Transkript
FMP-Journal
FOEDERATIO MEDICORUM PRACTICORUM q FOEDERATIO MEDICARUM PRACTICARUM
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TarMaid, die magische Puppe
GUY EVÉQUOZ
Diese Zeilen erscheinen nach der Generalversammlung der FMP vom Donnerstag, 22. April – Sie waren hoffentlich dort! –, aber vor dem Protokoll dieser Versammlung, das für die nächste Ausgabe vorgesehen ist. Eine Zeitverwerfung, die für einen Gedankenflug günstig ist …
Auf dem Programm stehen Überlegungen zu den sadomasochistischen Beziehungen zwischen dem Patienten und seinem Arzt, zwischen der Patientin und ihrer Ärztin. «Doktor, tun Sie mir weh!» – «Nein!» – «Oh je!». Die Psychiater kennen das als Trennungsproblematik. Dasselbe anders formuliert: Gegenseitiger Respekt zwischen dem Patienten und seinem Arzt: therapeutische Distanz. Respekt vor sich selbst. Wie pflegt man all das am besten? Mit Humor, jawohl! (Sie können hier aufhören weiterzulesen, der Rest ist bloss Füller.)
– Also Schatz, war es gut? – 00.0000 00.0000!
Es ist aber das Drama unserer Lebensweise, dass uns Müdigkeit, Empathie, administrativer Leerlauf, Schmerz, Leiden, lange Arbeitstage und Sorgen überhaupt nicht mehr lachen lassen. Dennoch sind unsere Freunde, die Patienten, oft lebendiger und versuchen uns aufzuheitern. Neulich versuchte ich einer Dame den Unterschied in der Philosophie zwischen einer staatlichen Einheitskasse und den Krankenkassen zu erklären. Ich schloss mit dem Hinweis, dass die SUVA Spitäler baut, was die Krankenkassen nicht tun. Und die Patientin fügte hinzu: «Nein, die Krankenkassen bauen Immobilien, keine Krankenhäuser …»
Wir erleben eine ausserordentliche Übergangszeit, sowohl politisch und sozial wie auch im Bereich der Medizin. Dies hat gute
und schlechte Seiten. Aber das Hintergrundgeräusch ist dasjenige einer Naturkatastrophe, eines gigantischen Zusammenbruchs.
Und die FMP macht weiter …
Die FMP, von Beginn an einem raschen Verschwinden geweiht, existiert weiterhin. Dank ihres Sinnes für Humor? Mag sein. Ich würde aber eher sagen, dank ihrer Geisteshaltung. Manchmal aufmüpfig, manchmal ernsthaft, etwa wenn einige unserer Kolleginnen und Kollegen in ihrer Praxis oder sogar in ihrem Leben bedroht sind oder wenn über dem ganzen Berufsstand eine Gefahr schwebt, die wir als Erste oder Einzige wahrnehmen.
La version originale française a paru dans le dernier numéro.
Während wir auf das Verschwinden warten, tun sich sehr weite Perspektiven auf. Wir müssen uns (ernsthaft) dafür einsetzen,
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dass die gesamte Ärzteschaft für die Zukunft der Praxis sensibilisiert wird, wohin die Entwicklung auch führt. Diese Arbeit muss das ganze Berufsleben umfassen, also vor der Praxisniederlassung, während der Praxisausübung und nach der Praxisaufgabe.
Vor der Praxisniederlassung müssen wir an das Bild denken, das sich eine zukünftige Praktikerin oder ein zukünftiger Praktiker von jemandem macht, der eine Praxis führt, und innerhalb der Ärzteschaft alles unterstützen, was Bindungen zwischen diesen beiden Generationen schafft.
Während der Praxisausübung müssen wir uns mit Enthusiasmus für alles einsetzen, was die Praxis erleichtert. Bisher hatten unsere Aktionen Notfallcharakter, nämlich eine schwer wiegende Ungerechtigkeit gegen die Frauen und Männer zu verhindern, die sich schon in der Praxis engagiert hatten. Aber diese Zielsetzung steht in einem grösseren Zusammenhang – es gilt, all das zu entwickeln, was die Praxis erleichtern und vereinfachen kann. Eine Riesenarbeit ist noch bei der täglichen Administration zu vollbringen, die um die Hälfte oder zwei Drittel reduziert werden könnte. Unvermeidliches Beispiel ist hier der neue Tarif. Heute werden ab 5000 Franken aufwärts Programme verkauft, die darauf hinauslaufen, einem auf Frühschulniveau das Schreiben in einer binären Sprache beizubringen. Für die Buchstaben weiss ich es nicht, aber für die Zahlen ergibt das: 0 = 0, 1 = 1, 2 = 10, 3 = 11, 4 = 100, 5 =101 und so weiter. Wenn Sie das in Kolonnenform überführen, ergibt sich 00.00.00, 00.00.01, 00.00.10 und so weiter. Indes: Nach dem schon sehr ausgefeilten DOS-System kam Macintosh und dann Windows, wo man 1 wieder als 1 schreibt und ABC als ABC …
– Konsultation? – Ja. – Kurz, mittel oder lang? – Mittel! – OK. Und Ihnen 00.00.00, 00.00.0X, 00.00.0Y etc. ausspucken werden.
Wenn bis zum Jahresende keine derartigen von Gymnasiasten geschriebenen Programme auftauchen, wird sich die FMP darum kümmern. Es lebe das Alphabet! Nieder mit der Nullenverehrung!
Dasselbe gilt für die Fortbildung. Die FMP wird ihr eigenes System kreieren, mit viel Zeitgewinn und viel Einsparungen an Papier. Ich träume von FMP-Kongressen, um praktische Ideen und Kniffe zu verbreiten. Und um unser Ideal zu teilen: «Durch die Praxis zum tieferen Sinn der Dinge».
Nach der Praxisaufgabe: Kontakte knüpfen zur Stiftung für Mediziner in Not. Aber auch den Kolleginnen und Kollegen im Ruhestand die Möglichkeit geben zu übermitteln, was sie uns noch gern geben würden. Einen ausgewählten Platz an den FMPKongressen ganz gewiss, ebenso wie für Studenten, Studentinnen und Assistenten.
Vertrauen Sie in die Zukunft und machen Sie sich um die FMP
keine Sorgen.
Der Atem kommt und geht, aber der Geist stirbt nicht.
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Guy Evéquoz
In sehr naher Zukunft wird es personalisierte Programme geben, die zehnmal weniger kosten und Sie fragen werden:
(Übersetzung: HB)
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