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Rosenbergstrasse 115
Übergewicht steht als gesundheitliches Problem ganz oben auf der Rangliste. Sowohl bei uns, aber vor allem in den USA. Und die sind einmal mehr für rigoroses Durchgreifen. Nein, noch werden die Donuts und Burger nicht zwingend auf Tischsets mit Abbildungen von verfetteten Lebern und Herzen und einem aufgesetzten Fähnchen «Essen ist tödlich» versehen. Immerhin aber sollen in einem ersten Schritt in New York die Fast-Food-Restaurants verpflichtet werden, die in den Gerichten enthaltenen Kalorien zu deklarieren. Das King-SizeBurger-Menu mit Cola und Pommes frites brächte es dabei auf glatte 2120 Kalorien.
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Aber auch bei uns ist der Wettkampf um die besten Ideen zur Förderung der Volksgesundheit in vollem Gange. Und einmal mehr haben auch bei uns jene die Nase vorn, die mit Vorschriften und Gesetzen die Menschen zu ihrem Glück zwingen wollen, unter Androhung von des Teufels Rache und des Gesetzes Strafe. Die Vorschläge reichen von einer Fett- und Zuckersteuer bis zum Verbot von Automaten mit Süssgetränken. Angesichts solcher Massnahmen zur Förderung wenn nicht der Gesundheit, so doch des schlechten Gewissens über den ungesunden Lebenswandel sind auch die Liberalen nicht faul. Eigenverantwortung heisst dann etwa: Freiwillige Versicherungsmodelle, welche gesundes Verhalten über Prämienreduktionen belohnen. Und begleitend dazu wohl ein Bundesamt für soziale Kontrolle, das die Falschdeklarierer, jene nämlich, die sich gegen eine Prämienreduktion von 10 Prozent zur Askese verpflichtet haben, aber
heimlich Schokolade mampfen, aufspürt und ihr asoziales Tun hart bestraft.
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1993 gezeugt, aber erst 2006 geboren. Das ist Guinnessbuch-rekordverdächtig, denn noch nie hat ein Mensch so lange tiefgefroren auf die Erlaubnis der In-vitroFertilisatoren und seiner Leihmutter (auch das noch!) warten müssen, ins Leben gesetzt zu werden. Was mit seinen fünf Geschwister-Embryonen geschehen ist, mit denen er (oder sie, ist ja egal) die ersten 13 Jahre im eisigen Schlaf verbracht hat, wird nicht berichtet. Was sagt der oder die Kleine dereinst, beispielsweise im Jahr 2050, wie alt sie sei? 57 oder doch erst 44? Und wie alt sind die Eltern dannzumal? 95, wie die leibliche Mutter, die im Jahr 1993 38 Lenze zählte? Oder doch erst 68, nämlich so alt wie die das Kind austragende «Mutter», die im Jahr 2006 erst 24 war? Und wie viele Geschwister hat er/sie nun? Keine? Oder richtigerweise fünf, die leider alle im Eis verschollen sind?
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Lob angeblich für die FMH. Sie sei kommunikativ, dialogbereit, lösungsorientiert, konstruktiv denkend, themenstark und neuerdings auch «offen». Hätten andere gesagt, behauptet der Leiter Kommunikation der FMH. Ist zu h-offen (sic!), dass die «neue Offenheit» sich nicht auf die Berichterstattung über offen-sichtliche Hudeleien von interessierten Wirtschafsvertretern
beschränkt und man sich nicht besoffen von deren Lob weiterhin um die Sorgen der von Kontrahierungszwang und Managed Care und Versichertenkarte und Fortbildungsterror betroffenen Kollegen foutiert.
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Stilblüten zum Thema Spitalfinanzierung: Da liest man etwa: «…beisst sich der Gesetzgeber an der Domäne Spitalfinanzierung zwangsläufig die Zähne aus.» Oder es wird gefordert, dass «der Bundesrat mit der Neuauflage des abgelehnten Entwurfs Staub aufwirbelt.» Und auch dies: «Die Kleine Kammer schüttelt eine Verfeinerung des Risikoausgleichs aus dem Ärmel.»
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Ringier-Lohnempfänger Gerhard Schröder überliess den Vorabdruck seiner Memoiren der offenbar besser zahlenden BILD-Zeitung. Immerhin gewährte er dem BLICK ein Interview. Titel: «Ich hätte gerne Tell getroffen.» Das gälte mit Sicherheit umgekehrt ebenso, raunte ein Journalistenkollege.
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Und die deutsche «taz» schlug für Schröders Werk einen neuen Titel vor: «Mein Dampf».
Richard Altorfer
ARS MEDICI 22 ■ 2006 1053