Transkript
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Wenn die Tiefe lockt
Worauf es beim Tauchattest ankommt
VERA SEIFERT
Schnell noch das Tauchattest abholen und ab in den Urlaub – viele angehende Taucher sind mehr daran interessiert, möglichst rasch und kosten-
Der Aufenthalt in einem artfremden Medium kann bei Menschen, die körperlich oder seelisch nicht ganz auf der Höhe sind, katastrophale Folgen haben. Taucher brauchen nicht nur bisweilen Kraft und eine gute Kondition. Der Unterwassersport stellt auch an die persönliche und soziale Reife, die psychische Stabilität und die intellektuellen Fähigkeiten relativ hohe Ansprüche. Das alles gilt es zu bedenken, bevor Sie Ihrem Schützling sein Attest aushändigen.
günstig an die Bescheinigung
zu kommen, als sich einer
gewissenhaften Untersuchung
und einer ärztlichen Beratung
zu unterziehen. Dabei erfor-
dert der Tauchsport weit
mehr als gesunde Lungen und
intakte Trommelfelle.
Tauchen als Freizeitbeschäftigung gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Daher wird auch der Hausarzt zunehmend mit Patienten konfrontiert, die ihre Tauchtauglichkeit attestiert haben möchten – zum einen, um sicher zu gehen, dass keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, zum anderen, weil Tauchbasen in Urlaubsländern oft ein derartiges Attest fordern. Die tauchmedizinische Untersuchung umfasst eine ausführliche Anamnese, eine körperliche Untersuchung und bestimmte Spezialuntersuchungen. Danach muss der Arzt beurteilen, ob medizinische Einwände gegen das Tauchen bestehen.
Anamnese nicht delegieren!
Als Hilfe, um die Tauchtauglichkeit eines Probanden zu beurteilen und Kontraindikationen aufzudecken, bietet die Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) eine Checkliste zur Anamnese und körperlichen Untersuchung an. Grundsätzliche Kriterien der Tauchtauglichkeit sind in der Tabelle aufgelistet. Die Untersuchung eines Tauchkandidaten unterscheidet sich von der eines hilfesuchenden Patienten im Rahmen einer normalen Sprechstundenkonsultation, heisst es im «Tauchtauglichkeit-Manual», das von den deutschen, schweizerischen und österreichischen tauchmedizinischen Gesellschaften herausgegeben wird. Oft sieht der Arzt den Betreffenden zum ersten Mal. Das macht es manchmal schwierig, die Ehrlichkeit der Antworten einzuschätzen, was Tauchmotivation, bisherige sportliche Betätigungen sowie Angaben zur Krankheitsvorgeschichte angeht. Bei der Anamnese sollte man sämtliche Punkte der Checkliste berücksichtigen und die Befragung selbst durchführen, raten die Autoren. Auf diese Weise kann der Arzt zum einen erkennen, ob die Fragen verstanden wurden und zum anderen einen Eindruck über Persönlichkeit, Eignung
Merk-
sätze
q Der Tauchsport stellt hohe Ansprüche an die persönliche und soziale Reife, die psychische Stabilität und die intellektuellen Fähigkeiten des Tauchkandidaten.
q Ergeben sich aus der Untersuchung absolute Kontraindikationen, was die Tauchtauglichkeit angeht, erübrigt sich der weitere Untersuchungsgang.
q Das Tauchtauglichkeits-Zeugnis darf keine medizinischen Details enthalten.
q Bei akutem Tubenmittelohrkatarrh, akuter Otitis media sowie Entzündungen von Nase und Nebenhöhlen ist Tauchen absolut kontraindiziert.
q Alle Läsionen im Bereich der Atemwege oder in anderen Organen, die zu einer erschwerten Gasabgabe (Air-Trapping) führen können, stellen absolute TauchKontraindikationen dar.
q Bei Hypertonikern gilt es, die Risikokonstellation und eventuelle Endorganschäden zu erfassen.
q Nur wenn das gesamte neurologische System ungestört funktioniert, ist die zeitliche und räumliche Orientierung unter Wasser gewährleistet.
q Indem der Arzt fremdmotivierten Kandidaten vom Tauchen abrät, ermöglicht er ihnen unter Umständen den erwünschten Ausweg aus einer Konfliktsituation.
A R S M E D I C I 1 3 q 2 0 0 4 685
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Wenn die Tiefe lockt
und eventuelle psychische Auffälligkeiten des Probanden gewinnen. Ergeben sich aus der Untersuchung absolute Kontraindikationen, was die Tauchtauglichkeit angeht, erübrigt sich der weitere Untersuchungsgang. Bei relativen Kontraindikationen oder tauchrelevanten Befunden sollte unbedingt ein erfahrener Taucherarzt hinzugezogen werden. Sollten Spezialuntersuchungen erforderlich sein, die der Hausarzt nicht selbst durchführen kann, sind diese zu delegieren, heisst es im «Tauchtauglichkeit-Manual». Die Endbeurteilung obliegt dann jedoch dem Erstuntersucher. Das ausgefüllte Untersuchungsformular der GTÜM muss anschliessend vom Arzt und vom Tauchkandidaten unterschrieben werden.
Körperliche Untersuchung
nebenhöhlen, Ohren, Mundhöhle und Rachenraum (inkl. Tonsillen), Hals, Thorax, Lunge, Herz/Kreislauf, Abdomen, Urogenitaltrakt, Bewegungsapparat, Nervensystem und Psyche.
Spezielle Untersuchungen Als obligat fordert die GTÜM die Überprüfung der Lungenfunktion und die Anfertigung eines Ruhe-EKG. Ein Röntgenbild des Thorax wird bei Erstuntersuchung sowie bei entsprechendem klinischem Befund empfohlen. Eine Ergometrie mit Ausbelastung sollte bei Personen ab 40 Jahren erfolgen (fakultativ) und ist bei mindestens zwei Risikofaktoren verbindlich. Sinnvolle Laboruntersuchungen, die die GTÜM jedoch als fakultativ ansieht, sind Hb, Erys, Leukos, BSG, Nüchtern-BZ sowie ein Harnstreifentest.
Nachdem man Alter, Grösse, Gewicht und
Was gehört ins Tauchlichkeits-
BMI festgehalten und den Allgemein- zeugnis?
zustand beurteilt hat, verdienen folgende Das ärztliche Zeugnis zur Tauglichkeit für
Organe und Organsysteme ein spezielles das Sportttauchen bestätigt, dass keine
Augenmerk: Haut, Augen, Nase und Nasen- relevanten Kontraindikationen vorliegen.
Es enthält jedoch keine
medizinischen Details. Falls
Name / Vorname: _______________________________________ Geburtsdatum: _________________________________________ Strasse / PLZ / Wohnort:__________________________________ Telefon: _______________________________________________ Berufliche Tätigkeit: _____________________________________ Krankenversicherung: ____________________________________
ERSTUNTERSUCHUNG
SGUHM SSMSH SSMSI SUHMS
Einschränkungen genannt werden, ist dabei das Arztgeheimnis zu wahren. Das heisst, der Grund für die Einschränkung wird nicht erwähnt. Beispiele möglicher im Zeugnis auf-
Anamnese (vom Arzt auszufüllen):
Ziel der Anamnese und der Untersuchung ist es, eventuelle Ausschlusskriterien für das Tauchen zu erfassen. Diese sind im Manual der SGUHM einzeln besprochen und müssen wo nötig weiter abgeklärt werden. [Manualbestellungen bei SUHMS@tiscali.ch]
geführter einschränkender Bemerkungen sind: q Im Rahmen des Tau-
chens mit einge-
1. Motivation fürs Tauchen (frühere Tauchtätigkeit, Wassersport)
schränkter Leistungsfähigkeit
2. Sportliche Tätigkeiten, Trainingshäufigkeit Frühere sportärztliche Untersuchungen, wo Arbeitsunfähigkeit in den letzten drei Jahren Militärdiensttauglichkeit
3. Gewicht, Grösse, Änderungen
4. Hospitalisationen Operationen, Unfälle
q Im Rahmen des Kindertauchens
q Im Rahmen des Behindertentauchens.
5. Medizinische Abklärungen Gegenwärtige ärztliche Behandlung
6. Medikamente (früher oder heute) Drogen, Alkohol
7. Rauchen
8. Allergien, Konjunktivitis, Rhinitis, Asthma, Ekzem
9. Ohrenprobleme Mittelohrenentzündungen, Trommelfellruptur Schwerhörigkeit (auch einseitig)
10. Schwindel, Bewusstlosigkeit
Empfehlungen oder Weisungen, die den Tauchkandidaten womöglich diskriminieren würden, gehören nicht in das Tauchattest. Derartige individuelle Besonderheiten sollten
Ta b e l l e :
Voraussetzungen für die Tauchtauglichkeit
q Selbstständiges Schwimmen
q Kommunikationsfähigkeit
q Mentale Reife, die eine Eigenverantwortlichkeit gewährleisten kann
q Ausschluss von Leiden, die eine Bewusstseinstrübung oder Orientierungsstörung auslösen
q Ausschluss von Leiden, deren Symptome leicht Panik auslösen
q Ausschluss von Leiden, die ein Barotrauma verursachen können
q Ausschluss von Leiden, die durch das Tauchen verschlimmert werden können
Quelle: Tauchtauglichkeit-Manual, Jürg Wendling et al., Hrsg. und Verlag: Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM), Schweizerische Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin (SGUHM), Österreichische Gesellschaft für Tauch- und Hyperbarmedizin (ÖGTH), 2. Aufl., 2001, ISBN 3-9522284-0-0.
auf dem Untersuchungsbogen vermerkt werden. Im abschliessenden Gespräch sollte der Tauchkandidat grundsätzlich entsprechend seiner bisherigen Taucherfahrung beraten werden. Der Proband muss sich darüber im Klaren sein, dass ihm das Tauglichkeitszeugnis das Ausbleiben von Zwischenfällen keineswegs garantiert. Im Folgenden werden einige der wichtigsten tauchspezifischen Kontraindikationen erörtert, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
HNO-Bereich Der HNO-Bereich ist beim Tauchen in erster Linie durch ein Phänomen gefährdet, das man als Barotrauma bezeichnet. Darunter versteht man eine Gewebeschädigung durch Druckunterschiede. Beim Abtauchen steigt der Umgebungsdruck an. Um einen Druckausgleich zu gewährleis-
686 A R S M E D I C I 1 3 q 2 0 0 4
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Wenn die Tiefe lockt
Medizinische Formulare zur Tauchtauglichkeit in der Schweiz
In der Schweiz kümmert sich die Schweizerische Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin (SUHMS) um die medizinischen Belange beim Tauchsport. Sie bietet auch das weiter führende Manual zur Tauchtauglichkeit an (Bestellung unter: SUHMS@tiscali.ch). Auf ihrer Internetseite stellt sie zweiseitige Untersuchungsformulare in mehreren Sprachen (für die Patientenakte) sowie ein Formular für das ärztliche Zeugnis zur Tauglichkeit für das Sporttauchen zuhanden des Patienten als pdf-Datei zur Verfügung: www.suhms.org
ÄRZTLICHES ZEUGNIS: CERTIFICAT MÉDICAL: CERTIFICATO MEDICO: MEDICAL CERTIFICATE:
TAUGLICHKEIT FÜR DAS SPORTTAUCHEN APTITUDE A LA PLONGÉE SPORTIVE IDONEITÀ MEDICA ALL'IMMERSIONE SUBACQUEA SPORTIVA FITNESS FOR RECREATIONAL SCUBA DIVING
NAME / NOM / NOME
Obgenannte Person ist heute gemäss den Richtlinien der SGUHM für die Tauglichkeit zum Gerätetauchen untersucht worden. Aufgrund der Untersuchung liegen keine Hinweise für Leiden vor, die eine absolute Kontraindikation darstellen.
La personne susmentionnée a subi aujourd'hui un examen médical pratiqué selon les recommandations de la SSMSH. Cet examen n'a pas mis en évidence de contre-indication absolue à la pratique de la plongée en scaphandre autonome.
La persona summenzionata è stata visitata secondo le direttive della SSMSI per l'idoneità medica all'immersione sportiva. Non ho riscontrato condizioni patologiche che rappresentino una controindicazione assoluta all'immersione subacquea sportiva con autorespiratore.
This person has been examined according to the fitness-to-dive-guidelines of the Swiss Underwater and Hyperbaric Medical Society for recreational SCUBA diving. No medical condition considered to represent an absolute contraindication to diving has been found.
EINSCHRÄNKUNGEN / LIMITATIONS / LIMITAZIONE: NACHUNTERSUCHUNG / PROCHAIN EXAMEN / PROSSIMA VISITA / NEXT ASSESSMENT:
ARZT (UNTERSCHRIFT, STEMPEL) / MÉDECIN (SIGNATURE, TIMBRE) MEDICO (FIRMA, TIMBRO) / PHYSICIAN (SIGNATURE, STAMP)
ORT / DATUM / LIEU / DATE / LUOGO / DATA / PLACE / DATE
SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR UNTERWASSER- UND HYPERBARMEDIZIN SOCIÉTÉ SUISSE DE MÉDECINE SUBAQUATIQUE ET HYPERBARE SOCIETÀ SVIZZERA DI MEDICINA SUBACQUEA ED IPERBARICA SWISS UNDERWATER AND HYPERBARIC MEDICAL SOCIETY
WWW.SUHMS.ORG
SGUHM SSMSH SSMSI SUHMS
ten, muss Luft in gasgefüllte Räume (Nasennebenhöhlen, Paukenhöhle) einströmen und beim Auftauchen wieder ausströmen können. Durch verlegte Belüftungszugänge (Eustachische Röhre), zum Beispiel in Folge von Schleimhautschwellungen, wird dies verhindert. Der akute Tubenmittelohrkatarrh, die akute Otitis media sowie Entzündungen von Nase und Nebenhöhlen, die einen Druckausgleich unmöglich machen, sind daher absolute Kontraindikationen. Wegen der Gefahr der Labyrinthreizung mit Orientierungsverlust, Übelkeit und Erbrechen stellen auch Trommelfellperforationen und Paukenröhrchen in situ absolute Kontraindikationen dar. Das Gleiche gilt für Gleichgewichtsstörungen. Ob ein Patient nach gehörverbessernder Operation tauchen darf, klärt am besten der HNO-Arzt ab. Sollte das Trommelfell bei der Ohrinspektion nicht einsehbar sein, muss der Gehörgang gereinigt oder gegebenfalls zum Facharzt überwiesen werden.
Lunge und Atemwege Beim Abtauchen steigt durch das Gewicht
des Wassers der hydrostatische Druck um 100 kPa (1 bar) pro 10 m Tiefenzunahme. Auf einem Taucher mit 2 m2 Körperoberfläche lasten mit jedem zusätzlichen Meter zwei Tonnen Gewicht mehr! Da nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte eine Druckzunahme bei Gasen eine Verringerung des Volumens bewirkt, wird bei einem Apnoe-Taucher das Lungenvolumen in 10 m Tiefe auf die Hälfte komprimiert. Beim Gerätetaucher gleicht der druckgesteuerte Atemregler (Lungenautomat) diese Volumenschwankungen weit gehend aus. Daraus ergibt sich jedoch mit zunehmender Tiefe ein zunehmender Verbrauch an Atemgas, das beim Aufstieg wieder abgeatmet werden muss. Alle Läsionen im Bereich der Atemwege oder in anderen Organen, die zu einer erschwerten Gasabgabe (Air-Trapping) führen können, stellen daher Kontraindikationen dar. Insbesondere sind dabei das Asthma bronchiale (FEV1/ VC unter 0,7), die COPD (alle Schweregrade von respiratorischer Insuffizienz, FEV1 unter 70 Prozent vom Sollwert) sowie die akute Bronchitis zu nennen.
Herz/Kreislauf Kardiovaskuläre Einschränkungen könnten zum einen die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Zum anderen muss bei Rhythmusstörungen, manifester Herzinsuffizienz, KHK oder Vitia mit plötzlicher Bewusslosigkeit gerechnet werden, was unter Wasser katastrophal enden kann. Angina pectoris stellt in jeder Form eine absolute Kontraindikation dar, auch wenn der Patient durch Medikamente symptomfrei geworden ist. Das Gleiche gilt für Rhythmusstörungen bei ischämischer Herzkrankheit und für Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium II bis IV. Bei NYHA-Grad I kann unter Umständen erfahrenen Tauchern eine Tauglichkeit bescheinigt werden. Bei Hypertonikern gilt es, die Risikokonstellation und eventuelle Endorganschäden zu erfassen. Das Risiko einer hypertensiven kardialen Komplikation ist bei einem Blutdruck von über 160/100 mmHg und mindestens einem Risikofaktor sowie generell bei Werten über 180/110 mmHg hoch bis sehr hoch, sodass sich hier das Tauchen verbietet.
A R S M E D I C I 1 3 q 2 0 0 4 687
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Wenn die Tiefe lockt
Bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit ist der Taucher durch verminderte Leistungsfähigkeit und Ischämieschmerz gefährdet. Die Stadien IIb, III und IV nach Fontaine gelten als absolute Kontraindikationen. Patienten im Stadium IIa dürfen bei normalem Leistungstest tauchen. Für Patienten mit überstandener tiefer Beinvenenthrombose ist Tauchen bis zur vollen Mobilisation und Sportfähigkeit tabu. Eine Antikoagulation stellt keine Kontraindikation dar.
Nervensystem Nur wenn das gesamte neurologische System ungestört funktioniert, ist die zeitliche und räumliche Orientierung unter Wasser gewährleistet. Wer zum Beispiel von plötzlichem Bewusstseinsverlust, Krampfanfällen oder Lähmungen bedroht ist, dem darf keine Tauchtauglichkeit bescheinigt werden. Zu den absoluten Kontraindikationen zählt zum Beispiel jede Epilepsieform, sofern der letzte Anfall weniger als fünf Jahre zurückliegt, der Patient Medikamente erhält und das EEG pathologisch ist. Patienten, die einen Schlaganfall überstanden haben, sind unter anderem bei rezidivierenden neurologischen
Ausfällen, nach primärer Hirnblutung und bei anatomischen Gefässveränderungen vom Tauchen auszuschliessen.
Psyche Der Taucher befindet sich in einer permanenten kontrollierten Stresssituation. Bei unvorhergesehenen Ereignissen muss er adäquat reagieren können, ohne in Panik zu geraten. Der Untersucher muss sich daher ein Bild von der Gesamtpersönlichkeit des Tauchers machen. Auf allgemeine Ängstlichkeit können dabei bestimmte vegetative Reaktionen hinweisen wie Dermografismus, Hyperventilation, übermässiges Schwitzen oder vasovagale Synkopen. Weitere Anhaltspunkte liefern Fragen nach der Bewältigung von Prüfungssituationen oder nach persönlichen, emotional belastenden Ereignissen. Besonders ehrgeizige Taucher neigen dazu, ihre Schwächen zu verleugnen und bringen dadurch möglicherweise sich und andere in Gefahr. Ganz wichtig ist auch die Frage nach der Motivation des Tauchkandidaten. Hat sich der Proband von anderen zum Tauchen überreden lassen, ohne selbst davon überzeugt zu sein, ist die Frustrationstoleranz in der Regel gering.
Indem der Arzt fremdmotivierten Kandidaten vom Tauchen abrät, ermöglicht er ihnen unter Umständen den erwünschten Ausweg aus einer Konfliktsituation. Der Taucher sollte über eine altersentsprechende Reife verfügen. Intelligenz, Bildung und Urteilsvermögen sollten ausreichen, um die physikalischen Zusammenhänge und die Gefahren beim Tauchen einschätzen zu können. Psychiatrische Erkrankungen wie Psychosen, Depressionen, schwerere Neurosen, Phobien, Panikstörungen und Suchtkrankheiten schliessen eine Tauchtauglichkeit in der Regel aus. q
Dr. med. Vera Seifert Talstrasse 5
D-93152 Nittendorf Tel. 0049-9404 95 20 11 Fax 0049-9404 95 20 20 E-Mail: seifert@der-allgemeinarzt.com
Interessenkonflikte: keine
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 4/2004. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin.
688 A R S M E D I C I 1 3 q 2 0 0 4