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Journal Club
BRAF-V600-mutiertes Melanom
Signifikant verlängertes Gesamtüberleben unter Dabrafenib plus Trametinib
Patienten mit fortgeschrittenem/metastasiertem BRAF-mutiertem Melanom profitieren in der Erstlinie von der Kombination aus BRAF-Hemmung mit Dabrafenib (Tafinlar®) und MEK-Hemmung mit Trametinib. Dies ergaben jetzt zwei randomisierte Phase-IIIStudien mit unterschiedlichem Design (1, 2). Gegenüber der alleinigen BRAF-Hemmung (mit Vemurafenib) zeigte die Dabrafenib/Trametinib-Kombination ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben (2).
New England Journal of Medicine
Studien der letzten Jahre belegen, dass die zielgerichtete Therapie des MAPKSignalwegs mit einem BRAF-Hemmer, Dabrafenib oder Vemurafenib, das progressionsfreie sowie das Gesamtüberleben (PFS, OS) verbessert – verglichen mit der Chemotherapie bei Melanompatienten mit BRAF-V600E- und -V600K-Mutationen. Allerdings kommt es unter dieser Monotherapie schon nach median 6 bis 8 Monaten zur Resistenzentwicklung mit Reaktivierung des MAPK-Signalwegs, welche in der Entwicklung von Sekundärtumoren, einschliesslich kutaner Plattenepithelkarzinome, resultieren kann. In präklinischen Untersuchungen und klinischen Studien (darunter die Phase-IIStudie von Flaherty, [3]) hatte sich gezeigt, dass die doppelte Blockade – die BRAF- und die MEK-Inhibition – die Resistenzentwicklung signifikant verzögert und damit zu einem längeren medianen PFS führt und die proliferierenden Hautläsionen vermindert. Zwei jüngst publizierte Phase-III-Studien – die multizentrische, randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie von Long und Kollegen (1) mit 423 Patienten und die multizentrische, randomisierte, offene Phase-III-Studie von Robert und Kollegen mit 704 Patienten (2) – evaluierten die Kombination Dabrafenib-Trametinib bei nicht vorbehandeltem metastasiertem Melanom mit BRAF-V600-Mutationen gegenüber einer alleinigen BRAF-HemmerTherapie. Beide zeigten signifikante Überlebensvorteile der BRAF-/MEKHemmer-Behandlung in der Erstlinie.
Doppelblindstudie: Dabrafenib/Trametinib versus Dabrafenib
In der doppelblinden Vergleichsstudie von Long (1), durchgeführt zwischen Mai 2012 und Januar 2013 an 113 Zentren weltweit, wurden 423 Patienten mit metastasiertem Melanom im Stadium IIIC oder IV mit BRAF-V600E- oder -V600KMutationen, welche nicht vorbehandelt waren, eingeschlossen. Sie erhielten randomisiert die Kombination aus Dabrafenib und Trametinib oder Dabrafenib plus Plazebo. Primärer Endpunkt war das PFS; zu den sekundären Endpunkten gehörten das Gesamtüberleben (OS), die Ansprechrate und -dauer sowie die Sicherheit. Vorgesehen war eine Zwischenanalyse zum OS.
Resultate: Das mediane PFS betrug 9,3 Monate in der Dabrafenib-Trametinib-Gruppe (vs. 8,8 Monate unter Dabrafenib allein) mit einer Hazard Ratio für Tod oder Progression von 0,75 (p = 0,03). Die Gesamtansprechrate betrug in der Kombinationstherapiegruppe 67% (vs. 51% in der Vergleichsgruppe; p = 0,002). Nach 6 Monaten lebten 93% der Patienten in der Studiengruppe (= OS), aber nur 85% unter der Monotherapie mit Dabrafenib (p = 0,02; HR: 0,63; 0,42–0,94). Die Nebenwirkungsrate war in beiden Gruppen ähnlich; allerdings kam es zu mehr Dosismodifikationen in der Kombinationstherapiegruppe. Die Rate kutaner
Plattenepithelkarzinome war niedriger in der Dabrafenib-Trametinib-Gruppe (2 vs. 9%); dagegen war Pyrexie häufiger (51 vs. 29%), verlief meist schwerer und war der häufigste Grund für Therapieabbruch. Die errechnete Verringerung des Progressionsrisikos von 25% und die verbesserte Ansprechrate in der DabrafenibTrametinib-Gruppe lassen ebenfalls auf ein verlängertes Gesamtüberleben hoffen. Zum Zeitpunkt der Interimanalyse war das OS länger in der Kombinationsstudiengruppe. Die Studienärzte ergänzen, dass gemäss einer spontanen Subgruppenanalyse («post hoc subgroup analysis») Patienten mit einer sehr schlechten Prognose am meisten von der Kombination profitierten. Sie warten mit Spannung auf das Follow-up der Studie, bei dem sich diese Beobachtung bestätigen sollte.
Grosse offene Studie: Dabrafenib/Trametinib versus Vemurafenib
Die im Januar 2015 publizierte offene Phase-III-Studie von Robert und Kollegen (2) schloss 704 Patienten mit metastasiertem BRAF-mutiertem Melanom ein (Rekrutierung Juni 2012 bis Oktober 2013 an 193 Zentren weltweit): Sie verglich in der Erstlinientherapie die Kombination aus dem BRAF-Hemmer Dabrafenib plus dem MEK-Hemmer Trametinib mit der Monotherapie mit dem BRAFHemmer Vemurafenib. Primärer Endpunkt war hier das Gesamtüberleben. Zu den sekundären Endpunkten gehörten PFS, Gesamtansprechrate und -dauer sowie Sicherheit.
Resultate: Bei der geplanten Interimanalyse zum Gesamtüberleben – zum Zeitpunkt, an dem 77% der erwarteten Todesfälle zu verzeichnen waren – betrug die OS-Rate nach 12 Monaten 72% (95%-KI: 67–77) in der Kombinationsgruppe – unter der Vemurafenib-Monotherapie dagegen nur 65% (59–70).
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Dies entsprach einer Hazard Ratio für Tod unter der Kombination von 0,69 (0,53–0,89; p = 0,005). Die vorgesehene Grenze für einen Zwischenstopp und möglichen Cross-over wurde hier erreicht und die Studie aus Gründen der erprobten Wirksamkeit in der Studiengruppe im Juli 2014 gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt betrug das mediane PFS 11,4 Monate in der Kombinationsgruppe versus 7,3 unter der alleinigen BRAF-Hemmung mit Vemurafenib (HR: 0,56; p < 0,001) und die objektive Ansprechrate 64% in der Kombinationsgruppe (vs. 51%). Die Häufigkeiten schwerer Nebenwirkungen und die Abbruchrate waren in beiden Gruppen ähnlich. Kutane Plattenepithelkarzinome und Keratoakanthome traten in 1% unter der Kombination und zu 18% in der Vemurafenib-Gruppe auf. Fazit Die Autoren folgern, dass bei unbehandelten Patienten mit metastasiertem BRAF-mutiertem Melanom die Kombination aus dem BRAF-Hemmer Dabrafenib und dem MEK-Hemmer Trametinib zu einem signifikant verlängerten Gesamtüberleben mit einer Verringerung des Risikos für Tod von 31% führt. Zu- sammen mit früheren Phase-II- und -III- Studien zeigten die Ergebnisse klare Evi- denz für den Nutzen der Kombination gegenüber der alleinigen BRAF-Hem- mer-Therapie. L Bärbel Hirrle Quellen: 1. Long GV et al.: Combined BRAF and MEK inhibition versus BRAF inhibition alone in melanoma. NEJM 2014; 371: 1877–88. 2. Robert C et al.: Improved overall survival in melanoma with combined dabrafenib and trametinib. NEJM 2015; 372: 30–39. 3. Flaherty KT et al.: Combined BRAF and MEK inhibition in melanoma with BRAF V600 mutations. NEJM 2012; 367: 1694–703. SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 1/2015 45