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PRAXISERFAHRUNGSBERICHT
Behandlung der Alzheimer-Demenz mit Galantamin
Resultate von Erfahrungsberichten aus Schweizer Praxen (REMEMBER-Studie)
Galantamin (Reminyl®) gehört zu den Antidementiva mit eindeutig nachgewiesener Wirksamkeit. Eine Verbesserung der kognitiven Hirnleistung kann üblicherweise innert sechs Monaten erreicht werden. Die vorliegende Beobachtungsstudie über die Dauer von neun Monaten, in die 522 Patienten einbezogen wurden, bestätigte die Wirksamkeit von Galantamin hinsichtlich der Verzögerung der Alzheimer-Progression. Die Besserung der Beschwerden war am MMSE und anhand verschiedener kognitiver Parameter erkennbar. Die Verträglichkeit der Medikation erwies sich als gut: Nur etwa 10 Prozent der Patienten litten unter Nebenwirkungen, nur 21 (4,3%) Patienten brachen deswegen die Behandlung ab.
JULIA VLACHOJANNIS1, LORENZO HESS2, MARKUS RIMLE3 UND HANSJÖRG HUNGERBÜHLER4 FÜR DIE TEILNEHMER DER BEOBACHTUNGSSTUDIE
«REMEMBER»
Einführung Weltweit leiden etwa 15 Millionen Menschen an AlzheimerDemenz (Samanta et al., 2006). In der Schweiz waren im Jahr 2005 etwa 98 000 Personen betroffen (www.alz.ch/d/html/alz-
1 Forsterstrasse 30, 8044 Zürich 2 brunner & hess software ag, Schulhausstrasse 73, 8027 Zürich 3 Janssen-Cilag AG, 6341 Baar 4 Neurologische Klinik, Kantonsspital, 5001 Aarau
heimer+33.html). Charakteristisch für diese progressive Hirndegeneration sind bekanntermassen Amyloidablagerungen in bestimmten Hirnregionen, welche zu einer fortschreitenden Beeinträchtigung von Gedächtnis, Sprache, Planen, Handeln und Orientierung führen. Die klinischen Zeichen der AlzheimerDemenz überlappen mit Veränderungen bei Demenzen anderen Ursprungs (vaskuläre Demenz, Parkinson-Demenz etc.). Je früher die Verdachtsdiagnose in der Praxis gestellt und von einer Memory-Clinic erhärtet wird, umso eher kann eine Therapie mit Cholinomimetika eingeleitet werden, was zur Verbesserung der Prognose beiträgt. Zur Diagnostik wird in der Praxis oft die Mini-Mental-Status-Untersuchung (MMSE) genutzt. Dieser Test wird auch zur Bestimmung der Veränderung im Laufe der Krankheit oder zum Nachweis der Wirkung von Medikamenten benutzt. Der Mini-Mental-Test setzt sich aus 30 Aufgaben zur Orientierung (zeitlich und örtlich), Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Rechenfähigkeit, Erinnerungsfähigkeit und Sprache sowie zur Fähigkeit, einfachen gesprochenen und geschriebenen Befehlen zu folgen, zusammen. Unterschiedliche berufliche Erfahrungen und Schulbildung beeinflussen die Testergebnisse und sollten in die Auswertung einfliessen. Eine Punktzahl von 11 bis etwa 26 Punkte weist auf eine leichte bis mittelschwere Demenz hin, eine schwere Form liegt bei einer Punktzahl von unter 10 vor. Diese Untersuchung von Janssen-Cilag AG hatte zum Ziel, Praxiserfahrungsberichte zu Patienten, die mit Reminyl PR gemäss Arzneimittel-Kompendium behandelt worden waren, auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit zu analysieren.
Der Acetylcholinesterasehemmer Galantamin Galantamin ist ein Alkaloid, das zum Beispiel in Schneeglöckchen oder in Osterglocken enthalten ist. Es wurde erstmals im Jahr 1953 synthetisiert. Galantamin hemmt selektiv, kompetitiv und reversibel die nikotinische Acetylcholinesterase und erhöht den Acetylcholingehalt im synaptischen Spalt. Darüber hinaus moduliert es die subsynaptischen Nikotinrezeptoren und verstärkt damit die gewünschte Wirkung auf den Acetylcholingehalt. Da bei der Alzheimer-Demenz Hirnzellen absterben und die Funktion der cholinergen Nervenzellen progressiv abnimmt, kann durch Gabe von Galantamin der Acetylcholingehalt im Gehirn erhöht und die Hirnleistung verbessert werden. Gegenwärtig ist Galantamin für die Behandlung von leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz registriert.
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PRAXISERFAHRUNGSBERICHT
Ärzte n = 160
eingeschlossene Patienten n = 522
Population zur Sicherheit
n = 490
Population zur Wirksamkeit
n = 407
– 30 Patienten ohne Folgevisite – 1 Patient mit fehlenden Fragebogeseiten – 1 Patient wurde nicht mit Reminyl behandelt (Donezepil)
bei 33 Patienten fehlt der MMSE-Test (5 bei Beginn, 26 bei der letzten Visite, bei 2 fehlt Beginn und Ende)
bei 31 Patienten liegt der MMSE nicht zwischen 10 und 26 (4 Patienten < 10; 27 Patienten > 26)
14 Patienten haben die Behandlung vor der 2. Visite abgebrochen
5 Patienten wurden weniger als 55 Tage behandelt
Abbildung 1: Beschreibung der Ausschlussgründe für die Patienten, die nicht in die Analyse zur Wirksamkeit einbezogen wurden.
Galantamin wird einschleichend dosiert, beginnend mit 8 mg einmal täglich (morgens) während zirka vier Wochen bis zur Erhaltungsdosis von 16 mg bis maximal 24 mg (einmal tägliche Gabe der Prolonged-Release-Formulation). Zu den cholinergen Nebenwirkungen zählen typischerweise Übelkeit und Erbrechen (Hock, 2007). Galantamin wird durch hepatisches Zytochrom P-450-2D6 metabolisiert, ohne dabei aber eine hemmende oder induzierende Wirkung zu besitzen. Von einer prophylaktischen Behandlung mit Galantamin bei leichten kognitiven Störungen (Mild Cognitive Impairment, MCI) wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgeraten (Loy und Schneider, 2006).
Wirksamkeit von Galantamin bei Morbus Alzheimer leichten bis mittelschweren Grades Ein Cochrane-Review, in das 13 Doppelblindstudien einbezogen wurden, kommt zu dem Schluss, dass Cholinesterasehemmer im Vergleich zu Plazebo die kognitiven Funktionen bei geringer bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz bessern (Birks, 2006). Die britische Gesellschaft für Psychopharmakologie stufte deshalb die Cholinesterasehemmer in die Kategorie der Antidementiva mit höchster Evidenz an Wirksamkeit ein (Burns et al., 2006). Ob Cholinesterasehemmer bei vaskulärer Demenz ebenso wirksam sind wie bei der Alzheimer-Demenz, ist noch nicht eindeutig geklärt (Kavirajan et al., 2007), obwohl
es hierfür schon gute Evidenz gibt (Erkinjuntti et al., 2004). Ein weiteres Cochrane-Review schloss zehn Studien mit insgesamt 6805 Patienten in die Analyse zur Wirksamkeit von Galantamin ein (Loy und Schneider, 2006). Bei einer Dosis von 16 mg waren Wirksamkeit und Verträglichkeit optimal, das heisst die Wirksamkeit war bei einer Erhöhung der Dosis auf 24 mg nicht besser, die Nebenwirkungen aber nahmen zu. Nach sechs Monaten war der Behandlungseffekt grösser als nach dreimonatiger Behandlung. In einer offenen Beobachtungsstudie besserte sich der MMSE im Zeitraum über sechs Monate vom Ausgangswert 20,8 um 2 Punkte (Brodaty et al., 2006). Es besteht kein Zweifel daran, dass die Progression der Alzheimer-Demenz durch eine Langzeitbehandlung mit Galantamin verlangsamt werden kann (Raskind et al., 2004; Brodaty et al., 2007). In einer Vergleichsstudie war der Anstieg des MMSE unter Behandlung mit Galantamin höher als unter Behandlung mit Donepezil (Wilcock et al., 2003).
Schweizer Praxiserfahrungsberichte über eine neunmonatige Behandlung Im Zeitraum von August 2005 bis Juni 2007 wurden in 160 Arztpraxen 522 Patienten mit der Verdachtsdiagnose AlzheimerDemenz in eine etwa neun Monate dauernde Beobachtungsstudie (Praxiserfahrungsberichte gemäss IKS-Bulletin 3/2000)
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BEHANDLUNG DER ALZHEIMER-DEMENZ MIT GALANTAMIN
aufgenommen. Bei der Eingangsuntersuchung wurden Informationen zur sozialen Situation, Versorgung, Komorbidität und Vorbehandlung mit Antidementiva eingeholt sowie zum Ausmass der kognitiven und nicht kognitiven Störungen, des Schweregrads von Verhaltens- und psychiatrische Störungen, zur Belastung für den Pflegenden und zur Einschränkung der instrumentellen Aktivitäten. Entsprechend der Fachinformation erhielten die Patienten Galantamin in der Dosierung 8 bis 24 mg pro Tag. Es wurde eine Kontrollvisite nach zirka drei Monaten empfohlen, bei der die Wirksamkeitsparameter (MMSE, 8 kognitive Funktionen und 13 nicht kognitive Störungen, Verhaltens- und psychiatrische Störungen, Belastung für den Pflegenden [Bewertungsskalen 0–5] sowie Hilfe bei 4 Basisaktivitäten bzw. 9 instrumentellen Aktivitäten [Bewertungsskalen 0–3]) dokumentiert wurden. Die Abschlussvisite fand nach etwa neun Monaten statt. Die erhobenen Parameter spiegeln die in Routineuntersuchungen erfassten Daten wider.
Beschreibung der Patientenkollektive Von der Auswertung ausgeschlossen wurden 32 Patienten (30, weil sie nicht mehr in die Sprechstunde kamen und somit keine Daten zum Verlauf vorlagen, bei 1 Patienten war die Dokumentation unvollständig, und 1 Patient wurde mit einem anderen Antidementivum behandelt). Von den 490 Patienten (Population für die Dokumentation unerwünschter Ereignisse) wurden 53 Patienten von der Auswertung zur Wirksamkeit von Galantamin bei leichter bis mittelschwerer Altersdemenz ausgeschlossen. Die Ausschlussgründe sind der Abbildung 1 zu entnehmen.
Ergebnisse Die Ausgangssituation ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Etwa die Hälfte der Patienten war 80 Jahre und älter, bei mehr als der Hälfte der Patienten bestand die Diagnose «Alzheimer-Demenz» seit weniger als einem Jahr. Die meisten Patienten wurden vom Ehepartner betreut. Etwa 30 Prozent der Patienten hatten zuvor bereits Antidementiva eingenommen (ein Drittel Reminyl®), etwa 30 Prozent nahmen zusätzlich ein Antipsychotikum, und 17 Pro-
Tabelle 1: Beschreibung der Populationen zur Sicherheitsbewertung und Wirksamkeit
Anzahl Patienten Alter (Jahre, Mittelwert ± SD) < 70 Jahre 70–79 Jahre 80–89 Jahre ≥ 90 Jahre Anteil Frauen
Zeit seit Diagnosestellung < 6 Monate 6–12 Monate > 12–24 Monate > 24–48 Monate > 48 Monate
Soziale Situation lebt mit Familie lebt im Altersheim lebt allein lebt mit Partner/anderer Person
Versorgung durch Ehepartner Kind Krankenschwester fremde Person Andere
MMSE (Visite 1) < 10 10–20 20–26 > 26 keine Angabe
Begleiterkrankungen
Einnahme von Antipsychotika Einnahme von Antidepressiva Vorbehandlung mit Antidementivum: – Galantamin (Reminyl bid) – Donezepil – Rivastigmin – Memantin – andere
Population zur Sicherheitsbewertung
490 100% 79,4 ± 7,3 44 9,0% 184 37,6% 235 48,0% 27 5,5% 307 62,7%
193 39,4% 88 18,0% 97 19,8% 70 14,3% 42 8,6%
322 65,7% 106 21,6% 55 11,2% 7 1,4%
236 48,2% 165 33,7% 106 21,6% 22 4,5% 39 8,0%
4 0,8% 193 39,4% 257 52,4% 29 5,9% 7 1,4%
400 81,6%
131 26,7% 81 16,5% 160 32,7% 58 11,8% 55 11,2% 18 3,7% 5 1,0% 24 4,9%
Population zur Wirksamkeit
407 83,1% 79,4 ± 6,8 35 8,6% 157 38,6% 197 48,4% 18 4,4% 255 62,7%
149 36,6% 78 19,2% 83 20,4% 65 16,0% 32 7,9%
268 65,8% 94 23,1% 38 9,3% 7 1,7%
200 49,1% 132 32,4% 94 23,1% 17 4,2% 32 7,9%
— 176 43,2% 231 56,8% — —
328 80,6%
117 28,7% 62 15,2% 131 32,2% 47 11,5% 44 10,8% 17 4,2% 4 1,0% 19 4,7%
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PRAXISERFAHRUNGSBERICHT
25 Q; Median; 75Q
a) 5
4
p < 0.001 n.s . 3 ∅ = 2.2± 0.8 3 2,3 2 ∅ = 2.0 ± 0.84 2,0 ∅ = 2.0± 0.9 6 2,0 ∅ = 2.0± 0.94 2,0 1 0 p < 0.001 Basalwert Visit e 2 n =399 n = 397 Visite 3 n = 370 let z t e Vi site n = 399 Gedächtnis Aufmerksamkeit Zeitliche Orientierung Räumliche Orientierung Rechnen Sprache Benennen von Gegenständen Erkennen bekannter Gesichter 39,8% 37 ,1% 37,6% 37,6% 33,1% 25 ,8% 31 ,3% 24,6% 46,6% 45 ,4% 44 ,1% 44 ,1% 48,9% 49,1% 46,9% 57,9% 13,5% 1 7 ,5 % 18,3% 18,3% 18,0% 25,1% 21,8% 1 7 ,5 % 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% besser gleich schlechter Abbildung 3: Besserung der einzelnen kognitiven Parameter bei den Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz 25 Q; Median; 75Q b) 5 4 3 2 ∅ = 2.5± 0.7 4 2,6 p < 0.001 n.s . ∅ = 2 .3± 0.82 ∅ = 2.3± 1.0 2,3 2,1 ∅ = 2 .3± 0.98 2,1 1 0 p < 0.001 Basalwert Visit e 2 n = 171 n = 170 Visite 3 n = 163 let z t e Vi site n = 171 c) 5 4 p = 0.004 n.s . 25 Q; Median; 75Q 3 ∅ =1.9± 0.80 ∅ =1 .6± 0.78 ∅=1 .8± 0.88 ∅ =1 .8± 0.87 2 1,9 1,6 1,8 1,8 1 0 p < 0.001 Basalwert Visit e 2 n = 228 n =227 Visit e 3 n = 207 let z t e Vi site n =228 Abbildung 2: Besserung der kognitiven Störungen (0 = keine, 1 = sehr geringe, 2 = geringe, 3 = mittelschwere, 4 = schwere, 5 = sehr schwere Störungen) a) bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz (MMSE 10–26) b) bei mittelschwerer Alzheimer-Demenz (MMSE 10–20) c) bei leichter Alzheimer-Demenz (MMSE 20–26) zent ein Antidepressivum. Die initiale Dosis der Population zur Berechnung der Wirksamkeit betrug bei 319 (78,4%) Patienten 8 mg, bei 45 (11,1%) Patienten 16 mg und bei 33 (8,1%) Patienten 24 mg Galantamin (2,5% hatten eine andere Dosierung). Bei der letzten Visite nahmen 49 (12,0%) Patienten 8 mg, 192 (74,2%) Patienten 16 mg und 156 (38,3%) Patienten 24 mg ein. Variable Patient lebt allein nimmt Antipsychotika nimmt Antidepressiva Kognitive Störungen (Beginn) Basisaktivitäten (Beginn) Pflegebelastung (Beginn) Dosis Reminyl 16 mg (Ende) Dauer der Beobachtung Frühzeitiger Abbruch Unerwünschte Ereignisse Aufmerksamkeit (Beginn) Abnorm. motorisches Verhalten Finden von Gegenständen p-Wert 0,004 ** 0,030 * 0,001 *** 0,000 *** 0,027 * 0,050 * 0,023 * 0,039 * 0,006 ** 0,033 * 0,004 ** 0,004 ** 0,018 * Logistische Regression, Nagelkerke r2 = 0,25 EXP(B) (+/-) 95% CI) Abbildung 4: Regressionsanalyse zu den Einflussfaktoren auf die Besserung kognitiver Störungen (Odds Ratio mit 95%-Konfidenzintervallen) 29 Patienten schieden innerhalb von neun Monaten aus (6 aufgrund unerwünschter Ereignisse, 7 wegen mangelhafter Compliance, 7 wegen ungenügender Wirksamkeit, 16 aus anderen Gründen). Über den Verlauf der neunmonatigen Behandlung mit Galantamin hatte sich der MMSE-Score bis zur letzten Visite bei 45 Prozent der Patienten gebessert und bei 12 Prozent nicht verschlechtert. Aus Abbildung 2a geht hervor, dass sich die kognitiven Störungen schon bei Visite 2 signifikant um 0,3 Punkte im Median gebessert hatten. Die Besserung hielt über den Verlauf der neunmonatigen Behandlung an. Bei Patienten mit mittelschweren kognitiven Störungen war die Besserung ausgeprägter als bei Patienten mit leichten kognitiven Störungen (Abbildungen 2b und c). Abbildung 3 zeigt, dass sich vor allem die Gedächtnisfunktion, die Aufmerksamkeit, das Erkennen bekannter Gesichter, die zeitliche und räumliche Orientierung sowie das Rechnen durch die Behandlung mit Galantamin gebessert haben. Die anderen Messparameter wurden durch die Behandlung nicht wesentlich beeinflusst. 51 der 490 Patienten litten an insgesamt 57, meist geringen, unerwünschten Wirkungen. Die mit Galantamin in Zusammenhang stehenden Nebenwirkungen sind in Tabelle 2 aufgeführt. Auffallenderweise waren im höheren Lebensalter und bei Einnahme höherer Dosen unerwünschte Ereignisse nicht häufiger als unter der empfohlenen Zieldosis von 16 mg/Tag. 36 ARS MEDICI 1 ■ 2008 BEHANDLUNG DER ALZHEIMER-DEMENZ MIT GALANTAMIN Tabelle 2: Mit Reminyl® in Zusammenhang stehende unerwünschte Ereignisse in der Population zur Sicherheitsbewertung zweifelhaft Patienten 2 Nausea Erbrechen Schwindel Verwirrtheit 1 *andere **andere 1 unerwünschte Ereignisse 0 möglich 13 4 1 1 3 5 14 wahrscheinlich 10 1 2 2 1 5 3 14 sehr wahrscheinlich 4 3 2 5 gesamt 29 8 5 3 2 8 9 35 Drop-outs 18 5 4 2 2 8 21 * Gangstörungen, Pseudoschwindel, Agitiertheit, Durchfall, Herzklopfen, Appetitlosigkeit, Halluzinationen, Blutdruckanstieg ** Ekzem, Parkinson, Kopfschmerzen, inneres Zittern, Bradykardie, Blutdruckabfall, Magenschmerzen, Ruhelosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden Eine explorative logistische Regressionsanalyse zeigte, dass ein verminderter Behandlungserfolg statistisch damit assoziiert war, ob ein Patient allein lebte, Antidepressiva einnahm oder die Therapie frühzeitig abbrach. Patienten mit hoher Beeinträchtigung nicht kognitiver Störungen oder mit hoher Beeinträchtigung der kognitiven Funktion «Aufmerksamkeit zu Beginn der Therapie» sprachen im Vergleich zur Gesamtpopulation besser auf eine Behandlung mit Galantamin an (Abbildung 4). Schlussfolgerungen ■ Die Analyse dieser Praxiserfahrungsberichte bestätigt, dass Reminyl® die Demenzprogression verlangsamen kann. ■ Die kognitiven Störungen waren schon nach dreimonatiger Behandlung gebessert. Bis zum Ende der Beobachtung über zirka neun Monate wurde insgesamt keine Verschlechterung des MMSE beobachtet; spezifische kognitive Parameter haben sich jedoch signifikant gebessert. ■ Bei etwa 60% der Patienten war die Dosierung von 16 mg/Tag Galantamin als Erhaltungsdosis ausreichend. ■ Reminyl® wurde im Allgemeinen gut vertragen. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit Reminyl® sind im Beobachtungszeitraum nicht aufgetreten. Literatur: 1. Birks J. 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