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FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Die unbegründete Angst vor Betablockern bei Herzinsuffizienz
ARCHIVES OF INTERNAL MEDICINE
Kardiologen beklagen den
immer noch zu hohen Pro-
zentsatz von Herzinsuffizienz-
patienten, denen Betablocker
vorenthalten werden.
Dahinter dürfte die Furcht vor
den Nebenwirkungen dieser
Therapie bei Patienten mit
Herzversagen stehen. Sowohl
Daten aus Behandlungs-
studien als auch von Patien-
ten ausserhalb von Studien
zeigen, dass diese Gefahr
keineswegs gross ist.
Im Jahr 1975 traf der Bericht schwedischer Ärzte, dass Betablocker bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie Symptome und Ventrikelfunktion verbessern können, auf ungläubiges Staunen und Skepsis. Immerhin waren die pharmakodynamischen Betablockereffekte bekannt: Abnahme von Herzfrequenz, Blutdruck und Kontraktilität. Inzwischen hat aber eine ganz Reihe von Studien gezeigt, dass die Langzeit-Betablockertherapie bei Patienten mit ischämischer und nicht-
ischämischer dilatativer Kardiomyopathie die linksventrikuläre Auswurffraktion erhöht. Die Langzeitbehandlung mit Betablockern geht auch mit einem gewissen kardialen Umbau einher, der sich in einer Reduktion des systolischen und diastolischen Volumens und der Masse des linken Ventrikels äussert. Der genaue Mechanismus, der hinter der besseren Myokardfunktion steht, bleibt aber unklar. Belegt ist jedoch eine substanzielle Zunahme der linksventrikulären Auswurffraktion auch dann, wenn deren Ausgangswert sehr tief lag (z.B. < 25%). Die Furcht vor einer Verschlechterung der linksventrikulären systolischen Funktion sollte also beiseite gelegt werden: «Time to forget», wie ein Editorial in den «Archives of Internal Medicine» kürzlich feststellte (1). Nutzen belegt In der letzten Dekade hat eine Vielzahl von Studien unzweideutig gezeigt, dass die Betablockertherapie bei asymptomatischen, aber auch mässig oder sogar stark symptomatischen Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion zu einem Überlebensvorteil führt. Kronzeugen sind vor allem drei grosse prospektive, randomisierte klinische Studien: q CIBIS II mit Bisoprolol (Concor®), einem selektiven Betablocker mit gefässerweiternden Eigenschaften. q MERIT mit retardiertem Metoprolol (Metoprolol-Succinat, Beloc® ZOK), ebenfalls ein beta1-selektiver Rezeptorantagonist, jedoch ohne gefässerweiternde Eigenschaften. q COPERNICUS mit dem nichtselektiven Betablocker Carvedilol (Dilatrend®), der auch alphablockierende Eigenschaften hat. Die Reduktion des relativen Mortalitäts- Merk- sätze q Eine quantitative Übersicht zu den grossen Behandlungsstudien mit Betablockern bei Herzinsuffizienz zeigt, dass Hypotonie, Schwindel und Bradykardie zwar häufiger sind, die absolute Erhöhung dieser Risiken jedoch klein ausfiel. q In der gepoolten Analyse der randomisierten plazebokontrollierten Studien waren Therapieabbrüche unter Betablockern seltener als in der Plazebogruppe. q Die Ergebnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Betablocker finden auch ausserhalb von Behandlungsstudien ihre Bestätigung. risikos war in allen drei Studien bemerkenswert ähnlich (Bisoprolol 34%, Metoprolol 34%, Carvedilol 35%). Die unlängst veröffentlichte COMET-Studie verglich Carvedilol mit nichtretardiertem MetoprololTartrat (z.B. Lopresor®) bei leichter bis mässiger chronischer Herzinsuffizienz und fand Carvedilol bei der Senkung des Gesamtmortalitätsrisikos effektiver, sah aber keinen Unterschied bei den Hospitalisationsraten. Und die Nebenwirkungen? Kanadische Kardiologen haben zusammen mit US-amerikanischen und englischen Kollegen soeben eine quantitative Übersicht zu den Nebenwirkungen der A R S M E D I C I 1 8 q 2 0 0 4 911 FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE Die unbegründete Angst vor Betablockern bei Herzinsuffizienz Tabelle 1: Nebenwirkungen von Betablockern im Vergleich zu den Plazebogruppen in Behandlungsstudien Nebenwirkung Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz Verschlechterung der Herzinsuffizienz Hypotonie Schwindel Bradykardie Müdigkeit Jährliche absolute Risikozunahme pro 1000 Patienten* -40 (-58 – -22) -52 (-94 – -10) 11 (0 – 22) 57 (11 – 104) 38 (21 – 54) 3 (-2 – 9) Number needed to treat (NNT)** pro Jahr 25 19 91 17 26 297 * In Klammern 95%-Konfidenzintervall ** Bei negativer jährlicher absoluter Risikozunahme bedeutet die NNT die Anzahl der zu behandelnden Patienten, um eine Nebenwirkung zu verhindern, bei positiver die Anzahl der zu behandelnden Patienten, bis eine Nebenwirkung zu erwarten ist. Tabelle 2: Therapieabbrüche unter Betablockern im Vergleich zu den Plazebogruppen in Behandlungsstudien KI 20–49). Daraus errechnen die Autoren, dass 29 Herzinsuffizienzpatienten ein Jahr mit einem Betablocker behandelt werden müssen, um einen Todesfall zu verhüten. Betablocker und Verschlechterung der Herzinsuffizienz Eine Verschlechterung der Herzfunktion wurde in 8 Studien anhand der Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz und in 4 Studien als dokumentierte Verschlechterung der Herzinsuffizienz erfasst. Den günstigen Einfluss der Betablockerbehandlung auf diese Parameter zeigt die Tabelle 1. Therapieabbrüche wegen Verschlechterung der Herzinsuffizienz wurden in 5 Studien bei 6309 Patienten dokumentiert. Dabei betrugen die Raten 3,3 Prozent in der Betablocker- und 4,9 Prozent in der Plazebogruppe. Die absolute jährliche Risikoreduktion war nicht signifikant (Tabelle 2). Nebenwirkung Verschlechterung der Herzinsuffizienz Hypotonie Schwindel Bradykardie Müdigkeit Jährliche absolute Risikozunahme pro 1000 Patienten* -8 (-25 – 9) 4 (0 – 7) 5 (1 – 8) 7 (3 – 10) 2 (-2 – 6) Number needed to treat (NNT)** pro Jahr 124 286 213 153 473 * In Klammern 95%-Konfidenzintervall ** Bei negativer jährlicher absoluter Risikozunahme bedeutet die NNT die Anzahl der zu behandelnden Patienten, um eine Nebenwirkung zu verhindern, bei positiver die Anzahl der zu behandelnden Patienten, bis eine Nebenwirkung zu erwarten ist. Betablockerbehandlung bei Herzinsuffizienz in randomisierten Studien veröffentlicht, um den vermuteten Befürchtungen vieler Ärzte ein genaueres Bild gegenüberzustellen (2). Sie stützen ihre Analyse auf 9 Studien mit den drei erwähnten Betablockern (sowie Bucindolol, in der Schweiz nicht erhältlich) mit insgesamt über 14 000 Patienten, die jeweils über 6 bis 24 Monate beobachtet worden waren. Die Rate der Therapieabbrüche jeglicher Ursache betrug in der Betablockergruppe 16 Prozent, in der Pla- zebogruppe 18 Prozent. Die Betablockertherapie war mit einer signifikanten relativen Risikoreduktion für Therapieabbruch von 11 Prozent assoziiert (RR 0,89, 95%KI 0,81–0,98), entsprechend einer absoluten Risikoreduktion von 14 pro 1000 Patienten jährlich (95%-KI -2– 29). Ganz ähnlich war die Betablockertherapie auch assoziiert mit einer relativen Reduktion der Gesamtmortalität von 27 Prozent (RR 0,73, 95%-KI 0,62–0,85), entsprechend einer absoluten Risikoreduktion von 34 Todesfällen auf 1000 Patienten pro Jahr (95%- Hypotonie Eine Hypotonie als Nebenwirkung der Betablockertherapie wurde in 7 Studien mit über 13 000 Patienten erfasst. Betablocker waren mit einer 41-prozentigen relativen Zunahme des Hypotonierisikos behaftet (Tabelle 1). Rechnerisch müssen also 91 Patienten behandelt werden, um eine zusätzliche Meldung dieser unerwünschten Wirkung zu veranlassen. 5 Studien dokumentierten auch Hypotonie als Ursache für einen Therapieabbruch. Unter den mit Betablockern Behandelten betraf dies 0,68 Prozent, in der Plazebogruppe 0,33 Prozent. Es müssten somit 286 Patienten für ein Jahr mit einem Betablocker behandelt werden, um einen Therapieabbruch wegen Hypotonie zu verursachen. Schwindel oder Benommenheit In 4 Studien mit über 10 000 Patienten waren Betablocker mit einer signifikanten relativen und absoluten Erhöhung dieses Nebenwirkungsrisikos assoziiert (Tabelle 1). 17 Patienten müssten während eines Jahres behandelt werden, um eine zusätzliche Meldung dieser Nebenwirkung zu veranlassen. Auch Therapieabbrüche we- 912 A R S M E D I C I 1 8 q 2 0 0 4 FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE Die unbegründete Angst vor Betablockern bei Herzinsuffizienz gen Hypotonie waren unter Betablockern im Vergleich zu Plazebo häufiger (0,82% vs. 0,29%), insgesamt aber doch selten (Tabelle 2). Bradykardie Eine unerwünscht starke Absenkung der Herzfrequenz wurde in 7 Studien mit über 13 000 Patienten dokumentiert. Betablocker erhöhten das relative Risiko signifikant um mehr als das Dreifache. Die NNT (oder sinnvoller die «number needed to harm», NNH) berechnen die Autoren hier mit 26 Patienten, die für ein Jahr mit einem Betablocker therapiert werden müssten. Um einen zusätzlichen Therapieabbruch wegen Schwindels zu verursachen, müssten 153 Patienten während eines Jahres behandelt werden. Müdigkeit Diese wegen ihrer Auswirkung auf die Lebensqualität gefürchtete Nebenwirkung wurde in 3 Betablockerstudien mit über 7000 Patienten dokumentiert. Hier fand sich weder für das relative noch für das absolute Risiko im Vergleich zu Plazebo eine signifikante Assoziation (Tabelle 1). Ebensowenig liess sich eine Signifikanz bei den Therapieabbrüchen wegen Müdigkeit eruieren (Tabelle 2). Betablocker führen seltener zu Therapieabbrüchen als Plazebo «Entgegen Befürchtungen zur Betablockerbehandlung bei Herzinsuffizienz zeigt diese quantitative Übersicht, dass Patienten, die zu Betablockern randomisiert wurden, die Therapie seltener abbrachen als Patienten in der Plazebogruppe», betonen die Autoren. Betablocker seien zwar mit erhöhten Risiken für Hypotonie, Schwindel und Bradykardie in Verbindung zu bringen, aber die meisten Patienten seien davon nicht betroffen, und die absoluten Risikozunahmen seien klein. So wurde die aktive Therapie nur bei wenigen wegen dieser Symptome abgebrochen. Wie schon früher berichtet, steht diesen Beobachtungen eine signifikante Reduktion der Mortalität zur Seite. Hypotonie und Schwindel waren, wenig überraschend, unter Betablockern häufiger als unter Plazebo. Beide stehen oft in enger Beziehung zueinander. Dass diese Symptome nur selten zum Therapieabbruch zwangen, entspricht klinischer Erfahrung und zeigt, so die Autoren, dass Hypotonie und Schwindel vorübergehend auftreten und gewöhnlich spontan oder nach Anpassung der anderen Medikationen bei Herzinsuffizienz wieder verschwinden. Bradykardie führte unter Betablockern zwar häufiger zu Therapieabbrüchen, insgesamt war dies jedoch ein seltenes Ereignis (0,8% gegenüber 0,1% in der Plazebogruppe). Experimentelle Studien sehen die Reduktion der Herzfrequenz als wichtigsten Mechanismus zur Wiederherstellung der Kontraktilität des Herzmuskels und als Anhaltspunkt für die Behandlungsvorteile der Betablockertherapie. «Unsere Ergebnisse unterstützen die Vorstellung eines signifikant erhöhten Risikos für Müdigkeit unter Betablockertherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz nicht», halten die Autoren fest. Der Überlebensvorteil unter dieser Therapie werde also nicht mit einer Verschlechterung der Lebensqualität erkauft, wie dies bei anderen Patientenpopulationen, insbesondere Hypertonikern dokumentiert ist. Die Autoren weisen auch auf eine eigene frühere Untersuchung hin, die für weitere Betablocker-Nebenwirkungen wie Depression und sexuelle Dysfunktion keine oder nur geringfügige Zunahmen des absoluten Risikos finden konnte. Als für die Gewichtung ihrer Analyseergebnisse wichtige Gesichtspunkte weisen die Autoren besonders darauf hin, dass im Vergleich zu Herzinsuffizienzpatienten aus der Alltagspraxis in den hier berücksichtigten randomisierten Studien gesündere sowie weniger weibliche und alte Patienten behandelt wurden. Zudem waren die Prüfärzte im Management von Patienten mit chronischem Herzversagen sicher besonders erfahren. Daher sind die Resultate nicht ohne weiteres generalisierbar. Auch lagen nicht genug Daten vor, um in Subgruppenanalysen die Nebenwirkungshäufigkeiten für einzelne Präparate und unterschiedliche Dosierungen zu erfassen. Erfahrungen aus der klinischen Praxis ausserhalb von Studien Ein der Realität der Praxis näheres Bild gibt eine Studie an einer kanadischen Herzinsuffizienz-Klinik eines Universitätsspitals, die prospektiv die Daten von 1041 Patienten, die dort zwischen 1989 und 2001 behandelt wurden, analysiert (3). Bei allen Patienten war zunächst die Auswurffraktion bestimmt worden; berücksichtigt wurden Patienten, die anhand der Kriterien der Framingham Heart Study eine kongestive Herzinsuffizienz aufwiesen. Prospektiv wurden dann alle Daten der Folgekonsultationen gesammelt. Das mediane Alter bei der Erstuntersuchung lag bei 69 Jahren, 65 Prozent waren Männer, 75 Prozent hatten eine systolische Dysfunktion, die mittlere Auswurffraktion betrug 33 Prozent. 51 Prozent hatten Herzinsuffizienzsymptome der NYHA-Klassen III und IV. Die mediane Beobachtungsdauer betrug 32 Monate. Insgesamt erhielten 46 Prozent der Patienten Betablocker. Der Anteil nahm von weniger als 10 Prozent 1990 auf über 60 Prozent im Jahr 2001 kontinuierlich zu. Die statistische Analyse zeigte zudem, dass Betablocker eher Patienten mit leichterer Herzinsuffizienz (NYHA I und II), jüngeren Alters (< 69 Jahre), mit bekannter Dyslipidämie sowie schon mit ACE-Hemmer oder Kalziumantagonist Behandelten verschrieben wurden. Bei anamnestischem Hinweis auf eine obstruktive Atemwegserkrankung wurden Betablocker hingegen seltener verordnet. Während der Nachbeobachtungszeit verstarben 383 Patienten. Die Faktoren, die in der multiplen logistischen Regressionsanalyse unabhängig mit der 1-JahresMortalität assoziiert waren, zeigt die Tabelle 3. Danach führt der Einsatz von Betablockern ungefähr zu einer Halbierung dieses frühen Sterberisikos. In der Cox-Analyse unter Berücksichtigung aller weiteren relevanten demografischen, ätiologischen, diagnostischen und therapeutischen Faktoren ergab sich für den Einsatz von Betablockern eine Reduktion des Mortalitätsrisikos von gut einem Drit- A R S M E D I C I 1 8 q 2 0 0 4 913 FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE Die unbegründete Angst vor Betablockern bei Herzinsuffizienz Tabelle 3: Faktoren, die die 1-Jahresmortalität bei kongestiver Herzinsuffizienz unabhängig beeinflussen, in einer Beobachtungsstudie Variable Erhöhtes Mortalitätsrisiko: Ventrikuläre Arrythmien NYHA-Klasse III oder IV Alter ≥ 69 Jahre Systolische Dysfunktion Einsatz von Digoxin Ischämische Ursache Erstuntersuchung vor 1996 Erniedrigtes Mortalitätsrisiko: Weibliches Geschlecht Einsatz von ACE-Hemmern Einsatz von Betablockern Odds Ratio (95%-Konfidenzintervall) 1,99 (1,31–3,01) 1,73 (1,29–2,33) 1,67 (1,24–2,24) 1,61 (1,14–2,28) 1,51 (1,10–2,07) 1,42 (1,04–1,96) 1,08 (1,03–1,13) 0,66 (0,48–0,90) 0,60 (0,39–0,91) 0,52 (0,39–0,70) tel (Hazard Ratio 0,63 [95%-KI 0,50– 0,81]), also vergleichbar derjenigen in den grossen Behandlungsstudien. Die Nutzen der Betablockerbehandlung waren besonders ausgeprägt bei Patienten mit systolischer Dysfunktion (Odds Ratio 0,42 [95%-KI 0,27–0,67]) im Vergleich zu Patienten mit diastolischer Dysfunktion (OR 0,66 [95%-KI 0,30–1,47]). Studiendosierungen werden in der Praxis selten erreicht Bei den hier analysierten älteren und gebrechlicheren Patientinnen und Patienten wurden die in den grossen klinischen Studien eingesetzten Betablockerdosierungen nur selten erreicht: Nur 18 Prozent der Patienten, denen ein Betablocker verschrieben worden war, nahmen die jeweilige Zieldosis der Betablockerstudien ein. Während des Studienzeitraums wurde die Betablocker-Titration zunehmend aggressiver gehandhabt, sodass 1998–2001 immerhin 24 Prozent der Behandelten die Zieldosierung erreichten. Dabei war die Titrationskurve insgesamt relativ flach, innert der ersten 12 Behandlungsmonate wurde die Dosis bloss um 29 Prozent gesteigert, und die mittlere Maximaldosis war nur 47 Prozent höher als die mittlere Anfangsdosierung. Die mittleren Maximaldosen betrugen für Carvedilol 27 mg/die und für Metoprolol-Tartrat 81 mg/die, also höchstens die Hälfte der maximalen Zieldosierung. Von den 475 Patienten, denen an der kanadischen Herzinsuffizienz-Klinik ein Betablocker verschrieben worden war, nahmen 351 (74%) diesen während der ganzen Nachbeobachtungszeit auch ein. Abgesehen von einer kleinen Abnahme der mittleren Herzfrequenz bei Therapiebeginn ergaben sich nur geringe Änderungen von Blutdruck, Pulsfrequenz oder NYHA-Klasse mit der Steigerung der Dosis. Keiner der erhobenen klinischen oder Laborparameter konnte die Veträglichkeit der Betablockade vorhersagen. Die Autoren stellen fest, dass die Resultate ihrer Beobachtungsstudie die Daten für die Wirksamkeit aus den Behandlungsstudien unterstützen und um Evidenz zur Effektivität, also zum Einfluss auf den Krankheitsverlauf in der Praxis, erweitern. Ausserdem zeigten sie, dass Betablocker – zumindest in den von ihnen eingesetzten Dosen – auch von Herzinsuffizienzpatienten ausserhalb klinischer Studien im Allgemeinen gut vertragen werden. «Start low and go slow» Am Behandlungsnutzen von Betablockern bei Herzinsuffizienz scheinen nach dem heutigen Wissensstand keine Zweifel mehr angebracht. Auch Befürchtungen wegen der potenziellen Nebenwirkungen sollten kein grundlegendes Verschreibungshindernis mehr sein. Ein sehr wichtiger Gesichtspunkt ist die Wahl der Anfangsdosierung und die sorgfältige Aufwärtstitration der Dosis entsprechend den Gegebenheiten des individuellen Patienten. Je ungünstiger die Ausgangssituation und je höher die Nebenwirkungsempfindlichkeit, desto tiefer muss anfänglich dosiert und desto langsamer darf die Dosis nur gesteigert werden (nach dem englischen Motto: «start low and go slow»). Praxisrelevante Hinweise zur Titration von Betablockern bei Herzinsuffizienz haben wir in AM 12/2004, S. 628–638, gegeben. 1. Kanu Chatterjee (University of California San Francisco, Division of Cardiology): The fear of Betablocker therapy in heart failure. Arch. Intern. Med. 2004; 164: 1370–1371. 2. Dennis T. Ko (Division of Cardiology, Schulich Heart Centre, and the Department of Medicine, Sunnybrook & Women’s College Health Sciences Centre, University of Toronto, Toronto/CAN) et al.: Adverse effects of Betablocker therapy for patients with heart failure. Arch. Intern. Med. 2004; 164: 1389–1394. 3. Puneeta Tandon (Division of General Internal Medicine, University of Alberta, Edmonton/CAN) et al.: The use of Betablockers in a tertiary care heart failure clinic. Arch. Intern. Med. 2004; 164: 769– 774. q Halid Bas Interessenlage: Die Autoren der Originalpublikationen deklarieren keine finanziellen Interessenkonflikte. 914 A R S M E D I C I 1 8 q 2 0 0 4