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FORTBILDUNG
Heuschnupfen: Therapie nur bei Bedarf verschlechtert die Lebensqualität
Vorteile der neueren Antihistaminika verschwinden bei zu hoher Dosierung
Die allergische Rhinokonjunktivitis gilt bei vielen als eher geringes Übel, schränkt aber die Lebensqualität ein und kostet nicht wenige vergebliche Therapieversuche.
nicht zu wünschen übrig liess. Oft scheinen Heuschnupfenkinder Medikamente nur bei Bedarf zu nehmen, weil sie ihre Belästigung durch die Allergie einfach hinnehmen, obwohl sie unter konsequenter antiallergischer Behandlung weniger Symptome, eine bessere Lebensqualität und bessere schulische Leistungen haben könnten, so die Schlussfolgerung der amerikanischen Allergologen.
HALID BAS
Kinder und Eltern leiden Kürzlich berichteten Eli O. Meltzer und Mitarbeiter von der Universität San Diego an der Jahrestagung der Amerikanischen Akademie für Allergie, Asthma und Immunologie von ihrer gross angelegten Umfrage zu den Auswirkungen von Heuschnupfen auf die Lebensumstände betroffener Kinder und ihrer Eltern (1). Sie erfassten 1000 Haushalte, je zur Hälfte mit und ohne Kinder mit allergischer Rhinitis. Fast drei Viertel der Eltern berichteten, dass ihre Kinder während der Heuschnupfensaison häufig oder manchmal besonders müde, zwei Drittel, dass sie reizbar waren, und die Hälfte dass sie eindeutig krank erschienen. 21 Prozent der Eltern gaben auch zu Protokoll, dass der Heuschnupfen die Alltagsaktivitäten ihrer Kinder beeinträchtige; bei den Kontrollkindern antworteten 11 Prozent der Eltern, dass Krankheiten den Alltag stören. Von gelegentlicher oder gar häufiger Beeinträchtigung des Schlafs ihrer Kinder sprachen 40 Prozent der Eltern mit allergischem Nachwuchs, gegenüber 8 Prozent bei den Kontrollen. Innert der vorangegangenen zwölf Monate hatten 39 Prozent der nicht allergischen Kinder die Schule krankheitshalber nicht besuchen können, bei den Heuschnupfenkindern waren es hingegen 61 Prozent. Im Vergleich mit den Kontrollen hatten auch deutlich mehr Eltern von heuschnupfengeplagten Kindern das Gefühl, dass gesundheitliche Probleme die Schulleistung ihrer Kinder negativ beeinflussen. Auch die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten war bei Heuschnupfenkindern deutlich öfter eingeschränkt. Als besonders störend bezeichneten die Eltern die Verstopfung der Nase, und etwa die Hälfte der Kinder benutzte dagegen rezeptpflichtige Medikamente. Besonders fiel den Autoren auf, dass 67 Prozent der Eltern berichteten, dass während der Heuschnupfenphase mit störenden Symptomen die Schulleistung ihrer Kinder nachliess, während sie in symptomfreien Zeiten
Vorteile neuerer Antihistaminika Bei gewissen allergischen Erkrankungen, insbesondere wenn sie mit generalisiertem Juckreiz einhergehen, kann eine Sedation, wie sie mit den älteren Antihistaminika wie Diphenhydramin (z.B. Benocten®) oder Clemastin (Tavegyl®) zu erwarten ist, therapeutisch erwünscht sein. Bei der saisonalen allergischen Rhinitis in aller Regel hingegen nicht, da die mehr oder weniger ausgeprägte Sedation ja nicht nur Schläfrigkeit, sondern auch eine Verlangsamung und Beeinträchtigung kognitiver Abläufe bedeutet, die mit Aufgaben des Alltagslebens vom Lernen in der Schule über die Bedienung von Maschinen bis hin
Merksätze
■ Kinder mit Heuschnupfen sind vermehrt müde, während der symptombelasteten Phase lassen in der Schule ihre Leistungen und die sportlichen Aktivitäten nach, ebenso ist die Lebensqualität eingeschränkt.
■ Die neueren Antihistaminika (Cetirizin, Loraratadin, Fexofenadin sowie die neuesten Derivate) weisen gegenüber den älteren eindeutige Sicherheitsvorteile auf.
■ Bei hoher (oder womöglich vom Patienten selbst «verordneter» zu hoher) Dosierung sind auch mit den neueren Antihistaminika sedierende und kognitiv beeinträchtigende Nebenwirkungen möglich, was eine entsprechende Patientenschulung und -überwachung erforderlich macht.
■ Neben den bekannteren Formen der allergischen Rhinitis (saisonal und perennial) sind auch die entsprechenden Augenallergien zu beachten und mit topischen Antihistaminika, Kortikosteroiden oder Mastzellstabilisatoren, bei positiver Testung auch mit einer Desensibilisierung, zu behandeln.
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FORTBILDUNG
zum Lenken von Fahrzeugen auf ungünstige Weise interferiert. Deshalb wurde eine weitere Generation von Wirkstoffen entwickelt, die für sich in Anspruch nimmt, mit Funktionen des Zentralnervensystems nicht oder viel weniger zu interferieren. Dazu gehörten Loratadin (Claritine® und Generika), Cetirizin (Zyrtec® und Generika) sowie Fexofenadin (Telfast®). Rechtzeitig mit Ablauf von Patenten sind inzwischen auch noch das aktive Enantiomer Levocetirizin (Xyzal®) sowie der Metabolit Desloratadin (Aerius®) auf den Markt ge- Abbildung 1: Nasenpolyp kommen. Mit den neueren Antihistaminika wurden jeweils umfangreiche Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit im Vergleich mit Plazebo und auch mit den alten Antihistaminika durchgeführt, Direktvergleiche sind jedoch spärlich. Generell lässt sich festhalten, dass die neueren Antihistaminika ein besseres Sicherheitsprofil aufweisen, insbesondere auch hinsichtlich kardialer Nebenwirkungen und der Gefahr einer QTc-Verlängerung, die bei inzwischen zurückgezogenen Präparaten für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Auch die zentralnervösen Nebenwirkungen fallen unter den neueren Antihistaminika viel geringer aus, wobei Cetirizin/Levocetirizin in kontrollierten Studien gegenüber Plazebo etwas häufiger schläfrig machten. Dies kann für die Fahrtüchtigkeit relevant sein.
Neuere Antihistaminika sind vergleichbar effektiv Dennis L. Spangler und Stephen Brunton haben in «Medscape» klinische Studien zu den neueren Antihistaminika bei saisonaler allergischer Rhinokonjunktivitis zusammengefasst und gewertet (2). Cetirizin war in mehreren plazebokotontrollierten Studien bei Erwachsenen und auch bei Kindern mit Heuschnupfen eine wirksame Therapie und schien in zwei Vergleichsstudien gegenüber Loratadin einen rascheren Wirkungseintritt und eine ausgeprägtere Wirkung zu besitzen. Für Desloratadin liegen einige randomisierte doppelblinde Studien vor, die die Überlegenheit gegenüber Plazebo bei Erwachsenen dokumentieren. Fexofenadin war Plazebo ebenfalls in mehreren Studien überlegen und in einer Parallelgruppenuntersuchung auch Loratadin. Fexofenadin ist auch bei Kindern geprüft und für signifikant wirksam befunden worden. Zwischen Desloratadin und seinen Mitkonkurrenten unter den neueren Antihistaminika gibt es offenbar keine publizierten klinischen Direktvergleiche. In solchen Head-to-Head-Untersuchungen waren hingegen Cetirizin und Fexofenadin hinsichtlich der Bekämpfung der Symptome ähnlich effektiv. Die Symptome der allergischen Rhinokonjunktivitis sind nicht nur etwas, das mit Medikamenten zum Verschwinden gebracht werden soll, sie haben auch einen messbaren Einfluss auf die Lebensqualität, wie geeignet konzipierte Behandlungsstudien nachweisen konnten. Auch hierzu liegen inzwischen einige
Abbildung 2: Schwere allergische Rhinitis
Untersuchungen vor, die den neueren Antihistaminika eine Verbesserung der Lebensqualität zubilligen. Einige Studien sind auch der Frage nachgegangen, ob die neueren Antihistaminika nicht doch gehäuft unerwünschte zentralnervöse Auswirkungen haben, wenn sie hoch (oder zu hoch) dosiert werden. Hier scheint Fexofenadin etwas günstiger abzuschneiden als Cetirizin und Desloratadin. Bei hohen Dosierungen kann es auch mit den neueren Antihistaminika durchaus zu Schläfrigkeit, Benommenheit, Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und so weiter kommen. Dies spricht für eine ärztliche Verordnung und Überwachung der medikamentösen Behandlung.
Wenn die Augen am meisten betroffen sind Unter den allergischen Erkrankungen des Auges ist die saisonale Konjunktivitis nach Sensibilisierung gegen Pollen von Gräsern oder anderen Pflanzen sicher die häufigste. Daneben gibt es, ähnlich der perennialen Rhinitis, auch eine meist weniger ausgeprägt symptomatische, chronische Form der allergischen Bindehautentzündung, die auf einer Reaktion gegen Hausstaubmilben, Schimmelpilze und Ähnlichem beruht. In ihrer Übersicht in «Current Opinion in Allergy and Clinical Immunology» bezeichnen die beiden Allergologen Marcus G. Hodges und Andrea M. Kaene-Myers die Konjunktiva als einen immunologisch äusserst aktiven Bereich des Auges (3). Hier können IgE-vermittelte allergische Erkrankungen vom Typ I, ferner vom Typ IV sowie kombinierte Hypersensitivitätsreaktionen ablaufen. Mastzellen sind bei fast allen allergischen Augenerkrankungen in erhöhter Zahl nachzuweisen, und die nach ihrer Degranulation frei werdenden Mediatoren (Histamine, Proteasen, Prostaglandine, Leukotriene usw.) führen zu den charakteristischen Symptomen und Befunden wie Juckreiz, Vasodilatation, Schwellung und so weiter. Die Mastzellen sezernieren aber auch Zytokine, die weitere Entzündungszellen (z.B. CD4+-T-Zellen) anlocken. Der Juckreiz führt zum Augenreiben, das seinerseits eine mechanische Degranulation von Mastellen hervorruft. Manche allergische Augenerkrankungen lassen sich aber nicht durch eine Mastzellendegranulation allein erklären, hier müssen weitere Entzündungszellen wie Basophile und Neutrophile eine Rolle spielen und das inflammatorische Geschehen gleichsam fortsetzen.
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HEUSCHNUPFEN: THERAPIE NUR BEI BEDARF VERSCHLECHTERT LEBENSQUALITÄT
Der Keratoconjunctivitis vernalis liegt eine Typ-IV-Hypersensitivität zugrunde. Hier kommt es zu intensivem Juckreiz, Hyperämie, Photophobie und Fremdkörpergefühl, zur Schleimsekretion und mitunter auch zur Hornhautschädigung. Die tarsale Form zeigt ausgeprägte Riesenpapillen auf der Innenseite des Oberlids («Kopfsteinpflaster»). Die limbale Form ist charakterisiert durch Horner-Trantas-Punkte (Infiltrate von Epithelzellen und Eosinophilen) am Übergang zwischen Konjunktiva und Cornea. Diese Erkrankung ist abzugrenzen von einer atopischen Keratokonjunktivitis, zu der auch eine Blepharitis gehört und die im Rahmen von Asthma und Ekzem vorkommen kann. Therapeutisch können bei allergischer Konjunktivitis topische Antihistaminika, Kortikoide oder Mastzellstabilisatoren eingesetzt werden. Wie bei der allergischen Rhinitis kann bei positivem Prick-Test und/oder positivem spezifischem IgE-Test eine Desensibilisierung versucht werden. Ein selektives und topisch wirksames Antiallergikum und Antihistaminikum ist Olopatadin (Opantanol®). Eine von der Herstellerfirma gesponserte Auswertung der bisherigen klinischen Studie wurde an der 5. Jahrestagung des American College of Allergy, Asthma and
Immunology in Dallas vorgestellt (4). Die gepoolten drei Stu-
dien umfassten rund 100 Patienten mit sowohl saisonaler als
auch perennialer Augenallergie. Untersucht wurde jeweils die
Wirkung auf den okulären Juckreiz nach gezielter Allergen-
exposition. Die Auswertung kam zum Schluss, dass topisches
Olopatadin nicht nur bei der einfachen saisonalen, allergischen
Konjunktivitis, sondern auch bei der chronischen, durch
Allergene aus geschlossenen Räumen hervorgerufenen Augen-
allergie wirksam ist.
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1. Academy of Allergy, Asthma & Immunology 2008 Annual Meeting: Poster 413, presented March 16, 2008; poster 238, presented March 15, 2008.
2. http://www.medscape.com/viewarticle/540559 (Zugriff am 20.4.2008). 3. Curr Opin Allergy Clin Immunol. 2007; 7(5):424–428. 4. American College of Allergy, Asthma and Immunology 65th Annual Meeting: Abstract P229.
Presented November 11, 2007.
Interessenlage: Die beiden Posterpräsentationen betrafen Studien, die von amerikanischen Firmen mit Interessen auf dem Gebiet der Allergologie finanziert wurden.
Halid Bas