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Rosenbergstrasse 115
Es ist immer wieder erhellend, wenn man Zahlen miteinander vergleicht, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Beispielsweise diese: Das UNO-Welternährungsprogramm ernährt derzeit 73 Millionen Menschen in 78 Ländern. Das Budget hierfür betrug Ende letzten Jahres 2,9 Milliarden US-Dollar. Wegen der gestiegenen Lebensmittel- und Treibstoffpreise ist es inzwischen auf 3,65 Milliarden angestiegen. Die Zahl der Hilfsbedürftigen steigt am stärksten in Irak und Afghanistan. Auf die mehr als 500 Milliarden Dollar, die allein die USA für die Kriege in diesen beiden Ländern aufgewendet haben, wollen wir gar nicht erst eingehen. Eine andere Zahl ist ebenso spannend: Der erfolgreichste Hedge-Fonds-Manager der Welt, John Paulson, hat in einem einzigen Jahr – dank der Subprime-Bankenkrise – 3,7 Milliarden US-Dollar verdient. Oder besser «verdient». Oder doch verdient, weil er als einer der wenigen den RatingAgenturen und den Banken nicht getraut und deshalb voll auf das Platzen der Hypothekenblase gesetzt hat? Das muss ein gutes Gefühl sein, mit einem einzigen Jahresverdienst das Hungerproblem der Welt für ein ganzes Jahr lösen zu können.
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Kunstfehlerprozesse sind in England künftig vielleicht nicht mehr nur auf Ärzte beschränkt. Wieso sollen nur Ärzte für Fehler geradestehen und blechen müssen und andere, denen man die Fehler bloss schlecht nachweisen kann, nicht? Nein, es sind nicht die Psychiater, Psychotherapeuten und Psychoanalytiker gemeint. In England droht neuerdings den Okkultisten, vor den Kadi gezerrt zu werden. Dann nämlich, wenn sie nicht beweisen können, dass sie ihre Kunden nicht absichtlich in die Irre geleitet haben. Es genügt also nicht mehr, mit den Toten zu
sprechen, aus dem Kaffeesatz zu lesen, die Tarotkarten zu interpretieren oder in die Kugel zu gucken und den Kunden für teures Geld aus den gewonnenen Erkenntnissen Empfehlungen für die Zukunft abzugeben. Wer die Evidenz seiner Empfehlungen nicht nachweisen kann, betreibt, so eine neue EU-Direktive, nämlich ein unlauteres Gewerbe. Der Verband Spiritueller Arbeiter wehrt sich dagegen. Unter anderem mit dem Argument, «andere» Religionen müssten auch nicht beweisen, dass sie recht haben. Na gut, so unrecht haben sie nicht.
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50 Prozent aller Schwimmer haben Asthma oder werden in Peking an den Olympischen Spielen zumindest einen Attest vorweisen, der sie als Asthmatiker ausweist. Auch viele andere Ausdauersportler tragen diese Diagnose. Nicht weil sie im üblichen Sinn Asthmatiker sind, sondern weil sie es unter den besonderen Bedingungen in Peking werden könnten. Testet man nämlich Spitzensportler, so zeigt sich, dass unter Ozonwerten, wie sie in Chinas Hauptstadt herrschen, Husten und Auswurf auftreten können und die Leistungsfähigkeit um bis zu 20 Prozent sinken kann. Was die Aussichten auf eine Medaille natürlich stark schwinden lässt. Salbutamol verspricht hier Abhilfe. Die Substanz figuriert zwar auf der Dopingliste, der Griff zum Spray ist aber erlaubt, wenn ein ärztliches Attest vorliegt. Honni soit …
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Beat Villiger, neben CEO des Paraplegikerzentrums neuerdings auch CMO von Swiss Olypmics (CMO = Chief Medical Officer) meint dazu sinngemäss: Man macht nichts, das verboten ist, aber man
unterlässt auch nichts, wenn es die Leistung verbessert. Und deshalb werden den Spitzensportlern neben Salbutamol durchaus auch Kreatin, Melatonin (in der Schweiz zwar erhältlich, aber nicht zugelassen, in der EU mit dem Hinweis «für Patienten ab 55 Jahren»), Nahrungsergänzungsmittel und Analgetika empfohlen. Sport hat eben Vorbildcharakter, wie alt Bundesrat Ogi immer schon betonte.
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Liebe macht dick. Welcher verheiratete Mann wüsste das nicht? Eine Studie aus England weist nach, dass Frauen wie Männer an Gewicht zulegen, sobald sie zusammenleben. Vor allem Männer legen, sobald sie in festen Händen sind, weniger Wert auf ihr Äusseres, meinen die Studienleiter. Da kann man von Glück reden, dass Liebe auch blind macht.
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In der Gegend rund um Neapel finden sich allenthalben erhöhte Dioxinwerte. Auch im Mozarella. Das veranlasste einige asiatische Länder dazu, ein Importverbot für den beliebten Frischkäse zu verhängen. Die EU handelt da für einmal rationaler, denn: Um krank zu werden, müsste man regelmässig 7 kg Mozarella pro Woche essen.
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Und zum Schluss noch dies: Wir geben Geld aus, das wir nicht haben, für Dinge, die wir nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 9 ■ 2008 365