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Rosenbergstrasse 115
500 Personen sterben europaweit jeden Winter beim Skifahren oder Snowborden. Die Zahl der Verletzten nach Skiunfällen geht allein in der Schweiz in die Hunderttausende (70 000 Schweizer, 40 000 ausländische Gäste). Das Spital Davos behandelt in der Hochsaison bis zu 70 Verletzte pro Tag. 10 Prozent aller Skiunfälle sind Kollisionen. Nicht selten ist übersetzte Geschwindigkeit die Ursache. Und die Verletzungen wurden in den vergangenen Jahren signifikant schwerer. Bereits 2005 hat Nationalrat und Arzt Paul Günter mit einer Motion griffigere Massnahmen gegen Pistenrowdys gefordert. Geschehen ist seither – nichts. Ach ja, doch: verschiedene Kantone haben im Eiltempo Gesetze verabschiedet, um die Bevölkerung vor tödlichen Hundeattacken zu schützen. Das nennt man Prioritätensetzung.
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Diese Nachrichten lassen uns aufhorchen, bestätigen sie doch unser Uralt-(Vor)urteil gegenüber dem Staatsmonopolisten: Zum einen: Die Post machte im letzten Jahr 900 Millionen Franken Gewinn. Zum anderen: «Die Brieftaxen sind massiv überhöht», sagt sogar der Postregulator. Und: «Das Monopol rettet keine einzige Poststelle – im Gegenteil.» Der Gesundheitsindustrie wirft die Politik immer wieder vor, alles zu tun, um die Hochpreisinsel Schweiz zu erhalten. Der Hochpreisberg Post auf der Hochpreisinsel Schweiz hingegen bleibt unangetastet. Soviel zur Prioritätensetzung.
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Singapur und ein arabisches Emirat kaufen 10 Prozent der UBS; andere Singapur-Fonds beteiligen sich an weiteren, vor allem amerikanischen Banken. Der russische Oligarch Vekselberg kauft sich in mehrere Schweizer
Firmen ein (Unaxis, Sulzer, Saurer, Züblin, Ascom) – dabei ist er mit etwas über 11 Milliarden Dollar Vermögen nur die Nummer 10 in der Rangliste russischer Oligarchen. Die indische Tata kauft die Edelmarken Jaguar und Land Rover. Der ukrainische Tycoon Bogoljubow kauft den wichtigsten australischen Manganproduzenten auf. Und so weiter und so fort. Mit anderen Worten: Die Besitzverhältnisse beginnen sich zu verändern oder haben sich bereits massiv geändert. Russland, China, Indien, Singapur, die arabischen Emirate kaufen mit dem Geld, das die westlichen Industrienationen ihnen für Erdöl und Gas, aber auch für billige Konsumgüter in unvorstellbar grosser Menge bezahlt haben, «unsere» Industrien auf. Einerseits ist das höchst beunruhigend, eandererseits: Hauptsache, das Geld kommt zurück zu uns. Und: besser zu uns (in die Schweiz) als nach Luxemburg oder London.
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Apropos: Oligarchie ist bei Platon die gesetzlose Herrschaft der Reichen, die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind. Seit den Neunzigerjahren wird der Begriff auch verwendet, um Geschäftsleute zu bezeichnen, von denen die Allgemeinheit annimmt, dass sie in der chaotischen Zeit nach dem Ende der UdSSR durch unsaubere Mittel zu grossem Reichtum und politischem Einfluss kamen.
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Es gäbe übrigens alternative –kratien, doch leider haben sie grosse Mühe, sich durchzusetzen. Wer ist schon an einer Timokratie (Herrschaft der Angesehenen), gar einer Epistokratie (Herrschaft von Wissen) oder wenigstens einer Meritokratie (Herrschaft der Leistungsfähigen) interessiert? Realistischer ist da noch die Gerontokratie (Herrschaft der Alten). Zufrieden sind wir aber
schon mit der Demokratie (Herrschaft des Volkes).
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Vor einiger Zeit haben wir über eine Zürcher Gemeinde berichtet, in der man die öffentlichen Brunnen mit Beton bis auf 30 cm Tiefe zugiessen wollte, um die Gefahr des Ertrinkens im Brunnen zu minimieren (ernsthaft!). Dass es auch anders als absurd geht, beweist Truttikon im Zürcher Weinland. Witzbolde tauschten an Silvester die Ortschilder des fusionsfeindlichen Truttikon aus gegen «Ossingen (Ortsteil Truttikon)», andere schmückten die Dorflinde über Nacht mit leeren Petflaschen. Gemeindepräsidentin Jolanda Derrer nimmts leicht. Zu den Ortsschildern meint sie: «Wir lassen sie noch ein bisschen stehen.» Und weiter: «Man muss nicht immer alles verbieten, vor allem nicht, wenn es originell ist.»
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Die letzten Tage (über Weihnachten und Neujahr) waren kalt und in den Bergen herrschten perfekte Schnee- und Witterungsverhältnisse. Alles halb so schlimm also mit der globalen Erwärmung? Nicht doch, was machen sonst 15 000 Umweltschützer auf der Trauminsel Bali? Schliesslich sind sie extra wegen der Umweltverschmutzung auf die wunderbare Ferieninsel gedüst. Happy Holiday!
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Aus einem Trailer im Schweizer Fernsehen: «Bakterien: Die meisten sind besser als ihr Ruf.»
Richard Altorfer
ARS MEDICI 2 ■ 2008 45