Transkript
STUDIEq ÉTUDE
Balancetraining nach Aussenbandriss
Eine niederländische Studie zeigt den Wert dieser krankengymnastischen Massnahme
KARL EBERIUS
Aussenbandrisse am Sprung-
gelenk lassen sich meist ein-
fach und ohne aufwändige
Operation versorgen. Aller-
dings sollte man nach der
üblichen Behandlung mit der
Knöchelschiene nicht die
Krankengymnastik vergessen,
wie eine niederländische
Studie eindrucksvoll unter-
streicht. Bereits ein Balance-
training von wenigen
Minuten pro Woche kann das
Risiko für ein Rezidiv fast
halbieren.
Insgesamt hatten an der randomisiert prospektiv durchgeführten Studie 1127 Spieler der zweiten und dritten niederländischen Volleyball-Liga teilgenommen. 50 der 116 beteiligten Mannschaften absolvierten ihr normales Training, die restlichen 66 Teams führten zusätzlich viermal pro Woche für etwa fünf Minuten ein Balanceprogramm durch, das zum Beispiel aus Übungen wie dem einbeinigen Balancie-
ren auf dem Therapiekreisel bestand. Im Lauf von 36 Wochen folgten dann immer schwierigere Aufgaben, wie etwa Kniebeugen auf dem Therapiekreisel oder Werfen und Fangen von Bällen während des Balancierens. Das Ergebnis: Ohne Balancetraining kam es pro 1000 Spielstunden zu 0,9 Aussenbandverletzungen, mit Balancetraining dagegen nur zu 0,5. Allerdings lohnte sich der zusätzliche Trainingsaufwand nicht für alle Spieler. Wer in seiner Karriere noch nie eine Aussenbandverletzung am Sprunggelenk erlitten hatte, erreichte mit dem Sprunggelenktraining keinen zusätzlichen Schutz. Einen Nutzen hatten laut der Subgruppen-Analyse lediglich diejenigen Spieler, die in ihrer Krankengeschichte bereits eine Aussenbandverletzung des Sprunggelenks aufwiesen. Nach Ansicht der Autoren ist das Balancetraining daher nicht als generelle Schutzmassnahme anzusehen, die grundsätzlich jeder Sportler prophylaktisch durchführen sollte, sondern vornehmlich als rehabilitatives Verfahren nach einer Verletzung. Darüber hinaus sollte man möglicherweise bei Knieproblemen vorsichtig sein. Denn in der Studie traten unter dem Balancetraining im Vergleich zur Kontrollgruppe mehr Knie-Überlastungsbeschwerden auf. Allerdings gehen die niederländischen Forscher von einem zufälligen Auftreten aus. Zum einen habe man in früheren Studien keinen negativen Einfluss solcher FussBalance-Übungen auf das Knie beobachten können, und zum anderen sei es unwahrscheinlich, dass ein Training von viermal fünf Minuten pro Woche Schäden am Kniegelenk verursache. Vorsichtshalber sollten jedoch Sportler, die an Überlastungserscheinungen des Knies leiden, mit dem Balancetraining zurückhaltend sein, so der Ratschlag der Forschergruppe. Da-
Einfach, aber wirkungsvoll: Balancetraining auf dem Therapiekreisel schützt das Sprunggelenk vor erneuten Aussenbandverletzungen.
bei erinnern sie an eine interessante Er-
fahrung aus dem Skisport. Dort hatte die
Einführung starrer Skibindungen und har-
ter Schuhe zwar die Unterschenkel- und
Fussverletzungen reduziert, aber im Ge-
genzug waren die Verletzungen des Knies
angestiegen, das zum nächstschwächeren
Glied der Kette wurde. Ein ähnlicher Ef-
fekt sei auch beim Balancetraining nicht
ganz auszuschliessen, wonach mit den
Übungen zwar ein Schutz des Sprungge-
lenks erreicht wird, dann aber möglicher-
weise mehr Überlastungsschäden am Knie
auftreten könnten.
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Verhagen E. et al.: Am J Sports Med. 2004; 32: 1385–1393.
Karl Eberius
Lesen Sie zum Thema «Therapiekreisel» auch das Interview auf der folgenden Seite.
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