Transkript
PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE
Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf
Ein Praxiserfahrungsbericht über die sechsmonatige Therapie von 356 Typ-2-Diabetikern
OLIVIER A.R. THOMETa, M A R K U S F. B R E M G A R T N E R a, MEINRAD GOODb
Durch eine vermehrte körperliche Aktivität und/oder gesündere Ernährungsweise konnten bei Typ-2-Diabetikern, die mit Rosiglitazon therapiert wurden, das Körpergewicht gesenkt und der HbA1c-Wert zusätzlich verbessert werden. Diese Behandlungsergebnisse resultierten aus einer breit angelegten Praxisbeobachtung über einen Zeitraum von sechs Monaten bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in der Schweiz mit 356 Diabetikern.
a GlaxoSmithKline AG, Talstrasse 3–5, 3053 Münchenbuchsee
b Target BioScience AG, Weingartenstrasse 11, 8803 Rüschlikon
Die wichtigsten Ergebnisse
q Die 356 Typ-2-Diabetiker, die in dieser Praxisbeobachtung erfasst wurden, wiesen einen durchschnittlichen HbA1c-Ausgangswert von 8,7 Prozent auf. Zwecks besserer Kontrolle des Blutzuckers wurde durch die behandelnden Ärzte bei 45 Prozent der Patienten neben einer oralen Antidiabetika-Therapie (OAD-Therapie) zusätzlich auch explizit eine Änderung des Lebensstils «verordnet» (Gruppe A).
q Unter Rosiglitazon-Monotherapie reduzierte sich der HbA1c-Wert um 1,2, in Kombination mit Metformin um 1,7 und mit Sulfonylharnstoff um 1,4 Prozentpunkte. Die Praxisbeobachtung hat auch gezeigt, dass das HbA1c durch eine Änderung im Lebensstil zusätzlich gesenkt werden kann. So reduzierte sich der HbA1c-Wert in der Gruppe A um 1,6, bei den übrigen (Gruppe B) um 1,2 Prozentpunkte.
q Das durchschnittliche Gewicht aller Patienten reduzierte sich um rund 1,1 kg. Das Ausmass der Gewichtsabnahme wurde durch die Wahl der OAD stark beeinflusst. Die medikamentöse Therapie mit Rosiglitazon plus Metformin erwies sich unabhängig von einer Änderung des Lebensstils als die wirksamste Kombination. Mit dieser Kombinationstherapie reduzierte sich das Gewicht um durchschnittlich 2,5 kg.
q Auch der Lebensstil hatte – unabhängig von der verordneten medikamentösen Therapie – einen Einfluss auf die Gewichtsabnahme: Bei den Patienten mit einer Lebensstiländerung (Gruppe A) reduzierte sich das Gewicht um 1,5 kg, bei den restlichen Patienten (Gruppe B) um 0,8 kg.
q Während der gesamten Beobachtungszeit wurden 9 Spontanmeldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen von 9 Patienten registriert: Kopfschmerzen (2), Nausea (2), Gewichtszunahme (2), Ödem (2), Erhöhung des Cholesterins (1).
Einleitung
Die «Volkskrankheit» Diabetes mellitus Typ 2 wird voraussichtlich in den kommenden Jahren stark zunehmen (1). In den Industrieländern wird die Prävalenz von Diabetes mellitus im Jahr 2025 auf 7,6 Prozent und in den Entwicklungsländern auf 4,9 Prozent geschätzt, was einer Zunahme gegenüber 1995 um 27 beziehungsweise 48 Prozent entspricht (2). In der Entstehung von Typ-2-Diabetes spielen nebst genetischen Faktoren auch Fehlernährung und mangelnde Bewegung eine we-
sentliche Rolle, welche sich oft unter dem Krankheitsbild der Adipositas manifestieren (3). Die Ursache dieser Erkrankung liegt nach heutigen Erkenntnissen in der Insulinresistenz, das heisst einer reduzierten oder fehlenden Wirkung des Insulins auf die Muskel-, Fett- und Leberzellen (3, 4). Wie bereits angedeutet, weist ein Typ-2-Diabetiker meistens gleichzeitig ein metabolisches Syndrom auf; eine Kombination von Adipositas, Hyperlipidämie und Hypertonie. Das metabolische Syndrom führt bei den betroffenen Patienten zu einem stark erhöhten Risiko für weitere
576 A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4
PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE
Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf
Folgeerkrankungen wie koronare Herzkrankheiten und Nierenfunktionsstörungen (4). Zur Behandlung der Insulinresistenz wurden in den letzten Jahren mehrere innovative Medikamente entwickelt. Dazu gehört Rosiglitazon (Avandia®), der erste Vertreter der Gruppe der Thiazolidindione, der in der Schweiz zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zugelassen wurde (5). Thiazolidindione entfalten ihre Wirkung über einen intrazellulären Rezeptor (PPARγ) an den Schlüsselzellen der Insulinresistenz, nämlich dem Fettgewebe, der Skelettmuskulatur und der Leber. Dieser Rezeptor reguliert die Genaktivitäten des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels (6). Rosiglitazon kann sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Metformin und Sulfonylharnstoffen eingenommen werden (5). Die Kombinationstherapie von Rosiglitazon ist sinnvoll für Patienten, die auf eine Monotherapie nicht ausreichend ansprechen. Der glukosesenkende Effekt unter Rosiglitazon tritt allmählich ein und ist nicht mit einer Hypoglykämie verbunden. Es kommt zu einer lang anhaltenden Reduktion des Blutzuckerspiegels und des glykosylierten Hämoglobins (HbA1c) (5). Als Nebeneffekt ist eine Gewichtserhöhung um 1 bis 2 kg möglich (5, 7). Kontrollierte klinische Studien haben jedoch gezeigt, dass auch mit Rosiglitazon das Körpergewicht gesenkt werden kann, wenn die Patienten der körperlichen Aktivität und/oder einer gesunden Ernährung vermehrt Beachtung schenken (8). In der vorliegenden Praxisbeobachtung wurden Typ-2-Diabetiker nebst der Therapie mit oralen Antidiabetika (OAD) zur körperlichen Aktivität und zu einer gesunden Ernährung, das heisst zu einer Änderung ihres Lebensstils, motiviert. Der Einsatz eines Medikamentes erfolgte bei einer Praxisbeobachtung nach den in der Fachinformation beschriebenen Empfehlungen im Rahmen der täglichen Praxis. Das Ziel der vorliegenden systematischen Beobach-
* Zwecks besserer Lesbarkeit wird für beide Geschlechter (Patientinnen/Patienten, Ärztinnen/Ärzte, etc.) jeweils die männliche Form verwendet.
tung war, einerseits Daten in der Alltagspraxis zu Rosiglitazon zu sammeln sowie den möglichen Einfluss einer zusätzlich verordneten Änderung des Lebensstils auf das Körpergewicht und den HbA1c-Wert zu erfassen, wenn diese Massnahme im Arzt-Patienten-Gespräch vereinbart wurde.
Methoden
Die vorliegende Praxisbeobachtung wurde bei niedergelassenen ÄrztInnen* in der Schweiz im Zeitraum von September 2001 bis Juni 2003 durchgeführt. Verfolgt wurden erwachsene Typ-2-Diabetiker, die entweder erstmals mit einem OAD behandelt wurden oder trotz einer Therapie mit OAD eine verbesserte Kontrolle ihrer Blutglukose benötigten. Die Änderungen des Lebensstils der Patienten wurden individuell durch den behandelnden Arzt gezielt gefördert. Diese beinhalteten eine zusätzlich körperliche Aktivität (Bewegung bzw. Sport) und/ oder eine gesunde Ernährung. Den Patienten wurde auf Wunsch ein Springseil zur Förderung der körperlichen Aktivität und ein Diabetes-Kochbuch (9) zur Förderung einer bewussten, dem Diabetes mellitus angepassten Ernährungsweise zur Verfügung gestellt. Die Behandlungsergebnisse dieser Patienten wurden für die Auswertung in einer Gruppe A, die Behandlungsergebnisse der Patienten, für welche keine Änderung des Lebensstils vermerkt wurde, in einer Gruppe B zusammengefasst. Definitionsgemäss liegt für eine Praxisbeobachtung kein vorgeschriebener Prüfplan vor. Das Behandlungsschema und die Visitenintervalle lagen deshalb im Ermessen der Ärzte. Die Analyse des HbA1c erfolgte in der Praxis beziehungsweise in den von den Ärzten bestimmten medizinischen Labors. Die HbA1c-Werte wurden an drei praxisrelevanten Zeitpunkten T0 (Basiswert), T1 (nach ca. 3 Monaten) und T2 (nach ca. 6 Monaten) erfasst. Die Zeitfenster für die Datenanalyse wurden auf Grund der beobachteten Zeitpunkte folgendermassen definiert: T1: 28 bis 135 Tage, T2: 136 bis 270 Tage. Bei Patienten, die innerhalb eines entsprechenden Zeitfensters zwei Datensätze aufwiesen, wurde
Tabelle 1: D e m o g r a f i e u n d Anamnese vor Beginn
der Praxiserfahrung
(n = 356)
Geschlecht (% Patienten) Weiblich Männlich
50,6% 49,4%
Alter (Jahre) Mean ± SD Min.–Max.
64,4 ± 11,1 22–90
BMI (kg/m2) Mean ± SD Min.–Max.
29,9 ± 5,2 18,1–60,1
HbA1c (%) Mean ± SD Min.–Max.
8,7 ± 1,4 5,6–12,9
NPG (mmol/l) Mean ± SD Min.–Max.
10,2 ± 3,1 3,4–30,4
Dauer Diabetes (Jahre) Mean ± SD Min.–Max.
6,6 ± 6,2 0–30
Bisherige Antidiabetika-
Therapie (% Patienten)
Metformin-
Monotherapie (Met)
22,8%
Sulfonylharnstoff-
Monotherapie (SU)
18,8%
Metformin plus
Sulfonylharnstoff (Met + SU) 27,5%
Andere
Kombinationstherapien* 17,7%
Keine Antidiabetika-Therapie 13,2%
Nichtmedikamentöse Therapie
(% Patienten)
Diät und/oder
körperliche Aktivität
82,9%
Begleitmedikation
(% Patienten, Mehrfachnennungen)
ACE-Hemmer
44,4%
Lipidsenker
37,9%
Diuretika
21,9%
Betablocker
19,7%
Östrogene
2,0%
Andere
37,1%
*davon Patienten mit: Insulin 7,6% (n = 27); Gliniden 2,2% (n = 8); Glukosidase-Inhibitor 1,4% (n = 5); Rosiglitazon 7,6% (n = 27); (Mehrfachnennungen)
derjenige Datensatz verwendet, der näher beim Mittelwert im entsprechenden Zeitfenster lag (90 Tage für T1 bzw. 180 Tage für T2). Nebst der deskriptiven Analyse
A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4 577
PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE
Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf
HbA1c (%)
HbA1c (%)
9,5 9,0 8,5
8,0 7,5 7,0 6,5
036 Behandlungszeit (Monate)
10,5
9,5
8,5
7,5
6,5
5,5 036
Behandlungszeit (Monate)
Abbildung 1 (oben): Verlauf des HbA1c auf Grund der gewählten Therapie: q RSG (n = 131), s RSG + MET (n = 54), v RSG + SU (n = 52); (unten): Verlauf des HbA1c auf Grund des HbA1c-Ausgangswerts: s HbA1c > 8 (n = 183), q 7 < HbA1c ≤ 8 (n = 88), v HbA1c ≤ 7 (n = 23). (Mittelwert ± 95%-Konfidenzintervall). RSG: Rosiglitazon, MET: Metformin, SU: Sulfonylharnstoff
wurden Unterschiede der HbA1c-Reduktion von Patientengruppen auch explorativ mittels ANOVA analysiert. Patientensubgruppen mit weniger als 50 Patienten wurden nicht gesondert ausgewertet.
Resultate
Patienten und Therapie Die demografischen Daten sowie die Basiswerte der während der Praxisbeobachtung erfassten 356 Patienten sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Bei 62 Prozent (219/356) dieser Patienten lag der
⌬ BMI (kg/m2)
⌬ BMI (kg/m2)
0,0
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
0,0
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
-1,2
-1,4
Abbildung 2 (oben): Reduktion des BMI nach einer Therapie von zirka 6 Monaten: s Gruppe A (n = 135) = Patienten, denen eine körperliche Aktivität (Bewegung bzw. Sport) und/oder eine gesunde Ernährung explizit ‹‹verordnet›› wurde; s Gruppe B (n = 152) = Patienten, die den bisherigen Lebensstil nicht änderten; (unten): Reduktion des BMI nach einer Therapie von zirka 6 Monaten auf Grund der gewählten Therapie: s RSG (n = 131), s RSG + MET (n = 54), s RSG + SU (n = 52). (Mittelwert ± 95%-Konfidenzintervall). RSG: Rosiglitazon, MET: Metformin, SU: Sulfonylharnstoff
HbA1c-Ausgangswert oberhalb von 8 Prozent, bei 28 Prozent (98/356) zwischen 7 bis 8 und bei 9 Prozent (31/356) unterhalb von 7 Prozent. Der durchschnittliche HbA1c-Ausgangswert von 8,7 Prozent lag deutlich oberhalb des empfohlenen Behandlungszielwerts von 5 bis 7 Prozent (Chefärztevereinigung der SGIM, 2002) (10). Nebst der medikamentösen Behandlung wurde bei 45 Prozent (160/356) der Patienten (Gruppe A) zusätzlich eine gesunde Ernährung und/oder körperliche Aktivität (Bewegung bzw. Sport) explizit «verordnet». Die Patienten in der Gruppe A
unterschieden sich bei Untersuchungsbeginn nicht von den anderen (Gruppe B) bezüglich Alter, BMI und Dauer des Diabetes. 96 Prozent (341/356) der Patienten wurden mit Rosiglitazon beziehungsweise Rosiglitazon plus anderen OAD behandelt. Der grösste Anteil der Patienten erhielt Rosiglitazon als Monotherapie (44%), gefolgt von Rosiglitazon plus Metformin (18%), Rosiglitazon plus Sulfonylharnstoff (17%) und die Tripeltherapie Rosiglitazon plus Metformin plus Sulfonylharnstoff (14%). Andere Kombinationstherapien waren mit 6 Prozent relativ unbedeutend. Die meisten der Patienten erhielten bei Therapiebeginn standardmässig eine Tagesdosis von 4 mg Rosiglitazon. Nach zirka drei Monaten wurde bei einem Drittel der Patienten die Tagesdosis auf 8 mg erhöht.
Verlauf des HbA1c Da eine Praxiserfahrung in der Regel ein heterogenes Patientenkollektiv widerspiegelt, wurden Subgruppenanalysen bezüglich der OAD-Therapie, des HbA1cAusgangswerts, des BMI-Index und der Lebensstiländerung durchgeführt. Der durchschnittliche HbA1c-Ausgangswert von 8,7 Prozent reduzierte sich nach drei Monaten Mono- oder Kombinationstherapie mit Rosiglitazon auf 7,7 und nach sechs Monaten auf 7,3 Prozent (Tabelle 2). Im
keine Daten 9%
> 3kg 6%
2 bis 3kg 8%
0,1 bis 1,9kg 8%
> -3kg 20%
-3 bis -2kg 13%
keine Veränderung
13%
-1,9 bis -0,1kg 19%
Abbildung 3: Gewichtsveränderung der Patienten (n = 341) am Schluss der Praxisbeobachtung. Gewichtsabnahme: grüner Bereich; Gewichtserhöhung: rot/gelber Bereich
578 A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4
PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE
Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf
Vergleich zum Ausgangswert er-
niedrigte sich die HbA1c-Konzentration absolut um 1,4 Prozentpunkte. 72 Prozent (211/294) der
Tabelle 2: H b A 1c- W e r t e b e i B e g i n n ( T 0) u n d a m S c h l u s s d e r T h e r a p i e n a c h ~ 6 M o n a t e n ( T2)
Patienten zeigten eine Reduktion ihrer HbA1c-Werte um 0,7 Prozentpunkte oder mehr. Wie aus der Abbildung 1 ersichtlich, war
Therapiegruppe
HbA1c Basiswerte (T0)
(%-mean)
HbA1c Schlusswerte (T2)
(%-mean)
HbA1c Differenz T2–T0
(%-mean)
HbA1c ≥ 0,7% am Schluss (T2) (% Patienten)
das Ausmass der HbA1c-Reduktion wesentlich vom HbA1c-Aus-
Total (n = 294) a
8,68
7,27
-1,41
72%
gangswert abhängig (p < 0,0001). Therapiegruppe Am meisten profitierten diejeni- RSG (n = 131) 8,45 7,25 -1,20 63% gen Patienten, die einen HbA1c- RSG + MET (n = 54) 8,76 7,02 -1,74 76% Ausgangswert von mehr als 8 Pro- RSG + SU (n = 52) 8,78 7,35 -1,43 75% zent aufwiesen: Bei 85 Prozent RSG + MET + SU (n = 39) 9,03 7,30 -1,73 nc dieser Patienten reduzierten sich RSG + andere (n = 18) 9,07 7,79 -1,28 nc die HbA1c-Werte um mindestens HbA1c-Gruppe 0,7 Prozentpunkte. Bezüglich der HbA1c ≤ 7 (n = 23) 6,64 6,38 -0,26 nc Therapiegruppe fiel das Ergebnis 7 < HbA1c ≤ 8 (n = 88) 7,57 6,84 -0,73 56% tendenziell bei denjenigen Patien- HbA1c > 8 (n = 183)
9,47
7,58
-1,89
85%
ten am besten aus, die mit Rosi- BMI-Gruppe b
glitazon plus Metformin behandelt
BMI > 27 (n = 204)
8,66
7,24
-1,42
74%
wurden (p = 0,108). Der HbA1c-
BMI ≤ 27 (n = 84)
8,63
7,34
-1,29
64%
Ausgangswert hat sich in der Änderung des Lebensstils c
Gruppe A um 1,6, in der Gruppe B
Ja: Gruppe A (n = 143)
8,74
7,13
-1,61
84%
um 1,2 Prozentpunkte reduziert
Nein: Gruppe B (n = 151) 8,62
7,39
-1,23
60%
(p = 0,027). 84 Prozent der Pati-
enten in der Gruppe A erreichten a nur diejenigen Patienten, die sowohl einen Basis- als auch einen Schlusswert aufwiesen,
eine klinisch signifikante Reduktion ihrer HbA1c-Fraktion; das ist rund ein Viertel mehr als in der Gruppe B (Tabelle 2). Zusätzlich
das heisst gepaarte Werte b fehlende Daten von 6 Patienten c Gruppe A: Patienten, denen zusätzlich eine körperliche Aktivität (Bewegung bzw. Sport)
und/oder eine gesunde Ernährung «verordnet» wurde. Gruppe B: Keine Verordnung der Änderung des Lebensstils
zum HbA1c wurde auch die Nüchternplasmaglukose (NPG)
RSG: Rosiglitazon, MET: Metformin, SU: Sulfonylharnstoff nc: nicht kalkuliert, wenn in der Subgruppe die Gesamtzahl der Patienten n < 50 zeitlich verfolgt. Der hier nicht dargestellte NPG-Verlauf ent- spricht weit gehend dem HbA1c-Verände- 341) der Patienten keine Gewichtsverän- zeigt die Analyse bezüglich der Lebensstil- rungsprofil. Die NPG reduzierte sich nach derung beobachtet (Abbildung 3). 47 Pro- änderung folgendes Bild: Bei den Patien- der Behandlung mit Rosiglitazon in der zent (160/341) aller Patienten erreichten ten in der Gruppe A reduzierte sich das Mono- oder Kombinationstherapie von 10,2 eine deutliche Gewichtsabnahme um 1 kg Gewicht um durchschnittlich 1,5 kg und auf 7,7 mmol/l, wobei sich bei 51 Prozent oder mehr. Wie aus der Abbildung 2 er- in der Gruppe B durchschnittlich um 0,8 kg der Patienten die NPG klinisch signifikant sichtlich, wird das Ausmass der Gewichts- (Tabelle 3). um 1,7 mmol/l oder mehr senkte. abnahme durch die Wahl der Antidiabetika (p = 0,0035) und tendenziell durch den Le- Blutdruckverlauf Gewichtsverlauf und bensstil (p = 0,092) beeinflusst. Die The- Die körperliche Aktivität und gesunde Lebensstiländerung rapie mit Rosiglitazon plus Metformin er- Ernährungsweise zeigte auch einen positi- Während der sechsmonatigen Therapie wies sich als die wirksamste Kombination. ven Einfluss auf den Blutdruck (Tabelle 3). nahm das durchschnittliche Gewicht aller Mit dieser Kombination reduzierte sich Der systolische Blutdruck erniedrigte sich Patienten im Mittel um 1,1 kg ab. Gegen- das Gewicht um durchschnittlich 2,5 kg, in der Gruppe A um 7 mmHg, in der über dem Ausgangsgewicht wurde bei mit Rosiglitazon und Sulfonylharnstoffen Gruppe B um 2 mmHg (p = 0,004). Die 51 Prozent (174/341) eine Gewichtsab- um 0,6 kg und unter der Monotherapie Senkung des diastolischen Blutdrucks um nahme, bei 27 Prozent (91/341) eine Ge- mit Rosiglitazon um 0,8 kg. 3 beziehungsweise 2 mmHg war in bei- wichtserhöhung und bei 13 Prozent (44/ Im vorliegenden Praxiserfahrungsbericht den Gruppen ungefähr gleich gross. Diese A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4 579 PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf Tabelle 3: G e w i c h t s - u n d B l u t d r u c k ä n d e r u n g b e i P a t i e n t e n m i t b e z i e h u n g s w e i s e ohne Lebensstiländerung nach ~6 Monaten (T2) Mit Lebensstiländerung (Gruppe A) mean ± SD 95%-KI Ohne Lebensstiländerung (Gruppe B) mean ± SD 95%-KI Gewichtsänderung (kg) BMI (kg/m2) -1,5 ± 4,0 -0,5 ± 1,4 (n = 135) -2,2 bis -0,8 -0,8 bis -0,3 -0,8 ± 3,1 -0,3 ± 1,1 (n = 152) -1,3 bis -0,8 -0,4 bis -0,1 Blutdruckänderung (mmHg) Systolisch Diastolisch -7 ± 13 -3 ± 8 (n = 142) -9 bis -5 -4 bis -1 mean = Mittelwert; SD = Standardabweichung; KI = Konfidenzintervall -2 ± 17 -2 ± 8 (n = 151) -5 bis +1 -4 bis -1 Werte waren in der gleichen Grössenordnung wie in einer Studie mit Typ-2-Diabetikern, die kontrollierte Anweisungen zur körperlichen Aktivität und gesunden Ernährungsweise erhielten (11) und in Übereinstimmung mit einer Studie bei nichtdiabetischen Hypertonikern, bei welchen unter Rosiglitazon-Therapie eine signifikante Blutdruckreduktion resultierte (12). Verträglichkeit Nach Ansicht der Ärzte verbesserte sich die Compliance bei 24 Prozent (83/341) der Patienten. Diese Feststellung ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass 26 Prozent (89/341) der Patienten die Therapie mit Rosiglitazon als einfacher oder viel einfacher beurteilten. Während der gesamten Beobachtungszeit wurden 9 Spontanmeldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) von 9 Patienten registriert: Kopfschmerzen (2), Nausea (2), Gewichtszunahme (2), Ödem (2), Erhöhung des Cholesterins (1). Diskussion Das Ziel dieses Praxiserfahrungsberichts war es, Daten über die therapeutisch übliche Anwendung eines OADs im Zusammenhang mit zusätzlichen therapeutischen Massnahmen wie vermehrte Aktivität und/oder Diät im Rahmen der alltäglichen Praxis zu sammeln. Er unterscheidet sich grundsätzlich von klinischen Studien, bei der die Anwendung eines Medikaments und/oder weiterer therapeutischer Massnahmen durch einen Prüfplan bestimmt ist. Die vorliegenden, in der alltäglichen Praxis erhobenen, interessanten Behandlungsresultate sollen jedoch den Resultaten aus klinischen Studien gegenübergestellt und diskutiert werden. Dadurch können alltägliche Behandlungsstrategien gut unterstützt werden. Die beobachteten Behandlungsergebnisse in diesem Praxiserfahrungsbericht stimmen für die HbA1c-Werte mit Daten aus denjenigen klinischen Studien gut überein, in welchen gezeigt wurde, dass die glykämische Kontrolle unter einer Kombinationstherapie mit Rosiglitazon und Metformin im Vergleich zu einer Metformin-Monotherapie signifikant erhöht werden konnte (13). Die Erwartung, dass das HbA1c durch eine Änderung im Lebensstil zusätzlich gesenkt werden kann, hat sich überwiegend erfüllt. Dies steht im Einklang mit klinischen Studien, die gezeigt haben, dass durch körperliche Aktivität (14) und/oder Diät beziehungsweise eine Änderung im Lebensstil (15) das HbA1c gesenkt werden kann. Bis heute wurde in den klinischen Studien der Gewichtsverlauf unter einer Rosiglitazon-Monotherapie mit einer begleitenden Änderung des Lebensstils nicht speziell untersucht, wodurch die Ergebnisse dieser Praxisbeobachtung nicht Daten aus klinischen Studien gegenübergestellt werden können. Die Resultate der vorliegenden Beobachtung werden immerhin durch Ergebnisse einer klinischen Prüfung unterstützt, in der den Patienten mit Übergewicht nebst einer Kombinationstherapie mit Insulin und Rosiglitazon zusätzlich eine Diät und körperliche Aktivität verordnet wurden (8). Auch die eindrücklichsten Daten einer Gewichtsabnahme um 2,5 kg mit einer Kombinationstherapie von Rosiglitazon mit Metformin stimmen mit Resultaten aus klinisch kontrollierten Studien gut überein. In diesen Studien konnte eine Gewichtsabnahme von über 2 kg unter einer MetforminMonotherapie erreicht werden (15, 16). Die durchschnittliche Gewichtssenkung um 1,5 kg (Gruppe A) beziehungsweise 0,8 kg (Gruppe B) bei einer Lebensstiländerung scheint auf den ersten Blick gering zu sein, wird aber dadurch relativiert, dass unter einer Monotherapie mit Rosiglitazon ohne weitere Begleitmassnahmen eine mittlere Gewichtszunahme von 1 bis 2 kg resultieren kann (5). Dies zeigte auch die zwischen 1999 und 2002 in der Schweiz durchgeführte einjährige Praxisbeobachtung bei 640 Typ-2-Diabetikern, bei der den Patienten keine Änderung des Lebensstils verordnet wurde (7). Zu erwähnen ist, dass auch den Patienten in der Gruppe B die Hilfsmittel Springseil und Diätkochbuch zur Verfügung standen. Im Vergleich zur Gruppe A wurde diesen 580 A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4 PRAXISERFAHRUNGSBERICHTq RAPPORT D’EXPÉRIENCE PRATIQUE Änderung des Lebensstils unter Rosiglitazon-Therapie – positiver HbA1c- und Gewichtsverlauf Patienten die Änderung des Lebensstils jedoch nicht explizit «verordnet», respektive mit ihnen vereinbart. Es ist somit anzunehmen, dass der körperlichen Aktivität (Bewegung bzw. Sport) und/oder einer gesunden Ernährungsweise von Patienten der Gruppe B vermehrt Folge geleistet wurde, was die Gewichtsabnahme in dieser Gruppe erklären könnte. Obwohl in dieser Praxisbeobachtung die körperliche Aktivität beziehungsweise das Einhalten der Diät nicht kontrolliert wurden, lässt sich auf Grund der Behandlungsresultate schliessen, dass unter der Therapie mit Rosiglitazon eine Gewichtsabnahme möglich ist, wenn gleichzeitig der körperlichen Aktivität und/oder der Diät vermehrt Beachtung geschenkt wird. Dies wurde auch in einer klinisch kontrollierten Studie von Reynolds et al. (8) gezeigt, wo durch ein tägliches Trainingsprogramm das Gewicht der Typ-2-Diabetiker stark gesenkt werden konnte. Auch das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, wird durch eine Änderung im Lebensstil deutlich verringert, wie dies die gross angelegte vierjährige Studie der «Diabetes prevention program research group» bei über 3200 Hochrisikopatienten widerspiegelte (15). Analog zu den bisher vorliegenden Praxiserfahrungsberichten mit Rosiglitazon decken sich auch die hier diskutierten Resultate weit gehend mit denjenigen aus kontrollierten klinischen Studien. Die gute Übereinstimmung ist ein Hinweis darauf, dass die Medikamente im Alltag von der Mehrheit der Patienten korrekt angewandt werden. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass das Wissen um eine Praxisbeobachtung einen positiven Effekt auf die Compliance der Patienten ausüben kann. In der vorliegenden Praxisbeobachtung resultierte eindeutig, dass mit einer vermehrten körperlichen Aktivität und/ oder Diät der Nutzen von OAD zusätzlich verbessert werden konnte. Im Speziellen hat sich die Kombination von Rosiglitazon und Metformin als die wirksamste Be- handlung hinsichtlich HbA1c- und Gewichts- abnahme unter Praxisbedingungen her- ausgestellt. q Referenzen: 1. Green A. et al.: The changing world demography of type 2 diabetes. Diabetes Metab Res Rev 2003; 19: 3–7. 2. King H. et al.: Global Burden of Diabetes 1995–2000. Prevalence, numerical estimates and projections. Diabetes Care 1998; 21 (9): 1414–1431. 3. Löffler G. & Petrides P.: Biochemie und Pathobiochemie 1998; 6. Auflage: 806– 809. 4. Plutzky J. et al.: Artherosclerosis in type 2 diabetes mellitus and insulin resistance, mechanistic links and therapeutic targets. Journal of Diabetes and its Complications 2002; 16: 401–415. 5. Wagstaff A.J. & Goa K.L.: Rosiglitazone, a review of its use in the management of type 2 diabetes mellitus. Drugs 2002; 62 (12): 1805–1837. 6. Wahli W.: Peroxisome proliferator-activated receptors (PPARs), from metabolic control to epidermal wound healing. Swiss Med Wkly 2002; 132: 83–91. 7. Kientsch U. & Good M.: HbA1c-Verlauf unter Rosiglitazon. Ein Praxiserfahrungsbericht über die einjährige Therapie von 640 Typ-2-Diabetikern. Ars Medici 2003; 25/26: 1223–1228. 8. Reynolds L.R. et al.: Rosiglitazon amplifies the benefits on lifestyle intervention measures in long-standing type 2 diabetes mellitus. Diabetes, Obesity and Metabolism 2002; 4: 270–275. 9. Diabetes Kochbuch (Vorwort Prof. Giatgen A. Spinas, Leiter der Abteilung Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsspital Zürich). AT Verlag, Aarau, Schweiz (1998) und Sonderausgabe für GlaxoSmithKline (2002). 10. Chefärztevereinigung der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin: Empfehlungen für die strukturierte Diabetiker-Schulung in Spitälern. Schweizerische Ärztezeitung 2002; 83 (35): 1824–1828. 11. Tuomiletho J. et al.: Prevention of type 2 diabetes mellitus by changes in lifestyle among subjects with impaired glucose tolerance. N Engl J Med 2001; 344 (18): 1343–1349. 12. Raji A. et al.: Rosiglitazone improves insulin sensitivity and lowers blood pressure in hypertensive patients. Diabetes Care 2003; 26 (1): 172–178. 13. Fonseca V. et al.: Effect of metformin and rosiglitazone combination therapy in patients with type 2 diabetes mellitus. JAMA 2000; 283: 1695–1702. 14. Maiorana A. et al.: Combined aerobic and resistance exercise improves glycemic control and fitness in type 2 diabetes. Diab Res and Clin Pract 2002; 56: 115–123. 15. Bray G.A. et al.: (Diabetes prevention program research group): Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin. N Engl J Med 2002; 346 (6): 393–403. 16. Bailey C.J. et al.: Metformin. N Engl J Med 1996; 334 (9):574–579. Autorenadressen: Olivier A.R. Thomet Markus F. Bremgartner GlaxoSmithKline AG Talstrasse 3–5 3053 Münchenbuchsee Meinrad Good Target BioScience AG Weingartenstrasse 11 8803 Rüschlikon Interessenlage: Die Praxiserhebung wurde von GlaxoSmithKline AG finanziert. A R S M E D I C I 1 1 q 2 0 0 4 581