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FORTBILDUNG
SMART: Kombinationsinhalator auch als «Notfallpümpli» einsetzen
Zusätzliche Hübe aus dem Budesonid/Formoterol-Kombinationsinhalator der Erhaltungstherapie können als Reliever wirken
Die Rubrik «Change Page» des British Medical Journal macht auf Therapieneuerungen auf-
Merksätze
merksam, die sich wegen neuer Evidenz auch
für die Praxis aufdrängen. Hier am Beispiel der
Bedarfstherapie bei Asthma bronchiale.
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Das Problem Mit einer Erhaltungstherapie kann das Asthma bei den meisten Patienten effektiv kontrolliert werden. Bei Patienten mit mittelschwerem oder schwerem persistierendem Asthma kann dazu entweder ein inhalierbares Kortikosteroid allein oder in Kombination mit einem lang wirkenden Betaagonisten zur Anwendung kommen. Der Kombinationsinhalator ist effektiver, aber die Patienten benötigen daneben dennoch für gelegentliche akute Verschlechterungen einen kurz wirkenden Betaagonisten wie Salbutamol (Ventolin® oder Generika) oder Terbutalin (Bricanyl®), ihr «Notfallpümpeli». Hier bietet sich jetzt die «single inhaler maintenance and reliever therapy» unter dem Kürzel SMART als Alternative an, schreibt der britische Pneumologe Peter J. Barnes.
Was spricht für eine Änderung? Der Einsatz von Budesonid plus Formoterol (Symbicort® Turbuhaler®) sowohl zur Erhaltungs- wie zur Bedarfstherapie ist in der Asthmakontrolle effektiver als Budesonid/Formoterol, Fluticason/Salmeterol (Seretide®) oder hoch dosierte Steroide (Budesonid [Pulmicort®], Fluticason [Axotide®]) zur Erhaltungstherapie und ein kurz wirkender Betaagonist als Reliever bei Bedarf. Inzwischen liegen sieben doppelblinde randomisierte, sämtlich von der Firma AstraZeneca gesponserte Studien vor, die diese Feststellung stützen. Als wichtigster Vorteil lässt sich herausstreichen, dass die Zahl der schweren Exazerbationen, die eine orale hochdosierte Steroidbehandlung erfordern, in etwa halbiert wird und Hospitalisationen seltener sind.
■ Die Therapie mit einem einzigen Inhalator für Budesonid plus Formoterol sowohl als Erhaltungs- wie als Bedarfstherapie bietet eine bessere Asthmakontrolle als ein Kombinationsinhalator oder höhere Kortikosteroiddosen zur Erhaltungstherapie plus ein kurz wirkender Betaagonist als Reliever.
■ Der Hauptvorteil leigt in der Reduktion von Exazerbationen, ausserdem ist diese Strategie für die Patienten einfacher.
■ Übermässiger Gebrauch dieser Kombinationstherapie als Reliever scheint kein Problem zu sein.
In der SMART-Studie benötigten die Teilnehmenden im Mittel etwa einen Hub pro Tag zusätzlich. Die SMART-Strategie scheint bei leichteren, mittelschweren und schweren Asthmaformen effektiv zu sein. Bekannt war, dass das lang wirkende Formoterol dem kurz wirkenden Salbutamol bei ebenso raschem Wirkungseintritt und ähnlichen Nebenwirkungen auch als Reliever überlegen ist. Nun kommt die Beobachtung hinzu, dass der Kombinationsinhalator noch effektiver ist, also auch das damit gleichzeitig inhalierte Steroid eine wichtige Rolle spielt. In diesem Zusammenhang weist der Autor darauf hin, dass die Kombination von Fluticason/Salmeterol nicht zur SMART-Therapie eingesetzt werden kann, weil Salmeterol einen langsameren Wirkungseintritt und kumulative Nebenwirkungen besitzt. Andere Kombinationsinhalatoren, die Formoterol zusammen mit anderen Kortikoiden enthalten, sind jedoch in Entwicklung.
Was steht der Änderung entgegen? Die bisherige SMART-Erfahrung deutet darauf hin, dass es für die Asthmapatienten hilfreich ist, wenn sie gleichzeitig zwei Kombinationsinhalatoren besitzen, einen zu Hause für die Erhaltungstherapie und einen zweiten für unterwegs zur Bedarfstherapie. Zunächst war befürchtet worden, dass die Patienten
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den Kombinationsinhalator zu oft einsetzen könnten und damit zu hohe Steroiddosen inhalieren würden. In den grossen klinischen Studien trat dieser Effekt jedoch nicht zu Tage, vermutlich weil die SMART-Therapie zu einer besseren Asthmakontrolle führte. Die Patienten sollten jedoch den Rat erhalten, ihren Arzt aufzusuchen, wenn sie mehr als sechs zusätzliche Hübe aus dem Budesonid/Formoterol-Inhalator benötigen. Auch die Kosten sind ein Gesichtspunkt. Durchschnittlich brauchten die Studienteilnehmer aber nur einen zusätzlichen Hub täglich, sodass die Behandlungskosten eher gering steigen, während die Verhütung kostspieliger schwerer Exazerbationen zu Kosteneinsparungen führt. Sollten Konkurrenzpräparate folgen, dürfte auch dies zu einer Kostensenkung führen. Die bisherigen Erfahrungen mit der SMART-Strategie stammen jedoch aus klinischen Studien mit ihren ausgewählten Patienten, jetzt ist zu fordern, dass die klinische Effektivität auch an unausgewählten Patienten überprüft wird.
Was soll in der Praxis geändert werden? Die SMART-Therapie mit der Budesonid/Formoterol-Kombination ist der konventionellen Behandlung aus getrennter Erhaltungs- und Bedarfstherapie überlegen. Dafür in Frage kommen Patienten mit mittelschwerem und schwerem persistierendem
Asthma, das mit den konventionellen Therapien nicht ausrei-
chend kontrolliert werden kann, und die eine inhalative Not-
falltherapie benötigen.
Für die Patienten ist das Vorgehen ausgesprochen einfach, da
sie nur ihr gewohntes «Notfallpümpli» durch einen zweiten
Budesonid/Formoterol-Inhalator ersetzen müssen. Die Kombi-
nation kann als Erhaltungstherapie bei mittelschwerem Asthma
einmal, bei schwerem Asthma zweimal täglich inhaliert wer-
den. Die SMART-Strategie hat sich in Studien auch bei Kindern
zwischen 4 und 12 Jahren als effektiv erwiesen, die Fachinfor-
mation des Schweizer Arzneimittel-Kompendiums empfiehlt
sie ab 6 Jahren.
Nicht geeignet ist die SMART-Therapie für Patienten, die über-
mässig oft zur Reliever-Therapie greifen, und für Asthmatiker,
die Schwierigkeiten haben, eine Verschlechterung ihrer Erkran-
kung rechtzeitig zu erkennen.
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Peter J. Barnes (Airway Disease Section, National Heart and Lung Institute, Imperial College, London): Using a combination inhaler (budesonide plus formoterol) as rescue therapy improves asthma control. Brit Med J 2007; 335: 513.
Interessenkonflikte: keine deklariert
Halid Bas
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