Transkript
STUDIEq ÉTUDE
CRP bei Depressiven erhöht
Der Zusammenhang liefert einen vagen Erklärungsansatz für das erhöhte kardiovaskuläre Risiko
ARCHIVES OF INTERNAL MEDICINE
Männer, die an einer Major
Depression leiden, weisen
anscheinend häufiger erhöhte
CRP-Werte auf. Das ergab
eine Analyse von Daten, die
im Rahmen der Third National
Health and Nutrition Exa-
mination Survey in den USA
erhoben wurden.
An einer Depression erkrankte Menschen haben ein erhöhtes Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zu erkranken. Diese Koinzidenz legen zahlreiche Beobachtungsstudien der letzten 20 Jahre nahe. Auch scheinen Depressive häufiger einen Schlaganfall zu erleiden. Bislang können sich die Forscher allerdings noch keinen rechten Reim auf das Zusammenspiel der zunächst einmal wesensfremd erscheinenden Erkrankungen machen. Gleichwohl sind auf der biologischen Seite einige Thesen entstanden, die aber eines Gültigkeitsbeweises weiter harren. Veränderungen der HypophysenHypothalamus-Achse, der Plättchenfunktion und der Herzfrequenz stehen zur Diskussion. Am liebsten hätten es die Forscher natürlich, fänden sie Mediatoren, die sich gemeinsam beziehungsweise zeitnah mit dem Abklingen der Depression zurückbilden.
Ein besonderes Augenmerk richtet sich seit längerem auf entzündliche Vorgänge, die dem arteriosklerotischen Gefässumbau zugrunde liegen sollen. In jüngster Zeit ist es möglich, das C-reative Protein (CRP) als Marker für eine geringgradige Entzündung zu nutzen. Die neuen hochsensitiven Assays erlauben es, selbst minimale Veränderungen von CRP-Werten zu ermitteln. Auf diese Weise lässt sich der Beziehung zwischen Entzündung und arteriosklerotischer Gefässkrankheit vielleicht leichter auf die Spur kommen. Bisherige Prospektivstudien haben ergeben, dass das KHK-Risiko bei Menschen, deren CRP im oberen Drittel lag, um das zweifache höher war als bei Menschen, deren CRP-Wert im unteren Drittel rangierte. Einige wenige Studien deuten darauf hin, dass Depression assoziiert ist mit einer Produktion von proinflammatorischen Zytokinen, wobei diese sich aber in einem Beobachtunszeitraum von fünf Wochen nach Therapie mit Antidepressiva nicht zurückbildeten. Jetzt hat eine amerikanische Arbeitsgruppe untersucht, wie die CRP-Werte bei Depressiven sind. Sie nutzten dazu die umfangreichen und repräsentativen Daten von knapp 7000 Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren aus der Third National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES III). Die Auswertung ergab eine Prävalenz der Major Depression von 5,7 Prozent bei Männern und von 11,7 Prozent bei Frauen. Tatsächlich fand man, dass die Depression bei Männern gehäuft mit erhöhten CRP-Werten korrelierte. Damit konnten Ergebnisse bestätigt werden, wie sie bereits bei über 65-Jährigen erhoben worden waren. Allerdings geben die Autoren zu bedenken, dass Aussagen zur Kausalität kaum machbar sind. Schliesslich sind zahlreiche Pro-
zesse denkbar, die eine geringgradige Ent-
zündung verursachen. Zwar scheinen
konkomitierende Erkrankungen bei den
jungen Teilnehmern nicht sehr wahr-
scheinlich, ausgeschlossen sind sie aber
nicht. Immerhin konnten eine Reihe von
Faktoren ausgeschlossen werden, wie etwa
Alter, Body Mass Index (BMI), Alkohol-
konsum, Östrogeneinnahme bei Frauen,
Lipidwerte, Blutdruck und Rauchverhalten.
Obwohl Frauen häufiger an Depressionen
leiden, konnte bei ihnen der beschriebene
Zusammenhang nicht ermittelt werden.
Nach einer hypothetischen Erklärung
könnten dafür Schwankungen des CRP
während des Menstruationszyklus verant-
wortlich sein. In der Mitte des Zyklus stei-
gen sie besonders stark an. Informationen
über den Menstruationszyklus enthielten
die Daten nicht. Grundsätzlich gilt, dass
das KHK-Risiko bei depressiven Männern
und Frauen ähnlich hoch ist.
Unklar bleibt nach der Studienanlage die
Frage nach dem zeitlichen Zusammen-
hang zwischen CRP-Anstieg und Depres-
sion, obwohl die Autoren die zeitliche
Nähe zwischen CRP-Messung und depres-
siver Episode ins Kalkül zogen. Verläss-
lichere Daten würde nur eine Longitudi-
nalstudie ergeben.
q
Daniel E. Ford et al.: Depression and c-reactive protein in US adults. Data from the Third National Health and Nutrition Examination Survey. Arch Intern Med 2004; 164: 1010–1014.
Uwe Beise
Interessenkonflikte: keine
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