Transkript
Medien q q q Moden q q q Medizin
Rosenbergstrasse 115
Die Post in der Apotheke. Das gibts jetzt in Basel. Weil die Post die Poststelle im Quartier schliessen wollte, sich die Anwohner aber dagegen wehrten, suchte man gemeinsam nach einer Lösung – und fand sie. Nun kann man in der Breite-Apotheke also neben Aspirin und Augentropfen auch Briefmarken kaufen oder Pakete aufgeben. Auf eigenes Risiko des Apothekers, der das zusätzlich benötigte Personal selber entlöhnt. Eines muss man dem Mann lassen: Er hat die Zeichen der Zeit erkannt. Überleben ohne Sinn für originelles Marketing und ohne Risikobereitschaft wird immer schwieriger. Mancher Kollege Doktor wird diese Erfahrung erst noch machen müssen.
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Ludwig Hasler über TV-Doktor Samuel Stutz: «Der Mann hat den Sexappeal eines durchschnittlich ehrgeizigen Fachmanns für Kompostieren.» Warum nur schauen sich trotzdem jeweils über 300'000 Zuschauer(innen) die Sendung «GesundheitSprechstunde» an? Vielleicht schätzt Hasler die Bedürfnisse der zuschauenden mittelalterlichen Damen einfach falsch ein. Oder den Sexappeal des Kompostierens.
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Hat nichts mit Medizin zu tun, auch wenns danach tönt: die «Verstopfungsgebühr». Kosewort für die City Maut, wie sie in London bereits besteht und unseren Städten droht.
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Infotainement at its best: In HongKong werden auf einem der vielen Pay-TVSender die stündlichen Nachrichten von einer Stripperin verlesen. Nicht von einer Ex-Stripperin, sondern von einer live strippenden Moderatorin. Die Infotainerin meint – wohl zu Recht –, das sei eine anspruchsvolle Aufgabe: «Lesen Sie mal Nachrichten und ziehen sich gleichzeitig
aus!» Die Komplexizität der Nachrichten wird demgegenüber von der Nachrichtenredaktion auf ein Minimum reduziert. Logische Begründung: die Zuschauer werden sich kaum aufs Hinhören konzentrieren können.
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Es geht um anabole Steroide und Baseball. Über die amerikanischen TV-Sender (allen voran: Fox-TV) flimmert die empörte Frage, wer sich denn anmasse, den nur sich selber verantwortlichen Baseballspielern zu verbieten, ein Medikament zu kaufen und einzunehmen, das andere sich problemlos beschaffen und schlucken können. Und Kontrollen kämen schon gar nicht in Frage. Da liegt ein Vergleich nahe: Doping in der ehemaligen DDR: Staatsangelegenheit. Doping in den USA: Privatsache. Auswirkungen: identisch.
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Kontrolliert wird dafür anderswo. An den Flughäfen der USA beispielsweise. Und zwar stur und humorlos wie sichs für Staats-Mitarbeiter(innen) gehört. Einen Teil der Passagiere allerdings triffts härter als andere. Es sind jene mit dem Stempel «SSSS» auf der Boarding Card – zum Glück nicht auf dem Revers und jederzeit sichtbar zu tragen während des gesamten Aufenthalts in den USA. Aber auch das kann noch kommen. Die SSSS-Selektierten also werden noch etwas intensiver gefilzt. Wie man zum SSSS-Stempel kommt, ist im Detail unklar, generell aber: wenn man auffällt. Also: in den USA kommen Sie am ehesten ungeschoren in den Flieger, wenn Sie unauffällig aussehen, zumindest nicht südländisch, nicht zu früh und nicht zu spät am Check-In eintreffen, kein zu helles und kein zu dunkles Jacket tragen und mit nicht zu wenig und nicht zu viel Handgepäck unterwegs sind. Mit dem SSSS-Stempel kann es dann leider passieren, dass sie den vorgesehenen Flug verpassen. Wenn das geschieht und Sie
am Folgetag noch immer verärgert sind, dann vermeiden Sie bitte, wenn Sie, – vermutlich erneut mit einem SSSS-Vermerk im Boarding-Pass – die gesamte, inzwischen immerhin bekannte Prozedur nochmals mitmachen müssen, dem Officer mit dem Metalldetektor zu erklären, er hätte das am Vortag schon gemacht und wegen dieses Sicherheitschecks hätten Sie gestern Ihren Flug verpasst. Vermeiden Sie es. Und geben Sie das Geld für etwas Gescheiteres aus als für die Busse, die Ihnen dafür aufgebrummt wird. Ganz abgesehen davon, dass Sie damit verhindern, nochmal eine Nacht in den USA verbringen zu müssen und den SSSS-Stempel zur Never Ending Story werden zu lassen.
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Auch wenns schwer fällt: Für einmal kein Wort über den Tarmed. Das Theater um Datenschutz und Code U, Kostenneutralität, Trust Centers und deren Profiteure, Blutentnahme-Tarife und so weiter und so fort spricht für sich.
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Die SUVA bat zu Verhandlungen über die Konsequenzen aus dem neuen Tarmed. Die geladenen Ärztevertreter erkannten richtig, dass Verhandeln über Zahlen nur sinnvoll ist, wenn die Zahlen bekannt sind. Daten sind Macht. Genau deswegen werden ja die ärztlichen Trust Centers propagiert. Daten sind aber auch Geld. Und so bezahlten die Kollegen (beziehungsweise natürlich die Fachgesellschaften, mit andern Worten: wir alle) für die Überlassung der Daten. Auf 26 000 Franken lautete die Rechnung des Datenlieferanten NewIndex. Der – notabene – eine Gesellschaft ist, die wir mit unseren Geldern schon längst und äusserst grosszügig bezahlt haben. Offenbar hat jetzt die Zeit der Ernte begonnen. Fragt sich nur, für wen. Klar ist nur, wer gesät hat: wir! (IW fragen!!!!)
Richard Altorfer
A R S M E D I C I 6 q 2 0 0 4 237