Transkript
FORTBILDUNG
Alternative Aknetherapie bei Frauen
Frauen, bei denen eine Akne erst im Erwachsenenalter auftritt oder deren Hauterkrankung
Merksä
Merksätze
sich ständig verschlechtert, suchen oft
ärztliche Hilfe. Welche Therapien kann man
Frauen in diesen Situationen anbieten?
SKIN & AGING
Zunächst werden Frauen mit störender Akne ganz traditionell mit topischen antimikrobiellen oder antientzündlichen Präparaten, Antibiotika oder allenfalls mit Isotretinoin (Roaccutan® und Generika) behandelt. Unglücklicherweise sprechen manche Frauen auf diese Standardbehandlung nicht an, oder die Medikamente verlieren im Lauf einer längeren Behandlungszeit ihre Wirksamkeit. In solchen Situationen muss eine alternative Behandlungsstrategie ins Auge gefasst werden, die sich auch auf die hormonellen Aspekte stützt, schreibt die Derrmatologin Julie C. Harper in «Skin & Aging».
Die Rolle der Hormone
12 Prozent der Frauen über 25 Jahre haben (immer noch) eine klinische Akne, bei den Männern über 25 Jahre sind es hingegen bloss 3 Prozent. Im Erwachsenenalter sind also deutlich mehr Frauen mit der Akneproblematik konfrontiert, und bei ihnen bietet sich eine Therapie an, die auch orale Kontrazeptiva einschliesst. Androgenrezeptoren lassen sich in jenem Bereich der Talgfollikel nachweisen, in dem sich die Mikrokomedonen bilden. Sie haben einen Einfluss auf die Talgdrüse und könnten auch bei der Entwicklung der Komedonen eine Rolle spielen. Die meisten Männer und Frauen, die an Akne leiden, haben normale Spiegel zirkulierender Hormone. Es ist also von einer Überempfindlichkeit des kutanen Endorgans auf androgene Hormone auszugehen.
■ Im Erwachsenenalter sind mehr Frauen mit einer Akneproblematik konfrontiert als Männer, und bei ihnen bietet sich eine Therapie an, die auch orale Kontrazeptiva einschliesst.
■ Orale Kontrazeptiva, die eine Kombination von Ethinylestradiol und einem Gestagen enthalten, haben einen antiandrogenen Effekt.
■ Die Kombination von «Pille» und Antibiotikum in der Aknetherapie scheint die Kontrazeption – mit Ausnahme von Rifampicin – nicht zu beeinträchtigen.
Blockierung des Androgeneffekts
Grundsätzlich lässt sich der Androgeneffekt beeinflussen durch eine Verminderung der Androgenproduktion in den Gonaden, eine Reduktion des freien zirkulierenden Testosterons, durch Blockierung der 5-alpha-Reduktase (was bei Akne keinen Effekt zeigte) oder durch Blockade des Androgenrezeptors. Orale Kontrazeptiva, die eine Kombination von Ethinylestradiol und einem Gestagen enthalten, haben einen antiandrogenen Effekt. Unter den Gestagenen ist besonders Drospirenon (in Yasmin®) hervorzuheben, ein Analogon von Spironolacton. Drospirenon verhält sich in der Dosierung im Kontrazeptivum etwa wie 25 mg Spironolacton. Die alleinige Verschreibung von Spironolacton (enthalten in Aldactone® und Generika) verbietet sich bei Aknepatientinnen im gebärfähigen Alter wegen der feminisierenden Wirkung auf den Fetus während einer möglichen Schwangerschaft. Sie kommt allenfalls infrage bei Hysterektomierten oder bei postmenopausalen Frauen. Spironolacton kann jedoch zusammen mit einer Kontrazeption verschrieben werden, wenn eine ausgeprägte Blockade des Androgenrezeptors notwendig ist. Dermatologische Dosen betragen 100 mg oder weniger pro Tag, schreibt Julie C. Harper.
942 ARS MEDICI 19 ■ 2006
ALTERNATIVE AKNETHERAPIE BEI FRAUEN
Ein anderer, nicht steroidaler Androgenrezeptorblocker ist Flutamid (Flucinom®), das zur palliativen Therapie bei Prostatakarzinom zugelassen ist und eine starke Wirkung gegen Hirsutismus hat. Auch hier lassen die potenziellen Nebenwirkungen einen Einsatz gegen Akne nicht als ratsam erscheinen. Die möglichen Nebenwirkungen sind jedoch auch bei der «Pille» immer im Auge zu behalten. Juli C. Harper erinnert an die bekannten negativen Auswirkungen oraler Kontrazeptiva (venöser Thromboembolismus, Hirnschlag, Myokardinfarkt, Brustkrebs) und an die Nebenwirkungen wie irreguläre Blutungen, Übelkeit, Gewichtszunahme, Gemütsveränderungen und Schmerzen der Brüste. Das bedeute auch, dass Frauen, denen wegen Akne ein orales Kontrazeptivum verschrieben werde, zu regelmässigen gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen anzuhalten sind. Neben negativen haben die hormonellen Kontrazeptiva auch durchaus positive Nebenwirkungen. Sie verleihen Schutz gegen Ovarial-, Endometriumkarzinom, entzündliche Erkrankung im kleinen Becken, Leiomyome des Uterus, Ovarzysten und sie regulieren den Menstruationszyklus. Nutzen und Risiken einer Aknebehandlung mit einem oralen Kontrazeptivum sind im Detail mit der Patientin zu diskutieren.
Orale Kontrazeptiva und Antibiotika
Von allen angeblichen Interaktionen zwischen Antibiotika und oralen Kontrazeptiva betreffen 76 Prozent den Wirkstoff Rifampicin, einen potenten Induktor von Cytochrom-P-450, das den Abbau der «Pille» steigert. Diese Kombination ist somit in der Aknetherapie nicht sinnvoll. Manche Ärzte vermeiden die Kombination von Kontrazeptivum und Antibiotikum gänzlich unter der Vorstellung, dass die antibiotikainduzierte Veränderung der Darmflora einen notwendi-
gen intraluminalen Second-Pass-Effekt der Hormone beeinträchtigt, was die Wirksamkeit der «Pille» mindern müsste. Einen wirklich wissenschaftlichen Beweis dafür gibt es aber nicht, betont Julie C. Harper.
Akne bei nicht schwangeren Patientinnen
Nicht schwangere Frauen mit Akne sollten zunächst eine topi-
sche Therapie mit Retinoiden sowie ein topisches oder systemi-
sches Antibiotikum oder ein antimikrobielles Präparat auf Basis
von Benzoylperoxid erhalten. Reicht dies nicht aus, kann ein
orales Kontrazeptivum hinzugefügt werden.
In ausgesuchten Fällen kann ein Kontrazeptivum aus dermato-
logischen Gründen auch rascher verschrieben werden, bei-
spielsweise bei etwas älteren Patientinnen mit deutlich
hormonbedingter Akne entlang der Kieferkante, bei gleich-
zeitigem Hirsutismus oder bei starkem Haarausfall.
Die amerikanische Dermatologin berichtet abschliessend auch
von ihrer persönlichen therapeutischen Haltung: Sie ver-
schreibt orale Kontrazeptiva zur Aknebehandlung nur an
Frauen unter 35 Jahren und nur an Patientinnen, die nicht rau-
chen. Patientinnen mit einem erhöhten Risiko für Neben-
wirkungen hormoneller Kontrazeptiva sagt sie hingegen, sie
sollten sich das nötige Rezept bei ihrem Gynäkologen oder
Hausarzt besorgen.
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Halid Bas
Julie C. Harper (Associate Professor of Dermatology, University of Alabama at Birmingham, Birmingham/USA): An alternative approach to acne treatment in women. Skin & Aging Supplement March 2006: 14–17.
Interessenlage: Interessenkonflikte werden in der Originalpublikatioon nicht deklariert.
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