Transkript
Kennen Sie den neuen Pharmakodex?
SVEN BRADKE
Seit Anfang dieses Jahres gilt für die Unternehmen
der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz ein
neuer Verhaltenskodex (Pharmakodex), der unter
anderem gewisse Beziehungen der Pharmaunter-
nehmen zu den Ärzten regelt. In dieser Rubrik
werden in loser Folge einzelne Aspekte des Pharma-
kodexes durchleuchtet.
Der Pharmakodex ist eine ethisch motivierte, auf Freiwilligkeit basierende Vereinbarung der Pharmaunternehmen, die in Bereichen mit möglichen Interessenkonflikten ein faires Verhalten sicherstellen soll (1). Der Pharmakodex tritt an die Stelle des bisherigen Pharma-Fachwerbungs-Kodexes (PFK) aus dem Jahr 1991. Im Unterschied zur früheren Vereinbarung enthält der neue Verhaltenskodex eine Reihe von ausdrücklichen Bestimmungen in Bezug auf das Verhalten der Pharmaunternehmen gegenüber der Ärzteschaft, und zwar namentlich in den Bereichen der Veranstaltungen zur Fort- und Weiterbildung sowie der klinischen Arzneimittelforschung. Gerade aufgrund dieser Anknüpfungspunkte ist der Pharmakodex zweifellos auch für die Ärzteschaft von Interesse.
Aufbau des Pharmakodexes
Der Pharmakodex ist in insgesamt neun Abschnitte gegliedert (Kasten 1). Die drei ersten Abschnitte enthalten Bestimmungen über die Fachwerbung, die Durchführung von Informations- und Fortbildungsveranstaltungen sowie das Sponsoring von klinischen Versuchen. Zwei weitere Abschnitte regeln den Vollzug des Pharmakodexes in den oben genannten Bereichen, und drei weitere Abschnitte befassen sich mit der konsultativen Tätigkeit des Pharmakodex-Sekretariats, dem Verfahren bei Swissmedic
Kasten 1: G l i e d e r u n g d e s Pharmakodexes
1. Fachwerbung für Arzneimittel und Information der Fachpersonen über Arzneimittel
2. Veranstaltungen zur Arzneimittel-Fachwerbung und -Information sowie zur Weiter- und Fortbildung von Fachpersonen
3. Sponsoring klinischer Versuche mit Arzneimitteln
4. Vollzug des Pharmakodexes im Bereich Fachwerbung und Information
5. Vollzug des Pharmakodexes in den Bereichen Veranstaltungen und klinische Versuche
6. Konsultative Tätigkeit des Pharmakodex-Sekretariates
7. Verfahren bei Swissmedic oder vor Gericht
8. Pharmakodex-Kommission
9. Schlussbestimmungen
beziehungsweise vor Gericht sowie mit der Tätigkeit der Pharmakodex-Kommission.
Fachwerbung für Arzneimittel
Im Bereich der Fachwerbung für Arzneimittel ergänzt der Pharmakodex die Bestimmungen des staatlichen Heilmittelrechts, das namentlich im Heilmittelgesetz (HMG) und in der ArzneimittelWerbeverordnung (AWV) definiert ist. Zusätzlich wurden bei der Abfassung des Pharmakodexes verschiedene internationale Kodizes der pharmazeutischen Industrie berücksichtigt. Im Einklang mit Art. 2 Bst. a und c AWV (Kasten 2) definiert der Pharmakodex als Fachwerbung alle an Fachpersonen oder deren Hilfspersonen gerichteten Informationen, die Anreize zur Verschreibung, zur Abgabe, zur Anwendung oder zum Verkauf bestimmter Arzneimittel vermitteln. Als Fachwerbung gelten namentlich Inserate in Fachzeitschriften sowie Werbebotschaften, die in Drucksachen, auf Gegenständen, an Informationsständen, an Fachkongressen und mit Datenübermittlungssystemen sowie im Internet
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Kennen Sie den neuen Pharmakodex?
Kasten 2: Ve r o r d n u n g ü b e r d i e Arzneimittelwerbung (AWV)
Art. 2 Begriffe
Im Sinne dieser Verordnung gilt als:
a. Arzneimittelwerbung: alle Massnahmen zur Information, Marktbearbeitung und Schaffung von Anreizen, welche zum Ziel haben, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf, den Verbrauch oder die Anwendung von Arzneimitteln zu fördern;
b. Publikumswerbung: Arzneimittelwerbung, welche sich an das Publikum richtet;
c. Fachwerbung: Arzneimittelwerbung, die sich an zur Verschreibung, Abgabe oder zur eigenverantwortlichen beruflichen Anwendung von Arzneimitteln berechtigte Fachpersonen richtet.
vermittelt werden. Nicht durch den Pharmakodex geregelt sind demgegenüber die Publikumswerbung für Arzneimittel und die Vermittlung von allgemeinen Informationen zur Gesundheit und Erkrankung von Menschen, sofern sich diese Informationen weder direkt noch indirekt auf bestimmte Arzneimittel beziehen.
Transparenzgebot
Fachwerbung muss ausgewogen, objektiv und fair sein. Sämt-
liche Aussagen müssen belegt sein und dürfen weder durch Ver-
drehung noch durch unangemessene Betonung, Auslassung
oder auf andere Art und Weise irreführend sein. Klinische Versu-
che dürfen in der Fachwerbung nur erwähnt werden, falls sie
entsprechend den Anforderungen der «Good Clinical Practice
(GCP)» durchgeführt wurden. Die zitierten Ergebnisse klinischer
Prüfungen müssen in einem wissenschaftlich anerkannten Fach-
medium bereits veröffentlicht oder zumindest zur Veröffentli-
chung akzeptiert sein, wobei in letzterem Fall vollständige Kopien
der zitierten Prüfungsberichte auf Anfrage verfügbar sein müs-
sen. Bezieht sich Fachwerbung auf andere Formen der Daten-
erhebung wie Metaanalysen, pharmaökonomische Studien oder
Praxiserfahrungsberichte, so müssen diese Arbeiten in einem
wissenschaftlich anerkannten Fachmedium veröffentlicht sein.
Vergleiche mit anderen Arzneimitteln sind zulässig, sofern sie
wissenschaftlich korrekt und einwandfrei referenziert sind. Be-
zieht sich Fachwerbung auf Ergebnisse aus Experimenten in vitro
oder am Tier, so muss diese Tatsache aus dem Zitat klar hervor-
gehen.
G
1. Der Pharmakodex kann beispielsweise von der Website www.sgci.ch der Schweizerischen Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) heruntergeladen werden.
Voraussetzungen für die Fachwerbung
Fachwerbung für ein Arzneimittel ist nur zulässig, wenn dieses von Swissmedic zugelassen ist. Diese wichtige Beschränkung gilt auch für neue Indikationen, Anwendungsmöglichkeiten, Dosierungen, Darreichungsformen und Packungen eines Arzneimittels. Allerdings dürfen Unternehmen die Fachpersonen und die Medien auch über noch nicht zugelassene Arzneimittel informieren, jedoch nicht dafür werben. Gemäss dem Pharmakodex darf zwar die Marke des Präparats genannt werden, doch muss dies stets in Verbindung mit der offiziellen DCI/INN-Kurzbezeichnung der Wirkstoffe geschehen. Überdies ist immer deutlich erkennbar darauf hinzuweisen, dass die Zulassung durch Swissmedic noch nicht erfolgt ist.
Dr. Sven Bradke Geschäftsführer der APA
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