Transkript
Medien q q q Moden q q q Medizin
Rosenbergstrasse 115
Über die Post-Initiative ist entschieden. Sie ist/war den Aufwand nicht wert. Beachtenswert aber waren/sind die Argumente der Initianten (vornehmlich SP-ler und Gewerkschafter). Sie wollen nicht, dass die Leute, nur um einen Brief oder ein Paket aufzugeben, 20 Minuten Weg auf sich nehmen müssen. Vor allem alten Leuten sei solches nicht zumutbar. Deshalb: ein Postschalter in jeder Gemeinde! Hoppla! Waren das nicht – teilweise – die gleichen Leute, die nichts daran finden, dass die exakt gleichen alten Leute ihre Medikamente nicht beim Hausarzt beziehen dürfen, sondern im Nachbardorf beim nächsten Apotheker kaufen müssen? Auch wenn das eine Stunde Zeitaufwand mit dem ÖV und höhere Kosten bedeutet? Warum also nicht: Postdienststellen nur noch an und in Orten, an und in denen es auch eine Apotheke gibt? Alle anderen Poststellen sind zu schliessen. Wenn die Leute schon auf den Service public der Ärzte (Selbstdispensation) verzichten müssen, gilt dies auch für jenen der Post. Es sei denn, man halte Briefmarken für wichtiger als Medikamente.
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Man wollte nur wissen, was passiert, wenn moderne Menschen zwei Wochen ohne Internet auskommen müssen (im Rahmen der «Internet Deprivation Study»). Das passiert: Es lassen sich fast gar keine Versuchspersonen finden, die bereit sind, zwei Wochen lang aufs Nachschlagen, Kaufen, Schnuppern, Chatten, Telebanken und so weiter übers Internet zu verzichten. Jene, die am Ende doch zur Studienteilnahme überredet werden konnten und 14 Tage offline blieben, kriegten «die Krise». Was fehlte ihnen denn so sehr? Offenbar sowas wie Sicherheit und Komfort und – erstaunlicherweise, was hatten uns die Soziologen nicht alles Schlimmes vorausgesagt! – das «Social Net-
working», die Pflege von sozialen Beziehungen. Richtig ist: Wer hätte sich schon getraut, sagen wir Victor Giaccobo anzurufen und ihn zu fragen, wies auf Aitutaki gewesen sei (Trauminsel in der Südsee). Kein Problem heute: Zwei Sätze, ein Klick, und am nächsten Tag kommt, wenns gut geht, eine ebenso kurze Anwort. Wenn das kein gutes Gefühl ist: Ein Promi nimmt sich zehn Sekunden Zeit für uns!
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Das Problem stellt sich fast an jedem Satellitensymposium, das mit einem «Standing Dinner» (früher auch Stehparty genannt) beginnt oder endet. Die Zeit ist knapp, dass Buffet üppig. Und man hat nur zwei Hände. Zu wenige, um Teller, Glas und Serviette zu halten, Messer und Gabel zu bedienen und gleichzeitig noch den Kollegen zu begrüssen. Für solche Fälle hilft der Kurs «Small talk für Anfänger». Die Expertin schlägt vor: «Schieben Sie den Stiel des Glases zwischen den kleinen Finger und den Ringfinger der linken Hand und stützen Sie den Glaskelch mit den Fingerspitzen derselben Finger und dem Daumenballen; den Teller legen Sie auf Zeigefinger und Mittelfinger und halten ihn mit dem Daumen fest; die Serviette schliesslich können Sie zwischen Teller und Zeigefinger schieben – und Sie haben eine freie rechte Hand zum Händeschütteln, Essen und Trinken.» Den Rest erledigen dann wohl das Putzpersonal und der Kleiderreinigungsdienst.
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Zischtigsclub: Die Lehrer trauen sich wieder. Provokative Sätze wie «Die Zeit der Kuschelpädagogik ist vorbei» oder «Man muss Disziplin und anständiges Verhalten wieder einfordern» ernten einhellige Zustimmung. Was alle NichtLehrer schon seit langem gewusst haben.
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Und nochmals TV. «Arena», am Freitagabend. Unser HHB erstmals in seiner neuen Rolle als Diener seines Chefs. Wohl fühlt er sich nicht. Seine Nuscheldiplomatie bricht nur einmal auf, als er – als Einziger – sagt, was gleich anschliessend alle wieder verdrängen: Die Kosten des Gesundheitswesens werden weiter steigen, unaufhörlich, sie lassen sich weder stabilisieren noch senken, denn wir wollen alle älter werden und die beste Betreuung, wenn wir krank sind. Also werden wir alle mehr bezahlen müssen. Oder – illusorisch – darüber reden, welche Leistungen abzubauen sind. Derweilen preist die SVP, scheinbar unbelastet von jeglicher Einsicht in die Mechanismen der Gesundheitsversorgung, weiter ihre Prämiensenkungsinitiative an.
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Es gibt Leute, die im Geschirrspülen von Hand etwas Sinnliches, ja Meditatives und, wenn allenfalls gar zu zweit betrieben, etwas der zwischenmenschlichen Beziehungen Förderliches erkennen. Und es gibt die andern, die finden, das einzig Unpraktische an der Abwaschmaschine sei das Ausräumen und Zwischenstapeln des Geschirrs im Küchenschrank. Letzteren sei als Tipp mitgegeben: Den unpraktischen Zwischenschritt kann man sich sparen, wenn man zwei Spülmaschinen einsetzt: Die eine liefert das saubere Geschirr, die andere nimmt das schmutzige auf.
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Wenn Sie genug haben von ernsthaftem Arbeiten, öffnen Sie die Website «www.mehrzweckbeutel.de».
Richard Altorfer
A R S M E D I C I 2 0 q 2 0 0 4 997