Transkript
FORTBILDUNG
Verklebte Augen und ihre Behandlung
Tipps zum Umgang mit Blepharitiden
Entzündungen der Lidränder gehören zu den häufigen
Problemen am Auge: ein kurzer Abriss der Befunde
und der Therapieansätze.
MEDSCAPE
Die Blepharitis kann in eine vordere (Entzündung der Wimpern und Follikel) und eine hintere (Inflammation der Meibom-Drüsen) unterteilt werden, wobei es zwischen beiden Formen Überlappungen gibt, schreibt Robert H. Graham, Ophthalmologe am Mayo Clinic College of Medicine in Rochester, Minnesota in seiner Übersicht für die Praxis. Viele systemische Erkrankungen, vor allem Rosazea und seborrhoische Dermatitis, sind mit einer Blepharitis assoziiert. Zusammen mit einer Blepharitis kommen aber häufig auch andere okuläre Veränderungen vor wie etwa trockene Augen, Chalazion, einwärts gekrümmte Wimpern oder Bindehaut- und Hornhautentzündungen. Zum Entstehungsmechanismus stellt man sich eine bakterielle Besiedlung der Augenlider vor, in deren Rahmen toxische bakterielle Produkte die Augenoberfläche reizen. Neben der direkten Bakterieninvasion können auch immunologisch vermittelte Schäden entstehen. Anteriore und posteriore Blepharitis sowie komorbide Augenveränderungen wie trockene Augen oder okuläre Allergien sind bei Augenärzten häufige Diagnosen, die nach einer Untersuchung bei rund einem Drittel der Patienten vorkommen. Insbesondere eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen führt zum Syndrom der trockenen Augen, allerdings kann eine solche Veränderung auch bei offenbar Gesunden diagnostiziert werden. Typische Symptome sind Verkrustung und Verklebung der Wimpern, Juckreiz und Brennen, tränende Augen, Fremdkörpergefühl sowie Rötung und Schwellung der Augen. Die Betroffenen klagen auch über Lichtempfindlichkeit, Schmerz oder beeinträchtigte Sehschärfe. Bei der Inspektion fallen Erythem und Verkrustung der Lidränder und Wimpern auf, allenfalls begleitet von Trichiasis (abweichende Richtung der Wimpern), Verlust von Wimpern, Ulzerationen am Lidrand sowie hervortretende Meibom-Drüsen mit verstopften Öffnungen. Auch die Bindehaut kann in wechselndem Ausmass entzündet sein, in der Regel mit einer
papillären Reaktion. Begleitende Hornhauterosionen sind ebenfalls häufig, meist an denjenigen Stellen, wo die Lidränder den Hornhautlimbus kreuzen.
Therapie Die bakteriellen Ursachen der Blepharitis umfassen gewöhnlich eine Überwucherung der normalen Augenflora durch pathogene Keime. Die Behandlungsbemühungen richten sich auf eine langfristige Wiederherstellung der Lidhygiene und umfassen drei essenzielle Komponenten: 1. Patienten erhalten die Anweisung, warme Kompressen auf
die Augenlider zu legen. Durch die Erwärmung wird eingetrocknetes, verdicktes Material aufgeweicht, und die Sekretionswege werden gereinigt. Initial können warme Kompressen mehrmals täglich appliziert werden. Die einfache Massnahme ist auch in der Langzeitpflege nützlich, um ein erneutes Aufflackern der Entzündung zu verhindern. 2. Das mechanische Waschen der Lider und Wimpern ist wichtig, um Krusten, Schuppen und Verklebungen zu entfernen. Viele Praktiker empfehlen dazu die Verwendung von «Baby-Shampoo», da damit die Augen nicht tränen sollen, andere sind aber auch der Ansicht, dass die Detergenzien des Shampoos sich mit Ölen der Lidsekretion zu Seifen verbinden können, die ihrerseits das Auge reizen. Das Reinigen der Lider sollte am besten direkt im Anschluss an die warmen Kompressen erfolgen und ist ebenfalls Bestandteil einer längerfristigen Behandlung. 3. Erst jetzt kommen spezifische Ophthalmologika, also vor allem antibiotische Salben, bei Bedarf kombiniert mit einem Kortikosteroid, zum Einsatz (Tabelle). Topische antibiotische Salben sind bei der vorderen Blepharitis effektiv, manchmal versagen sie jedoch bei der hinteren Blepharitis oder Dysfunktion der Meibom-Drüsen. Dann kommt ein mehrmonatiger Behandlungszyklus mit oralem Tetrazyklin oder Doxycyclin in Betracht. Dabei hofft man auf eine Reduktion der
Merksatz
■ Die Behandlung der Blepharitis stützt sich auf warme Kompressen, mechanische Reinigung von Wimpern und Lidern sowie antibiotische Augenpräparate.
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VERKLEBTE AUGEN UND IHRE BEHANDLUNG
Tabelle: Antibiotische Ophthalmologika mit und ohne KortikoTabelle: steroide, die bei Blepharitis eingesetzt werden können
Präparate Baneopol® Augensalbe Blephamide®, sterile Augensalbe Ciloxan®, Augensalbe, Augentropfen FML-Neo® Liquifilm, Augentropfen Floxal®, Augensalbe, Augentropfen Frakidex®, Augensalbe, Augentropfen Garamycin®, Augentropfen Infectoflam®, Augensalbe Maxitrol®, Augensalbe, Augentropfen Mycinopred® Liquifilm®, Augentropfen Neosporin®, Augentropfen Neotracin®, Augensalbe Okacin®, Augentropfen Ophtagram®, Augensalbe, Augentropfen Ophtasone®, Augensalbe Soframycin®, Augentropfen Spersadex® comp., Augentropfen Spersapolymyxin®, Augentropfen Tobradex®, Augensalbe, Augentropfen Tobrex®, Augensalbe, Augentropfen, Augengel Vigamox®, Augentropfen
Wirkstoff(e) Bacitracin, Polymyxin B, Neomycin Sulfacetamid, Prednisolon Ciprofloxacin Neomycin, Fluorometholon Ofloxacin Framycetin, Dexamethason Gentamicin Gentamicin, Fluorometholon Neomycin, Polymyxin B, Dexamethason Polymyxin B, Prednisolon Polymyxin B, Neomycin, Gramicidin Neomycin, Bacitracin Lomefloxacin Gentamicin Gentamicin, Betamethason, Chloramphenicol Framycetin Chloramphenicol, Dexamethason Polymyxin B, Neomycin Tobramycin, Dexamethason Tobramycin Moxifloxacin
bakteriellen Besiedlung der Haut und
über die Hemmung der Metalloproteinase-
aktivität auf eine günstige Beeinflussung
der Meibom-Drüsen.
Robert H. Graham erwähnt als Ergän-
zung zu den traditionellen, bei Blephari-
tis eingesetzten Topika auch eine neue
(in der Schweiz bisher nicht zugelas-
sene) Zubereitung mit 1-prozentiger Azi-
thromycinlösung, die aufgrund der sehr
langen Halbwertszeit des antibiotischen
Wirkstoffs eine seltenere Applikation er-
laubt, warnt aber gleichzeitig auch vor
der Gefahr von absolut unerwünschten
Resistenzbildungen.
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Interessenkonflikte: keine Quelle: www.medscape.com/viewarticle/705247
Halid Bas
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