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FORSCHUNG
Echinacea gegen grippale Infekte
Studien belegen die therapeutische und prophylaktische Wirksamkeit
Über die Wirksamkeit von Echinacea, dem Sonnenhut, bei der Behandlung und Prophylaxe von grippalen Infekten sind bis anhin viele Studien veröffentlicht worden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Dies ist auf die unterschiedlichen Echinacea-Präparate zurückzuführen, die für die Studien verwendet wurden, sowie auf die unterschiedlichen Untersuchungsmethoden. Eine genaue Beurteilung der Sachlage zeigt aber eine Wirksamkeit sowohl in der Therapie wie auch in der Prophylaxe.
Christoph Bachmann
Einleitung
Echinacea, der Sonnenhut, wird seit Jahren zur Prophylaxe und Therapie grippaler Infekte eingesetzt. Zur Herstellung von Echinacea-Präparaten wird in erster Linie Echi-
Abbildung: Blühende Echinacea purpurea
nacea purpurea (vgl. Abbildung) verwendet, daneben aber auch Echinacea angustifolia, selten Echinacea pallidum (vgl. Tabelle). Die führenden Hersteller von Echinacea-Präparaten bieten standardisierte Echinacea-Extrakte. In der Schweiz sind vor allem zwei Präparate zu erwähnen, die standardisierte Extrakte aus Echinacea purpurea enthalten (vgl. Tabelle): ◆ der Presssaft aus dem blühenden Echi-
nacea-purpurea-Kraut, der in Form von alkoholischen Tropfen angeboten wird (in der Folge Presssaft genannt) ◆ der Frischpflanzenextrakt aus dem blühenden Echinacea-purpurea-Kraut, sowie der Extrakt aus der Wurzel von Echinacea purpurea. Davon sind Tabletten und Tropfen im Handel (in der Folge K/W-Extrakt [Kraut/Wurzel-Extrakt] genannt).
Wirksamkeit
Über die Wirksamkeit von Echinacea-Präparaten zur Prophylaxe und Therapie grippaler Infekte ist eine grosse Zahl von Publikationen erschienen. Neben vielen überzeugenden Artikeln, die den Nutzen bei Erkältungskrankheiten dokumentieren, sind auch einige Arbeiten, vorwiegend von US-Wissenschaftlern, erschienen, die ihre Wirksamkeit infrage stellten. Einige davon
weisen aber so grosse methodische Mängel auf, welche die ermittelten Resultate unglaubwürdig erscheinen lassen. «Phytotherapie», die Vorgängerzeitschrift von ARS MEDICI thema Phytotherapie hat 2005 eine dieser Arbeiten untersucht (1). Aber auch der renommierte Phytotherapiespezialist Melchart folgerte in seiner Cochrane-Studie, Echinacea-Präparate aus den oberirdischen Teilen der Pflanze seien nur für die Behandlung grippaler Infekte wirksam, nicht aber für die Prophylaxe (2).
Metaanalyse von Shah et al. 2007
Neben Cochrane-Studien besitzen auch Metaanalysen bei der Beurteilung einer Arzneimittelwirkung einen hohen Evidenzgrad. Sie werten sorgfältig ausgewählte, publizierte Studien aus, bei denen das Studienziel und die Methodik vergleichbar sind. Manchmal werden in Metaanalysen auch Daten verschiedener eingeschlossener Studien gepoolt, das heisst zusammen neu ausgewertet. Die dadurch erreichte höhere Probandenzahl vermindert das Risiko von statistischen Fehlern. 2007 erschien im «Lancet Infection Disease» eine Metaanalyse von Shah et al., die Studien auswertete, die sich mit der Wirksamkeit von Echinacea-Präparaten zur Prophylaxe und/oder zur Behandlung von Erkältungskrankheiten befassten.
Methode Die Autoren wählten 14 randomisierte, plazebokontrollierte, klinische Studien mit Menschen aus. Darunter befanden sich 5 Studien, die sich mit dem Presssaft befassten, erstaunlicherweise aber keine, die den K/W-Extrakt untersuchte. 10 Studienpräparate waren reine Echinacea-Präparate, 4 enthielten noch weitere Zusätze wie Vitamin C, Propolis oder weitere pflanzliche Bestandteile, die gegen
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FORSCHUNG
Tabelle: Echinacea-Präparate in der Schweiz (ohne homöopathische und spagyrische)
Markenname
Zusammensetzung
Echinacin®
Presssaft aus den oberirdischen Teile von E.p.
Echinamed®
Extrakt aus den oberirdischen Teilen und
Extrakt aus der Wurzel von E.p.
Vogel Echinaforce® Extrakt aus den oberirdischen Teilen und
Extrakt aus der Wurzel von E.p.
Echinarom®
Extrakt aus den oberirdischen Teilen und
Extrakt aus der Wurzel von E.p., Extrakt aus den
oberirdischen Teilen und den Wurzeln von E.a.,
ätherische Öle
Spagyrom®
Extrakt aus den oberirdischen Teilen und
Extrakt aus der Wurzel von E.p., Extrakt aus den
oberirdischen Teilen und den Wurzeln von E.a.,
ätherische Öle
Echiplant®
Presssaft aus den oberirdischen Teilen von E.p.
Esberitop®
Extrakte aus Thuja, Baptisia,
E.p (Wurzel) und E.pa. (Wurzel)
Resiston®
Extrakt aus den oberirdischen Teilen von E.p.
E.p.: Echinacea purpurea, E.a.: Echinacea angustifolia, E.pa. Echinacea pallidum SL: Spezialitätenliste (krankenkassenpflichtig); H: Zusatzversicherung
Galenische Form Tropfen Tabletten
Tabletten, Tropfen
Tropfen, Lutschtabletten
Tropfen, Lutschtabletten
Kapseln Lutschtabletten
Brausetabletten
Firma
Krankenkassenstatus
Max Zeller Söhne AG SL
Bioforce AG
SL
Bioforce AG
H
Spagyros AG
SL
Spagyros AG
H
Schwabe Pharma AG H Max Zeller Söhne AG H
Vifor SA
H
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PHYTOTHERAPIE
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FORSCHUNG
grippale Infekte eingesetzt werden. Diese 14 Studien umfassten 1356 Probanden für die Inzidenz sowie 1630 Probanden für die Dauer einer Erkältungskrankheit.
Resultate Die gefundenen Resultate zeigten eine signifikante Verminderung der Inzidenz einer grippalen Erkältung von 58 Prozent gegenüber Plazebo (p < 0,001). Bei einer Verwendung von Echinacea-Präparaten zur Prophylaxe einer natürlichen Grippe verminderte sich die Inzidenz wesentlich stärker (65%) als gegen eine Vireninokulation (35%). Als weiteres Resultat konnte gezeigt werden, dass die Echinacea-Präparate die Dauer der Erkrankung gegenüber Plazebo um 1,4 Tage verkürzen konnten.
Subgruppenanalyse Eine Subgruppenauswertung brachte verschiedene weitere Erkenntnisse. Die Verminderung der Inzidenz zeigte sich sowohl bei den reinen Echinacea-Präparaten wie auch bei denen mit einem Zusatz. Die Dauer der Erkältung wurde aber nur von den Präparaten mit Zusatz signifikant ge-
senkt (p < 0,0001). Bei den reinen Echinacea-Präparaten konnte in dieser Hinsicht nur ein Trend festgestellt werden (p = 0,27). Die Autoren nahmen aber an, dass diese Subgruppenauswertung zu wenig Power hatte. Eine Auswertung der Presssaftpräparate zeigte eine signifikante Reduktion der Grippeinzidenz, unabhängig davon, ob die Virenexposition natürlich verlief oder im Labor induziert wurde. Eine Verkürzung der Grippedauer wurde beobachtet, wenn die Virusexposition natürlich verlief.
Zusammenfassung
Die vorliegende Metaanalyse belegt die Wirksamkeit von Echinacea-Präparaten zur Prophylaxe und Behandlung grippaler Infekte. Die Inzidenz konnte mit entsprechenden Präparaten signifikant gesenkt werden. Die Dauer einer Erkältungskrankheit wird verkürzt, jedoch nicht signifikant. Presssaftpräparate waren bei der Verminderung der Dauer dann besonders wirksam, wenn die Virenexposition natürlich verlief. Dies entspricht der Wirklichkeit im Gegensatz zu einer laborinduzierten Exposition.
Damit kommt die vorliegende Metaana-
lyse zu einem anderen Resultat als Melch-
art et al. Diese ermittelten Signifikanz bei
der Verminderung der Dauer, nicht jedoch
bei der Inzidenz. Bei Shah et al. ist genau
das Gegenteil der Fall. Die Autoren meinen
aber, die Nichtsignifikanz bei der Krank-
heitsdauer in der Subgruppe der reinen
Echinacea-Präparate könnte auf eine
ungenügende Powerung zurückzuführen
sein.
◆
Anschrift des Verfassers Dr. Christoph Bachmann Hirschmattstrasse 46 6003 Luzern c.a.bachmann@bluewin.ch
Literaturreferenzen:
1. vgl. Phytotherapie 2005(4); 5: 8–10.
2. Melchart et al.: Echinacea for preventing and treating the common cold, Cochrane Database Syst Rev 2002; 2: CD00530.
3. Shah et al.: Evaluation of echinacea for the prevention and treatment of the common cold: a metaanalysis, Lancet Infect Dis 2007(7); 7: 473–480.
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