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Fasciitis plantaris
Diagnose und Therapie
NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE
Die Fasciitis plantaris ist die
häufigste Ursache von
Schmerzen im Bereich der
Ferse. Die Erkrankung ist zu-
meist selbstlimitierend. Es
gibt eine Reihe von Thera-
piemöglichkeiten, die aller-
dings insgesamt nicht auf ho-
hem Qualitätsniveau auf
ihren Nutzen überprüft wur-
den, so Rachelle Buchbinder
in einem Übersichtsbeitrag
im «New England Journal of
Medicine».
Epidemiologie und Ursachen Die Fasciitis plantaris macht etwa 10 bis 15 Prozent der Fussbeschwerden aus, mit denen Erwachsene einen Arzt aufsuchen. Am häufigsten sind Menschen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren betroffen, daneben aber auch Läufer im jüngeren Alter. Bei fast jedem Dritten sollen beide Füsse betroffen sein. Die Schmerzgegend betrifft die Ansatzstelle der Plantarfaszie an der medialen Tuberositas calcaneus. Wie
histologische Untersuchungen zeigen, lassen sich dort oft degenerative und entzündliche Veränderungen nachweisen, wobei Fibroblasten proliferieren können oder auch nicht. Die eigentliche Ursache der Fasciitis plantaris lässt sich bislang trotzdem nicht recht fassen. Wahrscheinlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Doch selbst die Risikofaktorenforschung hat bislang eher lückenhafte Daten bereitgestellt. Fall-Kontroll-Studien zeigen immerhin, dass die Fasciitis plantaris häufiger vorkommt bei Adipösen und bei Menschen, die ihre Arbeit vorwiegend im Stehen verrichten müssen. Ausserdem werden Plattfüsse mit starker Pronation des Fusses, reduzierte Sprunggelenks-Dorsalflexion und Kalkaneusexostosen beziehungsweise Fersensporn häufiger bei diesen Patienten angetroffen. Wegen der recht hohen Inzidenz bei Läufern wird die Fasciitis plantaris mit Mikrotraumen in Verbindung gebracht. Man nimmt an, dass beispielseise exzessives Laufen oder aber die allzu rasche Steigerung der Laufleistung, das Tragen von ungeeigneten Laufschuhen, das Rennen auf hartem Untergrund und eine verkürzte Achillessehne die Fasciitis begünstigen. Nach Langzeit-Verlaufsstudien unter orthopädischer Behandlung zu urteilen, ist die Prognose der Plantarfasziitis recht günstig. Bei mehr als 80 Prozent der Patienten bilden sich die Beschwerden innert zwölf Monaten zurück. Allerdings müssen etwa 5 Prozent chirurgisch behandelt werden. Die Autorin betont aber, dass diese Zahlen aus selektionierten Patientenkollektiven hervorgegangen seien.
Klinische Diagnose
Die Diagnose lässt sich zumeist mit hinreichender Sicherheit anhand der klinischen
Merk-
sätze
q Patienten mit Fasciitis plantaris sollten darüber aufgeklärt werden, dass die Beschwerden sich zumeist innert einem Jahr von allein zurückbilden.
q Es gibt zahlreiche Therapieansätze, deren Wirksamkeitsgrad oft nicht gut abgesichert ist. Es empfiehlt sich, zunächst die Therapien mit den geringsten Risiken und Kosten einzusetzen, z.B. regelmässige Dehnung der Wadenmuskulatur und der Plantarfaszie, körperliche Schonung, Einsatz von Fersenpolster.
q Ein Therapieversuch mit Antirheumatika kann sinnvoll sein, Steroid-Injektionen bringen einen kurzfristigen Erfolg.
q Verbessern sich die Beschwerden nicht, sind teurere Behandlungen wie Orthesen, Nachtschiene und Gipsverband einen Versuch wert.
q Die Operation ist wenigen Menschen vorbehalten, die auf keine der genannten Verfahren ansprechen.
Symptomatik stellen. Die Patienten klagen über Schmerzen unter der Ferse, die für gewöhnlich morgens bei den ersten Schritten am schlimmsten sind. Wenn die Belastung des Fusses langsam und massvoll gesteigert wird, legen sich die Be-
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Fasciitis plantaris
Tabelle: Differenzialdiagnose zur Fasciitis plantaris
Diagnose
Klinik
Ruptur der Plantarfaszie
Insertionstendopathien
Kalkaneus-Stressfraktur
Knochenprellung Knocheninfekt Knochentumor Bursitis Tarsaltunnelsyndrom
S1-Radikulopathie Neuropathischer Schmerz
Plötzlicher Schmerz und Unfähigkeit, Lasten zu tragen; kann von Bluterguss und Schwellung begleitet sein; es besteht Unfähigkeit, die Zehen zu spreizen; die meisten Patienten erholen sich vollständig nach 6 bis 12 Monaten, obwohl persistierender Schmerz und Abflachung des Längsgewölbes vorkommen.
Einseitig oder beidseitig; bilaterale Symptome deuten auf eine zugrunde liegende Spondylarthropathie (Reiter-Syndrom, M. Bechterew, Psoriaisisarthritis); Rückenschmerzen, Morgensteifigkeit, entzündliche Gelenkerkrankung können folglich vorhanden sein.
Kann nach exzessiven oder wiederholten Belastungen mit Tragen von Gewichten auftreten; Schmerz kann gering sein und sich beim Tragen von Lasten verschlimmern und in Ruhe bessern; Schmerzhaftigkeit bei mediolateraler Kompression des Kalkaneus; Röntgen kann Kalkaneussklerose anzeigen, jedoch kaum unmittelbar nach Auftreten der Fraktur.
Generalisierter Schmerz der Ferse nach Trauma
Entzündungszeichen
Tiefer, auch nächtlich bestehender Schmerz
Retrokalkaneale Schwellung und Erythem im hinteren Fersenbereich
Brennender Schmerz im Verlauf des N. tibialis post. inf. in Richtung auf den medialen Kalkaneus, ausstrahlend in die Fussohle und die Zehen; Verschlimmerung bei längerem Lastentragen; Symptome durch mediale Fersenperkussion auslösbar; kann gemeinsam mit einer Fasciitis plantaris auftreten.
Schmerz strahlt vom Bein aus in die Ferse, mit abwesendem oder eingeschränktem Achillessehnenreflex und Schwäche bei der Dorsalflexion des grossen Zehs.
Diffuser Fussschmerz, auch nachts
schwerden oft bis zum Abend; sie dauern länger und sind stärker, wenn die Betroffenen Lasten tragen müssen. Parästhesien können vorkommen, sind aber keine typischen Merkmale. Manche Patienten beschreiben, dass ihre Beschwerden begannen, nachdem sie besonders angestrengt gelaufen seien. Auch eine eingeschränkte Dorsalflexion des Fusses aufgrund einer verkürzten Achillessehne kann mitunter bei der körperlichen Untersuchung auffallen. Differenzialdiagnosen sind in der Tabelle aufgeführt; die dort aufgeführten Erkrankungen lassen sich zumeist sicher anhand der Anamnese und des körperlichen Befundes von der Fasciitis plantaris abgrenzen. Bildgebende Verfahren, wie Ultraschall, Röntgen, Szintigrafie und MRI, sind für die Diagnose kaum erforderlich, obwohl
sie gelegentlich zur Abgrenzung gegen andere Fersenbeschwerden ihre Berechtigung haben können.
Therapeutische Ansätze
Die Tatsache, dass eine ganze Reihe von Behandlungsmassnahmen im Angebot sind, lässt sich als Hinweis lesen, dass die Therapie auf eher unsicheren Füssen steht. Qualitativ hochwertige kontrollierte Studien, welche die Wirksamkeit unter Beweis stellen könnten, sind eine Rarität. Viele Therapeuten gehen nach ihren Erfahrungen aber davon aus, dass eine konservative Behandlung, die in den ersten sechs Wochen nach Auftreten der Symptome beginnt, die Abheilung der Fasciitis plantaris zu beschleunigen vermag. Diese Annahme sei aber letztlich unbewiesen,
meint Buchbinder. «Die Rolle der verschiedenen Therapiestrategien sollte immer im Licht der Selbstheilungstendenz beurteilt werden», stellt sie fest.
Physikalische Therapie Viele physikalische Therapieansätze kommen in der Praxis zur Anwendung. So wird die Wärmebehandlung ebenso empfohlen wie Eispackungen, und auch über Massage und Dehnung der Muskulatur gibt es Erfolgsberichte. Die Dehnung der Wadenmuskulatur und das Fusstaping werden oft empfohlen, gleichwohl zumeist im Verein mit weiteren Massnahmen, weswegen sich ihr Nutzen nur schwer abschätzen lasse, meint Buchbinder. Bei einer jüngst erschienenen Untersuchung besserten sich die Schmerzen bei 24 von 46 Patienten durch Dehnung
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Fasciitis plantaris
der Faszie – und dies innert acht Wochen. 8 von 36 Patienten hingegen zeigten eine Linderung durch Dehnung der Achillessehne. Allerdings konnte die Studie nicht verblindet werden, und die Abbruchraten waren in den beiden Gruppen sehr unterschiedlich. In randomisierten Studien zeigte sich übrigens kein Nutzen der Lasertherapie, der Iontophorese und der Ultraschallbehandlung.
Orthesen Es gibt eine Reihe von Orthesen, wie etwa Fersenpolster oder -kappen, mit denen versucht wird, die Ferse anzuheben, zu polstern und/oder das mediale Fussgewölbe zu unterstützen. Die Ergebnisse sind, den Studien zufolge, widersprüchlich oder aber wegen methodischer Mängel relativ schlecht zu beurteilen. Im Gebrauch sind auch Schienen, die über die Nacht getragen werden, um den Knöchel in neutraler Position zu halten, mit oder ohne Dorsalflexion der Metatarsophalangealgelenke. Auch hier widersprechen sich die Studien. In einer Untersuchung war dem Verfahren ein Erfolg (gegenüber Nicht-Therapie) beschieden, in einer anderen Untersuchug blieb der Nutzen vollständig aus. Unklar ist auch, ob die vollständige Ruhigstellung, etwa im Gipsverband, sinnvoll ist. Nach Abnahme des Gipses kommt es offenbar oft erneut zu Schmerzen.
Entzündungshemmer Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden in der Praxis häufig eingesetzt. Angemessene Studien zum Wirksamkeitsnachweis gibt es nicht. Eine andere häufig geübte medikamentöse Therapie ist die Injektion von Steroiden, zumeist in Kombination mit einem Lokalanästhetikum. Den Untersuchungen zufolge lassen sich auf diese Weise zumeist nur befristete Erfolge erzielen. Die Kortison-Injektion ist allerdings nicht unumstritten. Manche Experten befürchten eine Faszienruptur als mögliche Nebenwirkung, obwohl auch hierfür schlüssige Beweise nicht vorliegen.
Stosswellentherapie Auch die extrakorporale Stosswellentherapie ist als alternative Therapie vorgeschlagen und auch in Studien untersucht worden. Das Verfahren soll die Heilung stimulieren und den Schmerz lindern. Teilerfolge erscheinen im Einzelfall durchaus möglich, eine substanzielle Therapie steht damit aber nicht bereit.
Operation Bei sehr wenigen und sorgfältig ausgewählten Patienten kann eine Operation notwendig werden, dann nämlich, wenn alle anderen Massnahmen sich über einen längeren Zeitraum (etwa 12 Monate) als unzureichend erwiesen haben. Im Prinzip
wird dabei die Faszie komplett oder teil-
weise mobilisiert. Zudem kann im Einzel-
fall der Kalkaneussporn reseziert werden
oder eine Nervendekompression und die
Exzision von abnormem Gewebe erfol-
gen. Fallserien haben gezeigt, dass unter
der Hand des Chirurgen 75 Prozent der
Operierten eine deutliche Besserung er-
fahren, obwohl bis zum Eintreten der Ef-
fekte gelegentlich Monate vergehen kön-
nen. Bei jedem Vierten persistiert der
Schmerz, wie Studien über bis zu zwei
Jahren zeigten. Zu möglichen operativen
Komplikationen gehören vorübergehende
Schwellung des Fussballens, Kalkaneus-
fraktur, Verletzung des hinteren N. tibialis
und Abflachung des Fusslängsgewölbes.
Bei endoskopischem Zugang scheinen die
Erfolge schneller einzutreten als bei der
offenen Operation, die Gefahr der Nerv-
schädigung dürfte bei dem geschlossenen
Verfahren aber höher liegen.
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Rachelle Buchbinder: Plantar fasciitis. N Engl J Med 2004; 350: 2159–2166.
Uwe Beise
Interessenkonflikte: keine
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