Transkript
MEDIEN ■ MODEN ■ MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Empfehlung einer Juristin und SP-Politikerin (sinngemäss): «Wenn Sie Ihren Arbeitsplatz aufgeben, aber nicht kündigen wollen, weil Sie sonst irgendwelcher Ansprüche verlustig gehen würden, dann lassen Sie sich krankschreiben.» Kein Witz. «Das machen doch alle.» Unser Problem: Eben haben wir im Nationalrat eine Motion von Jasmin Hutter aus St. Gallen (SVP) zur Kenntnis nehmen müssen, die da unter dem Titel «Haftung der Ärzte bei Beihilfe zur Scheininvalidität» lautet: «Der Bundesrat wird beauftragt, das IVG sowie weitere notwendige Erlasse dahingehend anzupassen, dass Ärzte künftig für Krankheitszeugnisse haftbar gemacht werden können, wenn sich diese als objektiv unhaltbar herausstellen und dadurch der Invalidenversicherung Kosten entstanden sind.» (ARS MEDICI berichtete im Politforum darüber). Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zu wissen meinen, welche Partei sie nächstes Mal wählen, dann bedenken Sie bitte: Die SP bringt zwar verglichen mit anderen Parteien offenbar bei Weitem mehr Verständnis dafür auf, dass Sie einen Arbeitnehmer gefälligkeitshalber krankschreiben, vor allem wenn er (oder sie) Parteimitglied ist. Andererseits: Sollte Ihre Praxisassistentin sich auf den juristischen Rat eben jener SPJuristin berufen und sich von einem Kollegen im Nachbardorf taktisch krankschreiben lassen, dann sieht die Sache für Sie ziemlich anders aus.
■■■
Eben noch sollte an dieser Stelle über etwas Positives berichtet werden. Die zuständige Kommission des Zürcher Kantonsrats schlug nämlich vor, das generelle Rauchverbot in Restaurants solle nicht für Festzelte und «Chnelle» gelten, die zu klein seien, um ein Fumoir abzutrennen. Ausserdem sei auch in
Fumoirs Bedienung zuzulassen, wenn das Personal freiwillig dazu bereit sei. Man staunte und raunte. Er steht zwar auf der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten, aber es gibt ihn noch: den gesunden Menschenverstand. Doch dann, kaum vier Tage später: Der gesunde Menschenverstand zieht den Kürzeren gegen den staatlich verordneten Gesundheitszwang. Der Ständerat greift rigoros durch, mithilfe liberaler Politiker notabene, und verhängt ein totales Verbot. Tja, liebe Raucher, jetzt heissts zu Hause bleiben. Und meiden Sie das Altersheim. Rauchen ist Ihnen auch dort verboten, selbst wenn sie damit 90 Jahre alt geworden sind. Als Strafe droht Ihnen Gefängnis. Und raten Sie mal, was dort verboten werden soll …
■■■
Es gibt sie noch, die grossen Geheimnisse. Nicht nur in der Politik, zum Beispiel: Wie schafft es jemand wie Samuel Schmid, gesegnet mit rhetorischer wie intellektueller Bedeutungslosigkeit, Bundesrat zu werden? (Zugegeben: Zubi war auch lange Nationalgoalie – wurde aber immerhin noch rechtzeitig entlassen [der Layouter, bekennender Zubi-Fan, möge diesen gewiss unfairen Vergleich entschuldigen.]) Auch beim Schweizer Fernsehen lautet die Frage: Wie schafft es einer wie Toni Polster, als Ko-Kommentator bei der Fussballeuropameisterschaft verpflichtet zu werden?
■■■
SVP-Rhetorik: «Notwendig ist ein transparenteres Gesundheitswesen mit Anreizen zu besserem Kostenbewusstsein bei allen Beteiligten.» Wow, grosse Erkenntnis. Könnte von Toni Polster sein. Der das sagte beziehungsweise schrieb, ist aber Nationalrat.
■■■
Dies voraus geschickt: Der den folgenden Satz im Hinblick auf die Steueroasenaustrocknungsdrohungen deutscher Politiker in Richtung Liechtenstein und die Schweiz geschrieben hat, hat angeblich weitverzweigte familiäre Beziehungen zu Deutschland und liebt die Deutschen, besonders als Mitarbeiter. Aber, so warnte er: «Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass die Trennung zwischen wirtschaftlichen und militärischen Massnahmen nicht immer zu den Kernkompetenzen deutscher Regierungen gehörte.»
■■■
Noch ein kerniger Spruch vom Land gefällig? Gefallen nach der Ausstrahlung des DokBeitrags «Die Abwahl»: «E verloges Wiib isch viilne lieber als de Blocher.» Aber auch: «Das isch de schönscht Tag sit langem gsii.» Die Menschen, die da so unterschiedlicher Meinung waren, einigten sich dann auf zweierlei: Erstens: Machtgier schlägt Fairness. (Nichts Neues, zugegeben.) Und zweitens: Männer (er)schiessen, Frauen vergiften. (Sowohl sich wie andere.)
■■■
Das Zitat des unbekannten Stänkerers zum Schluss: Keine Krankheit ist so unbedeutend, dass sie nicht im Krankenhaus zum Tode führen könnte.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 6 ■ 2008 221