung in der Schweiz. Preisüberprüfungen und -vergleiche erfolgen stets auf der Basis der FAP, da ein Vergleich der PP infolge der unterschiedlichen Margensysteme der verschiedenen Länder nicht vorgenommen werden kann. Aus diesem Grund verfügt das BAG generell nicht über die entsprechenden PP. Die FAP in Österreich, Frankreich und Italien wurden anlässlich dieser ausserordentlichen Überprüfung nicht erhoben und können deshalb nicht angegeben werden. Festzuhalten ist aber, dass die Aussagekraft von Referenzpreisen in diesen Ländern beschränkt ist, da einerseits die Produkte nicht überall erhältlich sind und andererseits die Preisbildung teils regional (Italien) funktioniert, teils mit Rückzahlungslösungen (Frankreich) verbunden ist, sodass kein eigentlicher «offizieller» Preis besteht, der abgefragt werden könnte.
Präparat
FAP CH
1. Sortis:
176.62
2. Nexium Mups: 213.57
3. Pantozol:
111.14
4. Seretide:
131.32
5. Plavix:
218.41
6. Efexor:
24.89
7. Symbicort: 91.08
8. Zyprexa:
192.53
9. CoAprovel: 152.71
PP CH 224.35 267.90 147.25 171.00 273.60 45.70 123.65 243.10 196.20
FAP DK 221.21 225.34 100.82 119.04 274.45 28.63 90.48 207.93 153.46
FAP D 182.84 147.26 88.79 137.54 263.85 39.80 89.27 299.87 141.42
FAP NL 184.01 159.97 110.57 97.33 226.12
— 80.19 166.60 126.19
FAP GB 213.84 187.45 97.47 132.44 225.24 26.68 80.80 168.93 125.87
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504 ARS MEDICI 12 ■ 2008
10. Humira: keine Angaben vorhanden
11. Seroquel: 390.81 476.60 345.23 416.39 368.89
12. Cipralex: 138.04 178.95 126.78 154.04 119.39
13. CoDiovan: 156.49 200.65 182.51 141.42 118.55
14. Remeron: 28.95 50.50 25.51 33.63 22.49
15. Atacand Plus: 132.03 171.85 139.13 124.66 102.94
16. Enbrel:
807.08 966.80 1028.41 1160.86 848.30
17. Glivec:
3603.50 3935.75 4069.30 4148.10 3911.41
18. Zurcal:
111.20 147.35 100.82 88.79 110.57
19. Aprovel:
105.68 140.85 116.36 102.94 99.05
20. Atacand:
121.24 159.15 106.91 120.88 104.25
21. Cosaar Plus: 36.50 59.35 keine Angaben vorhanden
22. Rebif:
1952.65 2245.25 2041.61 2058.28 1917.30
23. Herceptin: 3189.50 3511.80 3057.44 3182.40 3255.00
24. Cosaar:
117.76 155.05 119.39 114.26 107.70
25. Avonex: 1424.35 1665.85 1675.22 1739.94 1569.65;
400.78 111.00 137.00 40.80
— 760.13 3897.91 97.47 93.56
—
2097.77 2903.95
95.26 1589.03
Die Auslandpreise basieren auf dem Stand vom 1. Oktober 2007 und wurden mit den Wechselkursen 100 DKK = 22.11 SFr., 1 Euro = 1.65 SFr., 1 Pfund = 2.43 SFr. in Schweizer Franken umgerechnet.
Frage 3: Dem BAG sind einzig die antragstellenden Firmen bekannt. Es liegen keine Angaben darüber vor, ob diese ihre Produkte teilweise oder vollumfänglich in der Schweiz herstellen lassen.
Frage 4: Diese Frage kann aufgrund der fehlenden Angaben zu den Preisen in Frankreich, Italien und Österreich nicht beantwortet werden. Festzuhalten ist aber, dass die im letzten Jahr durchgeführte ausserordentliche Preisüberprüfung der SL-Arzneimittel, bei denen vorher kein Auslandpreisvergleich vorgenommen wurde, dazu geführt hat, dass auch ohne Vergleich mit den angefragten Nachbarländern eine massive Kostenreduktion erreicht werden konnte. Gerade die oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass sich die Schweiz im Durchschnitt des Länderkorbs eingefügt hat beziehungsweise einfügen wird, sobald die Preisanpassungen, die bei grossen Preisdifferenzen in zwei Etappen erfolgen (1.3.2008 und 1.1.2009), ihre Wirkung entfalten. Damit sollten keine «Ausreisser» mehr vorhanden sein und das Preisniveau in der Schweiz hat sich dem Ausland angepasst.
Claude Hêche, Ständerat SP, Kanton Jura, reichte am 28.4.2008 folgendes Postulat ein.
Der Bundesrat wird beauftragt, die Massnahmen zur Früherkennung von Darmkrebs (Test auf verstecktes Blut im Stuhl, Darmspiegelung) zu prüfen, die im schweizerischen Kontext in Bezug auf Wirksamkeit, Machbarkeit und Finanzierung am besten geeignet sind, und zu prüfen, wie diese Massnahmen im Rahmen eines landesweiten Früherkennungsprogramms umgesetzt werden können.
Begründung
In der Schweiz werden gemäss dem Nationalen Krebsprogramm 2005/2010 jedes Jahr 31 000 neue Krebsfälle diagnostiziert. 15 000 Menschen sterben jährlich an Krebs; das ist ein Viertel aller Todesfälle. Krebs ist damit die zweithäufigste Todesursache in unserem Land. Allerdings könnte ein grosser Teil der Krebserkrankungen verhindert werden, nach den Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ein Drittel aller Fälle. Gesundheitsförderung, Prävention und vor allem die Früherkennung spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Früherkennung von Darmkrebs
Das Krebsprogramm hält weiter fest, dass bei Frauen Darmkrebs nach Brustkrebs die zweithäufigste Krebsart ist, bei Männern die dritthäufigste nach Prostatakrebs und Lungenkrebs. Jedes Jahr wird bei rund 4300 Personen Darmkrebs diagnostiziert; das sind etwa 14 Prozent der neuen Krebserkrankungen. Trotz besseren Behandlungsmethoden haben sich die Überlebenschancen kaum erhöht. Bei mehr als der Hälfte der Personen wird die Krankheit erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, sodass leider kaum Hoffnung auf Heilung besteht. Wenn der Krebs frühzeitig erkannt und Polypen, Vorstufen des Krebses, entfernt werden, kann die Mortalitätsrate gesenkt werden. Aus diesem Grund ist die Darmkrebsprävention sowohl eine Vorsorgemassnahme als auch eine Form der Früherkennung. Internationale Studien belegen, dass mit einer jährlichen oder zweijährlichen Untersuchung des Stuhls auf Blut, (falls im Stuhl Blut festgestellt wird, gefolgt von einer Darmspiegelung) eine wirksame Früherkennung möglich ist. Bis jetzt gibt es in keinem europäischen Land ein nationales Programm zur Früherkennung von Darmkrebs. In Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Schottland gibt es aber bereits heute verschiedene Massnahmen auf regionaler und nationaler Ebene. Das Gesund-
heitsmagazin «36,9» des Westschweizer Fernsehens TSR hat in seiner Sendung vom 31. Januar 2007 berichtet, dass die französischen Departemente, die bereits Kampagnen zur Früherkennung lanciert haben, mithilfe der Krankenkassen und der Hausärztinnen und Hausärzte 55 Prozent der Bevölkerung, an die sich die Kampagne richtete, erreichen. Auch wenn diese Prozentzahl relativ klein ist, konnte laut diesem Bericht die Zahl der Todesfälle aufgrund von Darmkrebs in der gesamten Bevölkerung um 16 Prozent gesenkt werden. In der Schweiz anerkennt die KrankenpflegeLeistungsverordnung (KLV) bereits heute mehrere Früherkennungsprogramme (Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs). Aufgrund der Erkenntnisse und der Empfehlungen des Nationalen Krebsprogramms 2005/2010 und im Wissen, dass Darmkrebs in der Schweiz eine der drei häufigsten Krebsarten ist, ist es heute dringend nötig, die Massnahmen zur Früherkennung von Darmkrebs und die Mittel, die für die Umsetzung dieser Massnahmen erforderlich sind, zu prüfen.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt.
ARS MEDICI 12 ■ 2008 505