Transkript
VERNETZT
Entstehung und Entwicklung von WintiMed aus der Sicht einer medizinischen Praxisassistentin
Dass wir in unseren Praxen aufgeschmissen wären ohne die Arbeit und das Mitdenken unserer MPA, ist eine Binsenwahrheit. Dennoch hat es im WintiMed-Netz länger gedauert, bis wir realisierten, dass auch für Netzprojekte die informierte Mitarbeit der Praxisassistentinnen unabdingbar ist. G. Ott arbeitet seit über 14 Jahren als diplomierte MPA in einer WintiMed-Praxis und berichtet, wie sie die Netzentwicklung wahrgenommen hat.
Der Anfang 1994 gehörte unsere Praxis zu den Mitbegründern des ersten Hausarztnetzes in Winterthur. Ich konnte mir damals als MPA nichts unter dem Begriff «Hausarztnetz» vorstellen. Wie auch? – es war ja das erste solche Netz überhaupt, das da am Entstehen war. Am Anfang erlebte ich das Hausarztmodell vor allem als Mehrarbeit: zur Kontrolle der zusätzlich entstehenden Kosten führten wir Strichlisten für alle Briefe, Telefonate oder Kopien in Zusammenhang mit dem Hausarztmodell. Es musste sichergestellt werden, dass allfällige Einsparungen im System nicht gleich wieder von der zusätzlichen Administration aufgebraucht wurden. Damit durften wir aber bald wieder aufhören, als klar wurde, dass ein Hausarztmodell tatsächlich kostengünstiger ist als die konventionellen Versicherungen. Einen geringen administrativen Mehraufwand haben wir in der Praxis trotzdem immer noch mit den Patienten, die im Hausarztmodell versichert sind, jedoch ist das im Laufe der Zeit praktisch zur Routine geworden. Einzig, dass alle diese Patienten jeweils per 31.12. jedes Jahr abgerechnet werden müssen, lässt uns immer wieder ein bisschen stöhnen.
Einbezug der medizinischen Praxisassistentinnen Lange Zeit war es so, dass wir Praxisassistentinnen nur administrativ mit WintiMed zu tun hatten. Wir machten Überweisungmeldungen, mussten daran denken, auf jeder Anmeldung zu einem anderen Arzt den Hinweis hinzuschreiben, dass der Patient hausarztversichert ist, wussten, dass die Ärztinnen und Ärzte aus dem Netz sich regelmässig zu Qualitätszirkeln treffen, und hatten einmal im Jahr Freitag/Samstag frei, weil unsere Chefs an der WintiMed-Retraite waren.
Mit der Zeit wurde ab und zu eine Sitzung mit allen Praxisassistentinnen gemacht, wenn das Netz besondere, netzinterne Aktionen für die Patienten plante. Dann trafen sich die Praxisassistentinnen
aller WintiMed-Praxen, und der Geschäftsführer erklärte uns Inhalt, Ziel und Ablauf des Projektes sowie unsere Aufgaben dabei. Diese Zusammenkünfte waren aber nicht häufig, bis sich vor drei Jahren die ganze WintiMed-Gruppe EQUAM zertifizieren liess. Das war für alle mit viel Aufwand, vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden. Wie wird das gehen mit all den Fragebogen, die die Patienten ausfüllen müssen? Was genau gehört denn in den Zertifizierungsordner und haben wir alles, was es dazu braucht? Schliesslich haben es alle geschafft, und wir durften an einem tollen «Zertifizierungs-Fest» teilnehmen, das die Geschäftsleitung für uns organisiert hatte. Das war das erste Mal, dass alle WintiMed-Praxen, ÄrztInnen und Praxisassistentinnen miteinander einen grösseren Anlass hatten. Nicht viel später konnten wir dann bereits wieder feiern, diesmal das 10-Jahres-Jubiläum. Auch dieses Mal gab es ein schönes Fest, bei dem auch wieder Praxisassistentinnen und ÄrztInnen gemeinsam feiern und Erfahrungen austauschen konnten. Es gab auch immer mehr netzinterne Aktionen für die Patienten und deshalb häufigere Zusammenkünfte für die Praxisassistentinnen, wo die geplanten Aktionen dann erklärt wurden.
Die MPA engagieren sich fürs Netz und organisieren ihre Weiterbildungen selber Vor zirka drei Jahren wurde ich vom Geschäftsführer gefragt, ob ich regelmässige Weiterbildungen für die Praxisassistentinnen von WintiMed organisieren möchte. Zusammen mit zwei Kolleginnen aus anderen Praxen habe ich das sehr gerne in Angriff genommen. Am Anfang haben wir an einer Zusammenkunft mit allen MPA versucht
318 ARS MEDICI 8 ■ 2008
VERNETZT
herauszufinden, was für Themen denn unsere Kolleginnen interessieren würden. Es kam eine Liste mit vielen verschiedenen Themen zusammen. Wir sind auch heute noch froh, wenn unsere Kolleginnen uns Vorschläge bringen, über welches Thema sie gerne mehr erfahren würden. Anhand einer schriftlichen Umfrage erfuhren wir, dass praktisch alle Praxisassistentinnen die Weiterbildungen am liebsten über Mittag besuchen. Deshalb bieten wir diese nun immer an einem Dienstag und an einem Mittwoch über Mittag an. Da alle Praxen in unserem Netz in der Stadt Winterthur gelegen sind, hat niemand einen weiten Anfahrtsweg. Bei den meisten Themen ist es so, dass Fragen gestellt werden oder Diskussionen entstehen. Mit zirka 45 Praxisassistentinnen wird das schwierig, aus diesem Grund führen wir unsere Sitzungen immer doppelt durch. Aus unserer Sicht ist es mit 20 bis 25 Teilnehmerinnen ideal. Selten gibt es nur einen einzigen Termin für alle, wenn zum Beispiel ein Referent nicht zweimal kommen kann.
Kaffeekränzchen oder Businesslunch? – Name gesucht Sitzungen, Weiterbildungen, Zusammenkünfte, Qualitätszirkel? Wir wissen immer noch nicht, wie wir diese MPA-Treffen nennen sollen. Da auf uns jeweils Sandwiches, Früchte und ein süsses Dessert warten, die wir während des Zuhörens
essen, kam einmal jemand auf die Idee, das sei ein «Business-Lunch» – aber das klingt vielleicht doch etwas hochtrabend.
Was wir bis jetzt erreicht haben Anfangs organisierten wir vier, jetzt sechs Weiterbildungen pro Jahr für die MPA. Mittlerweile kennen sich auch viele von uns untereinander, wir fühlen uns einander verbunden, rufen einander an bei Fragen und helfen uns gegenseitig. Diesen Aspekt finde ich – neben dem, was wir natürlich fachlich lernen können – sehr positiv und wichtig.
Jedes Jahr kurz vor Weihnachten sind alle Praxisteams zu einem Jahresschlussapéro eingeladen. Auch das ist eine schöne Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Projekte des vergangenen Jahres Revue passieren zu lassen. Letztes Jahr machten wir einen gemeinsamen Ausflug mit anschliessendem Nachtessen, der den Teilnehmenden gefallen hat. Da wir in der Praxis vieles umsetzen, was von WintiMed beschlossen wurde, sehe ich nicht nur die eigene Praxis, sondern auch alle WintiMed-Praxen als Team. An unseren Weiterbildungen haben wir in der Regel keine Zeit zum Plaudern, alle kommen direkt aus der Praxis und müssen anschliessend auch sofort wieder dorthin zurück. Deshalb ist es so wichtig, dass auch ab und zu ein geselliger Anlass durchgeführt wird. Wir haben für interessierte MPA gegenseitige Praxisbesuche organisiert. So war es möglich, in einer anderen Praxis der Kollegin für einen halben oder ganzen Tag über die Schulter zu schauen. Was macht sie besser? Was könnte ich für unsere Praxis übernehmen? Was möchte ich nicht übernehmen? Dieses Angebot wurde leider nur zurückhaltend genutzt, aber diejenigen, die einen Praxisbesuch gemacht haben, wussten nur Positives zu berichten.
Unsere Chefs werden mit Mails überflutet, da kann es schnell einmal passieren, dass eine Mail für ihre MPA nicht weitergegeben wird. Um die MPA direkt zu erreichen, ist es deshalb wichtig, dass sie eine eigene E-Mail-Adresse haben.
Delegierte MPA an der Retraite der Ärztinnen und Ärzte Die Ärztinnen und Ärzte aus unserem Netz haben einmal im Jahr eine zweitägige Retraite. Seit zwei Jahren dürfen wir drei MPA, die die Weiterbildungen organisieren, an diesen Retraiten teilnehmen. Wir empfinden dies jeweils als sehr bereichernd. Wir sehen so Zusammenhänge, die uns zum Teil vorher nicht klar waren, und erfahren, was für Ziele das Netz verfolgt. Wir dürfen auch immer unsere Meinung aus Sicht der Praxisassistentinnen sagen und erkennen die Sicht der ÄrztInnnen – der Blickwinkel ist nicht immer der gleiche. Ich denke, das kann viel zum gegenseitigen Verständnis beitragen.
Der Kreis vergrössert sich
Seit zwei Jahren sind wir Associé bei
mediX schweiz, so vergrössert sich der
Kreis noch mehr.
Ich durfte bei der
Planung und Orga-
nisation des mediX-Seminars 2006 mit-
helfen, an dem ÄrztInnen und mpa aus
der ganzen Deutschschweiz teilnahmen.
Ich finde es total spannend, mit so vielen
unterschiedlichen Menschen, die doch
alle «in einem ähnlichen Boot sitzen»,
über Ideen und Möglichkeiten zu disku-
tieren, wie wir noch besser werden kön-
nen.
Ich habe nun Gelegenheit, mich mit Pra-
xisassistentinnen, die in anderen Netz-
werken Weiterbildungen organisieren,
auszutauschen. Dies finde ich sehr berei-
chernd, wir können viel voneinander
profitieren.
■
Gabriela Ott
ARS MEDICI 8 ■ 2008 319