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VERNETZT
HAP/hapmed AG – Hausarztmedizin am Pfannenstiel !
In dieser Rubrik werden Projekte und Aktivitäten der verschiedenen Hausarztnetze in der Schweiz vorgestellt. Wir freuen uns über den ersten Beitrag von hapmed, dem Hausärztenetz am Pfannenstiel. Dessen Präsident Gerold Saladin macht sich zum Jahreswechsel seine Gedanken.
Wie schreibe ich vor Weihnachten einen Artikel über Projekte unseres Netzwerks am rechten Zürichsee-Ufer (www.hap med.ch, gegründet 1997/2003), und zwar so, dass er im Januar beachtet wird, wenigstens im Überflug? Von Kollegen nicht selten erwartet werden ja Empörung (vgl. «Empörung ist der Partner der Kommunikation», J. de Haller, SÄZ 2007; 88: 50, S. 2115), Schutz-und-Trutz-Konzepte, gerissene Schachzüge. Dabei bin ich für Verlässlichkeit, Bescheidenheit und Service public. Ein Frühaufsteher wie die meisten. IV-Berichte meist noch von Hand schreibend. Einem Adrian Wirthner, Leiter von MediX Bern, werde ich nie das Wasser reichen können (vgl. «Money, Fun and Glory – das macht Ärztenetzwerke erfolgreich!», PrimaryCare 2007; 7: Nr. 20–21, S. 330 ff.). Was habe ich mit dem etwas antiquierten Label ARS MEDICI zu tun? Sie erahnen es: persönliche Beziehungen zu einer der Kolumnistinnen. Da kann man doch nicht Nein sagen. Auch so eine Kunst des Arztes!
Das kleinste Projekt ist, die grosse Firma Roche zu veranlassen, Konakion® wieder in Tablettenform auf den Markt zu bringen. Wie soll Frau M., die ihren etwas kranken Mann fast nie mehr alleine lässt, vor der Schrittmacherwechsel-
Operation noch ohne Malheur eine Ampulle öffnen und den Inhalt mit Spritze und Nadel so herausziehen, dass sie diesen ohne Glassplitter verschlucken kann? Braucht das meinen Hausbesuch oder gar die Spitex? Ist das Mengenausweitung? (Ich entschloss mich zu zwei Hausbesuchen, lobte den warmen Kachelofen – die Zentralheizung war am Vortag ausgefallen –, bewunderte die vielen Bilder von Herrn M., welcher Kunstmaler ist, und wurde erst noch mit 5 Liter Süssmost aus dem eigenen Obstgarten beschenkt.) Dank Roche also wieder ein vertrautes Verhältnis zum Ehepaar M. Trotzdem: Wer so schöne Drucksachen verschicken kann wie das «rochemagazin», der könnte doch auch wieder Vitamin-K-Tabletten pressen. Aber halt: Die Dezember-Nummer ist die letzte ihrer Art, «Finale nach 30 Jahren»! Das Geld gehe jetzt in den Onlinebereich, die Printmedien verblassen, wird gesagt. Mein langjähriger RochePharmareferent, ein Hüne zwar, wusste auch keinen Rat.
Unser grösstes Projekt ist es, Medizinstudierende unserer «Goldküste» für Hausarztmedizin zu gewinnen. Ambitiös, nicht wahr? Wir wollen zunächst einige KollegInnen mehr dazu bewegen, sich als LehrärztInnen zur Verfügung zu
Gerold Saladin
stellen. Offenbar erfolgt die Prägung der Medizinstudierenden zugunsten der Allgemeinmedizin ja in ganz frühen Jahren (oder eben nicht). Wir möchten Einblicke gewähren in unsere einzigartigen und vielfältigen Beziehungen zu kranken Menschen. Wie oft können wir auch lachen in unseren Sprechzimmern, brauchen weder Endoskop noch Publikationsliste! Das sollte doch die jungen Leute überzeugen! Gegen dieses an sich sehr löbliche Projekt spricht unter anderem unsere Zeitnot. Oder wie mir ein sehr geschätzter, aber jetzt (in anderem Zusammenhang) aufgebrachter Kollege am 13. Dezember 2007 schrieb: «Nicht vergessen werden sollte zudem, dass wir Ärzte Akkordarbeiter der Krankenkassen für einen nicht von uns festgelegten Tarif sind, aber mit eigenem unternehmerischem Risiko!» Aber ohne Nachwuchs – meine ich – gibt es schon ziemlich bald keinen Notfalldienst mehr, und kein Notfalldienst und keine Bereitschaft zu Überraschungen bedeutet weniger Kompetenz im Alltag. Dafür schwindet das Vertrauen des Publikums, das angeblich immer mehr in die Notfallstationen der Regionalspitäler
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drängt. Uns in der Praxis bleibt viel Zeit und Raum für Gewerbliches und Schreibarbeiten. Bis zum Grounding. Sehe ich Gespenster?
Projekte mittlerer Grösse sind weitere Umsetzungsschritte unserer 2007 abgeschlossenen ersten Managed-Care-Verträge. Wir kennen jetzt den Oberbegriff von Progrès, sansan, avanex und aerosana. Ich bekam von den Vertragspartnern sogar zwei Weihnachtskarten (Glaskugeln oder Seifenblasen abbildend die eine, eine glückliche Jungfamilie mit Wollpullovern im Schneegestöber zeigend die andere, wirklich schön!). Dass das eine Versicherungsprodukt das andere kannibalisiert, ist für uns nicht so wichtig, wir carven erst ein wenig in den Lernkurven.
Den ökonomischen und informationstechnologischen Bereich haben wir schon 2004 unserem Geschäftsführer lic. oec. HSG Paul Kaiser übertragen können. Er ist in bestem Sinn unser Klumpenrisiko. Aber dafür können wir Ärztinnen und Ärzte getrost und ohne Überforderung unserer Kerntätigkeit nachgehen, nämlich für unsere Kranken sorgen, wenn möglich WZW-mässig. Firma spielen wollen wir auch in Zukunft nicht. Die Firmen weit überregional agierender Gesundheitsökonomen überernähren auch nicht.
Wann kommt die erste PatientInnenumfrage? Welchem Qualitätslabel wollen wir uns anschliessen? Franziska Troesch-Schnyder vom Konsumentinnenforum will jetzt wissen, welcher Arzt eine vernünftige Medizin praktiziert!
Wollen wir bis in fünf oder zehn Jahren zwei oder drei hapmed-eigene Gemeinschaftspraxen (walk in) gegründet haben? Es gibt noch sehr viel zu tun! Wer hilft mit? Wer hält dagegen?
Hoffentlich überstehen wir alle die Grippewelle gut!
Gerold Saladin, 8713 Uerikon Allgemeinmedizin FMH
Verwaltungsratspräsident hapmed
Y=U
Lösung des Kreuzworträtsels aus ARS MEDICI 24/07
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